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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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LE MOINE (Adonis Kyrou/F, I, BRD 1972)


"In nomine Patris et Filii, et Spiritus Sancti."

Le Moine (Der Mönch und die Frauen) ~ F/I/BRD 1972
Directed By: Adonis Kyrou

Vater Ambrosio (Franco Nero) gilt als besonders eherner, geschulter und aufrechter Kirchenvertreter, dessen Messen ihre Zuhörer regelmäßig in höchste Verzückung versetzen. So gottesfürchtig er sich gibt, so unerbittlich ist er in der Einhaltung kirchlicher Richtlinien: Die unfällig schwangere, ihn um Hilfe ersuchende Nonne Agnes (Elisabeth Wiener) aus dem Nachbarkonvent lässt Ambrosio rigoros bestrafen. Derweil gibt sich der junge Novize Rosario (Nathalie Delon) als Frau namens Matilda zu erkennen, die sich nach Ambrosio verzehrt und daher seine Nähe sucht. Eine unheilige Affäre beginnt, an der Ambrosio bald wieder das Interesse verliert, als er die minderjährige Antonia (Eliana De Santis) kennenlernt. Er will das Mädchen um jeden Preis besitzen und nimmt dafür sogar die schwarzen Künste, in denen Matilda bewandert ist, als Hilfsmittel. Doch sein folgender Annäherungsversuch endet mit Mord und Flucht. Ambrosio verliert jedwedes Zutrauen seiner vormaligen Gefolgsleute und findet letzte Zuflucht bei dem völlig dekadenten Duke von Talamur (Nicol Williamson), der Ambrosio bei der Inquisition denunziert. Deren Ankündigung, Ambrosio für seine Sünden büßen zu lassen, schlagen fehl: Seine mittlerweile geknüpften Verbindungen zur Unterwelt sorgen dafür, dass Ambrosio heilig gesprochen wird.

Nachdem Luis Buñuels Interesse an einer Filmadaption von Matthew Lewis' klassischem schauerromantischen Roman infolge mangelnder Finanzierungsmöglichkeiten abgeebbt war, bediente sich sein Freund und Kollege Adonis Kyrou Buñuels Scripts und machte daraus eine eigene Filmversion. Diese liebäugelt mit der damals verbreiteten Nunsploitation-Welle und dem sonstigen via historische Stoffe kommuniziertem Camp jener Kinojahre, schafft jedoch zugleich etwas Unikales. Die ersten zwei Drittel von "Le Moine" bewegen sich, allerdings unter Auslassung zahlreicher Nebenfiguren und Handlungsstränge, relativ dicht am Romankern - ein sich unbefleckt gottesfürchtig wähnender Kirchenmann scheitert an der sich ihm offenbarenden Versuchung, gibt sein Zölibat auf und verfällt darüber hinaus noch sehr viel fürchterlicheren Sündenpfuhlen. Die stark ironisch konnotierte Figur des Duke von Talamur hingegen, die im weiteren Verlauf als komplette Negierung jedweder moralischer Werte eine zunehmend gewichtige Rolle einnimmt, wird hinzugedichtet. Talamur adoptiert -freiwillig und unfreiwillig - kleine Mädchen aus der Umgebung und lässt sie für sich arbeiten, derweil er sich manchmal auch eines von ihnen als Ragout zum Abendessen servieren lässt. Bei diesem Satan in Menschengestalt haust nicht nur Matilda als regelmäßiger Gast - auch für den tief gefallenen Ambrosio bewahrt er ein Plätzchen, da hier eine Art Seelenverwandter gefunden scheint. Doch währt diese junge Freundschaft auch nicht weiter als die Fangarme der Inquisition reichen, wobei deren weltlicher Machtumfang mittlerweile nicht mehr zu Ambrosios unvorstellbarer Fallhöhe hinabreichen. Da erreicht "Le Moine" dann seinen satirischen Höhepunkt: Der einst der Verdammnis zusprechende Sünder tritt als moderner Papst auf den Petersplatz hinaus und begrüßt seine ihm zujubelnden Schäfchen.
Im Roman gestaltet sich das Ende noch um Einiges versöhnlicher und konventioneller: In inquisitorischer Haft verscherbelt der angsterfüllte Ambrosio seine Seele endgültig dem Satan und muss dann in langer Qual, den Körper zerschmettert, sein Leben einsam in einer Schlucht aushauchen, derweil zwei durch die Ereignisse gezeichnete, junge Paare in den Ehehafen einfahren dürfen. Buñuels streitbare Conclusio gefällt mir da sogar wesentlich besser.

8/10

Adonis Kyrou Luis Buñuel Matthew Lewis Inquisition period piece Madness


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THE BEAST WITH FIVE FINGERS (Robert Florey/USA 1946)


"Your mental balance is equal to mine, but don't consider that a tribute to your sanity."

The Beast With Five Fingers (Die Bestie mit den fünf Fingern) ~ USA 1946
Directed By: Robert Florey

Der in einem norditalienischen Städtchen wohnhafte, alternde Starpianist Francis Ingram (Victor Francen) kann seit einem Schlaganfall nurmehr die linke Hand bewegen. Dies tut seinem impressiven Reichtum jedoch keinen Abbruch. Um sich herum hat Ingram ein exklusives kleines Klübchen versammelt: Seine von ihm heißgeliebte Pflegerin Julie (Andrea King), den charmanten Trickbetrüger Conrad Ryler (Robert Alda), der Ingram spezielle Stücke für einhändiges Spiel schreibt, den zwielichtigen Notar Duprex (David Hoffman) und schließlich den Privatsekretär Hilary Cummins (Peter Lorre), einen überaus exzentrischen Zeitgenossen. Als Ingram eines Nachts die Treppe seines Hauses herabstürzt und stirbt, stellt sich die Frage nach seiner beträchtlichen Erbschaft. Diese gedenkt das kurz zuvor abgefasste Testament der überraschten Julie zu, doch die eilends herbeigereisten Vater (Charles Dingle) und Sohn Arlington (John Alvin), Vettern Ingrams, sind da ganz anderer Ansicht. Bald schon gibt es im Haus den ersten Toten. Und alles deutet darauf hin, dass Ingrams Hand sich selbstständig gemacht hat und nun auf Rachefeldzug geht...

Ein gepflegt aus der Rolle fallender, kleiner Genrefilm des vielbeschäftigten B-Filmers Robert Florey. Dieser hatte mit dem ebenfalls mit Peter Lorre besetzten "The Face Behind The Mask" wohl bereits sein mutmaßliches Meisterwerk abgeliefert, doch auch "The Beast With Five Fingers" hält sich recht stabil. Weder handelt es sich bei diesem um ein eindeutiges Werk der Gattung Horror, noch mag man ihn vollends dem Krimi-Genre zurechnen. Schmunzelnder Humor begleitet "The Beast" über weite Strecken wie ein alter Freund und löst seine ansonsten betont gotische Atmosphäre ein wenig ab. Kern und Herstück des Films ist erwartungsgemäß der irre mit den großen Augen rollende Lorre, dem man in seiner Rolle als eher nebenbei tätiger Sekretär und hauptsächlicher Astronom in einer Melange aus Sypathie und Befremdung zugetan ist. Zwar wird von Anfang an kein Hehl daraus gemacht, dass Hilary Cummins nicht mehr alle Nadeln an der Fichte hat, doch welch Irrsinn sich wirklich hinter seiner zuweilen kraus gezogenen Stirn verbirgt, dessen wird man erst zum Ende hin gewahr, nachdem man bereits bereit war, mit ihm an das Übernatürliche zu glauben. Hierin liegt dann auch ein außergewöhnlicher Kniff Floreys: Er macht die (im Übrigen sehr gut getricksten) Wahnvorstellungen Cummins' ohne weitere Erläuterungen zu objektiven Zuschauereindrücken, eine für die damalige Zeit noch recht unerhörte Praxis. Am Ende darf J. Carrol Naish, der zuvor alös emsiger Commissario zu ermitteln hatte, noch einen lustigen Finalgag aufbereiten. Damit fällt dann auch das letzte bisschen präservierter Grusel von dem Film ab. Schadet ihm trotzdem nichts.

8/10

Robert Florey Curt Siodmak Italien Kleinstadt Hand Madness period piece


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OCULUS (Mike Flanagan/USA 2013)


"Hello again! You must be hungry."

Oculus ~ USA 2013
Directed By: Mike Flanagan

Schreckliche Ereignisse von vor elf Jahren brachten Tim Russell (Brenton Thwaites/Garrett Ryan) einst in die geschlossene Psychiatrie: Damals waren seine Eltern (Rory Cochrane, Katy Sackhoff) nach dem Umzug in ein Landhaus sukzessive wahnsinnig geworden; Tims Vater hatte seine Mutter getötet und er selbst musste, um sich und seine ältere Schwester Kaylie (Karen Gillan/Annalise Basso) zu retten, seinerseits den Vater erschießen. Nunmehr therapiert und entlassen, glaubt Tim an einen rational erklärbaren Hergang dieser Ereignisse. Nicht so jedoch Kaylie: Diese erinnert Tim an ihren alten Pakt, den antiquarischen Spiegel, der tatsächlich für all das Böse, das damals passierte, verantwortlich war, zu zerstören. Tim mag zunächst nicht an Kaylies Annahme glauben und verdrängt die Tatsache, dass die lange Geschichte des Spiegels von Blut und zahlreichen Selbstmordopfern getränkt ist. Doch die folgende Nacht in ihrem mittlerweile leerstehenden Elternhaus in Anwesenheit des Spiegels belehrt in eines Schlimmeren...

Der Spiegel als ein Leitmotiv phantastischer Literatur besitzt eine lange Tradition. Immer wieder wurde sein Status als Dimensionstor, als Zugang zu Parallelwelten, als Versteck für dämonische Kräfte, als Orakel oder als in irgendeiner Form besessenes Objekt prononciert - uralte abergläubische Annahmen, "Schneewittchen", Lewis Carrolls "Alice"-Fortsetzung "Through The Looking-Glass", Henry S. Whiteheads Kurzgeschichte "The Trap", Vampire, die sich nicht im Spiegel sehen können, im jüngeren Genrefilm "Amityville: A New Generation" oder "Candyman" - die Faszination des Spiegels als Mysterium bleibt gefüttert.
"Oculus" nun bemüht in dieser Zeit inflationärer Horrorproduktionen, die garantiert keine klassische Saite der Gruselklaviatur auslassen, auch jenen alten Reflektionstopos wieder. Hierin ist der Spiegel eine Art Lebensenergie aufsaugendes Monster, der sich an allem Organischen nährt, was sich in seinem Einflussradius findet: Pflanzen, Haustiere und Menschen. Diesen entzieht er zunächst den Verstand, um sie dann zu willenlosen Objekten zu machen, die sich dann, veranlasst durch subjektiv empfundene Scheinrealitäten, gegenseitig umbringen. Dabei vermag er es, sich selbst stets zu retten, denn niemand, der es sich auch noch so sehr vornimmt, ist in der Lage, den Spiegel zu zerstören. Insofern ist Kaylies noch so ausgeklügelter Plan, das böse Stück Zierrat zu überwältigen, natürlich von vornherein zum Scheitern verurteilt. Der Spiegel spielt mit den Geschwistern, gaukelt ihnen Trugbilder vor, lässt sie schlimme Dinge begehen und sorgt schließlich dafür, dass der arme "Timbo", wie seine Familie ihn zu Lebzeiten neckisch zu nennen pflegte, wieder dort landet, wo er just geheilt herkam: in der Gummizelle.
Die inszenatorische Finesse Flanagans liegt darin, Zeitebenen nahtlos zu überlappen und mittels exzellenter Montage zu demonstrieren, dass der böse Spiegel seine Übermacht allein dergestalt genüsslich ausspielt, indem er die Geschwister wieder in dieselben Fallen tappen lässt wie bereits elf Jahre zuvor. Spätestens in den letzten Minuten wird klar, dass das Monster unbesiegbar, ihm mit noch so viel Equipment und Willenskraft nicht beizukommen ist. Der Spiegel ist allmächtig. Der sich hier und da dann doch allzu sehr auf Gewohnheitsmäßiges und Vorgefertigtes verlassende Film nicht ganz, aber grundsätzlich anschauenswert wäre er wohl.

7/10

Mike Flanagan Bruder & Schwester Spiegel


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THE SACRAMENT (Ti West/USA 2013)


"I ain't goin' to heaven..."

The Sacrament ~ USA 2013
Directed By: Ti West

Die drei Dokumentaristen Patrick (Kentucker Audley), Sam (AJ Bowen) und Jake (Joe Swanberg) spüren einer geheimnisvollen Sekte nach, in der Patricks vormals drogensüchtige Schwester Caroline (Amy Seimetz) ein neues Leben begonnen hat. Die religiöse Gemeinde hat ein Hauptquartier jenseits der US-Grenzen, versteckt im Dschungel, die ausschließlich per Hubschrauber zu erreichen ist. Es gelingt dem Trio, eine Einladung nach "Eden Parish", wie sich das Sektendorf nennt, zu erhalten. Bereits der Empfang mit stark bewaffneten Wächtern macht einen wenig positiven Eindruck auf die drei jungen Männer, doch der bald auftauchenden Caroline gelingt es, sie zu beschwichtigen. Zudem machen die Bewohner des Camps einen überaus zufriedenen, ausgeglichenen Eindruck. Das bald stattfindende Interview mt dem charismatischen Sektenführer "Vater" (Gene Jones) gestaltet sich als das erwartungsgemäße Gespräch mit einem psychologisch wie rhetorisch gebildeten Mann, der kritische Fragen betreffs der Finanzierung seiner Sache oder möglicher Aussteiger geschickt herunterspielt oder abwälzt. Tatsächlich wurden die meisten der Sektierer einer Gehirnwäche unterzogen, mussten Folterungen erdulden und werden, so sie sich nicht Vaters Anweisungen fügen, hier festgehalten. Als Patrick, Sam und Jake die Wahrheit offenlegen, kommt es zur Katastrophe.

Nach dem von mir als sehr enttäuschend empfundenen "The Innkeepers" vollzieht Ti West mit "The Sacrament" wieder einen deutlichen Schritt nach vorn. Zwar ist seine Sekten-Observation im Prinzip alles andere als originell, doch vermag West es darin ein beträchtliches Maß an Atmosphäre, die von nachhaltiger Bedrohlichkeit und einigen Parallelen zum klassischen Genrekino geprägt ist, zu kreieren. "The Sacrament" bleibt über seine gesamte Distanz durchweg interessant und es gelingt ihm, seine unterschwellige Angststimmung konsequent zu schüren. Dabei ist der Kollektiv-Selbstmord einer radikalchristlichen Sekte, deren Führerfigur mit Personenkult, Abschottung, Autarkie-Illusionen und Suggestionen arbeitet ein ganz alter Hut in Film und Realität. Die Figur des "Father" und auch seines Ordens orientiert sich unzweideutig an dem realen Jim Jones und seiner Sekte "People's Temple", die sich im November 1978 infolge politischen Drucks durch einen von Jones befohlenen Massensuizid ein Ende setzte. In "The Sacrament" sind es allerdings nicht Menschenrechtswächter, sondern die heute noch omnipotenteren Massenmedien, die Father den entscheidenden Tiefschlag versetzen. Sein auf Gerechtigkeit und Philanthropie fußendes Moralkonstrukt bekommt starke Risse, als eine Mutter (Kate Lyn Sheil) die letzte Fluchtmöglichkeit für ihre bereits schwer bestörte, kleine Tochter (Talia Dobbins) wittert und den Reportern gegenüber unbequeme Wahrheiten ans Tageslicht bringt. Damit ist der Traum "Eden Parish" ausgeträumt und wer seinen Zyanid-Shake nicht freiwillig schluckt, wird abgeknallt. Father erweist sich derweil als ein seinem utopistischen Wahn verfallener, koksschnupfender Späthippie, dessen Konzept von Lieben und Friede mit sich durchsetzender Waffengewalt von Anfang an völlig verlogen war.
Dass West seinem Mockumentary-Stil nicht immer sicher sicher nachgeht und hier und da formale Brechungen in Kauf nimmt, um seinem Film über die eine oder andere Hürde zu hieven, sei ihm angesichts des mitreißenden Resultats verziehen. So kann es gern weitergehen.

7/10

Ti West Sekte Bruder & Schwester embedded filming Eli Roth


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DANZA MACABRA (Antonio Margheriti/I, F 1964)


Zitat entfällt.

Danza Macabra ~ I/F 1964
Directed By: Antonio Margeriti

Eigentlich kommt der Reporter Alan Foster (Georges Rivière) nur in die trübe Schänke "Four Devils", um den just in England weilenden Literaten Edgar Allan Poe (Silvano Tranquilli) zu interviewen. Das Treffen endet jedoch mit einer Wette, die Foster der ebenfalls anwesende Lord Blackwood (Umberto Raho) stellt: Foster möge eine Nacht in seinem verlassenen Landsitz verbringen und werde dort lernen, an das Übernatürliche und seine irdischen Manifestationen zu glauben. Foster lässt sich auf die Wette ein und begegnet im nur vermeintlich leerstehenden Blackwood Castle gheheimnisvollen Frauen (Barbara Steele, Margrete Robsahm), einem muskulösen Brutalinski (Giovanni Cianfriglia) sowie einem Doktor (Aturo Dominici), der die Grenzübergänge zwischen Tod und Leben erforscht. Wenngleich ihm zumindest die schöne Elisabeth (Steele) wohlgesonnen scheint, muss Foster bald wahrlich um sein Leben bangen...

Anschmiegsame gothic tale des noch jungen Margheriti, der aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln das Beste herausholte und den gerade im Erstarken begriffenen, italienischen Horrorkino eines seiner schönsten Frühwerke schenkte. Margheritis Neigung zur Exploitation erschöpft sich hier noch in der kurzen Zurschaustellung eines blanken Busenpaars; ansonsten bleiben die vampiresken Bedürfnisse und Praktiken der untoten Hausbewohner, deren Zahl sich jeweilsjubilarisch erhöht, von gediegenen Bildern umkränzt. Zusammen mit dem Zuschauer lernt Foster die wahre Natur des von Spinnweben und klappernden Fensterläden gesäumten Schlösschens kennen; der Friedhof im Vorpark, die Gruft im Keller und vor allem die unterschiedlichen Beweggründe der gespenstischen Wohngenossen, die am Ende doch alle auf dasselbe hinauslaufen, präsentieren und erschließen sich erst im weiteren Verlauf der Nacht, via Rückblende und Erlebnisbericht. Schließlich wird Alan Foster an die zuvor so vehement durch ihn belächelten Phänomene glauben, doch nicht, ohne seinen Tribut entrichtet zu haben...

8/10

Antonio Margheriti Schloss Edgar Allan Poe Vampire Sergio Corbucci


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AS ABOVE, SO BELOW (John Erick Dowdle/USA 2014)


"There's only one option: to reach the exit, we must go deeper underground."

As Above, So Below (Katakomben) ~ USA 2014
Directed By: John Erick Dowdle

Die Jungforscherin Scarlett (Perdita Weeks) wandelt auf den wissenschaftlichen Spuren ihres Vaters: Dieser hat sich mit den frühen Alchimisten befasst und dem legendären "Stein der Weisen" nachgespürt. Ein signifikanter Hinweis im Iran führt Scarlett zu den Katakomben von Paris, in denen bekanntlich die Gebeine von 6 Millionen Toten lagern. Scarlett schart ein kleines Team um sich, darunter den Dokumentarfilmer Benji (Edwin Hodge), ihren Ex-Kompagnon George (Ben Feldman) und den ortskundigen, geldgierigen Papillon (François Civil) und dringt durch einen wenig bekannten Eingang in das Tunnellabyrinth vor. Seltsame Erlebnisse wie die Zeremonie eines bizarren Totenkults oder das urplötzliche Erscheinen des seit langem hier vermissten La Taupe (Cosme Castro) schrecken Scarlett nicht und schließlich gelangt sie an ihr lang ersehntes Ziel. Doch mit dem Fund des Steins der weisen bricht in den Katakomben die buchstäbliche Hölle los.

Höhle oder Hölle, das ist hier die Frage! In diesem nicht vollends versagenden, jedoch in zahlreichen Belangen enttäuschenden Beitrag zum Subgenre des 'embedded filming': Es beginnt bereits damit, dass ebenjene Stilkonzeption im Rahmen der Geschichte von "As Above, So Below" recht selbstzweckhaft daherkommt. Um mich nicht missverstanden zu wissen: Dies tut sie natürlich häufig, doch speziell in diesem Falle fragt man sich in frequentiertem Maße allenthalben, ob nicht die gute alte Objektive dem Film deutlich besser zu Gesicht gestanden hätte. Um möglichst rasche Perspektivwechsel zu ermöglichen hat - selbstredend - jeder der unterirdischen Mitläufer seine eigene Kamera auf dem Schutzhelm, was die wie von Geisterhand gelenkte Schnittmontage höchst fragwürdig gestaltet. Damit muss man ergo via großzügigen good wills zurechtkommen.
Seine Story indes legt Dowdle irgendwo zwischen den archäologischen Fantasy-Eskapaden eines "Indiana Jones" und "Flatliners" an: ein sagenumwobenes Artefakt wird gesucht und manch unzweideutiger Warnung zum Trotze auch gefunden. Doch tritt die naive, wissenschaftliche Neugier der Forscher wiederum großes Unheil los, denn unter Paris liegt nichts Geringeres als ein (weiteres) Portal zum Inferno. Jenes manifestiert sich in Form einer Art "Spiegelwelt" zur Oberflächenrealität und führt den jenem Grauen Ausgelieferten neben allerlei dämonischem Umtrieb auch ihre jeweils schlimmste Lebenssünde vor Augen. Damit kommt nicht jeder der Eingschlossenen zurecht und so erhöht sich bald die Zahl der hier eingelagerten Leichen. Dass Dowdle durchaus etwas davon versteht, unheimliche Augenblicke und Stimmungen zu kreieren, beweist er hinreichend, doch nahezu jeder in dieser Hinsicht positive Ansatz versandet ebenso schnell wieder, wie er sich zuvor eingeschlichen hat. Die oberkluge Protagonistin und ihr unermesslicher Reichtum an Durchblick (warum braucht die Dame den Stein der Weisen überhaupt? weiß doch eh schon alles) nerven irgendwann beträchtlich und das Ende hinterlässt einen kaum befriedigter. Hier hätte sich ein hübsch apokalyptisches Statement geradezu aufgedrängt, doch auf einmal ist alles wieder beim Alten. So ähnlich wie im gesamten Film.

5/10

John Erick Dowdle embedded filming Paris Hölle Archäologie Höhle


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PHANTASM IV: OBLIVION (Don Coscarelli/USA 1998)


"Some cops can be real assholes."

Phantasm IV: Oblivion ~ USA 1998
Directed By: Don Coscarelli

Mike (A. Michael Baldwin) und Reggie (Reggie Bannister) werden wieder einmal getrennt: Während Reggie neuerlich durch den Südwesten tuckert auf der Suche nach weiterem Ärger mit dem Großen Mann (Angus Scrimm), fährt Mike in die Wüste, wo er eine ganze Legion von Dimensionsportalen entdeckt. Auch Jody (Bill Thornbury) taucht wieder auf, nur dass seine Absichten noch mysteriöser sind als zuvor. Mike entlarvt derweil die wahre Herkunft des Großen Mannes: Vor über 140 Jahren war er ein Arzt und Metaphysiker namens Jebediah Morningside (angus Scrimm), der sich mit der Möglichkeit der Existenz außerirdischer Dimensionen befasste und irgendwie dem Bösen verfallen ist. Nach einem mal wieder eher unangenehm endenden Techtelmechtel mit einer unterwegs aufgelesenen Blondine (Heidi Marnhout) findet Reggie schließlich Mike wieder und versucht ihm im letzten Duell mit dem Großen Mann beizustehen.

Der unzugänglichste (und mit Abstand am schlampigsten synchronisierte) Teil der "Phantasm"-Serie ist dieses überaus eigene Drittsequel, in dessen Untertitel die römische IV sichtlich perfekten Platz fand. "Oblivion" ist eigentlich nurmehr ein Film für eingefleischte Zuschauer der Serie, die hinlänglich wissen, was sie prinzipiell erwartet oder sich zumindest nicht mehr sonderlich überrascht zeigen, wenn nicht jede Fügung zwingend einem logischen Kausalitätsschema entspringt. Coscarelli setzt voraus, dass sich mit "Phantasm IV" zumindest weitestgehend ausschließlich ein Publikum befasst, das mit Figuren und Narrativik hinreichend vertraut ist und somit von allzu großer Verwunderung verschont bleibt. Nichtsdestotrotz wirft "Oblivion" im Laufe seiner Spielzeit sicherlich mehr inhaltliche Fragen auf als dass er welche beantwortet und wäre daher, trotz der eigentlich vorzüglich konludierenden Tatsache, dass vom Original noch einiges an unverwendetem Material bereitstand, welches sich hier hervorragend verwenden und einbinden ließ, als Finalteil sehr unbefriedigend ausgefallen. Dennoch sah es jahrelang so aus, dass nichts Neues mehr käme, bis sich mit "Phantasm: Ravager" eine weitere Fortsetzung angekündigt fand, die im nächsten Jahre Premiere feiern soll, nochmal die Originalbesetzung [darunter den mittlerweile knapp neunzigjährigen (!) Angus Scrimm] vereint und erstmals von einem "Fremdregisseur", einem Kinodebütanten zudem, der zuvor vornehmlich halbgare Kinder-Cartoons fürs Fernsehen gemacht hat, inszeniert wird. Das könnte megalomäßig in die Hose gehen oder ebensogut ein zutiefst unerwarteter Geniestreich werden - es ist wohl alles drin. Also bis dann, Großer Mann.

6/10

Don Coscarelli Sequel Wüste Surrealismus


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PHANTASM III: LORD OF THE DEAD (Don Coscarelli/USA 1994)


"It's never over!"

Phantasm III: Lord Of The Dead (Das Böse III) ~ USA 1994
Directed By: Don Coscarelli

Für den früheren Eisverkäufer Reggie (Reggie Bannister) setzt sich die Odysse durch das innerlich von den Armeen des Großen Mannes (Angus Scrimm) zerfressenen Amerika fort, nachdem Mike (A. Michael Baldwin) nach weiteren Scharmützeln vom Großen Mann persönlich entführt wird; sein großer Bruder Jody (Bill Thornbury) lebt indes unvermutet weiter in Form einer schwarzen Sphäre. Auf der Suche nach Mike geht es für Reggie neuerlich durch verlassene und leergefegte Kleinstädte und mysteriöse Mausoleen. Dabei trifft er auf den wehrhaften, kleinen Tim (Kevin Connors) und die amazonenartige Rocky (Gloria Lynne Henry), ein Ass am Nunchaku. Mit dieser Verstärkung zieht Reggie zur Rettung Mikes aus - nur ist dieser überhaupt noch zu retten?

Nach wieder mal sehr fruchtbaren Betrachtungen der ersten beiden Filme der "Phantasm"-Reihe (besonders das Original wusste mich zu verzücken wie eh und je) schob man diesmal auch die von mir stets als etwas anstrengender empfunden Teile III und IV hinterdrein. Resümierend muss ich "Lord Of The Dead" nun als den bislang schwächsten Beitrag zur Reihe verorten. Die Hauptschuld daran tragen weniger die sich geflissentlich ausreizenden Ideen um Sphären und Dimensionstore, sondern das von Coscarelli offensichtlich zur Auflockerung und Familienfreundlichkeit bereitgestellte Figuren-Inventar, allen voran Reggies Sidekicks Tim und Rocky. Ein kleiner, verwaister Junge mit Super-Schießfertigkeiten, der alles unverhältnismäßig witzig und humorig nimmt und versucht, wie ein Erwachsener aufzutreten; dazu eine Blaxploitation-Kriegerin im Grace-Jones-Gedächtnislook und einem permanent flotten Emanzenspruch in der Backe? Falls das witzig gemeint sollte: Ist es nicht. Tatsächlich nervt diese Combo-Erweiterung schon nach kurzer Zeit ungemein, beraubt die stets so wunderbar ihrer spezifischen Traumlogik gehorchenden "Phantasm"-Realität sogar um Einiges ihrer Mystizität und versucht, "Phantasm" nach dem eher für ältere Teenager konzipierten gothic splatter des unmittelbaren Vorgängers wieder für Kids interessant zu machen. Leider geht dieser Schuss bei aller sonst nach wie vor lobzupreisenden Innovativität, zu der etliche visuelle Einfälle und Neuerungen (so halten nunmehr etwa auch Zombies Einzug in die Armeen des Großen Mannes) zählen, recht sparsam nach hinten los. Mag sein, dass es Leute gibt, die mit "Phantasm III" riesigen Spaß haben; mich nervt er über allzu weite Strecken einfach zu sehr an, um seinem Franchise reell Ehre zu machen.

5/10

Don Coscarelli Sequel Surrealismus Traum Duell Road Movie


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DÈMONI 2... L'INCUBO RITORNA (Lamberto Bava/I 1986)


Zitat entfällt.

Dèmoni 2... L'Incubo Ritorna (Dämonen) ~ I 1986
Directed By: Lamberto Bava

In einem modernen Hochhaus-Neubau mit Namen 'The Tower' neigt sich der Tag dem Abend: Die enervierte Teenagerin Sally (Coralina Cataldi-Cassoni) feiert ihre Geburtstagsparty mit Freunden, die hochschwangere Nannah (Nancy Brilli) erwartet ihren im Examensstress befindlichen Mann George (David Edwin Knight) und im ersten Stock schwitzen die Muskelmänner in Hanks (Bobby Rhodes) Fitness-Studio. Derweil läuft im Fernsehen ein Film um eine Gruppe Jugendlicher, die auf der Spur verblichener Dämonen sind, die einst die Welt unsicher machten. Eines der Monster erwacht und bahnt sich den Weg in die Realität, wo es die just zuschauende Sally anfällt, die sich daraufhin selbst in einen Zombie verwandelt und ihre Gäste attackiert. Bald wimmelt der ganze 'Tower' von infizierten Dämonen und George und Hannah versuchen mit Mühe und Not, aus dem verbarrikadierten Gebäude zu entkommen.

Lamberto Bavas Sequel zu seinem "Dèmoni" wurde, ein altbekannter Hut, bei uns als erster Teil der Dublette verkauft und im Kino aufgeführt, derweil das eigentliche Original als Videopremiere erschien und das erwähnte Beschlagnahme-Schicksal erleiden musste. "Dèmoni 2" verliert gegen den Vorgänger leicht nach Punkten, wobei ich wohl zu den Wenigen gehöre, die auch das Sequel sehr schätzen. Zum Einen schmeckt mir die hierin verwendete Songauswahl, die diesmal eher in den britischen Alternative-/Gothic-Bereich linst, nochmal deutlich besser, zum anderen perfektioniert die S-F/X-Abteilung rund um Sergio Stivaletti hier gewissermaßen ihre bereits im Erstling eindrucksvoll dargebrachte Kunst. Zwar wirkt der Nachfolger in seiner Gesamtheit visuell etwas weniger drastisch, ein paar schöne Appetitlosigkeiten jedoch gibt es auch hier: Ein kleiner Junge (Marco Vivio) verwandelt sich in einen fiesen Zombie, nur, um dann aus seinen Innereien ein fieses Mini-Exemplar der dämonischen Seuchenvögel "herauszugebären", der ein wenig an die damals einigen plagiatorischen Impact hinterlassenden "Gremlins" erinnert. Bobby Rhodes ist, als einziger "Wiedergänger" aus "Dèmoni" neuerlich als großer Superchecker zu sehen, der zwar spitzenmäßige Ideen zur Verteidigung herumbellt und nach dessen lauter Pfeife alle tanzen, der aber natürlich trotzdem großmäulig ins Gras beißen muss. Schließlich ist die elfjährige Asia Argento in ihrer ersten Spielfilmrolle zu sehen und muss darin gleich miterleben, wie nacheinander beide Eltern der dämonischen Invasion zum Opfer fallen. Impazziro Papa Dario kannte eben schon damals keine Gnade mit dem Töchterlein...
Dass nach der zum Ende des Vorgängers hin bereits angedeuteten Zombie-Apokalypse plötzlich alles wieder im Lot sein soll und "Dèmoni 2" auch noch mit einem Happy End daherkommt, habe ich indes nie begriffen. Tut aber auch nichts zur Sache.

6/10

Lamberto Bava Dario Argento München Hochhaus Fernsehen Zombies Dämonen Splatter Europloitation


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DÈMONI (Lamberto Bava/I 1985)


"What the hell happened to Rosemary?"

Dèmoni (Dämonen 2) ~ I 1985
Directed By: Lamberto Bava

Berlin. Ein merkwürdig maskierter Herr (Michele Soavi) verteilt auf der Straße Eintrittskarten für einen am Abend im "Metropol"-Kino laufenden Horrorfilm. Neben einigen anderen Zuschauern kommen auch die beiden Studentinnen Cheryl (Natasha Hovey) und Kathy (Paola Cozzo) in die Soirée, ebenso wie George (Urbano Barberini) und Ken (Karl Zinny), die sie vor Ort kennenlernen. Im sich auf der Leinwand abrollenden Film entdeckt eine Gruppe Jugendlicher auf einem Friedhof das Grab des Nostradamus, in dem sich eine mysteriöse Maske befindet. Einder der Kids setzt sie sich aufs Gesicht und schneidet sich daran, um sich hernach in ein zombieartiges Monster zu verwandeln. Parallel dazu geschieht in der Realität das Gleiche: Die Nutte Rosemary (Geretta Geretta) schneidet sich an einer Maske aus der Foyer-Reklame und verwandelt sich auf der Toilette in ebensolch einen Dämonen wie der auf der Kinoleinwand. Im Theaterraum bricht daraufhin das Chaos aus; wer nicht gleich dem sich zum Virus ausweitenden Zombieterror zum Opfer fällt, flieht durch die Räumlichkeiten, denn es gibt keinen Weg mehr nach draußen: Sämtliche Ausgänge sind urplötzlich zugemauert. Erst das Eintreffen eines Punker-Quartetts auf der Flucht vor der Polizei bringt die Wende: Cheryl und George können schließlich fliehen, nur um draußen feststellen zu müssen, dass die Dämonen bereits die ganze Mauerstadt eingenommen haben...

Einer der letzten großen Italo-Splatter-Klassiker, in Deutschland zudem veredelt durch das beliebte Prädikat "§131". Mario-Filius Lamberto Bava lässt es mit Unterstützung einiger anderer großer Mitstreiter des Genrefilms wie Dario Argento (dessen Stilismen sich durch eine recht eindeutige inszenatorische Partizipation niederschlagen), Michele Soavi oder Dardano Sacchetti gehörig krachen. Es wird geblutet und gekotzt im Quadrat; Baby-Dämonen schälen sich aus den Rücken Infizierter heraus, die sich wiederum mit leuchtenden Augen, Reißzähnen und vor grünem Geifer triefend durch die Reihen ihrer Opfer metzeln und, anders als ihre schlurfenden Ahnherren, auch von Waffen Gebrauch machen und überhaupt sehr viel böser denn instinktgetrieben auftreten. Das Kino nebst dem dort laufenden Film als streng limitierter, doppelbödiger Handlungsort erweist sich eine sehr hübsche Location-Idee; überhaupt gefällt es, dass ein italienischer Genrefilm ausnahmsweise einmal in West-Berlin spielt, das Bava überaus pittoresk ins Bild setzt. Auf der Tonspur gibt es unterdessen neben einigen, wie ja beim Schirmherrn Argento üblich, ziemlich eklektisch anmutenden Metal-Songs auch einige damals hippe, flotte Popnummern zu hören von Go West ("We Close Our Eyes") oder Billy Idol ("White Wedding"), zu denen die vier Punks sich im Auto ihre Linien ziehen. Dass weder Dialog (besonders Bobby Rhodes' Sprüche) noch Conclusio (warum bitteschön werden die erwählten Zuschauer im Kino eingesperrt, wenn die Dämonen draußen doch ebenso längst ihr Unwesen treiben? Und wie schaffen sie es analog dazu binnen weniger Stunden eine Millionenstadt ins Armageddon zu stürzen?) sonderlich intelligent, geschweige denn sinnstiftend daher kommen, gehört eben zum Programm und will geflissentlich übersehen sein. Der gesamte Rest ist schließlich hinreichend flott.

7/10

Lamberto Bava Kino Film im Film Berlin Michele Soavi Dario Argento Zombies Dämonen Splatter Europloitation





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