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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE BIRDS (Alfred Hitchcock/USA 1963)


"I want to go through life jumping into fountains naked! Good night!"

The Birds (Die Vögel) ~ USA 1963
Directed By: Alfred Hitchcock

Die verwöhnte Verlegertochter Melanie Daniels (Tippi Hedren) begegnet in einer Zoohandlung dem Anwalt Mitch Brenner (Rod Taylor) und folgt ihm übers Wochenende, vordergründig, um einen kleinen Scherz mit ihm zu treiben, insgeheim jedoch, um ihn besser kennenzulernen, bis in das Küstenstädtchen Bodega Bay. Dort leben Mitches Mutter Lydia (Jessica Tandy), seine kleine Schwester Cathy (Veronica Cartwright) und auch seine Verflossene Annie (Suzanne Pleshette), die in Bodega Bay als Lehrerin arbeitet. Zeitgleich mit Melanies Eintreffen in der Stadt beginnt sich die hiesige Vogelwelt zunächst merkwürdig aggressiv zu verhalten, um sich dann zu sammeln und die Menschen gezielt und mit tödlicher Gewalt zu attackieren. Am Ende gelingt es Melanie und den Brenners nur mit knapper Not, der Gewalt der Tiere zu entrinnen.

Trotz seinem mit dem Horror liebäugelnden Vorgänger "Psycho" der einzige echte Genrefilm von Hitchcock. Nach den beiden großen, wiederum höchst unterschiedlichen, jedoch komplett untadeligen, makellosen Meisterwerken "North By Northwest" (Hitchs einziger Arbeit für MGM) und "Psycho" (seinem letzten Schwarzweißfilm und dem letzten für Paramount) sowie diversen Liebäugeleien mit dem Fernsehen (die Hitch ein hohes Maß an neuer, öffentlicher Popularität eintrugen) fand er seinen späten Heimathafen bei Universal und läutete mit "The Birds" sein Alterswerk ein. Mit der kühlen, stets leicht arrogant auftretenden Blondine Tippi Hedren fand der Meister eine weitere Personifikation seines heimlichen Frauenideals und verpasste ihr sogleich eine recht krasse Demontage. Die anfänglich so resolut und selbstbewusst auftretende Schönheit kommt nämlich aus keinem anderen Anlass nach Bodega Bay als aus jenem, sich charakterlich brechen zu lassen. Erst nachdem die Vögel sie fast zu Tode gehackt haben und ihre ganze, menschliche Verletzlichkeit zu Tage tritt, stehen ihr und Mitch die Türen zu einer glücklichen Zukunft offen und, noch wichtiger, kann Mitches neurotische Mutter sie gänzlich akzeptieren, zumindest, so man bereit ist, diefinalen Einstellungen nicht als a posteriori als Präludium zum Armageddon einzustufen. Melanies Quasi-Konkurrentin, der burschikos auftretenden, noch selbstbewussteren und -bestimmteren Annie ergeht es gar noch schlimmer - sie überlebt die Angriffe der Vögel nämlich nicht.
So nehme ich den ganze Film mittlerweile eigentlich bloß vordergründig als klassische Tierhorrorfabel, respektive eine Parabel über die der humanen Arroganz überdrüssige und ergo zurückschlagende Natur wahr. Tatsächlich scheint mir "The Birds" in seiner endgültigen, filmischen Form die reaktionäre Initiationsgeschichte einer Frauenfigur und dazu ein ziemlich entlarvender, ängstlicher Kommentar Hitchcocks zum Aufglimmen des Feminismus. Trotzdem (oder gerade deswegen?) wieder ein toller Film.

9/10

Tierhorror Alfred Hitchcock Daphne Du Maurier Kalifornien Wochenende San Francisco Vögel


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THE HIGH AND THE MIGHTY (William A. Wellman/USA 1954)


"I heard you whistlin' and I said to myself only one guy does that just so."

The High And The Mighty (Es wird immer wieder Tag) ~ USA 1954
Directed By: William A. Wellman


Ein Passagierflug von Honolulu nach San Francisco wird für die Piloten Dan Roman (John Wayne) und John Sullivan (Robert Stack) zum Spießrutenlauf, denn die Maschine verliert Treibstoff und ein Propeller fängt Feuer. Für den panisch werdenden Sullivan ist eine Notwasserung unausweichlich, während Roman, der bei einem früheren Flugzeugcrash seine Familie verloren hat, mit allen Mitteln den Zielflughafen erreichen will. Die an Bord befindlichen Passagiere ringen derweil mit ihren privaten Problemen und der unweigerlichen Todesangst.

Ein Jahr nach dem schönen Männerabenteuer "Island In The Sky" fabrizierte Wellman, wiederum für die Wayne-Fellows, diesen noch schöneren, frühen Katastrophenfilm. Wie der Vorgänger basiert auch "The High And The Mighty" auf einem Roman und Script des früheren Piloten Ernest K. Gann. Für Duke, dessen Rolle als Retter in der Not eigentlich Spencer Tracy hatte übernehmen sollen, kam die Besetzung erst recht spät - dabei eignet sich, wie sich zeigen soll, der Part des souverän bleibenden Retters aus der Not mit hohem Schuld-und-Sühne-Potential hervorragend für ihn. Formal ist "The High And The Mighty" gegenüber "Island In The Sky" (die zwei Titel währen übrigens beliebig austauschbar, weswegen es wohl auch schon häufiger zu Verwechslungen gekommen ist) komplett diametral angelegt: Der eine in kargem, sphärischem schwarz-weiß, der andere in knallbuntem, ausladendem CinemaScope. "The High And The Mighty" legt überdies zahlreiche Spuren in die kommende Filmhistorie. Die kitschgefährdete und dennoch stets gediegen bleibenden Dramatismen der späten Filme Douglas Sirks werden hier bereits formvollendet antizipiert, der bis heute hochaktuelle Ensemblefilm mit diversen parallel laufenden und sich kreuzenden Geschichten findet eine seiner früheren Inkarnationen, schließlich gibt Wellmans Film die Standards und Stukturen des sich fünfzehn Jahre später mit "Airport" einläutenden Katastrophenfilms vor. Viel Stoff zum dran nagen also, und dazu ein reichhaltiger, überlanger Filmgenuss.

8/10

Hawaii Ensemblefilm Flugzeug William A. Wellman San Francisco


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PIRANHA (Alexandre Aja/USA 2010)


"Fish with boobies."

Piranha ~ USA 2010
Directed By: Alexandre Aja


Im schönen Lake Victoria wird durch einen Erdrutsch eine prähistorische Piranha-Art befreit. Dumm für die dort auflaufenden Teenager, die hier ihren Spring Break feiern wollen und bei Bier und Spaß jede Warnung ignorieren.

"Heute schon remaket?" möchte man Monsieur Aja beinahe fragen angesichts seiner gegenwärtig ja keinesfalls ungewöhnlichen Tendenz, klassische Horrorstoffe neu aufzubereiten. Nun, solange die Qualität stimmt, habe ich ja nun gar nichts dagegen. "Piranha" kümmert sich einen lausigen Schmutz um jedwede Niveaufalle und liefert bösen, blutigen Spaß im Zuge eines lauten, inflationär spritzenden Splatter-Feuerwerks, wie es seit dem seligen "Braindead" nurmehr selten zu sehen war. Dabei werden die fiesesten Kollateralschäden keinesfalls durch die verfressenen Ur-Piranhas verursacht, sondern durch die Massenpanik der Flüchtenden. Jene denkwürdige Szene, in dem sich ein langer Haarschopf in einer Motorboot-Schraube verfängt, um dann... aber man sehe sich das besser selbst an. Dank der herrlichen Effektarbeit von Berger & Nicotero gibt es überhaupt einiges zu spitzen, die ausnehmend schicken Damen Kelly Brook und Riley Steele bekanntlich inbegriffen.
Des ohnehin wackligen Verdachts, einen wegweisenden Horrorfilm gesehen zu haben, kann ich "Piranha" zwar guten Gewissens entheben, ebenso wahr ist aber, dass iman mächtig viel Vergnügen haben kann mit ihm. Lecker fish with boobies halt.

7/10

Remake Alexandre Aja Arizona Fisch 3-D Monster Splatter Summer Splash Tierhorror


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BLACKOUT (Eddy Matalon/CAN, F 1978)


"All my paintings..."

Blackout (Die Bestien) ~ CAN/F 1978
Directed By: Eddy Matalon


Während ganz Manhattan von einem Stromausfall lahmgelegt wird, verschaffen sich vier geistesgestörte, aus einem verunglückten Gefangenen-Transport entkommene Verbrecher (Robert Carradine, Jean-Pierre Aumont, Don Granberry, Terry Haig) Zutritt zu einem Hochhaus. Dort terrorisieren die Mieter und klauen alles, was nicht niet- oder nagelfest ist, bis der wackere Cop Evans (Jim Mitchum) sie dingfest machen kann.

Flüchtige Verbrecher, die gutbürgerliche Hausbewohner drangsalieren - das ist seit Wylers "The Desperate Hours" zu einem regelmäßig bedienten Motiv des Terrorkinos geworden. Dem ebenso billigen wie unspektakulären "Blackout", der sich ergänzend der narrativen Strukturen des damals gerade im Aussterben begriffenen Katastrophenfilms bedient (und analog dazu sogar mit ganz schönen appearances der Altstars Ray Milland und June Allyson aufwarten kann), gelingt es allerdings nicht recht, seinem Publikum authentische Gefühle des Unbehagens einzubläuen. Dafür punktet der von Ivan Reitman mitproduzierte Film wiederum mit schwarzen Humoreinlagen und einer durchdacht-pointierten Montage. Für eineinhalb kurzweilige Stunden langt das Ding also absolut, zumal es mir ohehin stets Vergnügen bereitet, dem notorisch imbezil dreinblickenden Mitchum-Filius Jim zuzuschauen.

5/10

Eddy Matalon Hochhaus Terrorfilm Independent Madness New York


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ROLLERCOASTER (James Goldstone/USA 1977)


"Do I have your full attention?" - "Screw you."

Rollercoaster (Achterbahn) ~ USA 1977
Directed By: James Goldstone


Ein offenbar geistesgestörter Verbrecher (Timothy Bottoms) installiert willkürlich kleine Bömbchen an Achterbahnen im Land, die die Wagons zum Entgleisen bringen und einige Todesopfer fordern. Soll er damit aufhören, muss die Vergnügungspark-Industrie eine Million springen lassen. Der Bauaufsichtsbeamte Harry Caulder (George Segal) und auch das FBI sind ratlos und haben der gewieften Raffinesse des Erpressers nichts entgegenzusetzen. Einzig Caulders Intuition ist es zu verdanken, dass der Gesuchte am Ende entdeckt und unschädlich gemacht werden kann.

Durchschnittliche Melange aus Thriller und Katastrophenfilm, wie es um diese Periode der einfallslosen Studio-Groß-Produktionen diverse gab. Sowohl das Plot-Arrangement als auch die Inszenierung bewegen sich kaum über dem Niveau einer beliebigen TV-Serien-Episode und einzig die kurzen Auftritte der Kino-Ikonen Henry Fonda und Richard Widmark verleihen "Rollercoaster" neben Lalo Schifrins wie stets ordentlicher Musik etwas aufwertenden Glanz. Wobei der ja immer sehr melancholisch wirkende Timothy Bottoms in einer Rolle als abgründiger Verrückter durchaus auch etwas für sich hat. Ansonsten bedient "Rollercoaster" einen verkaterten Sonntag hinreichend gut, bleibt inmitten der großen Irrsinnsspektakel jener Tage aber doch bloß eine Fußnote - mit einem Sonderpreis für den mit Abstand allerenervierendsten Filmsong des Jahrzehnts ("Big Boy" von Sparks). Und wer Steve Guttenberg und Craig Wasson findet, kann sie behalten oder sich bei mir 'ne Stange Zuckerwatte abholen.

5/10

James Goldstone Terrorismus


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KING KONG (John Guillermin/USA 1976)


"Lights! Camera! Kong!"

King Kong ~ USA 1976
Directed By: John Guillermin


Der Paläontologe Jack Prescott (Jeff Bridges) schleicht sich als blinder Passagier auf einen Tanker der Firma Petrox, der von Surabaya aus Kurs auf eine bislang unentdeckte Insel im Indischen Ozean nimmt, unter der womöglich riesige Ölvorkommen lagern. Prescott interessiert sich jedoch mehr für den Wahrheitsgehalt der Sagen, die um die Insel kreisen und sich um einen gigantischen Tiergott drehen. Während der Fahrt nimmt die Schiffsbesatzung, der Jack sich mittlerweile zu erkennen gegeben hat, die schiffbrüchige Dwan (Jessica Lange) an Bord, ein junges Hollywood-Starlet. Auf der Insel angekommen findet die erste Landexpedition einen Eingeborenenstamm vor, der sich soeben auf eine bizarre Hochzeitszeremonie vorbereitet. In der folgenden Nacht wird Dwan entführt und zur Braut eines wie sich herausstellt haushohen Gorillas auserkoren. Nach einigen Abenteuern kann Dwan aus dessen Klauen befreit werden. Der raffgierige Petrox-Manager Wilson (Charles Grodin) fängt derweil das Monster ein und transportiert es als Schauattraktion nach New York, wo es ausbricht, ein Riesenchaos anrichtet und schließlich vom World Trade Center heruntergeschossen wird.

Guillermins respektive Dino De Laurentiis' erstes offizielles Remake des Ur-"King Kong" von 1933 hat es zeitlebens bei Publikum und Kritik nicht leicht gehabt. Allzu durchsichtig schienen die Spezialeffekte, die sich an den japanischen Kaijū orientierten und im Wesentlichen einen Rick Baker im Affenkostüm respektive dessen animatronische Riesenhand zeigten sowie Rückprojektionen, Modelllandschaften und den ganzen dazugehörigen Schnickschnack. Dann wird gern bemängelt, dass die überbordernde Phantasie, die eine im prähistorischer Zeit verharrende Insel zutage fördert, in der 76er-Version überhaupt nicht hinreichend berücksichtigt wird. Im Klartext: Es fehlt an Nebenmonstern. Lediglich eine Riesenschlange (möglicherweise dieselbe, die später in "Conan The Barbarian" zum Einsatz kommt) darf es für ein fix entschiedenes Kurzduell mit King Kong aufnehmen. Außerdem belächelte man die noch junge Jessica Lange und ihre exponiert-naive Interpretation des blonden Dummchens. Soviel zu den allerorten gemachten Vorwürfen, denen ich im Großen und Ganzen nichts entgegensetzen kann oder will. Dennoch bedeutet "King Kong" '76 für mich seit jeher sehr viel, ich habe ihn bereits als Kind sehr häufig gesehen und liebe noch heute viele Aspekte des Films, der in dieser Form nur 1976 entstehen konnte. Die Romanze zwischen Riesenaffe und Menschenfrau, die seltsam deutlich umschriebene Erotik zwischen ihnen, die die entsprechenden Motive des Originals mit deutlich gewichtigerer Darstellung herauskehren, funktioniert für mich noch immer tadellos. Herzzerreißend etwa die Szene, in der die Lange an Bord des Schiffes ihren duftigen Schal verliert, der dann in Kongs Verlies hineinweht, was ihn zu einer einzig durch die Intervention der Schönen wieder zu besänftigenden Weißglut treibt. Und dann natürlich das blutige Ende Kongs, das hier kommentarlos bleibt und wie eh und je zu hemmungslosem Weinen anstiftet. Dann war es stets die faktisch viel zu lange Exposition des Films, mit Bridges' beschwörenden Schauerfabeln und John Barrys absolut herrlicher Musik, die mir feuchte Hände bescherte, dazu die obligatorische Szene auf dem phallischen Baumstamm über der Schlucht und Grodins verdientes Ende.
"King Kong" liefert nachgerade nicht viel mehr als dickes, aufgebauschtes Plastikkino aus der Katastrophenfilm-Ecke, mit aufgesetzter Zivilisations- und Kapitaklismuskritik sowie einem modisch-schicken Kommentar zur damaligen Energiekrise. Für mich ist er jedoch viel mehr als bloß oberflächlicher Kunststoffkintopp, nämlich ein noch immer zum Träumen einladendes Stück konservierter Kindheit.

8/10

Monster John Guillermin Tierhorror King Kong New York Affen


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THE DAY THE EARTH CAUGHT FIRE (Val Guest/UK 1961)


"Alcoholics of the press, unite!"

The Day The Earth Caught Fire (Der Tag, an dem die Erde Feuer fing) ~ UK 1961
Directed By: Val Guest


Nachdem die Großmächte rein zufällig zeitgleich je eine Atombombe am Nord- und eine am Südpol gezündet haben, verändert sich der Erdneigungswinkel um elf Grad . Der Globus gerät aus seiner Umlaufbahn und treibt auf die Sonne zu. Gewaltige Naturkatastrophen und eine sukzessive Erderwärmung sind die Folge. Der Londoner Reporter Bill Maguire (Leo McKern) wird wie der Rest der Menschheit zum hilflosen Beobachter der Situation. Kann die kalkulierte Explosion weiterer Atombomben die Erde noch retten?

Einer der besten Filme zum Thema 'Weltenende'. Mit ein paar kernigen Charakterköpfen, von denen im Wesentlichen der stets sarkastische Peter Stenning (Edward Judd), zugleich 'the hero's best friend', der interessanteste und liebenswerteste ist (Kerle, die im Angesicht des Armageddon stets einen Flachmann parat haben, sind mir a priori grundweg sympathisch), reduziert Guest sein infolge eines kleinen Budgets eher unaufwendiges ökologisches Mahnmal auf das absolut Wesentliche. Welche Emotionshaltung ist angebracht, wenn alles, die gesamte Existenz, das kollektive menschliche Bewusstsein unweigerlich dem großen Showdown im Höllenfeuer entgegengeht? Jedenfalls keine Tränen, die kann ja jeder.
Die zynische Journaille ist ergo im Angesichte der entsprechenden Situation vielleicht die im rein demoskopischen Sinne lohnendste zu beleuchtende Bevölkerungsgruppe, denn sie ist schließlich eine der letzten, die ihr Berufsethos bis zum Schluss ehren sollten. So ist "The Day The Earth Caught Fire" nicht nur ein Film über die von der Menschheit selbst herbeigeführte Apokalypse geworden, sondern auch ein ausgesprochen unterhaltendes Kammerspiel über die kleine Welt der Lokalreporter. Passt doch sehr schön zueinander, das.

8/10

London Kalter Krieg Atombombe Journalismus Sonne Apokalypse Val Guest


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DAY OF THE DEAD (George A. Romero/USA 1985)


"This is a great, big, fourteen-mile tombstone!"

Day Of The Dead (Zombie 2 - Das letzte Kapitel) ~ USA 1985
Directed By: George A. Romero


Während die Untoten weiter die Erde überrennen, hat sich eine gemischte Gruppe aus Wissenschaftlern und Militärs in einen unterirdischen Bunker in den Everglades zurückgezogen. Regelmäßige Erkundungsflüge mit einem Hubschrauber liefern ebensowenig Ergebnisse wie die ständigen Streitereien zwischen den Interessenskonfliktlern. Die gespannte Situation zeigt bald auch psychische Auswirkungen: Depression, Schizophrenie, Nervenzusammenbrüche und Größenwahn ergreifen von den Belagerten Besitz und provozieren bald eine gewaltsame Lösung der Lage.

Ein Zombiefilm als Kammerspiel wird nicht eben das sein, was nach dem revolutionären "Night" und dem aktionslastigen "Dawn" antizipiert wurde; umso ratloser die ersten Reaktionen auf "Day", die sich zumindest in kleinem Umfang im Laufe der Jahre nach und nach jedoch in verdiente Anerkennung wandelten. Über weite Strecken präsentiert Romero mittels reiner Dialogszenen konsequent die klaustrophobische Situation innerhalb des Bunkers, die sich parallel zum rumorenden Innenleben der Beteiligten von Tag zu Tag verschlimmert. Einzig die zwei aus der Schnittmenge von Waffen- und Forschungsbrüdern herausfallenden Lebenskünstler John (Terry Alexander) und McDermott (Jarlath Conroy), die einzig wegen ihrer unerlässlichen Funk- bzw. Flugkünste geduldet werden, sind in der Verfassung, den gebührenden Überblick zu wahren: In einem kleinen, abgetrennten "Zivilisten-Refugium" harren sie bei gutem Whiskey und guter Freundschaft der zwangsläufigen Eskalation der Dinge, die sowohl der sich zum kleinformatigen Putschisten aufspielende Colonel Rhodes (Joe Pilato) als auch der zunehmend verrückte Dr. Logan (Richard Liberty) provozieren. Für Sarah (Lori Cardille), die einzige Frau in dieser Testosteronhölle, deren Kurzzeitliebhaber Miguel (Antonè DiLeo) zudem nicht mehr mit der Situation fertig wird, bleibt da nurmehr eine letzte Allianzoption.
Was Romeros meisterlichem "Day Of The Dead" im Laufe der Jahre an Unbill widerfahren ist, bringt mich, gelinde gesagt, zum Kotzen. Besonders die Art und Weise, in der die sich einmal mehr als peinlich verständnisentledigt präsentierende, bundesdeutsche Zensurliga nunmehr seit Jahrzehnten mit einem der intelligentesten und wichtigsten Horrorfilme der letzten dreißig Jahre umspringt, ist bezeichnend. Trotz bereits unmöglicher Kürzungen steht das Werk noch immer auf der ewigen Beschlagnahmeliste. Dass das nichts weniger ist als ein weiteres Indiz für kulturellen Hinterwald muss nicht noch extra erwähnt werden.
Mit dem konditionierten, domestizierten Zombie Bub (grandios: Howard Sherman) hat Romero eine der - wenn nicht gar die interessanteste(n) und einprägsamste(n) Figur(en) seines gesamten "Dead"-Zyklus geschaffen, sabbernd, stöhnend, salutierend. So ähnlich stelle ich mir gewisse Staatsanwälte vor.
"Day" steht für mich mittlerweile längst auf einer Stufe mit "Dawn", wenn nicht gar darüber.

10/10

George A. Romero Mad Scientist Militaer Apokalypse Dead-Zyklus Zombies Independent


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DAY THE WORLD ENDED (Roger Corman/USA 1955)


"The secret's in the water..."

Day The World Ended (Die letzten Sieben) ~ USA 1955
Directed By: Roger Corman


Nach dem nuklearen Holocaust finden sich auf der Farm von Maddison (Paul Birch) in den kalifornischen Bergen noch sechs weitere Menschen ein: Maddisons hübsche Tochter Louise (Lori Nelson), der Geologe Rick (Richard Denning), der Gangster Tony Lamont (Touch Connors) und seine Begleiterin, die Nachtclubsängerin Ruby (Adele Jergins), der alte Prospektor Pete (Raymond Hatton mit seinem Esel Diablo und schließlich der bereits verstrahlte Radek (Paul Dubov), der unentwegt nach rohem Fleisch giert. Die Spannungen innerhalb der Gruppe steigen von Tag zu Tag, besonders Tony, dem es nicht passt, dass die hübsche Louise mit dem schnittigen Rick anbendelt, wird immer bösartiger. Als dann noch ein Atommutant (Paul Blaisdell) in den Wäldern um das Haus auftaucht, wird die Lage noch brenzliger...

Die diffusen Menschheitsängste vor einem Atomkrieg im Allgemeinen und vor der Bombe im Speziellen lockten nur zehn Jahre nach Hiroshima und Nagasaki und angesichts der Kernwaffentests im Bikini-Atoll bereits die geschäftstüchtigen Billigfilmer auf den Plan. Jene, wie hier Roger Corman (bzw. der Vorlagenautor Lou Rosoff), ließen ihrer Fantasie freien Lauf und stellten allerlei bizarre Spekulationen an, welche Auswirkungen die Menschheit nach einem nuklearen Konflikt zu erwarten habe. "Day The World Ended", dessen Artikel auf dem Weg ins Kino irgendwo abhanden gekommen sein muss, arbeitet dabei mit besonders farbigen Hypothesen: Eine kräftige Dusche und ein paar frische Klamotten, und die Strahlung ist erstmal wieder weg vom Fenster, die Unglücklicheren indes fangen an zu mutieren und entwickeln umgehend eine physische Strahungsimmunität, allerdings um den Preis totaler körperlicher Deformation (die sich folgendermaßen äußert: Urplötzlich bekommt man eine stählerne Haut, viele Körperhaare, ein drittes Auge auf der Stirn nebst einigen Fühlern, rudimentäre Arme wachsen einem aus den Schultern, derweil Füße und Hände sich in Klauen und Tatzen mit messerscharfen Metallkrallen verwandeln. Der Verlust der menschlichen Sprache im Austausch mit Grunzlauten und telepathischen Fähigkeiten macht die Sache perfekt.). Doch bis auf den schleichenden Wahnsinn haben die Belagerten nichts zu fürchten: Der nur wenige Wochen nach der Katastrophe einsetzende Regen ist kein Fall-Out, sondern reiner als Felsquellwasser. Der arme Mutant hingegen hat ziemlich viel Scheiße am Hacken; er schmilzt nämlich flugs dahin im Kontakt mit dem sauberen Himmelsnass.
Ich muss schon sagen: Wäre ich anno 55 schon auf Erden gewandelt und hätte Cormans Film gesehen - die Angst vor der Bombe hätte mir nichts mehr anhaben können. Im Gegenteil - wer hat schon was gegen flotte Mutanten und drei Wochen Urlaub auf der Berghütte mitsamt Branntwein, Weib und Gesang, wenn danach alles wieder in Butter ist?

6/10

Zukunft Apokalypse Atombombe Mutant Monster Roger Corman Kalter Krieg


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SOYLENT GREEN (Richard Fleischer/USA 1973)


"Soylent Green is people!"

Soylent Green (...Jahr 2022... die überleben wollen...) ~ USA 1973
Directed By: Richard Fleischer


Im New York des Jahres 2022 grassieren grauenhafte Zustände. Der Treibhauseffekt hat die Umwelt weitestgehend zerstört und sorgt für andauernde Hitzewellen, der Überbevölkerung wird man nicht mehr Herr, die Fronten zwischen Arm und Reich sind unüberbrückbar und die akute Nahrungsmittelver-knappung schließlich hat die gesamte Menschheit fest im Griff. Frische Lebensmittel sind nurmehr zu astronomischen Preisen erhältlich. Der global operierende Konzern 'Soylent' versorgt die Leute mit den Produkten "Soylent Red" und "Soylent Yellow", die geschmacklos und in Plättchenform ausgegeben werden und zumindest den gröbsten Hunger stillen. Die neueste Variante "Soylent Grün" wird angeblich aus "in Überfluss vorhandenem, nahrhaftem" Meeresplankton hergestellt und in den Medien fleißig beworben. Da wird William Simonson (Joseph Cotten), ein Ex-Mitglied des Soylent-Aufsichtsrats, in seinem teuren Appartment ermordet. Der Polizist Thorn (Charlton Heston) und sein ihm zugeteilter Helfer Sol Roth (Edward G. Robinson) untersuchen den Fall und stoßen auf eine furchtbare Wahrheit.

Nach "Planet Of The Apes" und "The Omega Man" markiert "Soylent Green" die dritte große der innerhalb weniger Jahre entstandenen Dystopien, in denen Charlton Heston jeweils einen mehr oder weniger irregeleiteten Endzeitkämpfer spielt, der jeweils zu einem mehr oder weniger messianischen Wahrheitsfinder avanciert. Aus dem Trio gefiel mir "Soylent Green" immer am besten, weniger wegen Heston, sondern mehr aufgrund der stark realitätsverbundenen, durchaus schockierenden Konsequenz, mit der die Geschichte erzählt wird. Die im Film angesprochenen Probleme, insbesondere jenes der wachsenden ökonomischen Kluft, sind ja teils heute noch akut; letztlich ein Indiz für seine irgendwie doch zwingende Hellsichtigkeit.
Fleischer wächst sozusagen über sich selbst hinaus, wenn er einige der markantesten und großartigsten Bilder des Genres schafft. Dazu zählen besonders die treffenden Zeichnungen der künftigen Zustände: Heston steigt in seinem Hausflur über diverse Obdachlose hinweg, Müllbagger räumen Aufständische aus dem Weg, ein lethargisches Kind ist mit Handschellen an seine verhungerte Mutter gekettet. Primär mitverantwortlich für das Gelingen des Films ist außerdem der wirklich wunderbar aufspielende Robinson, der sich an einem einzelnen Salatblatt und an einem bereits abgeschleckten Löffel mit Erdbeermarmelade delektiert, als handle es sich um die größten Köstlichkeiten des Planeten und der in Tränen ausbricht, als Heston ihm ein unterschlagenes Steak vor die Nase hält. Gar großartig seine finale Szene, in der er sich, endgültigend resignierend angesichts der allgemeinen Zustände und erschüttert von seinen letzten Recherchen, zu seiner "Einschläferung", einer Möglichkeit für Alte, einen "schönen Freitod" zu erleben, begibt und vor einer riesigen Leinwand zu Griegs "Morgenstimmung" das Zeitliche segnet. Eine letzte Minute längst vergessen geglaubter Glückseligkeit.

9/10

Dystopie Richard Fleischer Zukunft Kannibalismus





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Funxton

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