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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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OPERATION PACIFIC (George Waggner/USA 1951)


"Take her down!"

Operation Pacific (Unternehmen Seeadler) ~ USA 1951
Directed By: George Waggner

Die 'USS Thunderfish', ein Torpedo-U-Boot der Navy, kreuzt zwischen kräftezehrenden Einsätzen und seinem Heimathafen Pearl Harbor hin und her. Für den Kommandanten Duke Gifford (John Wayne) ein Spießrutenlauf aus privaten und militärgefechtlichen Wogen: In Hawaii wartet seine ihn immer noch liebende Exfrau Mary Stuart (Patricia Neal), während er es auf See mit defekten Torpedos und dem Tode seines besten Freundes Pop (Ward Bond) zu tun bekommt. Am Ende fügt sich freilich alles zum Besten.

Ein gutgelaunter Actionfilm, in dem Duke ausnahmsweise auch mal vor der Kamera Duke heißen durfte. Wenngleich der Pazifikkrieg im historischen Mittelpunkt von "Operation Pacific" steht, so ist Waggners Film wohl einer jener thematisch verbandelten Werke Waynes, das das ohnehin stets unbequeme Präfix "Anti-" gleich komplett ausspart und nichtmal in den Verdacht einer kritischen Auseinandersetzung mit seinem Sujet gerät. Krieg und Sterben finden sich hier als erhebendes Männerabenteuer, das einen echten Seemann nicht erschüttern kann. Ins Grübeln kommt hier garantiert niemand, weder vor noch auf der Leinwand. Die Thunderfish-Besatzung feiert die Landurlaube auf Oahu als ausgelassene Trinkgelage, was sie wegen nächtlicher Ruhestörung auch schonmal ins örtliche Militärgefängnis bringt, aus dem ihr väterlicher Lt.-Commander sie natürlich mittels geschickter Schliche wieder befreit (übrigens eine wunderbar witzige Szene, die jeder Komödie Ehre machte). Auch sonst hat man eine Menge Spaß beim Torpedieren und Versenken immenser (freilich stets anonym gehaltener) japanischer Flottenteile. Und weil Duke so ein unverbesserlicher Haudegen ist, der aus seinen charakterlichen Fehlern sowieso nicht lernt, bekommt er am Ende auch seine (leicht masochistisch veranlagte) Frau zurück. All dieses furchtbar naive Trara ändert allerdings nichts daran, dass Waggner einen durchaus schönen, altbackenen und dem reinen Entertainment verpflichteten Film zuwege gebracht hat, der zumindest gewisse Rezipientenschichten auch heute noch zu erfreuen versteht.

8/10

George Waggner WWII Pazifikkrieg Pazifik U-Boot Militär Hawaii


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SANDS OF IWO JIMA (Allan Dwan/USA 1949)


"What is war?" - "Trading real estate for men."

Sands Of Iwo Jima (Todeskommando) ~ USA 1949
Directed By: Allan Dwan

Eine Gruppe von Marine-Privates bekommt den als ultrahart berüchtigten Sergeant John Stryker (John Wayne) als Korpsführer zugeteilt. Mit verbissener Strenge schleift der wegen einer zerbrochenen Ehe privat traumatisierte Stryker die Männer, die ihn nach außen hin zwar leidenschaftlich verabscheuen, andererseits aber bereits zu ahnen scheinen, dass Strykers gnadenlose Schule durchaus Sinn und Zweck hat. Besonders Stryker und Private Conway (John Agar), dem Sohn von Strykers früherem, gefallenen Mentor, entwickelt sich zu einer beinahe väterlich-söhnlich geprägten Hassliebe. Als Stryker und seine Männer schließlich bei der Landung auf Iwo Jima dabei sind, macht sich die ganze vormalige Gnadenlosigkeit des ehernen Kommisskopfes bezahlt.

Klassischer Genrefilm irgendwo aus der Mitte der vielen Pazifikkriegsabenteuer, in denen Duke Wayne mitgewirkt hat und der so etwas wie die große Schnittmenge bildet aus allem, dass der Star in dieser Richtung gemacht hat. Und nicht nur daraus: Auch ein wenig "Red River" findet sich wieder in "Sands Of Iwo Jima", wobei Wayne den Patronengurt freilich ohnehin nie ganz ablegen konnte. 1949 war Duke 42 Jahre alt und seine Jugend bereits verraucht. Er spielte jetzt häufig Vaterfiguren, heimliche oder unheimliche Patriarchen oder langsam ergrauende Raubeine, die sich nicht selten lediglich durch Nuancen voneinander abgrenzten. Ford hatte ihn kurz zuvor in seinem wunderschönen Kavallerie-Mittelteil "She Wore A Yellow Ribbon" als kurz vor dem Gnadenbrot stehenden Blaurock-Offizier eingesetzt. Von grauem Haar und Bart war er jetzt zwar wieder befreit, dennoch blieb der übermächtige Flor des abgeklärten Kampfweisen, der viel, fast alles kennt und gesehen hat und weiß, welche Richtung einzuschlagen ist. Seinen ideologischen und mentalen Widersacher findet er in der Figur John Agars, der von Vorschriften und soldatischer Lehrbuchpraxis zunächst nicht viel hält und mit Stryker als Stellvertreter den nie gänzlich ausgetragenen Konflikt mit dem eigenen Vater weiterspinnt. Letzterer derweil kann den Kontakt zum eigen Sohn, der bei der Mutter geblieben ist, nicht halten und findet in Conway einen Ersatz für ihn. Doch auch die anderen Jungens aus seinem Platoon, großmäulige Spaßmacher und Greenhorns auf dem Schlachtfeld, gerieren sich wie eine Art Schar widerspenstiger Eleven, die in Form gebracht werden müssen, bevor sie die Ernsthaftigkeit ihrer Situation realistisch einschätzen können. Iwo Jima - viele Jahre vor Eastwood inszeniert Dwan hierin bereits die Errichtung der Flagge auf dem Mount Suribachi - bildet freilich die finale Initiallösung. Strykers Männer, die, die übrigbleiben, erkennen im Angesicht von Tod und Massaker endlich, wie unverzichtbar wichtig die zuvor so missmutig aufgenommenen Härten ihres Sergeants waren. Der alte Held kann nun abtreten (Stryker wird nach fast vollendeter Mission ganz unspektakulär von einem Heckenschützen abgeknallt) und den Weg freimachen für seine Nachrücker. Conway übernimmt ohne weitere Diskussion die Führung der Gruppe.

9/10

Allan Dwan Pazifikkrieg WWII Iwo Jima Hawaii Neuseeland Freundschaft James Edward Grant Militär


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BACK TO BATAAN (Edward Dmytryk/USA 1945)


"Miss Barnes, I'm sorry I never learned how to spell 'liberty'."

Back To Bataan (Stahlgewitter) ~ USA 1945
Directed By: Edward Dmytryk

Bataan, 1944: Colonel Joseph Madden (John Wayne) erhält den Auftrag, im Hinterland phillipinische Guerilla-Truppen aufzustellen, zu organisieren und gegen die Japaner zu führen. Bis die alliierten Kräfte schließlich vor Leyte landen, ist es noch ein langer, verlustreicher Weg für Madden, der viele große und kleine Freunde hinzugewinnt und manche wieder verliert.

Kurz vor John Fords "They Were Expendable" ein weiterer Film um die zahlreichen Scharmützel um die Philippinen, die schließlich in der (im Film lediglich angedeuteten) Schlacht um Leyte kulminierten. Ich möchte nicht so weitgehen, zu behaupten, Dmytryk habe seinen Film besser im Griff als Ford den seinen, dafür ist "Back To Bataan" einerseits a priori viel zu simplifizierend, pathetisch und naiv und meine Ehrfurcht vor Fords Kunst andererseits allzu übermächtig.
Jedoch liegt Dmytryk deutlich nach Punkten vorn, was seine Pointiertheit sowie die rein physische Inszenierung von Aktion anbelangt. Es gibt wohl nur wenige Filme dieses oder umliegender Jahrgänge, die etwa den Beschuss von schwerem Artillerie-Feuer und dessen Effekt derart eindrucksvoll und realistisch auf die Leinwand zu projizieren vermochten und auch sonst schreckt Dmytryk vor manch naturalistischer Bebilderung nicht zurück, wo Berufsgenossen ihrerzeit sicherlich deutlich diskreter zu Werke gegangen wären.
"Back To Bataan" hat noch heute Bestand als mitreißender Kriegsfilm und ragt aus Waynes umfassendem Pazifikkriegs-Zyklus als ein Höhepunkt heraus.

8/10

Edward Dmytryk Philippinen WWII Pazifikkrieg Militär


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THE SEA CHASE (John Farrow/USA 1955)


"I won't lie for you."

The Sea Chase (Der Seefuchs) ~ USA 1955
Directed By: John Farrow

Am 1. September 39 liegt der deutsche Marinekapitän Karl Ehrlich (John Wayne) mit seinem alten Kohlendampfer, der 'Ergenstraße', bei Sidney vor Anker. Als der Krieg beginnt, weigert sich Ehrlich, sich und seine Mannschaft internieren zu lassen und flüchtet mit dem Schiff Richtung Südpazifik, an Bord die flüchtige Gestapo-Agentin Elsa Keller (Lana Turner). Verfolgt wird die Ergenstraße von einem Kriegsschiff der Royal Navy mit Ehrlichs früherem Freund Jeff Napier (David Farrar) an Bord, der Elsa liebt und einen fehlgeleiteten Hass auf Ehrlich entwickelt. Der gescheite Seefuchs holt aus Mannschaft und schiff das Letzte heraus gelingt die Flucht bis um Kap Hoorn und hinauf an die Nordatlantikküste Norwegens, wo der verbissene Napier ihn stellt.

Ein schönes, altmodisches Wayne-Vehikel in Scope und Farbe von "Hondo"-Regisseur Farrow, in dem Duke einen alternden, kaisertreuen Seebären gibt, der dem Führer und seinem Nazi-Tross bei jeder sich bietenden Gelegenheit die kalte Schulter zeigt und eine Herzensflucht bewerkstelligt, die eigentlich gleich zu Anbeginn mehr der Wahrung seiner persönlichen Integrität geschuldet ist als der überaus geringen Erfolgsaussichten. Lana Turner als streng gefönte femme fatale macht Laune, ist aber eigentlich bloß ein Alibi-Blondchen, um dem bisweilen allzu verbissen wirkenden Helden eine romantische Breitseite zu verpassen. So entsteht ein liebenswert-kitschiges Kriegsabenteuer ohne den Propaganda-Ballast der Vorjahre, das sich in seiner Eigenschaft als maritim angelegtes US-Pendant zu Käutners "Des Teufels General" allerdings als ziemliche Travestie feilbietet. In den Nebenrollen gibt es mit Paul Fix, Claude Akins, John Qualen und James Arness nicht bloß ein Duke-Faktotum zu bewundern.

7/10

John Farrow Seefahrt WWII Duell Australien Pazifik Insel amour fou


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VILLA RIDES! (Buzz Kulik/USA 1968)


"It's very much better that I die a fool trusting too much, than live a tyrant trusting no one at all."

Villa Rides! (Pancho Villa reitet) ~ USA 1968
Directed By: Buzz Kulik

Mexiko, 1912: Der US-Pilot Lee Arnold (Robert Mitchum) fliegt Waffen für die regierungsfeindlichen Colorados über die Grenze. Als er feststellen muss, welchen Praktiken gegen die Landbevölkerung die von ihm gelieferten Gewehre dienen, schließt er sich - zunächst mehr oder weniger freiwillig - dem Revolutionsführer Pancho Villa (Yul Brynner) an. Mit seinem Flugzeug ist Arnold eine große militärische und strategische Hilfe für Villa. Als dieser und seine Armee jedoch von dem hinterlistigen General Huerta (Herbert Lom) hintergangen werden, verfinstert sich auch die Lage für Arnold. Mit einer beträchtlichen Geldbeute setzt er sich zurück in die Staaten ab. Nachdem Villa aus der Gefangenschaft fliehen kann und Arnold in El Paso aufsucht, entschließt jener sich nach anfänglicher Ablehnung, seinem alten Freund zurück nach Mexiko zu folgen und weiter für die Revolution zu kämpfen.

Eine knallbunte Mischung aus Fakten und Fiktion, die Revolution als Abenteuer! "Villa Rides!" war ein recht teures Studioprojekt, an dem Robert Towne und Sam Peckinpah mitgeschraubt haben, das mit epischen Bildern und Massenszenen aufwarten konnte und dieses ebenso verworrene wie faszinierende Kapitel mexikanischer Historie auf ein gut aufgelegtes Männerabenteuer herunterbrach. Nicht der Titelheld spielt freilich den Part des Protagonisten, sondern der Publikumsagent Robert Mitchum, der als bodenständiger, eher profitorientierter Opportunist die Grauzonen besser auszuloten lernt und erst als freier Mann eine endgültige Entscheidung für sein Seelenheil treffen kann. "Villa Rides" ist daher in erster Instanz eine Entwicklungsgeschichte jenes freilich fiktiven Revolutionshelden. Villa und sein Gefolgsmann Rodolfo Fierro, von Charles Bronson bereits in der typischen Pose der kommenden Erfolgsjahre gespielt, finden sich derweil geradezu liebevoll als raubeinige Schießwüter porträtiert, die trotz ihrer zuweilen lockeren Kanonen auf der richtigen Seite stehen. Besonders Fierros Darstellung mutet seltsam divergent an: Gleichermaßen komische Figur zeigt man ihn als Massenmörder, der nicht nur die Hinrichtungen gefangener Gegner als lustiges Spiel praktiziert. Möglicherweise symbolisiert besonders dieser Charakter recht treffend die Bipolarität der mexikanischen Lebensart jener Ära: unbändige Existenzfreude, gepaart mit einer beinahe hingebungsvollen Akzeptanz des allgegenwärtigen Todes.

8/10

Pancho Villa Mexiko Mexikanische Revolution Buzz Kulik Sam Peckinpah Historie period piece Biopic


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THE DRESSER (Peter Yates/UK 1983)


"Stop that train!"

The Dresser (Ein ungleiches Paar) ~ UK 1983
Directed By: Peter Yates

England im Zweiten Weltkrieg: Während der deutschen Bomberangriffe tourt der große Shakespeare-Mime Sir (Albert Finney) zusammen mit seinem Ensemble unverdrossen weiter über die Insel und hält der Bevölkerung mit seinen Aufführungen die Stange. Angewiesen ist Sir dabei a priori auf seinen Garderobier Norman (Tom Courtenay), der seit sechzehn Jahren Sirs Mädchen für alles ist und ihn durch und durch kennt. Am Tage seiner 227. Interpretation des King Lear wird Sir dann zum Opfer seiner bereits lange schlummernden Demenz. Während rings um das Theater Bomben fallen, schafft es Norman mit Mühe und Not, Sir auf die Bühne zu bewegen und ihn schließlich eine weitere, gefeierte Vorstellung geben zu lassen. Zwischen den Akten beginnt Sir derweil, sein Testament aufzusetzen...

Großartiges, intimes Schauspielkino, im Prinzip ein Zwei-Personen-Stück, in dem die beiden in der "Kitchen-Sink"-Ära verwurzelten, britischen Star-Akteure Finney und Courtenay die ganze Bandbreite ihres Könnens zum Besten geben, der eine als vom Größenwahn bedrohter Gala-Mime, der andere als sein tuntiger Lakai. Fast unmerklich ersteht während ihrer mitunter von der Groteske angehauchten Dialoge eine Reflexion über unbemerkte Abhängigkeiten, Beziehungsgeflechte und deren subjektive Wahrnehmung, die am Ende, als das ahnbar Unvermeidliche eingetreten ist, kulminiert. Eine reiche, komplexe und strikt britische Tragikomödie ist das opulente Resultat.
Die Tatsache, dass Peter Yates knapp fünf Monate zuvor das naive Science-Fiction-Märchen "Krull" in die Kinos gebracht hatte, zeugt von der Bandbreite und auch von der Arbeitsweise des unberechenbaren Filmemachers. Wo der wohl nicht ganz verwunderlicherweise etwas verwaist wirkende "Krull" als Kommerzprodukt für das Studio gefertigt wurde, ist der ungleich ambitioniertere "The Dresser" auch und vor allem ein Film seines Regisseurs, und einer seiner exzellentesten noch dazu.

9/10

Peter Yates England Shakespeare Theater period piece WWII Freundschaft


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MURPHY'S WAR (Peter Yates/UK 1971)


"You love your war, don't you, Mr. Murphy?"

Murphy's War (Das Wiegenlied der Verdammten) ~ UK 1971
Directed By: Peter Yates

Venezuela, 1945: Gegen Kriegsende wird das Schiff des britischen Naval Officers Murphy (Peter O'Toole) von einem deutschen U-Boot im Orinoco-Becken versenkt. Murphy wird wie durch ein Wunder von dem Aussteiger Louis (Philippe Noiret) gerettet und von der Missionsschwester Hayden (Siân Phillips) gesundgepflegt. Der RAF-Pilot Ellis (John Hallam) hat weniger Glück: Auch er kommt zunächst in Haydens Obhut, wird jedoch von den Deutschen aufgespürt und erschossen. Murphys Rachedurst kennt nun kein Halten mehr. Zunächst versucht er, das feindliche U-Boot mithilfe von Ellis' Maschine zu versenken, später eignet er sich Louis' Kutter an und geht damit auf die Deutschen los - obschon die in Europa längst ihre Kapitulation unterzeichnet haben...

In der noch jungen Tradition von "Hell In The Pacific" stehende Geschichte eines Privatkrieges vor exotischer Kulisse. Diesmal stehen sich ein britischer Soldat und ein deutscher U-Boot-Kapitän (Horst Janson) gegenüber und versuchen sich zu bekriegen, wobei die offensive Aggression vornehmlich von Murphy und seinem bösen, durch das Kentern seines Schiffes hervorgerufenen Trauma ausgeht, nicht von wechselnder Seite. Auch ist dies weniger die Geschichte eines auf einen intimen Mikrokosmos beschränkten "Parallelkrieges", den zwei abgeschnitte Individuen führen, denn die ener persönlichen Obsession.
Yates, der unter recht widrigen Produktionsbedingungen an authentischen Schauplätzen gefilmt hat, holt das Beste aus seinem großen Hauptdarsteller heraus, der noch einmal ein wenig lawrence'schen Fanatismus pflegen darf. Ansonsten triumphieren ganz besonders Weite und Schönheit der venezolanischen Küstenkulisse als heimliche Hauptdarsteller.

7/10

Peter Yates period piece Venezuela WWII U-Boot


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MEN IN WAR (Anthony Mann/USA 1957)


"I want to live as long as I can."

Men In War (Tag ohne Ende) ~ USA 1957
Directed By: Anthony Mann

Während des Koreakrieges bewegt sich ein siebzehnköpfiges Bataillon von US-Marines unter der Führung von Lt. Benson (Robert Ryan) mitten durchs Feindgebiet. Es gilt, die Höhe 46 zu erreichen, auf der heimische Truppen lagern sollen. Unterwegs trifft das Platoon auf Sergeant Montana (Aldo Ray) und seinen schwer traumatisierten Colonel (Robert Keith), die sich Benson und seinen Männern mehr oder wenig unfreiwillig anschließen. Der Weg zur Höhe 46 führt durch Haubitzenbeschuss und Mienenfelder, doch der größte Schrecken wartet am Ziel: Der Hügel befindet sich bereits in Feindeshand und muss zurückerobert werden.

Bereits die minimalistisch-karge, fast kammerspielartige Form, die Anthony Mann für seinen Kriegsfilm gewählt hat, verleiht seiner Intention Glaubwürdigkeit. In schmucklosem Schwarzweiß gefilmt, zeitlich begrenzt auf einen singulären Tag, erzählt "Men In War" von der persönlichen Hölle, die der versprengte, zunehmend dezimierte Soldatenhaufen durchlebt. Daran ist nichts Glorioses und nichts Feierliches, manche Szenen, speziell jene, in deren Zuge die Gruppe sich mit einer weiteren Todesfalle konfrontiert sehen, werden bis an die Grenzen der Erträglichkeit gedehnt. Man meint förmlich, die stickig-feuchte Luft und die schwitzige Atmosphäre omnipräsenter Todesangst atmen zu können. Von hausgemachter Romantik, wie sie etwa "Thunder Bay", aber auch andere Filme Manns versprühen, ist in "Men In War" garantiert nichts zu spüren. Gut, die Finalminute - Lt. Benson verteilt zu ferner Zapfenstreichmusik poshume Tapferkeitsmedaillen an seine gefallenen Kameraden - trägt dann doch einem wie auch immer gearteten Heldenethos Rechnung, lässt sich allerdings auch wohlwollend in einen kritischen Subtext setzen. "Men In War" hätte ebensogut auch von Ray, Fuller, Milestone oder Aldrich stammen mögen; den traurigen Fatalismus ihrer Kriegsfilme teilt er in melancholischem Gedenken.

8/10

Anthony Mann Freundschaft Koreakrieg period piece Historie


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RIDE WITH THE DEVIL (Ang Lee/USA 1999)


"Are you a virgin?" - "Woman, I have killed fifteen men."

Ride With The Devil ~ USA 1999
Directed By: Ang Lee

In Ost-Missouri sind die Fronten zu Beginn des Sezessionskrieges noch teilweise ungeklärt: Während sich manch Alteingesessener zu den Föderalisten bekennt, denken andere nicht daran, ihre tradierte Lebensart aboltionistischen Ideen zu opfern. Hier, fernab der Kampfschauplätze des Ostens, bildet sich eine eigene Front: Yankee-Sympathisanten flüchten sich in die Jayhawker-Miliz, während die Konföderierten sich als Bushwackers sammeln. Die folgenden Scharmützel stehen den großen Armeeschlachten in punkto Brutalität nicht nach. Als sich abzeichnet, dass Lincoln und General Grant den Krieg siegreich beenden werden, beginnen die Milizen zu plündern und zu brandschatzen und sich als Outlaws durchs Feld zu schlagen. Der deutschstämmige Jake Rodel (Tobey Maguire) und der Ex-Sklave Daniel Holt (Jeffrey Wright) stellen sich dieser Entwicklung entgegen und haben bald Feinde auf der einstmals eigenen Seite.

Hinreißend-meditativer Bürgerkriegswestern von Ang Lee, der sich gemächlich und mit manchmal blutigen Eruptionen seinen Weg durch die vier Kriegsjahre mäandert, die sich verdichtende Freundschaft zwischen einem engstirnigen Südstaaten-Jungspund und einem früheren Sklaven und die mitunter abgründigen Lebenssituationen in Zeiten des Krieges zu seinen Hauptthemen macht. James Schamus und Lee verkneifen sich alte figurale Klischees, in denen der faulzahnige Missouri-Redneck seine inzestuös gezüchtete Idiotie nicht mehr ablegen kann oder der gutmütige Plantagennigger vor lauter Dankbarkeit auf die Knie geht, wenn er eine Schweinespeckseite bekommt. "Ride With The Devil" nimmt seine Charaktere stattdessen denkbar ernst und gesteht ihnen Entwicklungen zu, die, ähnlich wie in "The Ice Storm", in die Mündigkeit führen und die erwachsene Fähigkeit, sich mit den Unebenheiten des Lebens zu arrangieren ohne Waffengewalt. Damit ist "Ride The Devil" auch ein hochpazifistischer Film, dem die multinationale Perspektive herzlich guttut. Dass er von aufreizend schönen Bildern seiner Schauplätze getragen wird, sollte in diesem Zusammehang nicht als bloße Bonus aufgefasst werden.

8/10

Sezessionskrieg Südstaaten Ang Lee Missouri Kansas Freundschaft


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APOCALYPSE NOW (Francis Ford Coppola/USA 1979)


"They train young men to drop fire on people. But their commanders won't allow them to write 'fuck' on their airplanes because it is obscene."

Apocalypse Now ~ USA 1979
Directed By: Francis Ford Coppola

Der ausgebrannte Captain Willard (Martin Sheen) erfüllt während des Vietnamkrieges strenggeheime Aufträge für die CIA. Dazwischen sitzt er, desillusioniert und nutzlos, in seinem Hotelzimmer in Saigon und wartet. Seine aktuelle Mission führt ihn über die Grenze in das Dschungelbiet von Kambodscha. Hierher hat sich ein hochdekorierter Offizier namens Kurtz (Marlon Brando) abgesetzt und unter den Eingeborenen ein despotisches Regime errichtet, dem sich bereits andere G.I.s angeschlossen haben. Da die Kommandantur Kurtz für wahnsinnig hält, soll Willard ihn aufspüren und ermorden. Zuvor muss er mit einem kleinen, mit einer Gruppe durchgedrehter Jungsoldaten (Albert Hall, Frederic Forrest, Laurence Fishburne, Sam Bottoms) besetzten Patrouillenboot den Nung-Fluss hinauffahren. Die Erlebnisse auf Willards Reise, während der er ausgiebig Kurtz' Dossier studiert, werden zunehmend bizarrer: Eine Luftlandevision surft mitten im Kampfesgebiet auf den sich durch Bombenexplosionen türmenden Flusswellen, eine Gruppe Playmates soll einen Haufen sexuell ausgehungerter G.I.s bespaßen, im nächtlichen Urwald lauert ein Tiger, die Soldaten am letzten Grenzposten vor Kambodscha schießen orientierungslos ins Dschungeldickicht. Dazwischen immer wieder Drogenkonsum, Joints und LSD. Am Ende wartet Kurtz, der Willard mit seiner Sicht der Dinge konfrontiert, bevor er um seinen Tod bittet.

Noch so ein ungeheurer Auswuchs des sich seinem Ende zuneigenden New Hollywood. Während Spielberg und Lucas sich mit thematisch naiven Genrefilmen an die kommerzielle Spitze katapultierten, ging Coppola, als Regisseur der beiden ersten "The Godfather"-Filme großer Preis- und Hoffnungsträger seiner Künstlerdynastie, auf die Philippinen, um dort basierend auf Joseph Conrads kolonialismuskritischer Novelle "Heart Of Darkness" John Milius' und sein persönliches Vietnam nachzustellen. Die Produktionsgeschichte ist gemeinhin bekannt und ebenso legendär wie der Film selbst; Coppola und sein Team erlebten ein förmliches Weltuntergangsszenario, das alle Beteiligten bis an ihre Grenzen und darüberhinaus führte und dessen Strapazen man in jeder Minute des unglaublichen "Apocalypse Now" ablesen kann. Fest integriert in den Fundus popkultureller Zitate sind seine Szenen und Dialoge, und das ist kein Wunder, weil sie sich infolge ihrer nachdrücklichen Intensität gleich beim ersten Sehen unauslöschlich einbrennen. Die kräftigen Farben des Films scheinen selbst drogeninfiziert, gelbe und violettene Rauchwolken umschwirren ihn, Mörser- und Granatenbeschuss, der wie Feuerwerk aussieht und schließlich diese sich immer irrsinniger gestaltenden Begegnungen Willards mit der verzerrten Fratze des Krieges, der für die US-Intervenierer in Vietnam nochmal eine gesonderte Form der Sinnlosigkeit bereithalten musste. Die Idee, die urwüchsige Imperialismuskritik von Conrads Vorlage auf das damals noch hochbrisante Thema 'Vietnam' zu projizieren und Beides miteinander zu verweben erscheint im Nachhinein so zwingend wie genialisch; was einmal Irrsinn war, bleibt es auf ewig, insbesondere unter derart verschärften äußeren Umständen.
In "Apocalypse Now" gibt es keine einzige gesunde, freie Figur, jeder einzelne hat sich bereits mit der ihn umgebenden Hölle arrangiert und sich ihr angepasst oder ist auf dem Weg dorthin. Vom hohen Offizier, vom Regierungsagenten, bis hin zum kleinen Private bleibt keiner ungeschoren, und die zu Hause haben keine Ahnung von dem, was ihre Söhne und Ehemänner hier durchmachen. So hat Coppola auch nur wenig Zeit, sich mit den Folgen der US-Intervention für die südostasiatische Zivilbevölkerung direkt auseinanderzusetzen, das lässt der bereits in dieser Form großzügige, erzählerische Umfang schlichtweg nicht zu. Dass hier allerdings kein einziges weißes Gesicht schlussendlich am rechten Platze war, daran lässt dieses siebenköpfige und -schwänzige Monster von einem Film am Ende keinerlei Zweifel.
Bin mal wieder völlig plattgewalzt und fertig.

10*/10

Francis Ford Coppola John Milius New Hollywood Vietnam Kambodscha Vietnamkrieg Joseph Conrad period piece Marihuana LSD





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