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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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VIOLENT SATURDAY (Richard Fleischer/USA 1955)


"The Lord will prevent it."

Violent Saturday (Sensation am Sonnabend) ~ USA 1955
Directed By: Richard Fleischer

Ein Gangsterquartett (Stephen McNally, Lee Marvin, J. Carroll Naish, Robert Adler) hat sich für seinen nächsten Coup die Bank von Bradenville, einer Kleinstadt in Arizona, ausgesucht. Dabei haben die Leute von Bradenville, dessen Bruttosozialprodukt vornehmlich von dem unglücklich verheirateten Minen-Unternehmer Fairchild (Richard Egan) abhängig ist, bereits genug Sorgen: Fairchilds Manager Shelley Martin (Victor Mature) hadert mit seinem Ältesten (Billy Chapin), der ihn für einen Feigling hält, der Bankier Harry Reeves (Tommy Noonan) stellt der Krankenschwester Linda (Virginia Leith) nach, die Bibliothekarin Elsie Braden (Silvia Sidney) kommt mit ihren Wechseln nicht nach und Fairchilds Frau (Margaret Hayes) zieht über die Dörfer. Als ausgerechnet diese Scheinidylle von den vier Verbrechern aufs Korn genommen wird, stehen einige mehr oder weniger glückliche Renovierungen des lokalen Sozialgefüges ins Haus.

Eines seiner großen Meisterwerke ist ausgerechnet dieser wenig beleumdete Film Richard Fleischers, in jeder Hinsicht exzellent, irgendwo im gattungshistorischen Niemandsland zwischen film noir und den melodramatischen Kleinstadtstudien eines Douglas Sirk ersonnen und es sich darin vortrefflich bequemmachend. Technisch und narrativ höchst virtuos erzählt Fleischer seine Caper-Story unter Verwendung vieler kleiner Subplots und etlicher charakterisiernder Klein- und Kleinstdetails, was trotz der strengen Erzählzeit ein vollkommen tragfähiges Figurenkaleidoskop ermöglicht. Die beliebte Floskel des "Seiner Zeit Voraus"-Seins habe ich schon lange nicht mehr als so eklatant empfunden wie im Falle "Violent Saturday".
Freundschaft, Vertrauen, Obsession, Verzweiflung, Gewalt, Ethik und Liebe, all diese großen Emotionen und Lebensumtriebe bringen Fleischer und der Autor Sydney Boehm ("The Big Heat") wie beiläufig und doch höchst vital mit in ihr fabulöses Werk ein, das sich auf 48 angespannte Stunden erzählter Zeit kapriziert. Dabei habe ich den vielleicht tragischsten Charakter des Films bisher noch nicht einmal erwähnt: Ernest Borgnine als Amish-Farmer Stadt (ein rundes Vierteljahrhundert später wird er in einer ähnlich gelagerten Rolle in Wes Cravens "Deadly Blessing" zu sehen sein) weigert sich standhaft, auf die Gewalt der ihn und seine Familie in Geiselhaft nehmenden Gangster zu reagieren, bis er am Schluss zur Rettung seines Retters Martin zur Heugabel greift und damit durch einen instinktiven Streich seine gesamte Lebensüberzeugung verrät.

10/10

Richard Fleischer Arizona Kleinstadt Ensemblefilm Heist Vater & Sohn film noir


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DIGGSTOWN (Michael Ritchie/USA 1992)


"Is that ten grand or are you just happy to see me?"

Diggstown (Ihr größter Coup) ~ USA 1992
Directed By: Michael Ritchie

Schon im Knast fasst der kurz vor seiner Entlassung stehende Gentleman-Gauner Gabriel Caine (James Woods) den Plan für sein nächstes großes Ding. Er will den Kleinstadtpatriarchen John Gillon (Bruce Dern) ausnehmen, einen ebenso box- wie wettfanatischen Semi-Gangster, der keine Skrupel kennt, um an seine meist unkoscheren Ziele zu gelangen. Zusammen mit seinem in Glücksspielsachen versierten Kumpel Fitz (Oliver Platt) und dem Seniorboxer Honey Roay Palmer (Louis Gossett Jr.) stellt er Gillon folgende Wette: Palmer soll binnen 24 Stunden zehn von Gillons Amateurboxern durch jeweilgen K.O. besiegen. Den Einsatz besorgt sich Caine bei dem Gangsterboss Corsini (Orestes Matacena). Gillon erweist sich jedoch als mit allen Wassern gewaschener Hundsfott, der nötigenfalls auch über Leichen geht, um nur nicht verlieren zu müssen...

Abseits davon, dass Michael Ritchie für sein kleine, eindeutig der Lakonie der Siebziger verpflichtetes Amateurboxer-Ballade eine supertolle Besetzung gewinnen konnte, dem allein bei der Ausübung ihrer Profession zuzuschauen bereits höchst vergnüglich ist, macht "Diggstown" auch sonst viel Freude.Um eine relativ unaufgeregte Underdog-Story handelt es sich dabei; ein paar nette, wenngleich nicht mit unbedingt mit der Legalität verwandte Typen dreht sich das Ganze, die allerdings einen Rest moralischer Integrität und einen unantastbaren privaten Ehrenkodex pflegen und somit zumindest ihr Gegenüber trickreich aus dem Feld schlagen. Daran, dass der Film mit seiner finalen Finte auch eine Hommage an George Roy Hills "The Sting" ist, lässt der spätere Videoauswertungstitel "Midnight Sting" wenig Zweifel: Der clevere Betrüger Gabriel Caine, stolz auf seine Fachkompetenz, hat natürlich selbst dann noch ein Ass im Ärmel, als längst alles verloren scheint. Am Ende hat man nicht nur die eigene Ehre, sondern zugleich noch die diverser anderer, von Gillon gefoppter oder gar schwer hintergangener Mitspieler gerettet.

8/10

Michael Ritchie Kleinstadt Coup Faustkampf Freundschaft Südstaaten


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DEATH FORCE (Cirio H. Santiago/USA, PH 1978)


"The law is the sword."

Death Force (Ein Mann wird zum Killer) ~ USA/PH 1978
Directed By: Cirio H. Santiago

Nach einem Golddeal, an dem sich die drei Vietnam-Veteranen Russell (James Iglehart), McGee (Leon Isaac Kennedy) und Morelli (Carmen Argenziano) eigentlich nach dem Krieg gesundstoßen wollen, wird Ersterer von seinen zwei gierigen Kumpels verraten, aufgeschlitzt und ins südpazifische Meer geworfen. Wie durch ein Wunder landet Russell auf einer einsamenInsel, wo ihn zwei nach dem Zweiten Weltkrieg versprengte japanische Soldaten aufsammeln und gesund pflegen. Der Ältere von ihnen, Sakuro (n.n.), lehrt Russell den Umgang mit dem Samurai-Schwert und den uralten Krieger-Kodex.
Derweil reißen McGee und Morelli daheim in L.A. die gesamte Unterwelt an sich und avancieren mit einiger Brutalität zu den Bossen der Stadt. McGee hat es zudem auf Russells Frau Maria (Jayne Kennedy) abgesehen, die ihren Mann tot glaubt. Schließlich gelangt Russell über Umwege zurück in die Staaten, wo ihn von seiner unerbittlichen Rache an den ehemaligen "Freunden" nichts mehr abhält...

Aus dem kaum mehr übersichtlichen Werk Cirio H. Santiagos ein besonders herzhafter (und -licher) Beitrag; ein wiederholtes, spätes Blaxploitationbekenntnis, in dem allerdings weniger weibliche Anschaulichkeiten gepflegt werden (leider, muss man festhalten, denn Jayne Kennedy, damals Noch-Ehefrau von Leon Isaac Kennedy, war damals ein flottes Dämchen), sondern stattdessen einige possierliche Splatter-Maröttchen zum Einsatz kommen. James Igleharts flott geschwungenes Katana taugt nämlich hervorragend für Zwangsamputationen aller Art - am Ende rollen gar mehrfach die (Gips-)Köpfe. Dabei kommt gar ein subtiles, psyhologisches Momet zum Tragen: Kann ein Mann, den Vietnam und Verrat so dermaßen versaut haben, dass er die Häupter seiner Gegner nunmehr auf Spieße steckt und im Vorgarten drapiert, überhaupt noch einen funktionalen Familienvater abgeben? Kann ein Mann, der Rache, Sadismus, Perfidie und Blutwurst, äh, -durst noch leidenschaftlicher praktiziert als seine Feinde noch fähig sein zu Zärtlichkeit und Vaterliebe?? Der Film beantwortet diese existenzialistischen Fragen kurzerhand mit einem rotschildrigen "No!" und lässt Russell in der Schlusseinstellung unvermuteterweise von einem alliiert geglaubten Polizisten durchsieben. Vielleicht eine Art von Gnadenschuss oder Notschlachtung infolge gesteigerten Samurai-Wahnsinns - man weiß es nicht.
In jedem Falle aber kann sich "Death Force" trotz exorbitanter Länge noch gut vorzeigen, verfügt über eine vorzügliche Münchener Synchro mit Norbert Gastell, Tommi Piper und Fred Maire und hat somit alles, was es nimmt. Äh, braucht.

6/10

Cirio H. Santiago Exploitation Martial Arts Blaxploitation Los Angeles Vietnamkrieg Sleaze Mexiko Rache


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AMERICAN HUSTLE (David O. Russell/USA 2013)


"How about "we"?"

American Hustle ~ USA 2013
Directed By: David O. Russell

Ostküste, 1978: Der schmierige Wäschereibesitzer Irving Rosenfeld (Christian Bale) tut sich mit der nicht minder vergaunerten Sydney Prosser (Amy Adams) zusammen, um gefälschte oder gestohlene Kunstwerke an klamme Investoren zu verhökern. Bald jedoch kommt ihnen das FBI in Form des narzisstischen Ermittlers Richie DiMaso (Bradley Cooper) auf die Spur. Anstatt das saubere Pärchen jedoch anzuklagen, bietet DiMaso ihm an, mit ihm zusammenzuarbeiten und korrupte Politiker hochzunehmen. Als Erster soll der amtierende Bürgermeister von Camden, Carmine Polito (Jeremy Renner), Hopps genommen werden. Dieser plant, das marode Atlantic City hochzupeppeln und zu einem Vegas-ähnlichen Spieler-Mekka zu machen. Die Annahme entsprechender Zuschüsse, die von DiMaso fingiert werden, soll ihm das Genick brechen. Irving gerät jedoch schon bald in echte Gewissenskonflikte - er freundet sich mit dem sympathischen Polito an und kommt sich mehr und mehr wie ein Verräter vor.

David O. Russell hat seine Hausaufgaben gemacht. Wie erzählt man erfolgreich eine im Halbweltmilieu vergangener Zeiten angesiedelte, (semi-)authentische Story mit Tempo, Stil und latentem Humor? Genau: Schlag nach bei Scorsese ("Goodfellas", "Casino", "The Wolf Of Wall Street") und dem frühen Paul Thomas Anderson ("Boogie Nights"), deren Arbeit auf diesem Sektor sich ja mehr als bewährt hat und auf streng genommen ziemlich luziden Rezepturen fußt: Man nehme mehrere Off-Erzähler, eine sich in unermüdlichem Discomove bewegende, förmlich groovende Kamera, ein sorgfältig ausgewähltes Kontigent zeitgenössischer Songs, eine unüberschaubare Zahl an - häufig bloß kurz gestriffenen - Sprechrollen sowie markante Hauptdarsteller in Bestform. Im ultimativsten Falle finden sich dann noch altehrwürdige Gesichter vom Schlage eines Robert De Niro, Anthony Zerbe oder Paul Herman ein. Ein kompetent zu Werke gehender Regisseur - und ein solcher ist David O. Russell ja, zumal mit einem sehr attraktiven Humorverständnis gesegnet, kann da nicht mehr viel falsch machen. Entsprechend gelungen ist auch "American Hustle", ein Film, der seiner Antizipation vollauf gerecht wird, allerdings, ohne diese zu übertreffen. Gutes, wenngleich überraschungsfreies Handwerk bekommt man somit kredenzt. Manchmal, gerade in solchen, erfreulichen Fällen, reicht selbiges bereits. aus.

8/10

David O. Russell FBI New Jersey period piece Mafia Atlantic City


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PAIN & GAIN (Michael Bay/USA 2013)


"There's some complex engineering in these things."

Pain & Gain ~ USA 2013
Directed By: Michael Bay

Der Bodybuilding-Coach Daniel Lugo (Mark Wahlberg) hält sich für gewitzter als er tatsächlich ist. Um auch mal an die ganz großen Moneten zu kommen, tüftelt er einen Plan aus, um seinen Kunden Victor Kershaw (Tony Shalhoub), einen unsympathischen Sandwichbuden-König, zu entführen und sein Vermögen aus ihm herauszupressen. Seine zwei kaum großzügiger beschlagenen Kumpels Adrian (Anthony Mackie) und Paul (Dwayne Johnson) unterstützen ihn dabei. Trotz einiger Umwege funktioniert ihr Coup tatsächlich und man gönnt sich Saus und Braus. Da das Trio jedoch zu ungeschickt ist, um Kershaw endgültig abzuservieren, engagiert dieser den Detektiv Ed DuBois (Ed Harris), der den Dreien auf die Schliche kommt, nachdem ihr zweiter Kidnapping-Versuch um den Pornokönig Frank Griga (Michael Rispoli) bös gescheitert ist.

Getreu dem Motto, dass das Leben die besten Geschichten schreibt, knöpfte sich Michael Bay inmitten seiner "Transformers"-Megalomanien diesen authentischen Folklore-Kriminalfall aus dem Florida der Mittneunziger vor und fertigte daraus einen für seine Verhältnisse mutmaßlich recht persönlich gefärbten Film. Was in Anbetracht all seiner grotesken Wendungen und urkomischen Figuren- und Situationszeichnungen eigentlich ein eindeutiges Projekt für die Coens hätte sein mögen (wofür bereits die Verpflichtung ihres früheren standards Tony Shalhoub in einer entsprechenden Rolle bürgt), nimmt sich bei Bay mitsamt seiner gewohnt sonnendurchfluteten Ästethetik hier und da womöglich etwas vulgärer, ansonsten jedoch erstaunlicherweise kaum minder vervollkommnet aus; wenngleich doch der untrügliche Eindruck, dass hier den besagten Vorbildern nachgeeifert wird, sich nie ganz verflüchtigt.
Dennoch: Dieser Einblick ins Bodybuilding-Milieu mit all seinen kleinen Gernegroß-Lichtern zeugt von einem teilweise bissigen Humor, den man diesem Filmemacher in solcher Offenheit nicht unbedingt zugetraut hätte. Eine positive Identifikationsfigur schenkt man sich, stattdessen gibt es three muscle-bound stooges.
Jeder der drei Probanden zerfällt hinter seinen imposanten Tri- und Bizepsen zu einem intellektuellen Streichholzmännchen; ob Daniel, der seine umfassend geglaubte Bildung aus Erfolgsbiographien und Gangsterfilmen bezieht, ob Paul (größter personeller Schatz des Films: Dwayne Johnson), dessen zwei Lebensmaximen sich in Jesus Christus und Kokain inkarnieren oder Adrian, den sein Steroid-Missbrauch impotent gemacht hat. Einer solch dullen Truppe bei ihrem großflächigen Scheitern beizuwohnen, evoziert selbstverständlich ein hohes Maß voyeuristischer Schadenfreude. Möglicherweise hat Bay mit "Pain & Gain" sogar ein paar ursprünglich joviale Fans vergrätzt, dafür aber hat er ausnahmsweise mal einen ansehnlichen Film vorzuweisen.

8/10

Michael Bay Florida Miami Bodybuilding Satire period piece Freundschaft Kokain Kidnapping


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THE BROTHERHOOD (Martin Ritt/USA 1968)


"Remeber the 41?"

The Brotherhood (Auftrag Mord) ~ USA 1968
Directed By: Martin Ritt

Frank Ginetta (Kirk Douglas), sizilianischstämmiger Altmafioso in New York, ist zunächst sehr erfreut, als sein jüngerer Bruder Vince (Alex Cord) ihm an dessen Hochzeitstag mitteilt, dass auch er in die "Familie" einzusteigen gedenkt. Frank ist ein Gangster alten Schlages, er liebt die Tradition und die Werte der alten Heimat, hält sich lieber ehrbar und bedeckt, anstatt mit der unaufhörlichen Machtausweitung zu liebäugeln. Damit ist er jedoch den anderen Ostküsten-Dons ein Dorn im Auge. Gezielt versucht man, Frank durch den aufstrebenden Vince auszuboten. Als Frank dann herausfindet, dass ausgerechnet Vinces Schwiegerpapa (Luther Adler), selbst ein fädenziehendes Mitglied der ehrenwerten Gesellschaft, für den viele Jahre zurückliegenden Verrat und damit dem Mord an seinem und Vinces Vater verantwortlich ist und diesen liquidiert, ist sein Leben keine Lira mehr wert. Frank zieht sich nach Sizilien zurück, erhält jedoch bald Besuch von Vince...

Drei Jahre vor ihrem weit ausholenden Kommerschlag mit "The Godfather" konnte die Paramount schonmal unbewusst ein paar mafiöse Probezüge vollziehen. Ritts "The Brotherhood" weist denn auch sehr viele inhaltliche Parallelen zu Coppolas Meisterwerk auf, wobei er zugleich er dessen ungeheuren Stilwillen und epochale Monumentalität nie erreicht. Auch in "The Brotherhood" gibt es den alternden Patriarchen, der sich weigert, sich mit neuen Methoden zu zwangsarrangieren und der dafür abgestraft wird; auch hier werden Ehrenkodexe transparent, brüderlicher Bruch und Verrat zum Thema gemacht, gibt es eine Flucht zurück zu den sizilianischen Wurzeln - in diesem Falle allerdings weithin zwecklos. Kirk Douglas, der "The Brotherhood" mitproduziert hat, lag offenbar viel an dem Werk. Entsprechend engagiert sein Spiel. Heute leider weitgehend in die Annalen zurückgedrängt, ist Ritts Gangsterfilm ganz gewiss ein Wegeebner und ein Stück Kino, das, ich erwähne es ja immer mal wieder gern, wie so viele andere seine über die Jahre anwachsende Ignoranz einfach nicht verdient.

8/10

Martin Ritt New York Mafia Italien Sizilien Brüder Rache


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PRONTO AD UCCIDERE (Francesco Prosperi/I 1976)


Zitat entfällt.

Pronto Ad Uccidere (Tote pflastern seinen Weg) ~ I 1976
Directed By: Francesco Prosperi

Der römische Polizist Massimo Torlani (Ray Lovelock) lässt sich, getarnt als Juwelendieb, ins Gefängnis einschleusen, um dort die Bekanntschaft und das Vetrauen des Gangsters Giulianelli (Martin Balsam) zu gewinnen und dessen Organisation zu zerschlagen. Torlani wird dabei von einer höchst persönlichen Motivation angetrieben: Einst haben zwei der dazugehörigen Laufburschen seine Mutter (Anna Tadei) zum Krüppel geschossen. Nach ihrer gemeinsamen Flucht aus dem Knast muss Torlani jedoch feststellen, dass Giulianelli keinesfalls einer der ganz Großen im Rauschgiftgeschäft ist, sondern dass ihm noch einige geachtete Großbürger überstehen. Zudem zieht im Hintergrund jemand Unbekanntes seine eigenen Fäden und räumt einen nach dem anderen der Bosse aus dem Weg.

Grundsolider Poliziotteso, in dem Ray Lovelock sich einige Sprüche wegen seines hübschen Äußeren gefallen lassen muss. Dass der gut aussehende, junge Mann mit der charateristischen Schneidezahnlücke nichtsdestotrotz auch ordentlich austeilen kann, stellt er mehrfach nachhaltig unter Beweis, wobei seine Methoden - zum Unwillen seines Vorgesetzten Commissario Sacchi (Riccardo Cucciolla) - häufig die Grenzen zur Selbstjustiz überschreiten. Dennoch gelingt es Torlani, in den rechten Momenten einen kühlen Kopf zu bewahren und seine Mission ohne besondere Hilfe des ihn beäugenden Polizeiapparats im Alleingang zu vollenden. Bleibt am Ende freilich die letzte Hürde, einen unerwarteten Gegner stellen zu müssen, was Prosperi als bedeutungsschwangeres Knallbonbon bildeinfriert, obschon damit von langer Hand zu rechnen war. Ansonsten bleibt "Pronto Ad Uccidere" erfreulich längenfrei, wobei noch besonders eine beachtlich inszenierte Verfolgungsjagd durch die ligurischen Serpentinen Erwähnung finden soll und in Erinnerung bleibt. Da bekommt man gleich Fernweh.

7/10

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THE VALACHI PAPERS (Terence Young/F, I 1972)


"You made my decision."

The Valachi Papers (Die Valachi-Papiere) ~ F/I 1972
Directed By: Terence Young

Der Gangster Joe Valachi (Charles Bronson), einst lange Jahre als Fahrer für diverse New Yorker Unterweltgrößen tätig, landet im Knast und damit prompt auf der Todesliste des ebenfalls einsitzenden Paten Vito Genovese (Lino Ventura), der hinter Valachi einen heimlichen Kronzeugen fürs FBI vermutet. Erst nach einer offenen Mordankündigung durch Genovese ntschließt sich Valachi, wirklich auszupacken und berichtet dem Beamten Ryan (Gerald O'Loughlin) in langwierigen Sitzungen alles, was er über die Cosa Nostra weiß und bei ihr gelernt hat.

Nach "The Godfather" boomte der Mafiafilm, wobei besonders authentizitätsverhaftete Geschichten, die den Mob auf jene spezifische Weise zugleich ent- und remystifizierten, von Interesse waren. Die De-Laurentiis-Produktion "The Valachi Papers" bediente sich der authentischen Geschichte um das Mafia-Mitglied Joseph Valachi, der in Todesangst zum ersten öffentlich aussagenden Informanten des FBI wurde und trotz hochdotierter Kopfgelder eines natürlichen Todes im Gefängnis starb. Das Original war vermutlich nicht ganz so kernig wie sein von Bronson gespieltes Pendant auf der Leinwand, zu Beginn befremdlich schäuzerlos und mit grau gepuderter Perrücke auftretend. Doch dies bildet keinen Störfaktor. So spannend und ergiebig das Thema, so Vieles löst der Film ein: der mit viel Zeitkolorit garnierte Einblick in die hierarchischen Strukturen und Rituale der 'famiglia' nebst Ehrenkox und Vergeltungsschlag, sein authentisches Personal sowie die erlesene Besetzung, aus der neben Bronson und Ventura vor allem Joseph Wiseman und Guido Leontini hervorstechen Die Inszenierung unter Terence Young bleibt allerdings stets arg routiniert und programmatisch. Ein prägnanterer Regisseur mit etwas mehr Mut zur Extravaganz hätte "The Valachi Papers", der aufgrund seiner inhaltlichen Komplexität doch so viel hergibt, vielleicht zu einem Werk von Weltformat gemacht, wie es 18 Jahre später auch der ganz ähnlich konnotierte "Goodfellas" wurde.

8/10

Terence Young New York Mafia period piece Historie Gefängnis Verhör Biopic


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DE LA PART DES COPAINS (Terence Young/F, I, B 1970)


"Killing him wouldn't be murder. It would be like cleaning a cesspool."

De La Part Des Copains (Kalter Schweiß) ~ F/I/B 1970
Directed By: Terence Young

Der Indochina-Veteran und entflohene Ex-Knacki Joe Martin (Charles Bronson) hat sich bereits vor längerem mit Frau Fabienne (Liv Ullman) und Stieftochter Michèle (Yanick Delulle) an der Côte D'Azur niedergelassen, wo er mit einigem Erfolg reichen Amateurkapitänen das Navigieren auf See beibringt. Eines Tages tauchen jedoch seine vier früheren Mitgefangenen Katanga (Jean Topart), Ross (James Mason), Gelardi (Luigi Pistilli) und Whitey (Michel Constantin) nebst dem Gangsterblondchen Moira (Jill Ireland) auf. Joe hatte sie einst während des Ausbruchs in dem deutschen Militärgefängnis zurücklassen und ohne sie türmen müssen. Nun folgt die Abrechnung: Nachdem Joe den Vorboten Whitey erledigen kann, nehmen die verbleibenden Finsterlinge Fabienne und Michèle als Geiseln. Joe soll die Gangster mit seinem Boot in die Ägäis bringen. Doch der wehrhafte Familienvater lässt sich nicht beugen.

Schnörkelloser Eurokrimi, der eine frühe Paraderolle für Bronson transportiert und von Terence Young pointiert inszeniert wurde. Weg vom noch künstlerisch beflisseneren Genrekino der letzten Jahre silhouettiert "De La Part Des Copains" bereits Bronsons kommenden Archetypus - den des unerbittlichen, kantigen Helden, der sich mit wenigen Worten seinen Weg bahnt und der Bedrohungen der eigenen Person und vor allem der Familie mit doppelter Münze vergilt. Dem vorausgeschickten Whitey bricht Joe nach einem Zweikampf das Genick, den besonders boshaft (da misogyn, pädophil, und egozentrisch) charakterisierten Katanga setzt er am Schluss in Flammen. Dass Young an existenzialistischer Schwere nicht explizit interessiert ist, zeigen andererseits vergleichsweise versöhnliche Momente: Die zurückkehrende Besonnenheit des verblutenden James Mason angesichts des nahenden Todes etwa, der sich doch noch gegen seine Kumpane stellt oder die Schlussminute, die dem besorgten Zuschauer gewissermaßen garantieren soll, dass den Martins trotz der schweren Stunden zuvor ein untraumatisiertes, glückliches Weiterleben garantiert ist. Brosons privates Rennen gegen die Zeit und zwei Motorrad-Flics in einem roten Granada-Cabrio über die Provinz-Serpentinen ist ein kleines Meisterstück zeitgenössischen Actionkinos.

7/10

Terence Young Familie Kidnapping Côte dAzur car chase


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ADIEU L'AMI (Jean Herman/F, I 1968)


Zitat entfällt.

Adieu L'Ami (Bei Bullen "singen" Freunde nicht) ~ F/I 1968
Directed By: Jean Herman

Erst bei ihrer Ankunft in Marseille lernen sich die beiden Algerienkriegsveteranen Dino Barran (Alain Delon) und Franz Propp (Charles Bronson) kennen. Barran ist Arzt und durch die versehentliche Erschießung seines besten Freundes in Depressionen verfallen, Propp indes ein lebenslustiger Gauner, der vor keiner Möglichkeit, schnelles Geld zu machen zurückschreckt. Als Barran die geheimnisvolle Isabelle (Olga Georges-Picot) kennenlernt, veranlasst diese ihn zu einem Bruch bei einem Pariser Multi. Doch anstatt den Safe leerzuräumen, soll Barran zuvor entwendete Dokumente wieder darin platzieren. Während des Jobs taucht plötzlich auch Propp auf und beide werden im Safe eingesperrt. Nachdem ihnen viele Stunden später die Flucht glückt, gerät Propp in die Fänge der Polizei. Doch an ihm hat der ermittelnde Inspektor Méloutis (Bernard Fresson) eine harte Nuss zu knacken...

Bronson in Europa, Bronson in Frankreich. Hier hat der polnischstämmige US-Akteur einige seiner schönsten und stilvollsten Filme hinterlassen, die einerseits Wegbereiter für sein späteres Hartarsch-Image abgaben, andererseits jedoch in formal krassem Gegensatz im Besonderen zu seinem darstellerischen Werk in den Achtzigern stehen. In "Adieu L'Ami" ist er ein Sonnyboy, der als unwesentlich mehr denn als Stichwortgeber für den damals weitaus größeren Star Alain Delon fungiert. Die beiden als buddies zu besetzen, die sich, wie es sih ziemt, zunächst an die Kehle gehen, um dann höchsten Respekt und Vertrauen gegenüber dem jeweils Anderen zu entwickeln, zeugt jedoch von einigem Gespür. Der robuste, rustikale Bronson und der charmante gentilhomme Delon formulieren reizende Gegensätze, die ihre unfreiwillig beginnende Partnerschaft umso glaubwürdiger erscheinen lassen.
Dem gegenüber stehen einige mitunter seltsam anmutende Volten, die Script und Inszenierung vollziehen und aus denen ich nicht immer schlau werde. Die Schlusseinstellung etwa repräsentiert dies vorzüglich. Jene vermögen jedoch den positiven Gesamteindruck, den "Adieu L'Ami" resümierend hinterlässt, nicht wesentlich zu trüben.

7/10

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Funxton

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