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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE PELICAN BRIEF (Alan J. Pakula/USA 1993)


"She sounds almost too good to be true."

The Pelican Brief (Die Akte) ~ USA 1993
Directed By: Alan J. Pakula

Nachdem zwei Bundesanwälte (Hume Cronyn, Ralph Cosham) ermordet wurden, erstellt die clevere Jura-Studentin Darby Shaw (Julia Roberts) ein mutmaßlich hypothetisches Dossier, in dem der Großindustrielle Mattiece als Drahtzieher hinter den Anschlägen genannt wird. Selbst für den amtierenden Präsidenten (Robert Culp) ist diese Aufdeckung höchst prekär, da Mattiece sein persönlicher Freund und Wahlkampfspender ist. Nachdem Darby das "Pelikan-Akte" getaufte Dossier an ihren Freund, den Dozenten Tom Callahan (Sam Shepard), weitergegeben hat, wird dieser von einer Autobombe zerfetzt. Auch Darbys Leben schwebt in höchster Gefahr. Sie taucht unter und wendet sich an den kritischen Journalisten Gray Grantham (Denzel Washington), um mit seiner Hilfe ihr Leben zu retten.

Süden, Verschwörungen, Rassismus, Korruption, Mafia: Der Trivialautor John Grisham war vor zwanzig Jahren einer der meistgelesenen Romanciers unseres Planeten und entsprechend flugs wurden seine populärsten Werke, umfangreiche Wälzer, die hierzulande unter ihren einprägsamen Kurztiteln in aller Munde waren und deren gebundene Ausgaben eine Menge zeitgenössischer Buchregale zierten, von Hollywood in die Zange genommen, von den Studios aufgekauft und hernach von zumeist großen Regisseuren als Auftragsarbeiten und stets umfassend starbesetzt adaptiert. Die Grisham-Verfilmungen - sechs relativ dicht hintereinander in den Neunzigern entstanden, gab es mit "The Runaway Jury" nach einer fünfjährigen Pause noch einen Nachzügler - zeigen beispielhaft, wie das damalige Mainstream-Kino gestrickt war und sind daher auch filmhistorisch von Interesse. Schöne oder markante Gesichter in den Hauptrollen, zumeist als in die Jurisprudenz eingebettete, ehrgeizige Idealisten, altehwürdige Schauspielstars im Hintergrund, wahlweise als Mentoren der Junghelden oder als Oberverschwörer, ein Südstaat als handlungstragender Schauplatz, ein Gerichtssaal, ein horrendes Maß an billiger Polemik und plakativer Emotionsschürung, die in keinem Verhältnis stand zu den mitunter durchaus komplexen Inhalten der Geschichten. Ob Grisham seine Romane ähnlich strukturierte, also faktisch kompetent, dramaturgisch jedoch auf Groschenheftniveau, kann ich nicht beurteilen - ich habe nie eines seiner Bücher gelesen.
"The Pelican Brief" folgte fast unmittelbar auf Sydney Pollacks "The Firm" und ähnelte diesem bereits überdeutlich. Mit Alan J. Pakula konnte ein Filmemacher gewonnen werden, der rund zwanzig Jahre zuvor mit seiner großartigen "Paranoia-Trilogie" reüssiert hatte, dessen Stern mittlerweile allerdings leicht im Sinken begriffen war. Ähnlich wie Pollack blähte er sein Werk auf unmäßige Überlänge auf - eine Tatsache, die "The Pelican Brief" nicht sonderlich bekommt. Die Exposition verschlingt allein ein Drittel des Films, diverse Szenen finden sich deutlich minutiöser umgesetzt als es ihnen guttut und irgendwann sehnt man eine Auflösung des narrativen Breis förmlich herbei. Dem gegenüber steht die unleugbar ansprechende formale Habenseite, mit der Pakula - natürlich - hauszuhalten wusste.

6/10

Alan J. Pakula John Grisham Südstaaten FBI Journalismus Washington D.C. Verschwörung Louisiana New Orleans


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ZERO DARK THIRTY (Kathryn Bigelow/USA 2012)


"How about a new V10 Lamborghini? How's that for friendship? "

Zero Dark Thirty ~ USA 2012
Directed By: Kathryn Bigelow

Die Jagd nach dem verschollenen Al-Qaida-Kopf Osama Bin Laden wird für die CIA-Agentin Maya (Jessica Chastain) nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zur obersten Existenzmaxime. Über Jahre hinweg vernachlässigt sie ihr eigenes Privatleben, geht verbissen den Spuren von Verbindungs- und Mittelsmännern nach, arbeitet sich so hierarchisch bis in das Wuzelwerk der Terrorzelle vor und muss Vorgesetzte und Außendienstleiter immer wieder dazu anhalten, die Suche nicht aufzugeben. Am 2. Mai 2011 wird ihre Verbissenheit schließlich belohnt: Im Zuge einer verdeckten Militäroperation wird Bin Ladens Haus in Pakistan gestürmt und der berüchtigte Terrorist erschossen.

Neben seiner, wie von Bigelow gewohnt, ganz allgemein minutiösen, meisterlichen Inszenierung und der detaillierten Nachzeichnung der Jagd auf Bin Laden nimmt "Zero Dark Thirty" vor allem aufgrund der gezeigten Arbeitsweisen der CIA für sich ein. Folter, Bestechung, das Verprassen unmäßiger Geldsummen und Arbeitsressourcen für eine reine Racheaktion, die auch noch jedwedes Menschenrecht mit Füßen tritt, demonstrieren nicht nur die erschreckend weitreichenden Befugnisse des Geheimdienstes als zusätzliche Macht im Staat, sondern regen prinzipiell zu neuerlichem Sinnieren über die Existenzberechtigung jener ja bereits seit ihren Anfängen im Kritikfokus stehenden Institution an. Letztlich wird die Exekution Bin Ladens - und um eine solche handelt es sich zumindest aus der Fimperspektive zweifelsohne - zu einem exemplarischen Vergeltungsakt, der nicht nur den Präsidenten und seine Nation zufriedener schlafen lassen, sondern vordringlich die US-feindlichen Bevölkerung der Welt warnen soll: "Legt euch nicht mit uns an, wir jagen, finden und töten euch!"
"Zero Dark Thirty" hält sich selbst relativ unpolitisch und gibt sich mit einer neutralen, wenngleich fesselnden Sektion der Ereignisse zufrieden. Die weibliche Hauptfigur bleibt weithin anonym; bis auf ihren Hang zu verbittertem Ehrgeiz und ihre Vorliebe für Energy Drinks und Fast Food erfährt man wenig bis gar nichts über sie. und dennoch verleiht die immens präsente Jessica Chastain ihr ein Gesicht, macht sie und das Sujet insgesamt etwas nahbarer und menschlicher.

9/10

Kathryn Bigelow Terrorismus 11. September CIA Pakistan Historie


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THE CHAIRMAN (J. Lee Thompson/USA 1969)


"By working for you, I'd proof being insane."

The Chairman (Der gefährlichste Mann der Welt) ~ USA 1969
Directed By: J. Lee Thompson

Der Biologe Hathaway (Gregory Peck) lässt sich überreden, nach China zu gehen, um die Formel eines dort beheimateten Kollegen (Keye Luke) für ein Wachstumsenzym, das Kulturpflanzen sogar an unwirtlichsten Orten gedeihen lässt, an sich zu bringen. Man befürchtet im Westen, dass jenes Enzym China ein ökonomisches Monopol verschaffen könnte. Hathaway lässt sich zu der Mission überreden, ahnt allerdings nicht, das der Sender, den man ihm zuvor implantiert, zugleich eine Minibombe ist, die bei Bedarf ferngezündet werden kann.

Ein interessantes Cold-War-Relikt, dessen Titel sich direkt auf Mao Tse-tung bezieht, der im Film als 'Chairman' (bzw. in der deutschen Fassung als 'Vorsitzender') bezeichnet wird und der, gespielt von Conrad Yama, als graue Eminenz im Hintergrund mit dominanter Szene beinahe die filmische Zeichnung eines Bond-Widersachers erhält. Es fehlt sozusagen bloß noch die weiße Katze. Etwas mehr Akzeptanz verschafft sich Thompsons gegen Ende einer überfruchtbaren kreativen Phase (1969 starteten vier Filme von ihm im Kino) entstandenes Werk dadurch, dass es trotz seiner tendenziösen Ausrichtung das Spionagegeschäft ganz allgemein als ein schmutziges denunziert, ein bisschen wie John le Carré. Es sitzen in den Machtzentralen ominöse Herrschaften am buchstäblichen Drücker, die mit einer Krümmung des Fingers Leben auslöschen können. Keine sehr gewogene Vorstellung. In der Fluchtszene Hathaways Richtung russischer Grenze gegen Ende erhält "The Chairman" dann nochmal richtig Drive. Jerry Goldsmith übte ihr zu Gewinn schonmal tatkräftig für seine späteren "First Blood"-Scores.

7/10

Kalter Krieg J. Lee Thompson China


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THE HINDENBURG (Robert Wise/USA 1975)


"There is no resistance movement, Colonel!"

The Hindenburg (Die Hindenburg) ~ USA 1975
Directed By: Robert Wise

Im frühen Mai des Jahres 1937 startet das deutsche Luftschiff 'Hindenburg', ein vorrangiges Propaganda-Werkzeug der Nazis, zu einem Transatlantikflug nach Lakehurst in New Jersey. Eine exzentrische Hellseherin (Ruth Schudson) aus Milwaukee hatte zuvor einen Warnbrief an die deutsche Botschaft in Washington geschickt, der zufolge die Hindenburg bei ihrer Überquerung New Yorks explodieren werde. Neben dem ohnehin unterschwellig brodelnden Widerstand Grund genug für die Gestapo, den Luftwaffen-Oberst Ritter (George C. Scott) und incognito den SS-Mann Vogel an Bord des Schiffes zu schicken, um eventuelle Saboteure ausfindig zu machen. Tatsächlich entpuppt sich der Wartungsingenieur Karl Boerth (William Atherton) als Bombenleger, der seinen Anschlag jedoch für nach der Landung geplant hat, um die Leben der Passagiere zu schonen. Für diesen Plan findet er sogar Ritters Unterstützung. Doch die Hindenburg kommt mit Verspätung an und auch Vogel hat mittlerweile die Identität des Attentäters herausbekommen...

"The Hindenburg" markierte den wohl ersten, einzigen und darüberhinaus auch ganz bestimmt unbewussten Versuch, einen Brückenschlag zwischen New Hollywood und dem Katastrophenfilm zu wagen. Mit einer wohlfeilen, jedoch nicht größenwahnsinnig anmutenden Starbesetzung spinnt das Script die historisch als weithin unbefriedigend aufgedeckt wahrgenommenen Hintergründe der 'Hindenburg-Katastrophe weiter. Anstatt des unfällig selbstentzündeten Wasserstoffs im Zeppelin wird hier der bereits zu Vorkriegszeiten keimende Widerstand verantwortlich gemacht für den Absturz, der der internationalen Verkehrsluftfahrt ein vorläufiges Ende setzte. Die Spekulativität der Geschichte, in der natürlich auch ein versoffener, systemfeindlicher Künstler (Gig Young), ein falschspielendes Zockerduo (Burgess Meredith, René Auberjonois) sowie die unvermeidliche, kühle Gräfin (Anne Bancroft) mit Zigarettenspitze und behinderter Tochter vorkommen, steht in keinem Verhältnis zu Wises brillanter Regie. Seine von Robert Surtees in ihren Rahmen gesetzten Bilder sind von einnehmender Sorgfalt und Detailverliebtheit, die die Illusion der authentisch gefilmten Luftschiff-In- und Exterieurs hervorrufenden Spezialeffekte sind ebenso zweckdienlich wie unauffällig. Seine wahre Meisterschaft erreicht "The Hindenburg" allerdings an seinem berühmten Ende: Die eigentliche Katastrophe, den Absturz über Lakehurst, zeigt Wise in einer Mischung aus Spielszenen und authentischer Dokumentation, das vollständig in schwarzweiß 'umgekippte' Bild friert hier und da ein, David Shires Musik türmt sich auf zu einer Grauenssymphonie: Höchst suggestives Filmemachen eines vollendeten Spielmeisters.

8/10

Robert Wise Ensemblefilm period piece Nationalsozialismus Fliegerei


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COLLATERAL DAMAGE (Andrew Davis/USA 2002)


"Collateral damage? I'll show you collateral damage!"

Collateral Damage ~ USA 2002
Directed By: Andrew Davis

Frau (Lindsay Frost) und Sohn (Ethan Dampf) des tapferen Feuerwehrmannes Gordy Brewer (Arnold Schwarzenegger) werden zu Opfern eines Anschlags des kolumbianischen Terroristen Claudio Perrini, genannt 'El Lobo' (Cliff Curtis). Ihre Tode bezeichnet man leichtfertig als "Kolletaralschaden", Polizei und Geheimdienste sind machtlos gegen die phantomhaft operierende Guerilla. Doch Brewer hat das Gesicht des Drahtziehers gesehen. Auf eigene Faust reist er nach Kolumbien und startet einen Ein-Mann-Krieg gegen Perrini und sein Netzwerk. Schließlich kann Brewer jedoch gefangen genommenen werden, weil er dieselbe Tragödie verhindern will, die seiner Familie widerfahren ist. Mithilfe von Perrinis sympathischer Frau Selena (Francesca Neri) kann er freikommen und zusammen mit ihr in die Staaten entkommen, kurz nachdem die CIA das Partisanendorf dem Erdboden gleichgemacht hat. Perrini plant derweil bereits den nächsten Anschlag in Washington D.C.. Brewer weiß nicht, dass er selbst als Strohmann für die Terroristen missbraucht wurde und Perrini eigentlich nur die eine Hälfte von 'El Lobo' personifiziert...

Mit der Gnade der verstrichenen Jahre als Bonus erweist sich "Collateral Damage" als doch gar kein so mieser Film, als den ihn die meisten Leute, darunter auch ich selbst, damals abtaten. Die in obligatorischem Zusammenhang mit dem zeitgenössischen globalen Geschehen stehende Empörung über die Verwurstung des Themas 'Terrorismus' in einem Genrefilm (!) mit Arnold Schwarzenegger (!!) war ganz einfach Ehrensache. Wenn Arnie gegen Aliens, Mars-Diktatoren, Luzifer oder die Klonmafia antrat, dann war das stets völlig in Ordnung, hier aber ging es urplötzlich um überaus reale Belange in einem schlichten Unterhaltungsfilm, der darüber hinaus eine merkwürdig schwammige Position gegenüber der US-Interventionspolitik in Lateinamerika einnahm. So etwas ging a priori nicht in Ordnung und eine selbst nur halbwegs entgegenkommende Rehabilitierung des Films blieb bis heute aus. "Collateral Damage" hat nie den Fun-Event-Charakter der allermeisten anderen Arnie-Produktionen aufbauen können und fristet als Konserve in den meisten Regalen ein stiefmütterliches Dasein. Zu Unrecht. "Collateral Damage" ist ein durchaus fix inszenierter, spannender Film mit guten Darstellern, dessen kümmerliche politische Irrelevanz ohnehin ausgeblendet gehört. Der Gewaltfreak freut sich über zwei, drei denkwürdig fiese Höhepunkte und der kleine Twist gegen Ende ist durchaus gelungen.
Der Ansatz allerdings, Schwarzenegger einen Allerweltsmenschen geben zu lassen, der erst aufgrund seiner privaten Rachemission über sich hinauswächst, ist zu diskutieren. Der über Jahrzehnte hinweg mühevoll selbstkonstruierten Typographie seines medialen alter ego geht dieser Versuch natürlich völlig zuwider. Arnold Schwarzenegger als vulnerabler Gemütsmensch, der am Ende doch wieder nur Arnold Schwarzenegger ist - die Berechtigung dieses unnützen dramaturgischen Umwegs verläuft recht schnell im Sande. Mit Harrison Ford oder Russell Crowe in dem entsprechenden Part wäre das Ganze vermutlich deutlich 'glaubwürdiger' (falls diese Attribuierung hier überhaupt benutzt werden darf) ausgefallen. Der eigentliche Grund, warum sich "Collateral Damage" das Wasser abgräbt, liegt rückblickend also weniger in seinen redundanten Aussagen, denn vielmehr in dem verzweifelten, leider unerfüllbaren Wunsch nach professioneller Differenzierung. Danach noch schnell ein "Döminejde" und ab ging's ins kalifornische Kabinett, wiederum die allergrößte Fehlbesetzung der Steirischen Eiche.

6/10

Andrew Davis Terrorismus Kolumbien Rache Los Angeles Washington D.C.


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ACROSS THE PACIFIC (John Huston/USA 1942)


"Mine's bigger than yours."

Across The Pacific (Abenteuer in Panama) ~ USA 1942
Directed By: John Huston

Zum Schein lässt sich der Agent Rick Leland (Humphrey Bogart) unehrenhaft aus der Armee entlassen und signalisiert den Wunsch, zu den Japanern überzulaufen. An Bord eines japanischen Kreuzers, der über den Panamakanal von der Ost- zur Westküste der USA übersetzt, lernt er neben der netten Alberta (Mary Astor) auch den asiaphilen Dr. Lorenz (Sidney Greenstreet) kennen und freundet sich mit ihm an. Bald zeigt der vermeintliche Soziologe Lorenz sein wahres Gesicht: Er stiftet Rick an, ihm gegen Bezahlung den Lageplan eines panamaischen Militärflughafens zu verschaffen. Auf der Plantage von Albertas Vater hat Lorenz zudem eine geheime Startbahn für einen japanischen Bomber errichtet, der den Panamakanal als Schiffspassage für die Navy unbrauchbar machen soll.

Über böse Fu-Manchus, dicke Verräter und Pistolen als Penisersatz: Seinen dritten Langfilm, besetzt mit drei Hauptdarstellern aus seinem Erstling "The Maltese Falcon" in ähnlichen Parts (außer Mary Astor, die diesmal brav ist und Bogeys Freundin bleiben darf), konnte John Huston nicht mehr ganz fertigstellen, weil er kurz vor Drehschluss einberufen wurde, um Dokumentarfilme für die Army zu machen. Der Routinier Vincent Sherman beendete den chronologisch abgefilmten "Across The Pacific" und hatte somit immerhin die Ehre, Bogeys denkwürdigen Einsatz am MG, mit dem er die Bösewichte schlussendlich samt und sonders lahmlegt, auf Zelluloid zu bannen. Ein charmanter Reißer, der Bogarts neues Heldenimage festigte, war das erstklassige Resultat. Die ursprüngliche Story sah Oahu als Zielobjekt für die Verschwörer vor, was der tatsächliche Überfall der Japaner am 7. Dezember 41 zunichte machte: Die tatsächliche Realität hatte die filmische einmal mehr überholt; Bogey konnte Pearl Harbor nun nicht mehr retten.

8/10

John Huston Vincent Sherman WWII Panama New York Militär Verschwörung Pazifikkrieg


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THE OSTERMAN WEEKEND (Sam Peckinpah/USA 1983)


"I think you tend to be a little strident."

The Osterman Weekend ~ USA 1983
Directed By: Sam Peckinpah

Wie jedes Jahr im Sommer findet auch heuer wieder das "Osterman-Wochenende" statt, ein Treffen vier alter Freunde, in dessen Zuge sich an die gute alte Zeit erinnert und Champagner in rauen Mengen konsumiert wird. Mittlerweile stehen sie alle finanziell betrachtet auf der Sonnenseite John Tanner (Rutger Hauer), Bernie Osterman (Crtaig T. Nelson), Richard Tremayne (Dennis Hopper) und Joseph Cardone) bekleiden alle respektierte Positionen in der Gesellschaft und können, sofern vorhanden, ihren Frauen und Familien ein wahres Lotterleben ermöglichen. Da tritt der CIA-Agent Lawrence Fassett (John Hurt) an Tanner heran: Seine drei Freunde sollen angeblich mit der Organisation "Omega" paktieren, einem amerikanisch-sowjetischen Spionagering. Zunächst skeptisch, glaubt der erzliberale Tanner bald Fassetts Anschuldigungen. Er lässt sein gesamtes Haus verkabeln, mit Kameras ausstatten und von Fassett überwachen. Das angebliche Ziel der Aktion: Mindestens einer der drei vermeintlichen Doppelagenten soll zur Rückkehr bewegt werden. Doch Fassett hat ganz anderes im Sinn als eine ordinäre Spionageaktion...

Vergeltungsplan - Verfolgungswahn. Was die wenigsten wissen: mit 58 Jahren hat Sam Peckinpah, vollends dem Kokain verfallen, schwer inkontinent und stets eine Handfeuerwaffe griffbereit, noch ein letztes großes Meisterwerk geschaffen: "The Osterman Weekend". Die Vorlage des Trivial-Politthriller-Autoren Robert Ludlum verwandelt sich unter Peckinpahs Ägide und der seines Scriptautors Alan Sharp in ein exzellentes Paranoia-Epos um Manipulation und mediale Gaukelei, das darüberhinaus ganz wunderbar als böser Schattenriss des zur gleichen Zeit erschienen "The Big Chill" von Lawrence Kasdan funktioniert. Alte Freundschaften im Zeichen politischen Intellektualismus verblassen angesichts an ihre Stelle tretender konservativer Wertmaßstäbe wie Karriere und Familie sowie einer zeitverpflichteten hohlen, neuen Yuppie-Lehre. In "The Big Chil" spricht man sich noch aus, adaptiert sich mittels Selbsttherapie an die veränderte Zeit; bei Peckinpah endet das neue Misstrauen in Konfrontation und Tod.
Fassetts schwarzer Racheakt an einem System, das ihm mit einem Wimpernzucken alles genommen hat, fügt sich am Ende zu einer brillant eingefädelten Conclusio; einem Puzzle des Todes, einem Manifest wechselseitiger Vergeltung. Danach allerdings wird die Welt nie mehr dieselbe sein, schon gar nicht für den einst so tapfer rosarot sehenden John Tanner.

9/10

Sam Peckinpah Robert Ludlum Verschwörung Rache CIA Kalter Krieg


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GORKY PARK (Michael Apted/USA 1983)


"Girls like screwing foreigners, don't they? It's almost as good as travel."

Gorky Park ~ USA 1983
Directed By: Michael Apted

Im winterlichen Moskauer Gorky Park werden drei Leichen gefunden, die von ihrem Mörder unidentifizierbar gemacht wurden, indem er ihnen die Gesichtshaut abgetrennt hat. Für den Polizeioffizier Arkady Renko (William Hurt) eine harte Nuss: Wer steckt hinter dem eiskalten Verbrechen und was war sein Motiv. Als er tiefer bohrt, stößt Renko auf ein Wespennest aus Korruption und Verrat, auf einen US-Sheriff (Brian Dennehy), der in Moskau auf eigene Faust ermittelt sowie auf den zwielichtigen amerikanischen Pelzhändler Jack Osborne (Lee Marvin).

Tadelloser Thriller, der einem allein aufgrund James Horners unverkennbarer, percussionlastiger Musik sogleich das vertraute Gefühl des 'Nachhausekommens' vermittelt. Vornehmlich in Finnland als Moskau-Substitut gedreht, ist Apted mit "Gorky Park" ein schnörkelloser Genrebeitrag und darüberhinaus sein wahrscheinlich bester Film geglückt, dessen kleiner philosophischer Gehalt, eine Meditation über Sinn und Unsinn von Systemtreue, in den letzten Einstellungen nochmal einen bravourösen Aufschwung nimmt. Doch auch in seiner dichten Schilderung der interfiguralen Entwicklungen, die, mit Aiusnahme der Heldenfigur natürlich, ganz klassisch von der Undurchsichtigkeit in die manchmal unangenehme Luzidität führen, ist der Film beispielhaft inszeniert. Und der große Lee Marvin adelt ihn gleich nochmal mit seinen spärlichen, aber umso heller scheinenden Auftritten.

8/10

Michael Apted UDSSR Russland Moskau Verschwörung Martin Cruz Smith


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A DANDY IN ASPIC (Anthony Mann/UK 1968)


"What's an existentialist, then?" - "Well, it's slightly more complex than romping around naked."

A Dandy In Aspic (Der Todestanz eines Killers) ~ UK 1968
Directed By: Anthony Mann

Der sowjetische Doppelagent Krasnevin (Laurence Harvey) infiltriert als ein gewisser 'Eberlin' den britischen Geheimdienst und hat bereits einige Mitarbeiter aus dessen Reihen im Namen von Mütterchen Russland liquidiert. Krasnevin wünscht sich allerdings nichts sehnlicher, als endlich das schmutzige Spionagegeschäft quittieren und in die Heimat zurückkehren zu können. Da erhält er just von den Briten den Auftrag, in Berlin einen russischen Killer mit unbekannter Herkunft ausfindig zu machen und zu töten - einen gewissen Krasnevin - und damit sich selbst. Zusammen mit dem übereifrigen Gatiss (Tom Courtenay) begibt er sich in der Mauerstadt auf eine höchst prekäre Jagd.

Anthony Mann konnte seinen letzten Film nicht mehr fertigstellen; ein vor Ort in Berlin erlittener Herzinfarkt kostete ihn das Leben. Der Hauptdarsteller Laurence Harvey stellte die fehlenden Teile an seiner Statt fertig.
"A Dandy In Aspic" wagt den nicht immer ganz schlüssigen Brückenschlag zwischen der lebensunfreundlichen Spionage-Tristesse eines Le Carré und den fröhlichen Bond-Plagiaten des 'Swinging London'. Laurence Harveys Figur pendelt als eine Art bipolar gestörter Charakter zwischen depressiver Lebensmüdigkeit und viriler Agenteneleganz. Stets wie aus dem Ei gepellt auftretend wünscht er sich einerseits einen Schlussstrich, hat jedoch auch nichts dagegen, mit dem quirlig-naiven Bohème-Mädchen Caroline (Mia Farrow) in die Federn zu hüpfen. Die narrative Kunst des Films besteht in dem bewährten Suspensekniff, den Zuschauer auf das Wissensniveau des Protagonisten herabzulassen, so dass man das teils verwirrende Szenario als ebenso heillos wahrnimmt wie der (Anti-)Held der Geschichte. Über jeden Zweifel erhaben sind die erlesenen Formalia von "A Dandy In Aspic": die endzeitlich anmutenden, sepiafarbenen Bilder Londons und Berlins und Quincy Jones' atmosphärische Klänge. Derart gefällig kombiniert ergeben sie einen formidablen Rückblick auf jene paranoide Epoche.

8/10

Anthony Mann Derek Marlowe Kalter Krieg Spionage London Berlin DDR


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THE HOUSE ON CARROLL STREET (Peter Yates/USA 1988)


"That's not where I need it."

The House On Carroll Street (Das Haus in der Carroll Street) ~ USA 1988
Directed By: Peter Yates

Zur Zeit des McCarthyismus wird die engagierte Journalistin Emily Crane (Kelly McGillis) zu einer HUAC-Anhörung zitiert, weigert sich jedoch, auszusagen. Daraufhin verliert sie ihren Job und nimmt kurzfristig eine Stelle als Vorleserin für die alte Miss Venable (Jessica Tandy) an, derweil sie vom FBI-Mitarbeiter Cochran (Jeff Daniels) beschattet wird. Im an Miss Venables Garten angrenzenden Grundstück bemerkt Emily schließlich mysteriöse Vorgänge. Gesetzte Herren verschiedener Nationalität gehen dort ein und aus und ein dort tätiger, junger Dolmetscher (Christopher Buchholz) bekommt es mit der Angst. Als der junge Mann von Anzugträgern mit einem Messer angegriffen wird und in Emilys Armen stirbt, ist ihr klar, dass es sich um eine Verschwörung ersten Ranges handelt, der sie da auf der Spur ist. Und tatsächlich: Der vor antikommunistischer Gesinnung überbordernde Congressman Salwen (Mandy Patinkin) holt NS-Kriegsverbrecher ins Land und stattet sie mit neuen Identitäten aus. Zusammen mit Cochran geht Emily gegen Salwen und seine Schergen vor.

Mit einem der wenigen US-Politthriller, die sich infolge ihrer "hehren Gesinnung" auch auf späten DDR-Leinwänden gut machten, ist Peter Yates in seiner kreativen Hochzeit ein weiterer ordentlicher Film gelungen, der sich ein wenig in der Tradition hitchcockscher Spannungsdramen findet um starke Frauengestalten, die ein Mysterium zu durchdringen haben und dabei in höchste Lebensgefahr geraten. Vor allem "Notorious", in dem es ja ebenfalls um herausgeschleuste Nazis geht, schießt einem unweigerlich durch den Kopf, aber auch "Spellbound" oder "Rebecca". Somit ist Yates weithin unauffällig inszenierter, auf ein gediegenes Äußeres Wert legender Krimi vor allem ein Geschenk für die ehedem kantige Kelly McGillis, die hier eine ihrer schönsten Rollen kredenzt bekam. Jeff Daniels als unvermeidlicher männlicher Gegenpart hat eigentlich bloß die Aufgabe, Emilys besonders im Rahmen jener Zeit unabhängige Femininität auszuloten und ihr auch eine erotische Identität zu verleihen. Wie so oft spielt Daniels die Rolle des eher im Hintergrund befindlichen Unterstützers. Toll ist auch Mandy Patinkin als gefährlich-diabolischer McCarthy-Rädelsführer, dessen Patriotismus groteske Formen annimmt. Sein hübsch grelles Ende im Showdown enthebt "The House On Carroll Street" allerdings jedweden Restes von zuvor schwerlich geschürter Ernsthaftigkeit.

7/10

Peter Yates New York period piece FBI McCarthy-Ära Nationalsozialismus Verschwörung





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Funxton

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