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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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INFERNO IN DIRETTA (Ruggero Deodato/I 1985)


Zitat entfällt.

Inferno In Diretta (Cut And Run) ~ I 1985
Directed By: Ruggero Deodato

Die in Miami tätige TV-Journalistin Fran Hudson (Lisa Blount) stößt im Zuge einer ausgedehnten Recherche im Drogendealer-Milieu auf eine Fotografie des totgeglaubten Colonel Brian Horne (Richard Lynch), einst die rechte Hand des berüchtigten Sektenstifters Jim Jones. Sie findet heraus, dass Horne irgendwo in Kolumbien leben muss und allerlei Intrigen spinnt, die sich gegen die von dort aus operierenden Kokainkartelle richten. Weil der Senderchef Allo (Richard Bright) in Hornes Umfeld auch seinen vermissten Sohn Tommy (Willie Aames) vermutet, schickt er Fran und ihren Kameramann Mark Ludman (Leonard Mann) zur Live-Berichterstattung in den Amazonasdschungel. Gleich bei ihrer Ankunft geraten die beiden in den just eskalierenden Drogenkrieg und stoßen bald auch auf den völlig wahnsinnig gewordenen Horne, der mit Hilfe gutgläubiger Indios das Kokainmonopol in Amerika an sich bringen will.

Ein zumindest in der unzensierten Fassung erstklassiger Italoploiter von allerbester Reife. Deodato ist ein saubererer Arbeiter als viele seiner Kollegen und besitzt zuweilen durchaus den Ehrgeiz, Qualität von international konkurrenzfähigem Rang zu liefern, was wohl auch die Mitwirkung der vielen US-Darsteller (neben den erwähnten finden sich noch Eriq La Salle und der stets für einen Scherz gute Michael Berryman als monströser Ober-Indio ein), sowie den Vor-Ort-Dreh an unwirtlichen, eines Werner Herog würdigen Schauplätzen erklärt. Auch zwei europäische Lieblingsgesichter sind dabei, Gabriele Tinti nämlich und John Steiner, die beide herrlich spektakuläre Tode sterben müssen. Besonders Steiners Aufesehen erregendem Ableben, bei dem er von einem sich auseinander ziehenden Flaschenzug in zwei Hälften zerrissen wird, verdankt "Inferno In Diretta" natürlich seinen nachhaltigen Ruf. Doch auch sonst geht es gehörig zur Sache, mehrere Enthauptungen und sonstige Macheteneinsätze sorgen für großes Hallo bei den entsprechenden Liebhabern. Dass Deodato sich freimütig bei Conrads "Heart Of Darkness" bedient und seinen Colonel Horne als unschwer erkennbares Abbild des verrückten Kurtz konstruiert hat, ist eine nette, literarische Randnotiz. Der Versuch allerdings, an die durchgängige Treffsicherheit des großen "Cannibal Holocaust" anzuschließen und eine ähnlich medienkritische Aufbereitung des Themas zu wiederholen, muss als bestenfalls 'halbherzig' umgesetzt durchgewunken werden und geht am Ende tatsächlich sogar nach hinten los. Dennoch: En gros ein prima Reißer mit allem, was da so hineingehört.

7/10

Ruggero Deodato Europloitation Kolumbien Florida Miami Kokain Sekte Drogen Splatter Journalismus Dschungel


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JOHNNY COOL (William Asher/USA 1963)


"The man you're looking for is dead."

Johnny Cool (Die Rache des Johnny Cool) ~ USA 1963
Directed By: William Asher

Der 'sizilianische Robin Hood' Salvatore Giordano (Henry Silva) wird von dem Mafiaboss Johnny Colini (Marc Lawrence) unter die Fittiche genommen und für eine umfassende Mission in Amerika vorbereitet. Mit einem Schlag soll 'Johnny Cool', unter dessen Decknamen Salvatore in den USA auftritt, binnen 48 Stunden die großen Bosse an Ost- und Westküste liquidieren und deren Aktiva in Colinis Organisation eingemeinden. Mit viel Selbstvertrauen geht Johnny Cool seine Aufgabe an, doch am Ende bringt ihn die Liebe zu Fall.

Ein im Laufe der Jahrzehnte eher untergegangener, von Peter Lawford mitproduzierter Gangsterfilm aus dem Dunstkreis des 'Rat Pack', der - leider vergeblich - versuchte, Henry Silva zu einer Ikone zu stilisieren. Dessen späterer Werdegang ist bekannt, neben diversen TV-Auftritten lieh er seine markante Physiognomie bald vor allem dem europäischen Genrefilm, wo er dann in einigen kleinen Klassikern doch noch reüssieren konnte. In "Johnny Cool" bereitet er sich bereits auf Parts wie die in "Il Boss" oder "Quelli Che Contano" vor, ist allerdings (noch) gezwungen, sich von seiner charakterbedingten Naivität ausbremsen zu lassen. Die Amerikaner nahmen das alles einfach viel zu moralisch. Ashers Film ist zugleich ein Sammelbecken für viele primäre und sekundäre Kompagnons der Vegas-Entertainer-Clique: Telly Savalas, Sammy Davis Jr., Joey Bishop, Brad Dexter, Mort Sahl und andere bekannte Gesichter geben sich die Ehre, zum Teil in Kleinstauftritten. Für Sinatra oder Martin, die ja relativ ungenierte Verbindungen zu so gennanten 'Syndikaten' pflegten, wären Cameos in "Johnny Cool" vermutlich zu brisant, um nicht zu sagen: realitätsangebunden gewesen, so dass sie sie sich versagten. Ansonsten bekommt man einen schnittigen, kleinen Genrefitsch frei Haus, der spätere, vollendetere Epigonen wie Boormans "Point Blank" sichtlich inspirierte.

7/10

William Asher New York Los Angeles Las Vegas Rat Pack Mafia Sizilien amour fou


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DEEP COVER (Bill Duke/USA 1992)


"You oughta kill a man sometime. It's liberating."

Deep Cover (Jenseits der weißen Linie) ~ USA 1992
Directed By: Bill Duke

Zeit seines Lebens hat der Polizist Russell Stevens (Laurence Fishburne) versucht, sich betont diametral zu seinem kriminellen Vater (Glynn Turman) zu entwickeln, der einst einen frühen, gewalttätigen Tod in Russells Beisein sterben musste. Stevens lässt sich heuer vom DEA als Undercover-Cop anheuern, um die führenden Chicano-Verteiler von L.A. dingfest zu machen. Unter dem Namen John Hull nimmt er Tuchfühlung mit dem zugleich als Anwalt tätigen Dealer David Jason (Jeff Goldblum) auf, der seinerseits Verbindungen zu dem Großhändler Barbosa (Gregory Sierra) steht. Nach und nach entwickelt sich Stevens - auch auf ausdrückliche Weisung seines Verbindungsmannes Carver (Charles Martin Smith), zu einer eigenständig funktionierenden Größe im Kokaingeschäft und verliert die Orientierung, zumal der overlord Guzman (René Assa), auf den es Stevens eigentlich abgesehen hat, offenbar von ganz oben beschützt wird.

Stilvoller, spannender Gangsterfilm, im Gefolge des damals noch recht frischen 'New Black Cinema', dem neben Spike Lee, John Singleton oder Mario Van Peebles auch Bill Duke als Regisseur vorsaß. In "Deep Cover" nutzt er die Gelegenheit, Systemkritik, wie sie später von Soderberghs "Traffic" in inhaltlich und formal komplexerer, vor allem aber ungleich aufmerksamer beäugtem Maße hergeleitet wurde, in das Gewand eines auf den ersten Blick unspektakulären Genrefilms zu kleiden. Man lernt sie alle kennen: Vom großen Boss, der unter diplomatische Immunität aus Lateinamerika herbeieilt als es im Geschäft kriselt, bis hin zur Endkonsumentin, die ihr Kind für ein paar Schüsse verkaufen will und sich schließlich den Goldenen Schuss setzt. Von solchen Schicksalen lässt sich Russell Stevens, der längst Gefallen gefunden hat an Geld und Macht, bald nicht mehr betrüben, zumal er längst erkannt hat, dass das Rechtsstaat, dem er als kleines Zahnrädchen zu dienen glaubte, vom Kopf her stinkt und innerlich verfault. Am Ende kann er immerhin seine Seele retten, wobei sich ein väterlicher Ratgeber (Clarence Williams III) erst opfern muss, um ihm Erkenntnis zu verleihen.
Ein im besten Sinne klassischer Undercover-Thriller mit philosophischem Überbau ist Duke mit "Deep Cover" geglückt. Und einen tollen Soundtrack (Michel Colombier) gibt's gratis obendrauf.

8/10

Bill Duke Los Angelese Drogen Kokain Crack undercover


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BULLETS OVER BROADWAY (Woody Allen/USA 1994)


"Where I come from, nobody squeals!"

Bullets Over Broadway ~ USA 1994
Directed By: Woody Allen

New York in den bleihaltigen Zwanzigern: Der junge, intellektuelle Dramatiker David Shayne (John Cusack), sieht keine Möglichkeit, sein neuestes Stück "God Of Our Fathers" auf die Bühne zu bringen, da ihm die nötige Finanzierung fehlt. Da handelt sein Agent Julian Marx (Jack Warden) einenSponsorenvertrag mit dem Gangsterkönig Nick Valenti (Joe Viterelli) aus. Bedingung: Valentis Liebchen, die stupide Revuetänzerin Olive (Jennifer Tilly), erhält eine Rolle in Davids Stück. Nicht nur Olive, auch der Rest der Besetzung erweist sich als - gelinde gesagt - exzentrisch, so dass die Inszenierung allenthalben im Chaos zu versinken droht. Ausgerechnet Olives Beschützer, der Mafia-Killer Cheech, (Chazz Palminteri) rettet "Gods Of Our Fathers", indem er heimlich und lediglich unter Davids verblüffter Kenntnis, einige elementare Dialogpassagen umschreibt.

In bester Screwball-Tradition stehend ersann Woody Allen mit "Bullets Over Broadway" einen Film, der auch jedem klassischen Dialog-Komödienregisseur von Sturges bis Wilder alle Ehre gemacht hätte. Der Einfall, hehre Kunst und brutale Unterwelt im Zeitalter der Prohibition aufeinanderprallen zu lassen, ist ebenso famos wie einleuchtend und erhält eine kongeniale Umsetzung. Nach "The Purple Rose Of Cairo" und dem wunderschönen "Radio Days" beweist Allen erneut, wie brillant er period movies im Griff hat und dass sein monumentales Talent für die Kreierung komischer bis abstruser Szenarien gerade auf diesem Sektor stets zu voller Entfaltung gerät. Ein Clou außerdem seine Darstellerriege - handverlesen und bis in die letzte Rolle von Personal getragen, das auch partiell durch niemand anderen hätte ersetzt werden mögen.

9/10

Woody Allen New York Broadway Theater period piece Boston


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THE NAKED DAWN (Edgar G. Ulmer/USA 1955)


"He's a man and you're just an animal."

The Naked Dawn (Santiago - Der Verdammte) ~ USA 1955
Directed By: Edgar G. Ulmer

Nach einem Auftragsüberfall auf einen Wertsachen transportierenden Zug stirbt Santiagos (Arthur Kennedy) Partner Vicente (Tony Martinez). Santiago trifft auf der Weiterreise mit Maria (Betta St. John) und Manuel (Eugene Iglesias) ein junges Indio-Ehepaar, das sich als Farmer niedergelassen hat. Es stellt sich heraus, dass Maria in eine Art Zwangsheirat mit Manuel gezwungen wurde und er sie alles andere als gut behandelt. Santiago lässt sich von Manuel zu seinem Auftraggeber (Roy Engel) fahren, um die Beute gegen den versprochenen Lohn zu tauschen. Santiago muss den hinterhältigen Ganoven jedoch zwingen, ihm das gesamte Geld auszubezahlen, worauf er den gesamten Safe plündert. Danach schlägt er sich mit Manuel die Nacht um die Ohren, der sich mehr und mehr für das erbeutete Geld zu interessieren beginnt. Am nächsten Morgen versucht Maria, Santiago zu überreden, sie mitzunehmen - sie habe genug vom Leben mit Manuel.

Ein leuchtender, kleiner Film und ein neuerlicher Beweis dafür, wie der Jahre zuvor migrierte Edgar G. Ulmer aus wenigen Zutaten cineastische Gourmetgerichte zu zaubern wusste. Auch der hier und da märchenhaft abseitige "The Naked Dawn" wurde von der Universal produziert, gestaltet sich jedoch nicht als einfacher B-Genre-Film, sondern alszutiefst moralisch geprägtes Vexierspiel, das mit Arthur Kennedy nicht nur einen formidablen Antihelden (in einer seiner schönsten Rollen wohlgemerkt) aufbietet, sondern klug genug ist, sich bis kurz vor Schluss keinen Eindeutigkeiten hinzugeben. In der (Grenz-)Welt von "The Naked Dawn", dessen Titel, nebenbei bemerkt, ganz vorzüglich zu ihm passt, gibt es keine eindeutig zuzuordnenden Gut-/Böse-Schemata, jeder ist für Profit auch nur für das private Lebensgusto korrumpierbar und bereit zum Verrat. Jede der drei Hauptfiguren macht binnen 24 Stunden eine mehrfache Wandlung durch, verpuppt sich, um am Ende als auf die eine oder andere Weise strahlender denn zuvor aus ihrem Kokon zu kriechen (oder für immer darin zu bleiben). Der lebenslustige Gauner übernimmt Verantwortung und wird zum Reanimierungshelfer einer bereits gescheitert scheinenden Ehe, der ängstliche, kleine Bauer erhält über seine Grenzerfahrung Rückgrat und innere Stärke, seine Frau lernt, dass Realität und Wunschdenken unvereinbar sind. Die kunstvolle Darbietung dieser jeweiligen Transformationen allerdings erst macht "The Naked Dawn" zu etwas Außergewöhnlichem.

9/10

Edgar G. Ulmer Mexiko Freundschaft Alkohol Neowestern


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ONLY GOD FORGIVES (Nicolas Winding Refn/DK, F, THAI, USA, S 2013)


"It's a little more complicated than that, mother."

Only God Forgives ~ DK/F/THAI/USA/S 2013
Directed By: Nicolas Winding Refn

Bangkok: Nachdem er eine sechzehnjährige Prostituierte ermordet hat, wird Unterweltboss Billy (Tom Burke) seinerseits von dem von Police Lieutenant Chang (Vithaya Pansringarm) zur Rache genötigten Vater (Kowit Wattanakul) hingeschlachtet. Für Crystal (Kirstin Scott Thomas), Billys Mutter, ist dies nicht akzeptabel. Sie macht ihren jüngeren Sohn Julian (Ryan Gosling) zum Racheinstrument. Der seiner Mutter anfänglich noch hörige Julian versagt jedoch auf ganzer Linie, zumal er gegen den schwertschwingenden Racheengel Chan nicht den Hauch einer Chance hat und dies auch zu spüren bekommt.

Viele der mit Refns vormaligem Werk nur unzulänglich vertrauten "Drive"-Fans und -Hyper dürften mit "Only God Forgives" ihre liebe Not gehabt haben. Wer indes mit "Fear X", "Bronson" und "Valhalla Rising" etwas anzufangen wusste, der sollte auch mit dem sich ähnlich sperrig wie die Genannten gebenden "Only God Forgives" sein Auskommen finden. Der hypnotische Sog der Genannten, ihre äußere Verschrobenheit und Stasis, gepaart mit den wundervoll beleuchteten Bildern des vollkommen artifiziell wirkenden, Bangkoker Halbwelt-Milieus, bestimmen das Bild dieses keineswegs im Vorbeigehen konsumierbaren Films, der eigentlich nur die beiden Alternativoptionen zulässt, sich gänzlich auf ihn und sein spinnenetzartiges Gewebe einzulassen, oder sich ihm trotzig zu verweigern. Ersteres lohnt sich in jedem Fall, wobei mir zugegebermaßen mein fortgeschrittener Promillepegel durchaus behilflich war dabei. Und Refn ist meines Erachtens der einzige Regisseur, der Gosling vernünftig inszeniert. Wobei ich besonders die Arena-Szene genossen habe, in der er pfundweise auf die schöne Fresse bekommt.

8/10

Nicolas Winding Refn Thailand Bangkok Familie Rache Mutter & Sohn Nacht


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THE CASTLE OF FU MANCHU (Jess Franco/UK, BRD, I, E, LI 1969)


Zitat entfällt.

The Castle Of Fu Manchu (Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu) ~ UK/BRD/I/E/LI 1969
Directed By: Jess Franco

Nachdem er sich den Palast eines anatolischen Opiumbarons unter den Nagel gerissen hat, plant Fu Manchu (Christopher Lee), mithilfe der geheimnisvollen Kristalle des Wissenschaftlers Professor Henderson (Gustavo Re), die den Aggregatzustand von Wasser ändern können, neuerlich die Unterjochung der Welt. Zusammen mit dem Herzspezialisten Kellner (Günther Stoll) und seiner Assistentin Marie (Maria Perschy) können Nayland Smith (Richard Greene) und Dr. Petrie (Howard Marion-Crawford) des Doktors sinistren Plan zunichte machen.

Opiumpfeifen, der Bosporus und Jess Franco in person als lethargischer, Kette rauchender, türkischer Polizeichef: Wenngleich die imdb-Wertung eine andere Sprache spricht, findet das "Fu Manchu"-Franchise mit seinem letzten Beitrag nochmal einen kleinen, finalen Höhepunkt. Zwar fällt die billige Exposition des Films durch schamlose Verwurstung auf (das Finale von "The Brides Of Fu Manchu" wird einfach gegen die Sinkszenen aus "A Night To Remember" geschnitten), spätere in Istanbul gefilmte Szenen kunden jedoch davon, dass Señor Manera sich vor Ort keineswegs unwohl gefühlt haben dürfte. Die an Bava gemahnende, violett-grüne Beleuchtung in Fu Manchus "Folterkammer" (wobei es eine solche überhaupt nicht gibt) baut noch weitere Assoziationen zum velvet underground auf; allerdings hat man ihm wohl die nackten Miezen aus "Blood" wieder verboten. Schade, aber nichtsdestotrotz bildet "The Castle Of Fu Manchu" einen wie erwähnt würdigen Abschluss.

6/10

Jess Franco Fu Manchu Sax Rohmer Harry Alan Towers Türkei Istanbul Sleaze


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THE VENGEANCE OF FU MANCHU (Jeremy Summers/UK, BRD, IE, HK 1967)


Zitat entfällt.

The Vengeance Of Fu Manchu (Die Rache des Dr. Fu Man Chu) ~ UK/BRD/IE/HK 1967
Directed By: Jeremy Summers

Fu Manchu (Christopher Lee) und Lin Tang (Tsai Chin) haben sich tief in die chinesische Bergwelt zurückgezogen und sämtliche öffentlichen Verkehrswege zu ihrer Festung gesprengt. Von hier aus plant der Supergangster, mithilfe des amerikanischen crime king Ronny Moss (Horst Frank) ein global umspannendes Netzwerk des Verbrechens zu organisieren und sämtliche Gegner in aller Welt durch die Taten willenloser Doppelgänger in Misskredit zu bringen. Darunter auch Nayland Smith (Douglas Wilmer), der soeben dabei ist, an der Gründung von Interpol teilzunehmen. Bei dem darauffolgenden Irland-Urlaub wird Smith unbemerkt durch sein Double ersetzt, das sich fortan völlig apathisch gibt, bis es Smiths armes Hausmädchen (Mona Chong) stranguliert. Alle Welt hält natürlich Smith für den Mörder, der sich längst in Fu Manchus Gewahrsam befindet. Ebenso wie der Chirurg Lieberson (Wolfgang Kieling), der gezwungenermaßen die Gesichtstransplantationen übernimmt, dessen Tochter (Suzanne Roquette) und die Nachtclubsängerin Ingrid (Maria Rohm), Moss' Exfreundin.

Paradoxerweise ist "The Vengerance Of Fu Manchu" der am saubersten inszenierte und zugleich unaufregendste Beitrag der Reihe, da mit Jeremy Summers offenbar ein überaus routinierter Regisseur gefunden ward, der sich um die inhärent campige Attitüde des Serials nicht weiter scherte, sondern bloß seinen Job möglichst sauber und pointiert über die Bühne bringen wollte. Dies, so muss man ihm neidlos zugestehen, gelang Summers auch um einiges erfolgreicher als Don Sharp bei seinem Erstesequel, das im Direktvergleich um einiges billiger und schludriger erscheint. "Vengeance" ist somit ein wirklich hübscher, äratypischer Eurokrimi mit gewohnter Bond-Spoof-Atmosphäre, dem es auf der anderen Seite ein wenig an jener Grellheit fehlt, die Streifen dieser Art zu einem spezifischen Zeitzeugnis machen. Was den Film allerdings wirklich aufwertet, ist der Auftritt des wie immer phantastischen Horst Frank, dessen Präsenz sowieso jedes noch so schwache Produkt adelt. Lee indes wird sich mit Spitzbart und Augenprothesen mittlerweile zunehmend blöd vorgekommen sein. Ein Megaterrorist, dessen Welteroberungspläne regelmäßig in die Binsen gehen, ist so 'mega' vielleicht dann doch nicht...

6/10

Fu Manchu Sax Rohmer Harry Alan Towers period piece China Shanghai


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A FISH CALLED WANDA (Charles Crichton/UK, USA 1988)


"I love robbing the English, they're so polite."

A Fish Called Wanda (Ein Fisch namens Wanda) ~ UK/USA 1988
Directed By: Charles Crichton

Ein amerikanisch-britisches Gauner-Quartett, bestehend aus dem manierierten Georges (Tom Georgeson), seinem Schützling Ken (Michael Palin), seiner Geliebten Wanda (Jamie Lee Curtis) und deren heimlichem Liebhaber Otto (Kevin Kline) überfällt einen Londoner Juwelier. Im Wissen um die Verschlagenheit seiner Kompagnons versteckt Georges die Beute in einem geheihemen Schließfach, bevor er, von Wanda und Otto verraten, in Untersuchungshaft landet. Um doch noch an die Beute zu kommen, becirct Wanda den steifen Advokaten Archie Leach (John Cleese), Georges' Verteidiger, mit dem Ziel, dass dieser seinem Mandanten das Diamantenversteck entlocke. Doch dann schlägt die Liebe zu.

Eine brillante Komödie klassischen britischen Zuschnitts, mittlerweile wohl einer der global meistgesehenen Filme überhaupt und somit bekannt (und beliebt) bei Hinz und Kunz. Mit Fug und Recht! Der altehrwürdige Charles Crichton, der damals bereits stolze 77 Lenze auf dem Buckel hatte, inszenierte mithilfe des Co-Autors John Cleese eine ganz wunderbar straighte, oftmals absurde Krimikomödie, die primär von ihren brillanten Situationsgags lebt. Alle vier von Cleese, Curtis, Kline und Palin gespielten Protagonisten, jeder auf seine Weise irgendwann ein Verräter an der persönlichen Existenzmaxime und dazu noch höchst verschlagen, erarbeiten sich einen komödiantischen Ikonenstatus - Curtis erotisch-verrucht, Cleese zwischen bedauerns- und liebenswert umherpendelnd und Kline und Palin ums Beknacktheitsgold wetteifernd. Die Szenen, in denen der stotternde Tierliebhaber Ken die einzige Zeugin (Patricia Hayes) des Bruchs zu beseitigen versucht, dabei jedoch zu seiner eigenen, größten Bestürzung immer nur einen weiteren ihrer Yorkshire-Terrier erwischt, sind jede für sich ein Brillant in der komödiantischen Kaiserkrone der Dekade. Wer erinnert sich nicht mit ankonditioniertem Schmunzeln an Klines Talent, in Fettnäpfchen zu treten und sich mittels typisch amerikanischer Dummdreistigkeit wieder daraus zu befreien oder Cleeses fabulöse Überraschung, als ihm nach einem artistischen Striptease die Nachmieterfamilie seines Liebesnests gegenübersteht? Momente für die Ewigkeit, wie eigentlich der ganze Film. Zudem ein einsamer Höhepunkt gelungener deutscher Synchronarbeit (Arne Elsholtz).

10/10

Charles Crichton London Heist culture clash Courtroom John Cleese


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NO ONE LIVES (Ryuhei Kitamura/USA 2012)


"No one lives."

No One Lives ~ USA 2012
Directed By: Ryuhei Kitamura

Hoag (Lee Tergesen) und seine kleine Gaunerclique stoßen nach einem big time versauten Coup zufällig auf ein reisendes Pärchen (Luke Evans, Laura Ramsey), das sie um ihre Besitztümer erleichtern wollen und in dessen Auto-Kofferraum sie eine entführte Millionenerbin (Adelaide Clemens) entdecken. Dummerweise entpuppt sich der Mann als ein Satan in Menschengestalt, der nach dem selbst initiierten Tod seiner Freundin zum alles niedermachenden Derwisch mutiert.

Anonyme 'Driver' im Film gab's, samtens in der Tradition von Ryan O'Neal stehend, mehrere in letzter Zeit: Ryan Gosling, Mel Gibson und jetzt Luke Evans. Irgendwie stecken die wirklich alle unter einer Decke, ikonographisch aufgezäumte Figuren mit einem gewissen Hang zu rücksichtsloser Gewaltausübung und einem mehr oder minder subtil behaupteten, grenzmythologischem Überbau. Wie viele Genrefilme seit "Saw" erweitert auch Kitamuras Neuer die Grenzen wieder um Nuancen. Der Killer entwickelt sich zum Helden, zum Super-Helden gar, zu einer entfesselten Naturgewalt, getrieben von einem mehor oder minder komplexen moralischen Seinskonstrukt. Vorbei die Zeiten der inzestuösen, tumben Schlächter und maskierten boogey men - hier kommt die neue Slasherklasse: Der gut aussehende, kultivierte, sogar intellektuelle Zerhacker, der seinen Körper rambogleich zu einer kompakten Killermaschine gestählt hat und sich nicht mehr mit Serientaten zufrieden gibt. Der 'Driver' ist nämlich, darauf legt er selbst höchstpersönlichen Wert, nicht nur ein Serien- sondern ein Massenmörder, der hier und da im großen Stil blanke Platte macht und mit dem überlebenden, weiblichen Opfer jeweils Besonderes vorhat. Darin liegt jedoch zugleich auch das Dilemma des Films, der mit Ausnahme seiner prachtvollen, wenngleich nicht mehr grenzauslotenden Gewalteffekte kaum Brücken zum Zuschauer zu schlagen in der Lage ist. "No One Lives" findet sich getragen von einer merkwürdigen Leere, von einer nach innen gerichteten Gleichgültigkeit, ganz so, als habe Kitamura, dessen "Midnight Meat Train" deutlich stimmungsvoller ausfiel, nur wenig persönliche Ambition in das Projekt hineingegeben. Am Ende bleibt ein entsprechend egaler Film, der ohne seine fünf, sechs aufsehenerregenden Barbarismen so schnell vergessen wäre, wie es dauert, ihn zu schauen.

5/10

Ryuhei Kitamura Serienmord Splatter Louisiana Südstaaten Nacht Rache Belagerung





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Funxton

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