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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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TATORT - DER TAUSCH (Ilse Hofmann/BRD 1986)


"Wenn hier einer 'Scheiße' sagt, dann bin ich das."

Tatort - Der Tausch ~ BRD 1986
Directed By: Ilse Hofmann


Eine Gruppe iranischer Terroristen versucht verzweifelt, den einsitzenden, auf Mikrochip-Technologie spezialisierten Physiker Dr. Bohm (Gerhard Garbers) freizupressen. Als eine erste Befreiungsaktion misslingt, kidnappen sie den neunjährigen Sohn (Rainer Matschurat) von Schimanskis (Götz George) Freundin Veronique (Yolande Gilot). Der Kommissar überredet die Geiselnehmer zu einem Tausch: Er selbst gegen den Jungen. Doch beide Seiten spielen mit gezinkten Karten...

"Der Tausch" markiert in der Chronolgie der Schimanski-Filme einen recht bedeutenden Abschnitt, immerhin handelte es sich um den ersten regulären TV-Beitrag nach dem Kinostück "Zahn um Zahn". Dieses setzte in punkto Aktion, Tempo und Spannung natürlich ganz neue Maßstäbe, die sich nunmehr auch als Reglement für das Fernsehformat erwiesen. In "Der Tausch" geht es demzufolge großspurig zur Sache; internationaler Terrorismus, Explosionen, Schimanski beim Sex und bei einem persönlich motivierten Kommando-Unternehmen, bewaffnet außerdem mit einer Uzi. Globale Actionstandards warfen urplötzlich ihre Schatten auf den vormals gutbürgerlichen "Tatort". Entsprechend unterhaltsam aber das Produkt. Ferner bildet "Der Tausch" den Beginn der unheiligen Kollaboration zwischen Schimanski und dem "Komponisten" Dieter Bohlen mitsamt dessen synthetischen Schlagerpop-Ergüssen, hier: "Midnight Lady", geträllert von Ex-Smokie-Sänger Chris Norman. Menschen meiner Generation werden sich noch mit sanftem Grausen erinnern. Umso fürchterlicher, dass ausgerechnet jenes Stück gleich zweimal zur Gänze durchläuft (einmal davon immerhin bloß als Abspann-Untermalung).

8/10

Tatort TV-Film Schimanski Ilse Hofmann Ruhrpott Terrorismus


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IRRÉVERSIBLE (Gaspar Noé/F 2002)


Zitat entfällt.

Irréversible ~ F 2002
Directed By: Gaspar Noé


Ein ausgelassener Partyabend, den Alex (Monica Bellucci), ihr Freund Marcus (Vincent Cassel) und ihr Ex-Freund Pierre (Albert Dupontel) gemeinsam begehen, endet für sie alle in einer Katastrophe: Alex, die erst kurz zuvor erfahren hat, dass sie schwanger ist und die Fete nach einem Streit mit Alex früher verlässt, wird in einer Unterführung vergewaltigt und brutal zusammengeschlagen. Als Alex und Pierre davon erfahren, suchen sie den Täter (Jo Prestia), offenbar ein Zuhälter aus der Schwulenszene. Am Ende prügelt der bislang ruhige und intervenierende Pierre einen Falschen zu Tode.

Mittels selbst auferlegter, höchster formaler Disziplin nimmt sich Noé eines fatalen Pariser Abends für drei Freunde an, deren jeweilige Biografien danach aus verschiedenen Gründen ins Leere zu laufen drohen. Das Experiment, eine Geschichte filmisch in rückwärtiger Reihenfolge zu erzählen, finde ich im Einzelfall interessant, auch wenn es im Prinzip unmöglich bis zur letzten Konsequenz durchgespielt werden kann. Tatsächlich bleibt lediglich die narrative Option, die Szenenabfolge in ihre umgekehrte Chronologie zu stellen. Insofern stellt sich mir die Entscheidungsfrage zwischen Manierismus und Notwendigkeit; die Frage auch nach dem ultimaten Sinn dieser Vorgehensweise. "Zeit zerstört alles"? Hm. Vermutlich sucht Noé, die Wirkung auf sein Publikum zu analysieren, das sein Rape-and-Revenge-Drama in verdrehter Form durchzustehen hat, in dem ausnahmsweise die Gewaltakte am Anfang stehen und man mit der Darstellung und dem Effekt der üblicherweise einführenden Harmonie aus dem Film entlassen wird.
Wie dem auch sei - mit seinen langen, schnittlosen Einstellungen, die jeweils nur durch den Anschluss an ihre Vorgängersequenz unterbrochen werden, erweist sich Noé als exzellenter Metteur-en-scène. Ein doppelt pronocierter Verweis an Kubrick spricht eine deutliche Sprache über erlesene Vorbilder: "Irréversible" ist trotz seiner transgressiven Augenblicke ein wahrlich schöner Film, der eben nicht nur von Gewaltschemata und -kausalitäten berichtet, sondern auch von Liebe und Freundschaft, vielleicht sogar in der Hauptsache davon.

9/10

Paris Party Nacht Skandalfilm Gaspar Noé Rache Achronologie Selbstjustiz Transgression Kokain Rape & Revenge


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SAW 3D (Kevin Greutert/USA, CAN 2010)


"Game over."

Saw 3D (Saw 3D - Vollendung) ~ USA/CAN 2010
Directed By: Kevin Greutert


Nachdem Mark Hoffman (Costas Mandylor) sich befreien konnte, stellt er John Kramers Witwe Jill (Betsy Russell) nach, die sich in einem Zeugenschutzprogramm unterbringen lässt und gegen Hoffman aussagen will. Zugleich steckt Hoffman den Hochstapler Bobby Dagen (Sean Patrick Flanery), der behauptet, einst einem von Jigsaws Todesspielen entronnen zu sein und damit groß absahnt, in eine große neue Fallenanordnung. Bobby muss nach und nach versuchen, seine Kollegen und Freunde zu befreien, was ihm natürlich mitnichten gelingt. Im Hintergrund agiert derweil noch ein weiterer bislang unbekannter Assistent Kramers, sozusagen sein letztes (?) Ass für Notfälle...

"Saw 3D" ist vorläufig als letztes Kapitel der Reihe angekündigt, was ich angesichts des konstanten Unterhaltungspotentials zwar einerseits schade finde, wozu ich jedoch andererseits entgegnen muss, dass ich da vermutlich wenig bis gar nichts vermissen werde. Im Gedächtnis haften bleibt von der ganzen Mär nach sieben sehr ähnlich gewachsenen Teilen ja nun doch kaum was. Vielmehr verschwimmt in der Erinnerung alles zu einem einzigen großen Blutbrei. Neu am sechsten Sequel, das wiederum ein paar lose inhaltliche Enden aufnimmt und verknüpft und sich gewohnt enthüllend präsentiert, ist die 3D-Technik mitsamt einem speziellen DV-Kamera-Verfahren, das Greuterts Film in der von mir gesehenen, zweidimensionalen Version seltsam unwirklich matte Farben verleiht. Jene sind zwar auffällig, bleiben für die Filmbetrachtung selbst jedoch von unnützem Effekt. Der fürs "Saw"-Publikum letztlich interessanteste Aspekt, nämlich der Gewaltgehalt, ist nach wie vor immens und demystifiziert das menschliche Innenleben bis in seine letzten noch verbliebenen Ausläufer. Mit der Gewöhnung kommt jedoch auch der Fluch des Gewohnten: Wer alle sieben "Saw"-Teile überlebt hat, kann sich mutmaßlich sowieso vor kaum mehr etwas ekeln, auch wenn die Sensationsgier nach wie vor spürbar ist. So graben sich die Serienmacher zwangsläufig selbst das Wasser ab. Mal sehen, ob jetzt wirklich Schluss ist.

6/10

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L'UOMO SENZA MEMORIA (Duccio Tessari/I 1974)


Zitat entfällt.

L'Uomo Senza Memoria (Der Mann ohne Gedächtnis) ~ I 1974
Directed By: Duccio Tessari


Der in London tätige Antiquitätenhändler Peter Smith (Luc Merenda) leidet infolge eines Unfalls unter Amnesie. Seine gesamte Vergangengheit bleibt nebulös, bis er eines Tages eine Einladung seiner Frau Sara (Senta Berger) nach Portofino erhält, die zugleich offenbart, dass Peter tatsächlich Edward heißt. Zuvor wird er noch in seiner Wohnung überfallen, doch der Unbekannte wird durch einen gezielten Schuss durchs Fenster ermordet. In Portofino angekommen stellt Edward fest, dass die Einladung mitnichten von seiner Frau, von der er sich offenbar im Streit getrennt hatte, stammte und dass ein mysteriöser Unbekannter ihn hierher gelockt hat. Da alte Liebe nicht rostet, finden Sara und Edward wieder zueinander, allerdings hält Edwards frühere Identität auch einige unangenehme Überraschungen bereit.

Feiner Krimi, von Duccio Tessari bis auf ein paar total manierierte und überflüssige SloMos im Showdown sehr stilvoll inszeniert. Tessari beweist ein hervorragendes Gespür für Räume und Orte, macht laternenerleuchtete Gässchen und nächtliche Gärten zu seinen Komplizen und versteht es nebenbei vorzüglich, die schöne Senta Berger nicht nur stets ins rechte Licht zu rücken, sondern sie ferner zu einer sehr sympathischen Agentin des Zuschauers und damit zur trefflichen Identifikationsfigur zu machen. Die Berger scheint dem Restpersonal des Films darstellerisch ohnehin sehr überlegen, wobei Luc Merenda, obschon ich ihn recht gern sehe, mir immer latent unsympathisch ist und er mir viel zu selten als Bösewicht besetzt scheint. "L'Uomo Senza Memoria" lebt vordringlich von seiner recht deutlich an Hitchcock angelehnten Atmosphäre. Dass seine Epigonenschaft dem Film ein Stück Originalität verwehrt, lässt sich dabei angesichts des ansonsten schicken Resultats sehr gut verkraften.

8/10

Duccio Tessari London Portofino Amnesie Heroin Giallo


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AND SOON THE DARKNESS (Robert Fuest/UK 1970)


"What was that about 'meurt'?"

And Soon The Darkness (Tödliche Ferien) ~ UK 1970
Ditrected By: Robert Fuest


Die zwei jungen, englischen Krankenschwestern Jane (Pamela Franklin) und Cathy (Michelle Dotrice) wollen das französische Festland per Drahtesel erkunden. Nach einem kurzen Streit radelt Jane weiter zum nächsten Ort, während Cathy am Straßenrand ein Sonnenbad nehmen möchte. Bald beginnt Jane sich Sorgen zu machen, dann Cathy kommt nicht nach. Eine sich anschließende Suche bleibt ergebnislos. Weiß der sich als Sûreté-Beamter ausgebende Rollerfahrer Paul (Sandor Elès) womöglich mehr als er sagt? Was ist mit dem invaliden Vater (John Franklyn) des örtlichen Gendarms (John Nettleton) los? Und was verschweigt die alte Madame Lassal (Hana Maria Pravda)?

Am Interessanten an "And Soon The Darkness" fand ich die eigens für seine kompakte Erzählung entworfene Topographie; jede einzelne Sequenz spielt sich auf bzw. am Rande eines etwa fünf Kilometer langen Landstraßenabschnitts ab, an dem ständig und zumeist per Zweirad irrig hin- und hergefahren wird. Die gesamte Welt reduziert sich für die paar erzählten Stunden des Films sozusagen auf diese wenigen, von Grillenzirpen auditiv untermalten Meilen. Umso beunruhigender gestaltet sich die in nicht weiter Ferne harrende Aufklärung: Irgendwo hier, soviel ist spätestens nach der Hälfte des Films klar, muss sich die vermisste Cathy befinden. In welchem Zustand allerdings und aufgrund welcher Ursache sie dorthin gekommen ist, dass lässt Fuest so lange wie eben möglich im Dunkel des Ungewissen. Ein paar gravierende inhaltliche Logikschwächen, darunter das permanent völlig verblödete Verhalten der Protagonistin, trüben zwar ein wenig das Vergnügen am forcierten Rätselraten, bleiben aber noch halbwegs überschaubar. Insgesamt durchaus okay, aber nicht weltbewegend.

7/10

Robert Fuest Verschwinden Frankreich Fahrrad


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BERSERK! (Jim O'Connolly/UK 1967)


"We're running a circus, not a charm school."

Berserk! (Zirkus des Todes) ~ UK 1967
Directed By: Jim O'Connolly


Nachdem im auf der britischen Insel gastierenden Rivers-Zirkus zwei Morde geschehen sind, steige die Besucherzahlen geradezu inflationär an. Kein Wunder, dass die ohnehin als höchst eigensinnig und herrisch berüchtigte Direktorin Monica Rivers (Joan Crawford) als Hauptverdächtige gilt...

Für die Crawford, die um diese Zeit regelmäßig in grellen Grand-Guignol-Spektakeln besetzt wurde und, wenn schon nicht als Mörderin, so doch zumindest als nicht ganz grundlos Verdächtigte auftrat, war die Rolle der Zirkus-Directrice Monica Rivers wohl nur eine von vielen. Der kurze Zeit darauf in "Trog" wiederum mit ihr in Kombination zu sehende Michael Gough scheidet leider bereits nach einem knappen Drittel aus und endet mit einem überdimensionierten Zelt-Hering in der Birne. Mit Gough verschwindet gleichfalls auch etwas die Noblesse aus O'Connollys recht schwülstigem Thriller-Drama, mehrere ellenlange Zirkusnummern, darunter eine gefühlt stundenlange mit "intelligenten Pudeln", ziehen die Lauflänge unnötig und lassen jeweils außer Acht, dass man sich hier doch in einem dem Leinwandhorror zumindest stark anverwandtem Stück befinden soll. Und das bei einer solch wahrlich sensationellen Titelsequenz!

6/10

England Serienmord Zirkus Madness Jim OConnolly Hag Horror Camp


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HOODLUM (Bill Duke/USA 1997)


"Your move."

Hoodlum (Harlem, N.Y.C. - Der Preis der Macht) ~ USA 1997
Directed By: Bill Duke


Harlem, 1934: Ellsworth "Bumpy" Johnson (Lauence Fishburne) kommt aus dem Gefängnis und findet sein Viertel in arger Bedrängnis. Der Gangster Dutch Schultz (Tim Roth) streckt seine Krallen Richtung Uptown aus und versucht, sich das in Harlem beliebte Lotteriespiel unter den Nagel zu reißen, das bis dato von der stets fair agierenden Madame Queen (Cicely Tyson) kontrolliert wurde. Bumpy unterstützt Madame und vertritt sie, als sie im Gefängnis landet, mit der gebührenden Härte. Während sich Bumpy mit dem aalglatten Lucky Luciano (Andy Garcia) arrangieren kann, wächst seine Feindschaft mit Dutch Schultz ins Unermessliche...

Nachdem Laurence Fishburne den Bumpy Johnson bereits in Coppolas "Cotton Club" gegeben hatte, übernahm er die Rolle, um knappe 13 Jahre Praxiserfahrung reicher, in "Hoodlum" gleich noch einmal. Dieser ikonisiert und heroisiert den Johnson-Charakter in unverhältnismäßiger Weise, wie der Film überhaupt vieles gern möchte: Ein episches Gangsterdrama in Konkurrenz zu den großen Genre-Klassikern nämlich, ein Porträt farbiger Unterweltkultur und nicht zuletzt jenes glänzende Denkmal für die einzige schwarze Gangsterlegende der ersten Jahrhunderthälfte. All das gelingt "Hoodlum" allerdings nur zu Teilen. Dass Duke als Regisseur ursprünglich vom Fernsehen kommt, kann sein Werk, das sich inszenatorisch letzten Endes wie eine wertige HBO-Produktion ausnimmt, kaum verhehlen. Überhaupt scheint über dem gesamten Projekt eine unsichtbare Käseglocke zu schweben, die jeweils vor allzuviel Extravaganz schützen soll; alles bleibt merkwürdig bedeckt und sauber, man möchte fast sagen: spießbürgerlich. Für einen knackigen Gangsterfilm Marke Scorsese oder De Palma, auch Levinsons "Bugsy" kommt mir in den Sinn, fehlt es schlicht an den nötigen kleinen Kinkerlitzchen hier und dort, die die entsprechenden Beispiele in der Regie und auch in der Figurenzeichnung aufzubieten wussten. Von "Hoodlum" bleibt wenig hängen, außer vielleicht sein unbestreitbarer Status als halbwegs gefällige Kurzweil.

6/10

Bill Duke New York ethnics period piece Historie Dutch Schultz


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BLACK ANGEL (Roy William Neill/USA 1946)


"What a fine couple we two were..."

Black Angel (Schwarzer Engel) ~ USA 1946
Directed By: Roy William Neill


Die als sehr unangenehm bekannte Society-Schnepfe Mavis Marlowe (Constance Dowling) wird in ihrem Appartement ermordet. Hauptverdächtiger ist der treusorgende Ehemann Kirk Bennett (John Philips), der mit ihr eine Affäre pflegte. Mavis' eigener Ex-Mann, der alkoholkranke Bar-Pianist Martin Blair (Dan Duryea), hat indes einen ganz anderen Verdacht: Er hat noch am Abend von Mavis' Ermordung den windigen Clubbesitzer Mr. Marko (Peter Lorre) in ihrem Hause angetroffen. Zusammen mit Bennetts Frau Catherine (June Vincent), die ihren Mann unbedingt aus der Todeszelle holen möchte, beginnt Martin gegen Mr. Marko zu ermitteln.

Ganz ausgezeichneter film noir, leider inmitten der vielen anderen großen Klassiker dieser Jahre sehr untergegangen. Zu Unrecht: "Black Angel" ist ein kleines Kunstwerk. Schon die erste Einstellung, eine Kamerafahrt an der Fassade von Mavis Marlowes Wohnhaus hinauf und hinein in ihr Appartement weist den Weg - die Story von Neills letztem Film geht verschlungene Pfade. In "Black Angel" geht es darüberhinaus auch um die vernichtende Wirkung des Alkohols. Ein Jahr nach Wilders "The Lost Weekend" wird hier ein weiterer, bedauernswerter Protagonist Opfer seiner pathologischen Sucht und das gleich in mehrfacher Weise. Der notorisch unsympathische Dan Duryea, später vor allem gern für Schurkenrollen in kleineren Western herangezogen, ist als schlaksiger Suffkopp, dessen eiserne Überheblichkeit sich als reine Behauptung entpuppt, eine wahre Fundgrube. Und dann hat der Film neben seiner feinen Kameraarbeit und einigen nett vorgetragenen Songs noch eine absolut unschlagbare Ingredienz: Peter Lorre, einmal mehr als kleine, schmierige Halbweltschabe zu sehen, stiehlt allen und allem anderen die Schau.

8/10

Los Angeles Alkohol Roy William Neill film noir Sucht Cornell Woolrich


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YEAR OF THE DRAGON (Michael Cimino/USA 1985)


"A fish stinks from the head down." - "The Chinese eat the head."

Year Of The Dragon (Im Jahr des Drachen) ~ USA 1985
Directed By: Michael Cimino


Der New Yorker Police Captain Stanley White (Mickey Rourke) wird nach Chinatown versetzt und nimmt unversehens den Kampf gegen die dort herrschenden Triaden, allen voran den aalglatten Emporkömmling Joey Tai (John Lone), auf. Dabei wird seine Vorgehensweise immer fanatischer und seine Methoden immer fragwürdiger. Schließlich kostet sein Ehrgeiz sogar Whites Frau (Caroline Kava) das Leben. Doch White lässt sich nicht beirren.

Den epischen Stil der ersten beiden Werke seiner "Amerika-Trilogie" behält Cimino für das wiederum meisterlich inszenierte Finale "Year Of The Dragon" bei: Seltene Schnitte, langgezogene Einstellungen, statische Totalen und Bewegung durch langsame Zooms verleihen seinem großen Gangsterfilm, einem der besten und wichtigsten des Jahrzehnts, seine Klasse. Die "Year Of The Dragon" besonders im zeitgenössischen Kontext gern gemachten Rassismus-Vorwürfe laufen, wie ich nun erneut feststellen konnte, völlig ins Leere, Andersmeinende mögen weiter unten gern mit mir darüber diskutieren. Es erscheint mir diesbezüglich jedenfalls nicht von hinreichender Evidenz, dass ein Teil der chinesischen Immigrantenschaft als mafiös organisierte Verbrecherkönige diffamiert wird, da müsste man ebensogut "The Godfather" oder "State Of Grace" als rassistische Pamphlete abstempeln. Dass nebenbei Mickey Rourke runde zwanzig Jahre zu jung für die von ihm gespielte Rolle ist, kann man angesichts seines wie immer grandiosen Spiels verschmerzen. Ohnehin sollte der rezeptorische Fokus sich wesentlich auf die Regiearbeit Ciminos konzentrieren, eines wahren Künstlers vor dem Herrn, der ja irgendwann leider die falsche Abfahrt genommen hat. Verdammt schade drum, sage ich.

9/10

Triaden Ethnics Michael Cimino New York


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I SPIT ON YOUR GRAVE (Steven R. Monroe/USA 2010)


"You like watching, eh?"

I Spit On Your Grave ~ USA 2010
Directed By: Steven R. Monroe


Die Jungautorin Jennifer (Sarah Butler) zieht sich in die Provinz Louisianas zurück, um dort in einem gemieteten Haus ihren neuen Roman zu schreiben. Als die örtlichen Hinterwäldler auf sie aufmerksam werden, ist es mit der idyllischen Ruhe vorbei: Vier junge Männer (Jeff Branson, Andrew Howard, Daniel Franzese, Chad Lindberg) und der Sheriff höchstpersönlich quälen und vergewaltigen Jennifer und lassen ihren vermeintlich toten Körper zurück. Doch nach einigen Wochen, die physischen Wunden sind nunmehr geschlossen, übt die so furchtbar Missbrauchte blutige Rache an ihren Peinigern.

Das Remake von Meir Zarchis hartem filmischen Feminismus-Pamphlet kann, wie es ja eigentlich den meisten Neuadaptionen klassischer Genrestoffe aus den letzten Jahren gemein ist, mit dem Original zwar nicht ganz Schritt halten, macht ihm aber auch keine Schande. Die viehische Brutalität aus Zarchis höchst intensivem Original findet sich auch in Monroes Verfilmung, den transgressiven Charakter des Vorbildes erreicht der Neuling allerdings nicht immer. Bei Zarchi hatte ich noch recht häufig das unangenehme Gefühl, dass die angewandte Selbstjustiz Jennifers ins Nichts führt, bei Monroe schien sie indes vornehmlich die niederen Instinkte des Gewaltvoyeurs (also durchaus auch meine, ich nehme mich da nicht aus) zufriedenzustellen, so jedenfalls mein erster Eindruck. Werde mir Zarchis Film demnächst allerdings nochmal anschauen, um jenen verifizieren zu können.
Formal bleibt "I Spit On Your Grave" '10 ganz auf aktuell maßgeblicher Linie: Bleich-fahle bis graue Bilder, die die brutale Trostlosigkeit ihres Sujets hervorheben und eine (freilich sukzessive und ganz bewusst ihrer anfänglichen Attraktivität entledigte) attraktive Protagonistin liefern Gewohntes. Manch einem wird der Film ordentlich eins verpassen, ich empfehle dennoch vorrangig das Original, vor allem zu Vergleichszwecken.

7/10

Rache Terrorfilm Transgression Remake Steven R. Monroe Louisiana Sumpf Rape & Revenge





Filmtagebuch von...

Funxton

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