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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE BABE (Arthur Hiller/USA 1992)


"It's the city. Like waiting there for me outside, waiting and breathing."

The Babe ~ USA 1992
Directed By: Arthur Hiller

George "Babe" Ruth (John Goodman) wächst, vom Vater verstoßen, in einem Waisenhaus in Baltimore für schwer erziehbare Kinder auf. Früh entdeckt man dort sein Talent als Batter, der jeden Ball über die Anstaltsmauern drischt. So kommt er als junger Erwachsener zu den Boston Red Sox, wo er rasch zum Superstar aufsteigt und von dort zu den New York Yankees. Sein rotziges Auftreten legt Ruth nie ganz ab, er liebt es, in feiner Umgebung laut zu furzen, frisst, säuft und hurt, was das Zeug hält. Seine erste Ehe mit der zarten Helen (Trini Alvarado) hält diesem Ungestüm nicht stand, die vormalige Ziegfeld-Tänzerin Claire (Kelly McGillis) indes kommt mit Ruths ungeschliffener Natur wesentlich besser zurecht. So schnell wie sein Stern einst aufgestiegen ist, sinkt er jedoch auch wieder: Nach einem neuerlichen Transfer zu den abgeschlagenen Boston Braves stürzt seine sportliche Karriere ins Bodenlose.

Amerika feiert seine Helden - je schillernder, desto ergiebiger - gern in glanzvollen Hollywood-Filmen ab. Ein solcher ist auch "The Babe", der den legendären Baseball-Batter Babe Ruth, Spitzname 'Bambino' oder auch 'The Sultan Of Swat', als einen den amerikanischen Traum lebenden underdog zelebriert. Ruth will alles: Ruhm, Liebe Familie, Sex, Geld, Essen, Alkohol und Feiern. Was ihm nicht umweglos kredenzt wird, holt er sich - unter jeweils schwerster Kritik seitens seiner Gönner. Die von ihm zunächst eroberte Helen erweist sich als allzu zerbrechlich für Ruths unablässige Eskapaden, die schwere, tage- und nächtelange Gelage beinhalten, sein Yankees-Trainer wirft Ruth vor, dass sein freiwilliger Schlafentzug auf Kosten permanenter Partys, seine permanente Körpervergiftung und sein zunehmendes Gewicht seine körperliche Konstitution schwächen, worauf er ungerührt den nächsten 100-Meter-Schlag landet.
Wie alle schönen period bios lebt auch Hillers Film von seinem Mut zu kitschiger Überhöhung sowie von der Akkuratesse der Darstellung seiner Zeit, hier der wilden Zwanziger, in denen schummrige Jazzpinten, Champagner und verruchte Ladys mit Zigarettenspitze das Zeitbild bestimmten. Baseball spielt dabei - gottlob - eine lediglich moderat angesetzte Rolle, so dass man sich ganz der formidablen Darstellung John Goodmans (für den die Rolle ein Segen gewesen sein dürfte) hingeben kann.

7/10

Arthur Hiller New York Baseball period piece Historie Biopic Boston Alkohol


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THE POWER OF ONE (John G. Avildsen/USA, AU, F 1992)


"To have a brain is not a sin, but to have a brain and not use it, that is a sin."

The Power Of One (Im Glanz der Sonne) ~ USA/AU/F 1992
Directed By: John G. Avildsen

Der englischstämmige P.K. (Stephen Dorff, Guy Witcher, Brendan Deary) wächst im zunehmend von Buren kontrollierten Südafrika der dreißiger und vierziger Jahre auf. Schon früh ein Waisenkind, hat er das Glück, unter der Führung einiger weiser Mentoren zu gedeihen, als da wären der deutsche Intellektuelle 'Doc' (Armin Mueller-Stahl), der Häftling Geel Piet (Morgan Freeman), P.K.s Schullehrer St. John (John Gielgud), der Boxlehrer Gilbert (Dominic Walker) und schließlich sein gleichaltriger Freund Gideon (Alois Moyo). Von all diesen Männern lernt P.K. - unter vielen schweren Verlusten freilich - Respekt für Leben und Natur, sich gegen Hass und Rassismus zu wenden und alles zu geben für Bildung, Liebe und Freundschaft.

Eine von Avildsens vielen Außenseiterballaden, die wie immer einen jungen Kämpfer zum Protagonisten hat, der sich, hier stimmt es einmal wieder ganz exakt, durchzuboxen lernt. Der polithistorische Hintergrund des von der Geißel der Apartheid gebeugten Südafrika unter der erstarkenden Burenherrschaft gibt dafür einiges her, zumal sich hier mit der Hauptfigur P.K. ein Brite aufgestellt findet, der unter der rigorosen Aggression der selbsternannten 'Afrikaaner' auf eine ähnlich segregative, wenngleich abgeschwächte Weise zu leiden hat wie die dunkelhäutigen Ureinwohner der Region, die sich gern mit den in Europa wütenden Nazis auf eine Stufe stellen. So auch P.K.s ewiger Erzfeind Botha (Daniel Craig), der dem Jungen seit frühester Jugend nachstellt.
Hier und da von einer gewissen Naivität und dramaturgischen Schlichtheit ist "The Power Of One" zwar ein simpel erzählter Film, einer jedoch, dessen Konsumierbarkeit man ihm nicht zum Vorwurf machen darf. Im Gegenteil. In der Sekundarstufe könnten und sollten aller Ehren werte Werke wie dieses zum bildnerischen Kanon zählen.

8/10

John G. Avildsen period piece Biopic Südafrika Apartheid Coming of Age


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HERE COMES THE BOOM (Frank Coraci/USA 2012)


"Let's do this. Let's lose."

Here Comes The Boom (Das Schwergewicht) ~ USA 2012
Directed By: Frank Coraci

Um seinem idealistischen Kollegen, dem Musikpädagogen Marty Streb (Henry Winkler) die Wegrationalisierung durch ein hoffnungslos ökonomisiertes Schulmanagement zu ersparen, tritt der Biologielehrer Scott Voss (Kevin James) als MMA-Kämpfer an. Trainieren lässt er sich von dem holländischstämmigen Sportler Niko (Bas Rutten), den Voss aus einem von ihm geleiteten Einbürgerungsseminar kennt. Nach anfänglichen Misserfolgen entwickelt sich Voss mehr und mehr zum durchaus ernstzunehmenden Kämpfer, der bei einem Schaukampf in Vegas die Gelegenheit erhält, die fehlende Summe für die Rettung von Martys Stelle auf einen Schlag zu gewinnen: Er muss lediglich den amtierenden Schwergewichtsmeister (Krzyzstov Soszynski) besiegen...

Coracis zweite Kollaboration mit Kevin James, wiederum von Happy Madison coproduziert, ist ein merkwürdiger Film, der eine klare Linie vermissen lässt und nach einem durchaus starken, mitreißenden Finale kurz vor den end credits urplötzlich einen unangenehmen, patriotischen Ton anschlägt. Nach einigen mehr oder minder komischen Situationen, deren teils durchaus treffsicherer Humor sich vornehmlich daraus speist, dass Kevin James sich im Ring wahlweise ungeschickt anstellt oder in irgendwelche Fettnäpfchen tritt, entwickelt "Here Comes The Boom" im recht harten, zäsurgleichen Finale einen beinahe 'rockyesken' Zug, den man in dieser exponierten Form sicherlich nicht erwartet hätte. Ob und inwieweit da Authentizität transportiert wird, lässt sich anhand der grandiosen Montage nur mutmaßen, die Choreographie des Kampfes ist jedoch auch so als perfekt zu erkennen und James macht gar keine schlechte Figur bei seiner MMA-Feuertaufe. Nach einigen - Zufall oder nicht - ohnehin unübersehbaren, inhaltlichen Analogien fühlt man sich angesichts der Szene noch deutlicher in die Nähe des exzellenten "Warrior" gerückt, "Here Comes The Boom" scheint im Direktvergleich zu "Zookeeper" ein erstaunlich erwachsener Film zu sein. So weit, so unikal. Was dann jedoch die letzten Minuten darstellen sollen, die ein auf bizarre Weise plump anmutendes Hohelied auf Amerika und seine ethnische Kulturvielfalt anstimmen und mit der wehenden Flagge im Sonnenlicht abschließen, bleibt ein Rätsel. Nachdem man gerade überzeugt war, einen wirklichen netten Film kredenzt bekommen zu haben, diese Ohrfeige. Hm. Im Zweifel für die Angeklagten und ihre sonstigen Verdienste wollen wir es diesmal ausnahmsweise bei einer Verwarnung belassen.

7/10

Frank Coraci Adam Sandler Boston Martial Arts Faustkampf Schule Las Vegas Freundschaft


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THE BLOOD OF HEROES (David Webb Peoples/AU, USA 1989)


"This is stupid. We should be fucking and drinking by now."

The Blood Of Heroes (Die Jugger - Kampf der Besten) ~ AU/USA 1989
Directed By: David Webb Peoples

In einer postapokalyptischen Zukunft hat sich die Menschheit zivilisatorisch auf mediävistisches Niveau zurückgebildet: Kleine Ansiedlungen, in denen Handel und Schaukämpfe stattfinden, liegen wie Oasen in der Wüstenei; die größeren Städte werden feudalistisch regiert und liegen kilometerweit und strahlengeschützt unter der Erdoberfläche. Inmitten dieser regressiven Welt ziehen Sallow (Rutger Hauer) und seine fünfköpfige Truppe als 'Jugger' umher, die gegen Naturalia einen Gladiatorensport betreiben. Bei dem Spiel geht es darum, dass innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne ein Team einen Hundeschädel auf eine Lanze aufspießt, während das gegnerische versucht, es daran zu hindern. Mit Kidda (Joan Chen) bekommen die Jugger Zuwachs in Form einer ehrgeizigen, neuen Läuferin, die Sallow dazu überredet, in der 'Roten Stadt' seine frühere Mannschaft, die 'Liga', herauszufordern, aus der er einst unehrenhaft entlassen wurde.

David Webb Peoples, Scriptautor von "Blade Runner" und "Ladyhawke", inszenierte in Personalunion diese kleine Independent-Produktion als seinen einzigen eigenen Spielfilm. Rutger Hauer, mit dem Peoples ergo bereits gut bekannt war, übernahm die ihm praktisch auf den Leib geschriebene Rolle des Sallow, eines opportunistischen Lebemannes, der aus seiner kärglichen Situation das Beste zu machen versucht und für Alkohol und Sex seine Knochen riskiert. Mit der hübschen jungen Kidda kommt endlich wieder ein Mensch in sein Leben, der sich Wünsche und Träume bewahrt hat. Sallows sportliches Engagement in der Roten Stadt findet daher auch vornehmlich statt, um Kidda, die von Seide und schöner Kleidung träumt, einen 'Aufstieg' in die bessere Gesellschaft zu ermöglichen; hier nämlich werden die Gladiatoren bewundert und von der degenerierten Adelskaste hofiert. Dass die Restbevölkerung der subterranen Stadt mit den zerlumpten Außenseitern, die ihre Herausforderung gegen die Liga meistern, ein neues Heldenbild kredenzt bekommen, ist da nurmehr positiver Nebeneffekt für Sallow, der nach vollendetem Sieg wieder sein Heil in der Freiheit und am Tageslicht sucht.
David Webb Peoples scheut sich nicht vor der Dunkelheit. Nach den ersten, sonnenlichtdurchfluteten, fast grellen Bildern von der Wüstenoberfläche, spielt sich das zweite Drittel vornehmlich abends und nahts ab, während den dritten Handlungsort dann die kaum beleuchtete unterirdische Stadt markiert. Das mag auf unbedarfte Zuschauer etwas befremdlich wirken, verleiht dem Film aber ganz bewusst seine notwendige Atmosphäre des permanenten Zweifelns.

7/10

David Webb Peoples Zukunft Apokalypse Dystopie


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REQUIEM FOR A HEAVYWEIGHT (Ralph Nelson/USA 1962)


"In 1952 they ranked me number five!"

Requiem For A Heavyweight (Die Faust im Gesicht) ~ USA 1962
Directed By: Ralph Nelson

Der alternde Schwergewichtler Mountain Rivera (Anthony Quinn) wird von Cassius Clay (Cassius Clay) fürchterlich verdroschen und ausgeknockt. Sein linkes Auge droht zu erblinden, daher darf er nicht mehr zurück in den Ring. Auf der Suche nach einer neuen Geldquelle kennt vor allem Mountains Manager Maish Rennick (Jackie Gleason) keine Skrupel, zumal er bei der gefürchteten Buchmacherin Ma Greeny (Madame Spivy) tief in der Kreide steht. Die Arbeitsvermittlerin Grace Miller (Julie Harris) interessiert sich derweil für den traurigen, zerschundenen Mountain und vermittelt ihm ein Bewerbungsgespräch für eine Stellung als Sportlehrer in einem Sommercamp für Kinder. Doch Maish, der festen Überzeugung, dass Mountain sowieso nichts sonst beherrscht, hat andere Pläne mit seinem alten Kompagnon: Der soll fortan als Showwrestler auftreten und sich zum Affen machen.

Als formidablen Abschluss meiner gestrigen Box-Trilogie gab es dieses herzzereißende Drama um einen in jeder Hinsicht "kayoten" Altathleten, der bei stetem, enthusiastischem Glauben an sich selbst stets im Schatten der wirklich Großen stehen musste und nie den Durchbruch erleben durfte. Als er eines Abends dann endlich so weichgeprügelt wird, dass ihm nichts mehr bleibt, muss er nicht nur seinen Beruf, sondern zudem noch seine Träume aufgeben und sich der Illusion, noch einmal ganz von vorn anfangen zu können und dafür eine sich ad hoc bietendende Chance zu nutzen, widersetzen. Niemand anders als Anthony Quinn hätte die Rolle dieses Mountain Rivera so mit glimmendem Leben füllen können; zerschlagen und zernarbt, mit zwei Blumenkohlohren, geschwollenen Augenbrauen und sich bereits abzeichnenden Ausläufern eines latenten Dachschadens glaubt er noch naiv an Ideale wie Freundschaft, Vertrauen, Ehrbarkeit und sogar Liebe - Werte, deren Kehrseite sein so genannter Freund Maish - von Jackie Gleason ebenfalls hervorragend interpretiert - längst durchschaut und auch gelebt hat. Letztlich ist er die traurige Wahrheit hinter Mountains manchmal kindesgleichem Lächeln, wenn dieser mal wieder alte Zeiten Revue passieren lässt; die Ahnung, dass es keine Chance mehr gibt für Mountain noch für ihn selbst, und dass es immer noch eine Stufe unter der letzten gibt.

10/10

Ralph Nelson Boxen New York Freundschaft


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SOMEBODY UP THERE LIKES ME (Robert Wise/USA 1956)


"Don't worry 'bout a thing."

Somebody Up There Likes Me (Die Hölle ist in mir) ~ USA 1956
Directed By: Robert Wise

Rocky Barbella (Paul Newman) wächst in der Lower East Side als Sohn armer Eltern auf und verbringt einen Großteil seiner Jugend als delinquenter Rebell mit Raub, Diebstahl und Aufenthalten in Erziehungsanstalten und Jugendgefängnissen. Wegen Desertierung wird er unehrenhaft aus der Armee entlassen und findet schließlich im Boxsport eine willkommene Möglichkeit, seine tief verwurzelten Aggressionen gewinnbringend zu sublimieren. Hier feiert er große Erfolge als Mittelgewichtler Rocky Graziano und findet seine Frau Norma (Pier Angeli).

Basierend auf der früh erschienen Autobiographie Grazianos ein ganz großartiger Vertreter des hollywoodschen Neorealismus im direkten Gefolge von Kazans "On The Waterfront" und Delbert Manns "Marty". Method acting, authentische Milieuzeichnung und ungeschönter Dialog brachen sich, beeinflusst vom italienischen Kino jener Jahre, unbeirrbar ihren Weg und läuteten gemächlich, aber brodelnd eine neue Studioära ein. Für Newman in seiner ersten wesentlichen Hauptrolle nach dem campigen Sandalenheuler "The Silver Chalice" eine dankbare Erfahrung und für ihn in etwa so eruptiv wie "A Streetcar Named Desire" für Brando oder "East Of Eden" für Dean.
Als typischer 'juvenile delinquent' macht er es nicht nur sich selbst und seinem Milieu anfänglich schwer, seine renitente Natur zu akzeptieren, auch dem Publikum geht es so. Newman wird instinktiv gewusst haben, welche Chancen ihm dieses Engagement bei geschickter Nutzung würde offerieren können und so spielt er den aggressiven Aufsteiger wie ein Derwisch und noch wesentlich exponierter und lauter als man es von ihm in späteren, deutlich subtiler angelegten Rollen gewohnt ist. Mir gefällt's. Überaus interessant auch der unmittelbare Vergleich mit dem nur zwei Monate früher gestarteten "The Harder They Fall": Direkt hintereinander geschaut, wird man hier förmlich Zeuge von Zäsur, Generationsverschiebung und Wachablösung; ein altes Publikumsidol geht, ein neues kommt, jedes von ihnen jeweils flankiert von einer inszenatorischen Gallionsfigur aus Val Lewtons Horrorzyklus. "The Harder They Fall" mit seinem naiven Szenario ist noch ein tragfähiges Beispiel klassischen, moralisch einwandfreien Studiohandwerks, "Somebody Up There Likes Me" atmet den weitaus ungestümeren Hauch einer neuen Öffnung desselben. Analog dazu entdeckt man inmitten von Wises Film teils länger, teils nur für Sekundenbruchteile, weitere frische Gesichter: Sal Mineo, Robert Logggia, Steve McQueen, Dean Jones, Robert Duvall. Ein Sprungbrettfilm.

9/10

Robert Wise Boxen New York Coming of Age Biopic


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THE HARDER THEY FALL (Mark Robson/USA 1956)


"Powderpuff punch and a glass jaw... that's a great combination!"

The Harder They Fall (Schmutziger Lorbeer) ~ USA 1956
Directed By: Mark Robson

Der klamme Sportreporter Eddie Willis (Humphrey Bogart) nimmt einen Job als Pressepromoter für den zwielichtigen Boxmanager Nick Benko (Rod Steiger) an. Dieser hat soeben Toro Moreno (Mike Lane), einen hünenhaften Faustkämpfer aus Argentinien, nach New York geholt, und plant, ihn zum neuen Star der Schwergewichtler-Szene aufzubauen. Schon Morenos erstes Sparring spricht jedoch eine ganz andere Sprache: Der kindliche Riese kann weder austeilen, noch einstecken. Doch Benko will seine Investition nicht einfach aufgeben. Getürkte Kämpfe mit gekauften Gegnern und Willis' geschicktes Marketing schüren Toros Reputation trotz seines mangelnden Talents in Rekordzeit. Als es nach etlichen Schiebungen gegen den amtierenden Weltmeister (Max Baer) geht, der sich nicht bestechen lässt, meldet sich endlich Willis' journalistisches Ethos: Er verhilft dem bereits weiterverkauften Toro zur Flucht, bevor dieser sich noch weiter prostituieren muss.

Der klassische Hollywood-Boxfilm hat den Studios ein paar echte Sternstunden ermöglicht, lange vor den siebziger Jahren, als er mit den "Rocky" und "Raging Bull" seine große Renaissance erleben sollte. Robsons "The Harder They Fall", in dem Bogey seinen letzten Auftritt hat und noch einmal eine Sternstunde seines Könnens präsentiert, zeigt den Boxsport als schmutziges, korruptes Geschäft, dessen Organisation unweit von mafiösen Vorgehensweisen angesiedelt ist. Die im Rampenlicht stehenden Athleten sind bloß Kanonenfutter für eine johlende Menge und die neue populistische Seuche Fernsehen, ihre Kämpfe derweil frei von Ehre und bloße Inszenierung, die grauen Eminenzen im Hintergrund Manager, Buchmacher, Gangster. Wer nicht mehr gebraucht wird, wandert auf den Müllhaufen der Sportgeschichte, mittellos, oft zum Krüppel oder Idioten geprügelt. Der Weg des naiven Toro Moreno dorthin ist bereits vorgezeichnet, als er aus dem Flieger von Buenos Aires steigt: Lediglich äußerlich imposant fehlt ihm jedwedes Talent zum echten Boxer, verzweifelt sucht er sich Vaterfiguren und findet doch bloß Verrat und Lüge. Gut, dass er da auf einen Mann wie Eddie Willis trifft, dessen Korrumpierbarkeit nicht unendlich flexibel ist und der hinter seiner scheinbar unbeteiligten Schale ein brodelndes Gewissen versteckt hält - die klassische Bogey-Rolle des Opportunisten, der Partei ergreift. Ein klein wenig film noir steckt da auch mit drin, insgesamt ist "The Harder They Fall" aber wohl allzu goldherzig und philanthropisch, um dieser zynischen Gattung zugerechnet zu werden.

8/10

Mark Robson Boxen Freundschaft


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NORTH DALLAS FORTY (Ted Kotcheff/USA 1979)


"Hell coach, I love needles."

North Dallas Forty (Die Bullen von Dallas) ~ USA 1979
Directed By: Ted Kotcheff

Phil Elliott (Nick Nolte) reibt sich vollkommen auf für sein Football-Team, die "North Dallas Bulls". Körperlich längst ein Wrack mit kaputtem Knie und kaputter Schulter, übersteht er die Tage bloß mittels unablässiger Schmerzmitteleinnahme und diversen Joints und dem Traum von einer Pferderanch in der Provinz. Hinzu kommen die zermürbenden Partys nach den Spielen, Orgien voller Alkohol und willfähriger Groupies. Als man Elliott vor einem Spiel gegen Chicago wegen einer schmerzhaften Medikamententherapie an einem Mitspieler falsche Versprechungen macht und dieser die Unverfrorenheit seines Managements durchschaut, wird er für eine Lappalie geschasst. Für Elliott die im Grunde lang ersehnte Chance für einen Neuanfang.

Großartiger Sportfilm, nur oberflächlich betrachtet in höchstem Maße amoralisch und bravourös getragen nicht nur von seinem zermürbenden Job in einer Mischung aus ehrlich gemeinter Pflichterfüllung und sich schürendem persönlichen Ekel nachkommenden Nick Nolte als "Spielmacher", sondern auch von der supporting cast, die mit den unvergesslichen Stieren Bo Svenson und John Matuszak trumpft. Als eines der intelligenteren Teammitglieder lässt sich Elliott derweil nicht so leicht beugen wie jene etwas schlichter konstruierten Starspieler und ist deswegen dem Besitzer (Steve Forrest) und dem Coach (G.D. Spradlin) ein ewiger Dorn im Auge. Dennoch locken Geld und ein Rest Ehrbarkeit, die jedoch längst passé ist - Football ist längst nurmehr ein Geschäft ohne Herz, nichts weiter. Besonders toll an "North Dallas Forty" ist seine episodische Erzählweise, die sich auf die Ereignisse innerhalb einer Woche beschränkt. Für die Spieler beginnt die Werkswoche am Donnerstag mit der Trainingsphase und endet am Sonntag mit dem jeweils nächsten Spiel, eine vermeintlich verquere Lebensuhr. Binnen der ersten Wochentage besteht das Leben aus Zerstreuung in Form von Alkohol, Sex, Drogen und Schmerztoleranz, bis zur nächsten qualerfüllten Trainingsphase. The footbally circle of life.

8/10

Ted Kotcheff Football Alkohol Marihuana Freundschaft


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BREAKING AWAY (Peter Yates/USA 1979)


"What are we gonna do about him?" - "I don't know dear. We could always strangle him while he's asleep."

Breaking Away (Vier irre Typen - Uns schlägt keiner) ~ USA 1979
Directed By: Peter Yates

Dave (Dennis Christopher), begeisterter Radrennfahrer, und seine drei Freunde Mike (Dennis Quaid), Cyril (Daniel Stern) und Moocher (Jackie Earle Haley) leben in dem beschaulichen Universitätsstädtchen Bloomington, Indiana - allerdings nicht als vier der zahhllosen jungen Studierenden, sondern als Ableger der hier verwurzelten Steinschneider-Familien, weswegen die College-Kids die Einheimischen auch gern abschätzig als "Cutter" beschimpfen. Das Freundesquartett hat es schwer, sich gegen die Arroganz der Akademiker durchzusetzen, besonders Mike leidet unter deren Hochnäsigkeit. Als die Uni ein Team-Radrennen anberaumt, an dem jeder teilnehmen darf, ist die große Chance der vier Freunde gekommen.

Ein Hohelied auf die US-Kleinstadt im Mittelwesten und deren Einwohnerschaft und somit beinahe ein Heimatfilm. Anders als die stets dramatischen, mitunter etwas politisierten Coming-Of-Age-Storys aus dem New-Hollywood-Dunstkreis, also "The Last Picture Show", "American Graffiti" oder "Big Wednesday", versteht sich der ansonsten recht ähnlich inszenierte "Breaking Away" allerdings nicht als Abgesang auf Jugend und Unschuld, sondern als Mut- und Muntermacher, als Lebensabschnittsporträt ohne perfide Hintergedanken. Daher traut er sich auch zu manch feiner Humornote und betrachtet die zum Erwachsenwerden gehörenden Nöte und Identitätskrisen mit ruhiger Gelassenheit - am Ende warten ohnehin Sieg und Enthusiasmus und sogar ein guter Verlierer auf der Gegenseite - Entspannung allerorten.
Ein feiner, kleiner Film, getragen von einem leuchtend positiven Menschenbild, der auch für Regentage taugt. Den bescheuerten deutschen Titel wollen wir in diesem Zusammenhang getrost vergessen.

8/10

Peter Yates Radsport Indiana Freundschaft Vater & Sohn Coming of Age


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DODGEBALL: A TRUE UNDERDOG STORY (Rawson Marshall Thurber/USA, D 2004)


"Fucking Chuck Norris."

Dodgeball: A True Underdog Story (Voll auf die Nüsse) ~ USA/D 2004
Directed By: Marshall Rawson Thurber

Um ihr Fitnessstudio 'Average Joe's' vor der Übernahme durch den widerlich selbstherrlichen White Goodman (Ben Stiller), Besitzer des benachbarten 'Globogym', zu retten, entschließen sich Eigentümer Peter La Fleur (Vince Vaughn) und ein paar seiner Stammgäste, an einem hochdotierten Dodgeball-Turnier in Las Vegas teilzunehmen. Dessen Gewinn würde für Peter die nötige Summe abwerfen, um seinen Club retten zu können. Als Goodman davon Wind bekommt, stellt er sein eigenes Team auf.

Völlig typische, nichtsdestotrotz gelunge Frat-Pack-Komödie, in der man einen Gastauftritt von Will Ferrell zwar schmerzlich vermisst, die sich jedoch auch so eben durchaus passabel über die Runden bringt. Cameos gibt es stattdessen von David Hasselhoff, Lance Armstrong, William Shatner und Chuck Norris, die dann auch mehr oder weniger witzig ausfallen. Das Story-Prinzip um die über sich selbst hinauswachsende Verliertruppe ist dabei weniger interessant. Frat-Pack-Filme entwickeln ja ohnehin erst im Hinblick auf ihre gnadenlose Selbstreflexivität ihren überwältigenden Humor. Stets beleuchten sie, ähnlich wie etwa "The Simpsons", den amerikanischen Wahnsinn, die an ihrer sich immer hyperaktiver gerierenden Spaßkultur krankt, zugleich aber just davon lebt. "Dodgeball" karikiert diese Auswüchse ebenso wie diverse urtypische, mittelständische Lebensentwürfe und achtet penibel darauf, dass auch garantiert keiner ungeschoren davonkommt. Daraus, dass der Film und das Milieu, dem er entstammt, selbst fester Bestandteil ebenjener ironisierten medialen Maschinerie sind, macht "Dodgeball" ferner keinen Hehl. Letzten Endes verleiht ihm sogar erst das seine wahre komödiantische Kraft.

8/10

Rawson Marshall Thurber Las Vegas Duell Frat Pack Satire





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