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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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HALLOWEEN: THE CURSE OF MICHAEL MYERS (Joe Chappelle/USA 1996)


"The evil is out there... waiting. And maybe, just maybe... it's closer than you think!"

Halloween: The Curse Of Michael Myers (Halloween - Der Fluch des Michael Myers) ~ USA 1995
Directed By: Joe Chappelle


Nachdem die mittlerweile herangewachsene Myers-Nichte Jamie (J.C. Brandy) ein Kind zur Welt gebracht hat, bleibt ihr nur die Flucht. Eine Gruppe von Kultisten, die Michael Myers (George P. Wilbur) verehren und ihr Heiland selbst wollen das Baby zu Michaels Nachfolger und damit zum Erben des keltischen Druiden Thorn heranziehen. Michaels alter Bekannter Tommy Doyle (Paul Rudd), Strode-Sprössling Kara (Marianne Hagan) und natürlich Dr. Loomis (Donald Pleasence) möchten den Säugling unbedingt beschützen.

Mit dem sechsten Teil, der nach einer sechsjährigen Pause das mittlerweile bei Dimension beheimatete Serial wiederbelebte, wurden selbst viele eingefleischte "Halloween"-Fans nie recht warm. Ich hingegen halte ihn durchaus für eine der besseren Folgen. Deftig und finster angerichtet wie seit Rosenthals erstem Sequel kein Film der Reihe mehr, mit zahlreichen inhaltlichen und audiovisuellen Reminiszenzen an Carpenters Original sowie manchen anderen Genreklassiker angereichert und einigen hübschen formalen Einfällen garniert, ließ der Film meinereiner bei dieser ersten Beschau nach dem Erscheinen des Films auf Video anno Kautabak durchaus positiv überrascht zurück. Zumal die Neunziger ja bekanntermaßen eine dröge Periode für Slasher darstellten, bis "Scream" eben. Doch, lass' ma', da ist mit diesem offiziell nummernlosen "Halloween" trotz seiner etwas tumben Erklärungsversuche betreffs des "ultimativen Bösen" und trotz der zunehmend verworrenen familiären Strukturen des Myers-/Strode-/Carruthers-Clans, der ob seines komplexen Umfanges langsam selbst die Ewing-Sippe neidisch machen dürfte, eigentlich was ganz Ordentliches rausgekommen. Vor allem jedoch wird die Identität des "Mannes in schwarz" gelüftet. Und nein, es ist nicht Michaels in Medienpädagogik habilitierter Zwillingsbruder...

6/10

Serienmord Slasher Joe Chappelle Splatter Halloween Sequel Michael Myers


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HALLOWEEN 5: THE REVENGE OF MICHAEL MYERS (Dominique Othenin-Girard/USA 1989)


"He'll never die."

Halloween 5: The Revenge Of Michael Myers (Halloween 5 - Die Rache des Michael Myers) ~ USA 1989
Directed By: Dominique Othenin-Girard


Die kleine Jamie Lloyd (Danielle Harris), Nichte des Serienmörders Michael Myers (Don Shanks), sitzt seit der Attacke auf ihre Stiefmutter vor einem Jahr in der kinderpsychiatrischen Klinik. Die unheilvolle PSI-Verbindung zu ihrem Onkel interessiert besonders Dr. Loomis (Donald Pleasence), der den naiverweise tot geglaubten Michael endlich dingfest machen möchte.Tatsächlich schlägt der Maskenmann pünktlich zu Halloween wieder zu und bald stehen sich der mittlerweile psychisch selbst schwer angegriffene Therapeut und sein Ex-Patient erneut gegenüber.

"Halloween 5" ist bis zu Miners 98er-Relaunch und ungeachtet Tommy Lee Wallaces SciFi-Trashers mit der Nummer III der schwächste Beitrag der Reihe, da gibt es kein Vertun. Dennoch handelt es sich immer noch um einen handwerklich weithin sauberen Slasher, an dem Freunde des Genres durchaus ihren Spaß haben dürften und dürfen. Othenin-Girard zieht die Schrauben nach dem eher moderat gestalteten vierten Teil wieder gehörig an und lässt Michaels blutiges Treiben um Einiges plastischer erscheinen. Die kleine Danielle Harris leistet für eine Kinderdarstellerin in ihrem Alter Beachtliches und muss noch manches mehr erdulden als im Vorgänger. Mitleid zeigen mag man indes gegenüber dem arrivierten Donald Pleasence, der selbst im hohen Alter seinen Dr. Loomis nie loswurde und ihn stets mit sich zu schleppen hatte wie einen ungeliebten Hinkelstein. Andererseits bildet er eines der letzten Qualitätsfähnchen in dem damals stagnierenden Franchise und ist somit keinesfalls wegzudiskutieren.
Etwas eigenartig die losen narrativen Fäden; dass Jamie, wie das bolzige Ende des vierten Teils es angekündigt hatte, eigentlich ihres blutdürstigen Onkels Nachfolge hätte antreten müssen, hat man wider aller Logik wieder fallen lassen. Dass der "Mann in schwarz", der Michael permanent auf den Fersen ist, nicht Johnny Cash sein dürfte, ist augenscheinlich. Aber wer, verdomme, ist es dann? Degleichen Spekulation überlässt Othenin-Girard uns, dem gebeutelten Publikum. Erst Teil 6 sollte Antworten bereit halten...

5/10

Slasher Splatter Sequel Halloween Serienmord Michael Myers Dominique Othenin-Girard


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THE SATANIC RITES OF DRACULA (Alan Gibson/UK 1974)


"Armageddon!"

The Satanic Rites Of Dracula (Dracula braucht frisches Blut) ~ UK 1974
Directed By: Alan Gibson


Eine kleine Riege im Staate einflussreicher älterer Herren wird vom Yard bei der Praxis seltsamer schwarzer Messen beobachtet; im Keller desselben Hauses treiben blutgierige Vampirdamen ihr Unwesen. Der hinzugeschaltete Experte Lorrimer Van Helsing (Peter Cushing) hat bald keinen Zweifel mehr: Hinter den finsteren Machenschaften kann nur sein wiedererstarkter Erzfeind Dracula (Christopher Lee) stecken, der diesmal als gut getarnter Unternehmer die Welt mit Beulenpest-Viren überziehen und so das Ende der Menschheit einläuten will.

Der Abendstern schien bereits hell über den Hammer-Studios, als dieser niominell letzte, offizielle "Dracula"-Film die Leinwände enterte. Danach kamen noch die von den Shaws koproduzierten "Seven Golden Vampires", für die immerhin ein weiteres Mal Peter Cushing als Van Helsing zur Verfügung stand; Christopher Lee jedoch erlebte in "Satanic Rites" seinen Schwanengesang als blutsaugender Aristokrat - sieht man von der französischen Komödie "Dracula Père Et Fils" ab.
Diesen finale Hammer-"Dracula" empfinde ich immerhin wieder als ein klein wenig fescher denn seinen unmittelbaren Vorgänger vom selben Regisseur. Weg vom staubigen gothic horror und hin zum zeitgenössischen Trivial-Okkultismus heißt die Devise; Teufelsspuk und Hexenzauber halten Einzug in das vampireske Treiben. Dracula hat jetzt eine Armee von wildlederwestenbewährten Motorradfahren als Leibwache, die nicht unbedingt viel Angst einflößen und ein wenig an Michael Goughs geile Truppe aus "Horror Hospital" erinnern. Das ergraute Antagonistenpaar Van Helsing - Dracula darf sich derweil ein weiteres Mal im modernen London aneinander abarbeiten. Damit die vielen Tode des Graphen, äh, Grafen auch weiterhin hübsch abwechslungsreich bleiben, geht er diesmal über die Wupper, weil er sich unglücklich in einem Weißdornbusch verfängt. Schwächling.

7/10

Alan Gibson Virus Hammer Dracula Vampire


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DEADLY BLESSING (Wes Craven/USA 1981)


"INCUBUS! INCUBUS!"

Deadly Blessing (Tödlicher Segen) ~ USA 1981
Directed By: Wes Craven


Martha (Maren Jensen) hat mit dem jungen Farmer Jim Schmidt (Douglas Barr) einen Abtrünnigen der Hittite-Sekte, eines jedweder Weltlichkeit radikal entsagendem Ablegers der Amish People, geheiratet. Jims Vater Isaiah (Ernest Borgnine), der seinen Sohn einst verstoßen hat, ist der oberste Geistliche der Hittites. Eines Nachts wird Jim dann in seiner eigenen Scheune ermordet. Jims zudem schwangere Witwe Martha erhält von ihren zwei College-Freundinnen Lana (Sharon Stone) und Vicky (Susan Buckner) unterstützenden Besuch. Doch der Mörder lässt nicht locker und schlägt wieder und wieder zu.

Netter, früher Horrorfilm von Craven, der den wahren Schrecken Amerikas genau dort ausmacht, wo er vermutlich wahrhaftig zu finden ist: Im Bible Belt; dort, wo die Leute vor lauter bigottem Fanatismus und mit Vorsatz blind für die Geschicke der Welt sind. Um die Amish nicht nominell denunzieren zu müssen, hat man sich kurzerhand die "Hittites" (Hethiter) aus den Fingern gesogen, die jedoch im Prinzip bloß einen andere Bezeichnung tragen, ansonsten jedoch identisch mit ihren Vorbildern sind. Ernest Borgnine als deren Chef kommt gut, ebenso wie Michael Berryman als inzestuös derangierter, ausnahmsweise aber mal wenig angsteinflößender Idiot, der hier ungewöhnlich viel Sprechanteil bekam. Dass sich am Ende des als Whodunit strukturierten Slashers dann jemand weithin Unverdächtigtes als Täter herausstellt, ist wohl eher dem genreimmanenten Rätselraten geschuldet. Was allerdings das etwas seltsame Ende soll habe ich nicht ganz begriffen. Möglicherweise eine Hommage an Tourneurs "Night Of The Demon"? Wer weiß...

6/10

Amish People Bible Belt Slasher Wes Craven Sekte


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DEATH SHIP (Alvin Rakoff/CAN, UK 1980)


"This ship seems to me as if it led a life of its own."

Death Ship ~ CAN/UK 1980
Directed By: Alvin Rakoff


Für den mürrischen Misanthropen Captain Ashland (George Kennedy) ist es die letzte Fahrt auf seinem Passagierliner, danach soll der erste Offizier Marshall (Richard Crenna) Ashlands Nachfolge antreten. Ein auf dem Ozean kreuzendes Geisterschiff jedoch macht sämtliche Zukunftspläne zunichte, als es den Luxusliner rammt und versenkt. Ashland, Marshall, seine Familie und vier weitere Personen können sich notdürftig retten und begegnen dem Geisterschiff bald wieder. An Bord angekommen, bemerken sie zunächst nicht, dass es sich um einen Kreuzer aus der Nazizeit handelt, auf dem ferner offenbar furchtbare Gräueltten begangen wurden. Lediglich Captain Ashland fühlt sich hier bald wie zu Hause...

Ein "Film der Momente". Der eher unauffällige Regisseur Rakoff und ganz besonders sein dp René Verzier finden einige Einstellungen und Perspektiven, die als Zierde für das Genre gelten dürfen. Schummrige, schlecht beleuchtete Gänge auf dem Schiff, dunkle Kajüten, ein seltsames Unterhaltungskino für die Besatzung. Leider finden diese bravourösen visuellen Einfälle nie zu einer wirklich homogenen Einheit und "Death Ship" bleibt genau das schlichte "Shining"-Rip-Off auf hoher See, als das es die meisten seiner Zuschauer bezeichnen werden. Nun ist der in späteren Jahren ja stets als sympathisches Weißhaar besetzte George Kennedy wahrlich kein Jack Nicholson und seine Psychosen entsprechend wenig furchteinflößend. Außerdem ist die Konnexion Holocaust ~ B-Film in diesem Falle nicht immer als ganz geschmackssicher zu werten. Wenn etwa Richard Crenna und Nick Mancuso eine Nierenschale mit Goldzähnen finden, dann wirkt das einfach nur vollkommen banal. Andere Filmemacher haben diese gefährliche Gratwanderung dann auch wesentlich sicherer und gelassener stemmen können. Ansonsten lohnen wie erwähnt zumindest die unverhältnismäßig kunstvollen Bilder das Erlebnis.

5/10

Alvin Rakoff Nationalsozialismus Geisterschiff


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THE WHITE BUFFALO (J. Lee Thompson/USA 1977)


"I like my bodies fresh."

The White Buffalo (Der weiße Büffel) ~ USA 1977
Directed By: J. Lee Thompson

Der wegen Mordes gesuchte Gunman Wild Bill Hickok (Charles Bronson) kommt unter dem Namen James Otis zurück in den Westen, um einen ihn im Traum verfolgenden, monströsen weißen Büffel zu erlegen. Wie sich bald herausstellt, handelt es sich bei der Bestie keinesfalls um ein bloßes Hirngespinst - der sich mit Hickok anfreundende Ogallala-Häuptling Crazy Horse (Will Sampson) verfolgt ebenfalls den Büffel, weil dieser seine kleine Tochter auf dem Gewissen hat. Wild Bill erhält zusätzliche Unterstützung von dem alten Trapper Charlie Zane (Jack Warden), der sich jedoch gar nicht erbaut darüber zeigt, dass sein Kumpel sich mit einer Rothaut zusammentut.

Der italienische Produzent Dino De Laurentiis besorgte zwischen 76 und 77 eine inoffizielle, nur lose zusammenhängende Monstertier-Trilogie, bestehend aus dem bombastisch beworbenen "King Kong"-Remake unter der Regie vom Katastrophenfilm-Experten John Guillermin und Andersons "Orca" als Abschluss. "The White Buffalo", mit einem von Carlo Rambaldi wirklich außerordentlich reizend zusammengezimmerten Riesenbüffel ausgestattet, bildet ergo das Mittelstück.
Keiner der drei Filme genoss je ein besonders überzeugendes Renommee, mir gefielen sie jedoch stets alle ziemlich gut. "The White Buffalo" ist sicherlich das seltsamste Mosaikstück des Zyklus; ein lose auf Melvilles "Moby Dick" gründendes Westernabenteuer, das sich einer gesicherten Kategorisierung entzieht. Bronson als Wild Bill Hickok, hier in seinem letzten Pferdeopernpart zu sehen, trägt die meiste Zeit eine völlig entartete Schnee-/Sonnenbrille, ballert seine menschlichen Gegner lässig über den Haufen und erfreut sich eines von den Annalen bislang ignorierten Team-ups mit dem Sioux-Chief Crazy Horse. Da fällt einem doch gleich wieder das schöne "Liberty-Valance" von der Legendenbildung in den Schoß. Der deutsche Dialog, wie oft für Dino-Produktionen vermutlich von Rainer Brandt gestiftet, ist ganz hübsch flapsig und entzaubert den etwas bemühten Mystizismus des Films hier und da, erfreut das Herz aber wiederum an anderer Stelle. Als absolut phantastisch indes erweist sich John Barrys famoser Score, der sehr an seine Arbeit für "King Kong" erinnert. Auch die teils sichtlich artifiziellen Kulissen, in denen der leise rieselnde Schnee wie Zuckerwatte wirkt, sowie die zahlreichen Cameos sind toll.
Sicher nicht für jedermann gemacht, aber Liebhaber von Papa Bronson, Schneewestern und bizarren Tierhorrorfilmen werden sich wiederfinden.

7/10

Indianer Crazy Horse Monster Wild Bill Hickok Gebirge J. Lee Thompson Wyoming Bueffel Schnee Tierhorror


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UN DELITTO POCO COMUNE (Ruggero Deodato/ I 1988)


Zitat entfällt.

Un Delitto Poco Comune (Off Balance - Der Tod wartet in Venedig) ~ I 1988
Directed By: Ruggero Deodato


Der erst im Erwachsenenalter an der seltenen Krankheit Progerie erkrankte Pianist Robert Dominici (Michael York) dreht infolge der Diagnose plötzlich durch und wird zum serienkillenden Frauenmörder. Nebenbei neckt er den verzweifelten Inspettore Datti (Donald Pleasence) mit dessen vermeintlicher Unfähigkeit. Als Dominicis Geliebte Hélène (Edwige Fenech) ein Kind von ihm erwartet, will er seinen letzten Schlag landen: Ein Monster wie ihn darf es kein zweites Mal geben.

Bei Ferrara und De Palma klauender Spätgiallo, der gern die Qualitäten eines Argento aufwiese, leider jedoch mit einem allzu verkrampften Script und einem schlecht aufgelegten Deodato zu kämpfen hat. Wirklich gelungen ist eigentlich nur Michael Yorks Maske, die mit einer schön ekligen, gelben Zahnprothese ein wenig an seine Tierverwandlung in "The Island Of Dr. Moreau" erinnert, sowie Pino Donaggios untadelige Musik. Ansonsten steckt aber nicht sehr viel drin in diesem "Ungewöhnlichen Verbrechen". York gibt sich spürbar Mühe, sein schlicht gezeichnetes psychologisches Profil auszubauen, wird aber durch einen sehr müde wirkenden Pleasence geradezu ausgebremst und die Fenech hat einfach zu wenige Szenen, als dass man am Ende wirklich um sie fürchten würde.
Kann man ansehen, kann man auch lassen.

5/10

Madness Giallo Venedig Ruggero Deodato Serienmord


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THE NUTTY PROFESSOR (Jerry Lewis/USA 1963)


"Have some, baby?"

The Nutty Professor (Der verrückte Professor) ~ USA 1963
Directed By: Jerry Lewis


Der schüchterne Chemieprofessor Julius Kelp (Jerry Lewis) hat es nicht leicht: Seine wirren Experimente enden regelmäßig in mittelschweren Explosionen und seine Studenten haben keinerlei Respekt vor ihm. Hinzu kommt sein unvorteilhaftes Äußeres, das ihm selbst jedoch am Allermeisten zu schaffen macht. Ein Fitness-Programm im Bodybuildingstudio bringt nicht den gewünschten Erfolg, also erfindet Kelp ein Serum, mit dem er sich in den unwiderstehlichen, wenn auch arroganten Womanizer Buddy Love (Jerry Lewis) verwandeln kann. Die unabwendbare Identitätskrise lässt nicht lange auf sich warten.

Mit "The Nutty Professor" trieb Lewis seine komödiantische Kunst endgültig zu Perfektion. Nicht nur, dass der Film eine grandiose One-Man-Show für ihn als Doppel-Protagonisten bereithält, berichtet er zudem noch mustergültige Wahrheiten über Körper- und Schönheitskult, Oberflächlichkeiten und triebgesteuerte Partnersuche. Bis auf das endgültig dem Märchenreich entlehnte Ende, an dem sich die wunderhübsche Stella Stevens (nicht ohne ein letztes Augenzwinkern) gegen den potenten Testosteron-Protz Buddy Love und für den verzückten Professor Kelp entscheidet ist Lewis' auch als Horrorfilm-Parodie respektive als softe "Jekyll-&-Hyde"-Variation überaus gelungenes Meisterstück voll von sozialpsychologischen Beobachtungen, die, wenn auch in einem für das heutige Auge womöglich ungewohnten Ambiente angesiedelt, bis dato nichts von ihrer Gültigkeit eingebüßt haben. Schon geflissentlich bizarr, wie geringfügig die okzidentalische Kultur sich in mancherlei Hinsicht in fünf Dekaden weiterentwickelt hat.

9/10

Slapstick Parodie Jerry Lewis Satire Jekyll und Hyde Mad Scientist


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FRANKENSTEIN (Kenneth Branagh/USA, J 1994)


"I keep my promises."

Frankenstein ~ USA/J 1994
Directed By: Kenneth Branagh

Frühes 19. Jahrhundert, das Zeitalter der Aufklärung kulminiert. Der junge Schweizer Medizinstudent Victor von Frankenstein (Kenneth Branagh) ist von der Idee besessen, das menschliche Leben zu konservieren, den Tod zu besiegen. Eine von ihm im Zuge eines schöpfungsgleichen Aktes geschaffene Kreatur (Robert De Niro) präsentiert sich jedoch als äußerlich groteskes Monstrum, das vor den Menschen fliehen muss. Für die Unbill, die das Monster im Laufe der nächsten Zeit zu erfahren hat, rächt es sich fürchterlich an Frankenstein, indem es seine gesamte Familie und schließlich ihn persönlich in den Abgrund reißt.

Im Zuge von Coppolas "Dracula"-Relaunch brachten Columbia und TriStar noch einige weitere der klassischen Hollywood-Monster-Mären neu heraus. Neben Frears' Jekyll-/Hyde-Adaption "Mary Reilly" und Nichols' "Wolf" durfte sich ergo auch "Frankenstein" seines Status' einer Neu-Adaption erfreuen. Der Brite Branagh, zur damaligen Zeit noch eher für seine ausufernden Shakespeare-Verfilmungen bekannt, machte sich daran, Mary Shelleys Roman zum ersten Mal für die Leinwand in adäquater Form zu bearbeiten, erwies jedoch mittels zahlreicher Anspielungen auch der klassischen Karloff-Trilogie seinen Respekt. Ganz bewusst scheut Brannagh keinerlei große Gesten, inszeniert sein Horror-Drama pompös und operesk, als handele es sich um einen Beitrag der Wagner-Festspiele. Und wie beiläufig gemahnt er mit der Verpflichtung von Tom Hulce noch an Formans grandiosen "Amadeus". Kino der Reminszenzen also, hier und da die Grenzen zum camp deutlich überschreitend, aber immer noch spannend und aufregend genug, um als so beeindruckendes wie eigenständiges Werk bestehen zu können. Außerdem natürlich Robert De Niro: als seinem Schöpfer intellektuell mindestens ebenbürtiger Hybrid aus bemitleidenswerter Kreatur, die das Gute sucht und das Böse findet und teuflischem Rachemonster ist der Mann trotz dicker Latex-Maske einmal mehr großartigst.

8/10

Aufklärung Rache Madness Mad Scientist Cholera Kunstmensch Ingolstadt Kenneth Branagh Monster Genf Mary Shelley Schweiz Medizin


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VAN DIEMEN'S LAND (Jonathan auf der Heide/AU 2009)


"Hunger is a strange silece."

Van Diemen's Land ~ AU 2009
Directed By: Jonathan auf der Heide


Tasmanien, 1822: Eine achtköpfige Gruppe britisch-/irisch-stämmiger Strafgefangener unter Robert Greenhill (Arthur Angel) flieht durch den Busch, einer schwammigen Zukunft vom Hörensagen entgegen. Angeblich sollen sich irgendwo auf der Insel kleine Siedlungen befinden. Schon nach wenigen Tagen geht den Männern das Essen aus und bald sieht man keine andere Möglichkeit mehr, als zum Kannibalismus überzugehen. Der anfangs nur höchst widerwillig dazu bereite Alexander Pearce (Oscar Redding) bleibt schließlich als letzter übrig.

Weniger ein existenzialistischer Film über die ethischen Weggabelungen des Kannibalismus in Extremsituationen als einer über die Unbarmherzigkeit der Natur. Der Name 'Van Diemen's Land' geht auf den Namen eines niederländischen Gouverneurs zurück und bezeichnet die australische Insel Tasmanien, die einst als Hort für kriminelle Fronarbeiter aus Großbritannien fungierte. Der zum Kannibalen gewordene und später gehängte Alexander Pearce hat es dabei in die Annalen der noch jungen australischen Geschichte geschafft als eine Art historisches Schreckgespenst. Vor dem Hintergrund der gewaltigen, urwüchsigen Wälder Tasmaniens verblassen jedoch selbst die schreckenerregenden Ereignisse um Pearce und seine Gruppe; stattdessen starrt man wie gebannt auf das blasse, archaische Grün der scheinbaren Unendlichkeit und würde sich auch nicht weiter wundern, wenn ein Saurier aus dem Wald hervorgeprescht käme. Der junge Regisseur auf der Heide orientiert sich in seinem Langfilmdebüt deutlich an dem naturphilosophischen Œuvre von Terrence Malick und macht gleich von Beginn an den Schauplätz zum Symbolträger der psychischen Befindlichkeiten seiner Figuren. Dem wohnt eine morbide Magie inne, der man sich nur schwer entziehen kann.

8/10

period piece Kannibalismus Madness Kolonialismus Independent Jonathan auf der Heide Tasmanien Australien Historie





Filmtagebuch von...

Funxton

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