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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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PEEPING TOM (Michael Powell/UK 1960)


"Take me to your cinema."

Peeping Tom (Augen der Angst) ~ UK 1960
Directed By: Michael Powell


Der junge, schüchterne und krankhaft skopohile Londoner Mark Lewis (Karlheinz Böhm) tut alles für die Kamera - ob Film, Photos, oder bloße Technik - das Abbilden und Festhalten von Gesichtern ist sein Leben. Eines Tages entdeckt er die Lust daran, Frauen mit Todesangst in den Augen zu filmen - dummerweise muss er seine Opfer zur vollends authentischen Evozierung dieser Todesangst tatsächlich ermorden. Als seine Nachbarin Helen (Anna Massey) sich für ihn zu interessieren beginnt, spürt Mark, dass dies vielleicht seine letzte Möglichkeit der Erlösung ist.

Powells für seine Mitwirkenden auf verhängnisvolle Weise autodestruktiver "Peeping Tom" wird häufig in einem Atemzug mit Hitchcocks "Psycho" genannt - beide Filme präsentieren jeweils einen jungen Serienmörder, der durch grauenhafte Kindheitserlebnisse und eine diesbezüglich beanspruchte Sollbruchstelle in seiner Biographie eine tief verwurzelte Psychose davonträgt und die Kompensation dafür in Frauenmorden sucht. Dennoch differieren beide Arbeiten bereits im Ansatz; wo Hitchcock sich stilsicher mittels expressionistischer Schattenmotive fortbewegt, benutzt Powell beinahe obszön leuchtendes Eastman Color; wo Hitchcock tief in die innere Welt seines Protagonisten eintaucht, reflektiert Powell das Wesen seiner Kunst und nimmt sich darüberhinaus ausgiebig Zeit, das britische Spießbürgertum zu observieren. Dabei ist er auch dem ein oder anderen humorigen Moment nicht abgeneigt, etwa gleich zu Beginn, als das große britische Horror-Faktotum Miles Malleson bei seinem fast obligatorischen Auftritt den Zeitschriftenladen von Marks Arbeitgeber betritt, um eine Serie pornographischer Bilder zu erstehen - ganz inoffiziell natürlich.
Der vorsätzlich unbequeme und in seiner angemessenen Trägheit nicht eben leicht zu genießende "Peeping Tom" hat ja mittlerweile zahlreiche prominente Fürsprecher wie Martin Scorsese und ist in jedem respektablen Meisterwerks-Kanon auffindbar. Für den Hauptdarsteller Böhm, der hiermit sein Kaiser-Franz-Josef-Stigma abzuschütteln trachtete, bedeutete die fast archetypische Rolle des perversen Londoner Bohèmiens und Rollerfahrers Mark Lewis einen empfindlichen Karriereknick. Weniger bekannt ist indes ein meines Erachtens viel interessanteres Faktum, nämlich, dass "Peeping Tom" als Mittelstück einer inoffiziellen Mördertrilogie der für den Verleih von kommerziell vielversprechenden Billigproduktionen bekannten Anglo-Amalgamated gilt. Powells Film landet damit genau zwischen den ungleich weniger bekannten, dabei jedoch kaum minder wunderbaren "Horrors Of The Black Museum" von Arthur Crabtree und "Circus Of Horrors" von Sidney Hayers, die wegen ihrer deutlich plüschigeren Machart nie das Renommee von Powells Film für sich verbuchen konnten. Dennoch funktioniert diese herrlich bunte, makabre Trilogie des Todes als Ganzes immer noch am besten.

9/10

Psychologie Michael Powell London Serienmord Skandalfilm


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DAYBREAKERS (Michael Spierig, Peter Spierig/AU, USA 2009)


"It's not too late."

Daybreakers ~ AU/USA 2009
Directed By: Michael Spierig/Peter Spierig

Im Jahre 2019 sehen die mittlerweile die Welt beherrschenden Vampire sich mit einem empfindlichen Problem konfrontiert: Nahrungsmittelverknappung. Mittlerweile sind nur noch wenige Menschlein zum Aussaugen übrig und es drohen böse Hungerepidemien, die im schlimmsten Falle, nämlich dem des Kannibalismus, sogenannte 'Subsiders', eine Art instinktreduzierte Monstervampire, hervorbringen. Der für den Großindustriellen Charles Bromley (Sam Neill) tätige Hermatologe Edward Dalton (Ethan Hawke) forscht nach einem Blutersatz, bleibt jedoch erfolglos. Dafür entdeckt er mit Hilfe des wieder zum Menschen gewordenen Ex-Vampirs Cormac (Willem Dafoe) und der Untergrundkämpferin Audrey (Claudia Karvan) zwei andere Geheimnisse, von denen der zum Teil ebenfalls informierte, gierige Bromley zumindest eines unbedingt wohlbehütet wissen möchte, um seine Vormachtsstellung in der Welt der Vampire nicht zu gefährden...

Zwiespältige Angelegenheit. Zum einen geriert sich "Daybreakers" sicherlich als durchaus schick, gelackt und auch kurzweilig dazu, zum anderen aber ebenso als substanzlos und als insbesondere für die Weiterentwicklung des Vampirfilms vollkommen unbedeutender Beitrag, dessen prominente Besetzung vielleicht sogar ein paar Sekunden lang über die Tatsache hinwegzutäuschen vermag, dass sich hinter der groß aufgezogenen Fassade - aufrichtig gesprochen - kaum mehr denn ein Häuflein Nichts verbirgt. "Daybreakers", von den beiden "Undead"-Regisseuren und Aussie-Brüdern Spierig inszeniert, bedeutet für selbige sicherleich einen nicht unwesentlichen Karrieresprung; allerdings hätten sie zumindest versuchen sollen, den Hauch einer Eigennote in ihr Projekt einfließen zu lassen. Tatsächlich präsentiert das Resultat nichts anderes als ein Kollektiv aus Einflüssen und Inspirationen - böse Zungen bezeichnen sowas als Plagiatismus -, das Etliches von dem, was im Horror- und Actionfilm in den letzten Jahren 'innovativ' gerufen wurde, in sich vereint, wiederkäut und unpassend hochglänzend über sein Publikum auskotzt. Trotzdem habe ich mich großherzigerdings dazu entschieden, "Daybreakers" zumindest ein bisschen zu mögen und ihn bei Gelegenheit auch nochmals anzusehen - dann allerdings mit genau der geschmälerten Erwartungshaltung, die ihm tatsächlich zukommt.

5/10

Vampire Peter Spierig Michael Spierig Zukunft


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THE PICTURE OF DORIAN GRAY (Albert Lewin/USA 1945)


"I like persons better than principles and persons with no principles better than anything at all."

The Picture Of Dorian Gray (Das Bildnis des Dorian Gray) ~ USA 1945
Directed By: Albert Lewin


In dem jungen Dandy Dorian Gray (Hurd Hatfield), der just von seinem Freund, dem Maler Basil Hallward (Lowell Gilmore) porträtiert wird, findet der berühmt-berüchtigte Londoner Gesellschaftsanalytiker, Zyniker und Misanthrop Lord Henry Wotton (George Sanders) einen willfährigen Eleven. Parallel zu seiner Bekanntschaft mit Lord Henry verdunkelt sich Dorians Wesen; sein Porträt, dass er fortan stets verdeckt und wie einen geheimen Schatz hütet, hat allerdings nicht nur indirekt damit zu tun. Dorian selbst bleibt stets jung und schön, wärend sein Leinwandbildnis altert und alle pestilenzartige Hässlichkeit, die sich Dorians Seele im Laufe der Jahre bemächtigt, widerspiegelt.

Zwar lässt Albert Lewins Verfilmung des berühmten Wilde-Romans einige Handlungsstränge und intellektuelle Implikationen der Vorlage, darunter deren auto- und homoerotischen Tendenzen, außer Acht, darf sich insgesamt aber dennoch rühmen, eine sehr sorgfältige, beherzte und vor allem atmosphärische Literaturadaption abzugeben. Daran ändern selbst dichterische Freiheiten wie der Einsatz einer ägyptischen Katzenstatuette als rationales Erklärungsmittel für Dorians "lebendes Bild" nichts. Die Idee des farbig dargestellten Porträts in einem ansonsten schwarzweißen Film erscheint darüberhinaus keineswegs übel, technisch allerdings noch - der Zeit geschuldet - etwas sehr behelsmäßig umgesetzt.
Die wahre Brillanz liegt ohnehin im von Lewin selbst stammenden Script, das viele der scharfkantigen Dialoge Wildes gar wunderbar einkleidet in sein straff sitzendes cineastisches Korsett. Hinzu kommen die durchweg tadellosen, dem viktorianischen Zeitkolorit des Romans angemessen gediegenen Auftritte der Darsteller. Der Film erreicht somit eine vehemente Ausdruckskraft, die ihn zur bis heute wohl schönsten und bedeutsamsten der diversen, häufig mäßig umgesetzten "Dorian Gray"-Verfilmungen werden lässt.

9/10

Oscar Wilde England Albert Lewin Fin de Siècle Kunst


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DELLAMORTE DELLAMORE (Michele Soavi/I, F, D 1994)


"I'd give my life to be dead."

Dellamorte Dellamore ~ I/F/D 1994
Directed By: Michele Soavi


Francesco Dellamorte (Rupert Everett) ist der Friedhofswärter von Buffalora, einem pittoresken norditalienischen Städtchen. Zusammen mit seinem debilen Gärtner Gnaghi (François Hadji-Lazaro) trägt er Sorge dafür, dass Grabsteine, Totenacker und Gebeinehaus stets tadellos in Schuss bleiben, doch damit nicht genug - auf diesem Friedhof, über dessen Tor groß der Schriftzug 'Resurrectus' prangt, pflegen die Toten nämlich spätestens sieben Tage nach ihrer Bestattung als Zombies wiederzukehren, was eine neuerliche Entsorgung nötig macht - nach der Zerstörung des Gehirns, versteht sich. Als Francesco sich in eine schöne, namenlose Witwe (Anna Falchi) verliebt, bekommt sein Leben eine seltsame Wendung...

Die Erkenntnis, dass wir letzten Endes alle bloß in unserer höchstpersönlichen Schneekugel leben, die von Zeit zu Zeit mal ordentlich durchgeschüttelt wird, muss so niederschmetternd nicht sein. Mit "Dellamorte Dellamore" gelang Michele Soavi jedenfalls einer der seltsamsten und schönsten Horrorfilme des letzten Jahrzehnts. Fragen an den Film zu stellen ist völlig redundant, denn in schönster Konventionsmissachtung kettet der Regisseur magische Bilder von immenser lyrischer Kraft aneinander, deren Bedeutung sich jedoch, einer Asssoziationskette gleich, höchstens kurzfristig und bestenfalls als Gedankenhauch niederschlägt: Film als Traum. Physikalische Gesetze oder gar solche der Logik haben hier keinerlei Bedeutung; Soavis Film steht ohnehin viel deutlicher in der Tradition von Buñuels Spätwerk und natürlich Giraults "La Soupe Aux Choux" als in der Romeros oder gar Soavis eigener Landsleute Fulci oder meinetwegen Lamberto Bava und Argento.
"Dellamorte Dellamore", dessen bezaubernder Titel bereits hinreichend über die ewige existenzielle Dualität von Tod und Liebe plaudert, lapidar als 'Zombiefilm' zu bezeichnen, käme ergo fast einer Majestätsbeleidigung gleich. Andererseits liegt hier in der Tat der große Ausnahme-Zombiefilm vor, einer, den man guten Gewissens selbst baskenmützenbewährten, selbsternannten Kunstliebhabern im Programmkino vorführen könnte.

9/10

Italien Zombies Surealismus Michele Soavi Splatter


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BEETLE JUICE (Tim Burton/USA 1988)


"I'm a ghost with the most, babe."

Beetle Juice ~ USA 1988
Directed By: Tim Burton


Nach seinem urplötzlichen Unfalltod sieht sich das zu Hausgeistern gewordene Provinzehepaar Barbara (Geena Davis) und Adam Maitland (Alec Baldwin) der grauenhaften Yuppiefamilie Deetz (Jeffrey Jones, Catherine O'Hara) als neuen Heimeigentümern gegenüber. Die Deetzens haben die Stadtflucht als neuen Hipstergral für sich entdeckt und aus ist es mit der ländlichen Harmonie. Einzig Tochter Lydia (Winona Ryder) ist eine sympathische junge Dame. Da die Maitlands viel zu brav sind um ihre neuen Mitbewohner spukend aus dem Haus zu ekeln, sehen sie sich irgendwann gezwungen, sich der Dienste des schmierigen "Bio-Exorzisten" Betelguise (Michael Keaton) zu bedienen. Jener stiftet allerdings mehr Chaos als selbst Gespenstern lieb sein kann.

Mit etwas Abstand nun auch Burtons zweite Langregiearbeit nachgeholt, die mir mittlerweile wesentlich besser gefällt als damals meinem Steppke-Ich im Kino. Da wusste ich allerdings auch mit dem quirligen Anarcho-Humor der ganzen verrückten Angelegenheit, so etwa mit der zersägten Frau und dem schrumpfköpfigen Großwildjäger im Problemfallwartesaal zum lustigen Jenseits und natürlich mit Keatons brachialen Irrsinns-Auftritten (besondere Sympathiebekundungen in diesem Zusammenhang auch für seinen Synchronsprecher Ulrich Gressieker, der leider kurz danach wegen Suizids selbstins Jenseits übertrat) noch nicht allzuviel anzufangen. Heute kann ich mich da an den teils wunderbaren visuellen Einfällen mitsamt augenschmeichelnder Stop-Motion-Effekte schon deutlich gekonnter verlustieren. Ähnliches gilt für die für mich damals natürlich noch übersehene, imperative Botschaft des Films: "Exzentriker aller Sphären, vereinigt euch!", die ganz besonders das urbane Gernegroßtum des Achtziger-Jahre-Snobisten an und für sich auf die Pike nimmt. Robert Goulet und Glenn Shadix als Antlitze des gepflegten, hochnäsigen Brokers mit ihrem ausgeprägten Kunstverstand für den After sind nur toll.

8/10

Tim Burton Geister


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THE LAST HOUSE ON DEAD END STREET (Roger Watkins/USA 1977)


"I'm directing this fucking movie!"

The Last House On Dead End Street ~ USA 1977
Directed By: Roger Watkins


Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis fasst Terry Hawkins (Roger Watkins) den Entschluss, die Welt künftig mit selbstgemachten Filmen zu beeindrucken. Dass diese um Sex, Erniedrigung, Gewalt kreisen müssen um die gewünschte Wirkung zu erzielen, versteht sich für Terry und seine sich bald um ihn scharende, kleine Crew von selbst. Immer schlimmer werden ihre Kameraexzesse und niemand scheint sie aufhalten zu können...

Ein unglaublicher, das Ergebnis allerdings kaum (mehr) rechtfertigender Ruf eilte und eilt diesem selbstreflexiven, kleinen Undergroundfilm voraus. Der Abstand der vielen Jahre von seiner Entstehung anno 72 (er kam erst mit fünf Jahren Verspätung zur Aufführung) bis heute und nicht zuletzt die stark veränderten Sehgewohnheiten, Grenzverschiebungen und Tabubeschränkungen im Kino veranlassen, dass "The Last House On Dead End Street", itzo erstmals angeschaut, nunmehr kaum noch seinen ursprünglichen Wirkungsrad erreicht. Was ich an allerlei Verruchtem darüber gelesen und gehört habe, erscheint mir jetzt im Nachhinein fast wie eine Art bizarrer Massenpsychose.
Als revolutionäres Zeitporträt und eine der ersten spielerisch aufbereiteten Konfrontationen mit dem ja später bis in den Mainstream vorgedrungenen, berüchtigten 'Snuff'-Motiv indes bedient Watkins' rein formal betrachtet völlig anarchischer Film den willfährigen, d.h. solcherlei Stoff aufgeschlossenen Zuschauer auch heute noch in hinreichend ansprechender Weise. Ansonsten werde ich mich hüten, jeder weiteren Lobpreisung oder Schundverreiße Vorschub zu leisten. Allerdings, soviel ist ganz sicher, ist es gut, dass "Last House On Dead End Street" zumindest in der vorliegenden Fassung mittlerweile problemlos global erhältlich ist und damit ein weiteres, kleines Kapitel schummriger Gossenfilmgeschichte entmystifiziert werden konnte.

7/10

Roger Watkins New York Underground Transgression Independent Drogen Snuff Pornographie


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EQUINOX (Jack Woods, Dennis Muren/USA 1967/1970)


"That's a whole lifetime of nightmares."

Equinox (Eine Reise ins Übernatürliche) ~ USA 1967/1970
Directed By: Jack Woods/Dennis Muren


Bereits ein Jahr sitzt der nurmehr katatonische Ex-Student Dave (Edward Connell) in der Klappsmühle, genauer gesagt seit er behauptet hat, in den Bergen von einem führerlosen Auto angefahren worden zu sein. Ein Umhängekruzifix ist der einzige Gegenstand, der für Dave noch eine Bedeutung zu haben scheint. Ein Reporter (James Philips) interessiert sich vordringlich für den Fall und lässt sich von Daves Therapeuten eine Tonbandaufnahme vorspielen, auf der er kurz nach seiner Einlieferung seine Geschichte erzählt. Diese handelt von einem verschwundenen Wissenschaftler (Fritz Leiber) bösen Buch, Monstern, Paralleldimensionn und dem Teufel (Jack Woods) persönlich.

Zunächst sei vorausgeschickt, dass es sich bei der von mir in Augenschein genommenen Version um die für den Kinoeinsatz nachträglich erweiterte und umstrukturierte Fassung handelt - Murens "unverfälschtes" Original habe ich noch nicht gesehen. Wird beizeiten aber nachgeholt, bereits um des bloßen Vergleiches Willen.
Angesichts des Minimalbudgets jedenfalls, mit dem der spätere SF/X-Wizard Dennis Muren dieses ehrgeizige Projekt bereits zu Collegezeiten realisiert hat, darf man bunte Legoklötzchen staunen über das schnuckelige Resultat. Nicht umsonst ist der vorsätzlich artifiziell gestaltete "Equinox" zu einem leuchtenden Beispiel für angehende Filmemacher avanciert, dem beispielsweise Raimis "Evil Dead" unübersehbar eine Menge zu verdanken hat. Die putzigen Experimente mit Stop-Motion machen ihrem großen Mentor Ray Harryhausen alle Ehre und selbst die lächerlich simpel gestalteten Projektionseffekte sind schön anzuschauen. Neben den lustigen Monstern ist der größte Star des Films fraglos der von Jack Woods himself gemimte Ranger Asmodeus, bei dem es sich - der Name verrät's dem Kenner - natürlich um niemand geringeren als Luzifer persönlich handelt. Im Zuge einer wilden Semi-Vergewaltigung der schnittigen Barbara Hewitt hält er einige Grimassen in die Kamera, die selbst einen Jerry Lewis vor Neid erblassen lassen dürften.
Ein Wunder eigentlich, dass sich bislang noch niemand an ein großbudgetiertes Remake gemacht hat; hinreichend Potential hat die Story allemal. Außerdem landet ja heuer auch sonst jeder halbseidene Mist in güldener Verpackung auf der Leinwand.

6/10

Jack Woods Independent Daemon Riese Dennis Muren Monster Teenager Psychiatrie Journalismus


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LE NOTTI DEL TERRORE (Andrea Bianchi/I 1980)


Zitat entfällt.

Le Notti Del Terrore (Die Rückkehr der Zombies) ~ I 1980
Directed By: Andrea Bianchi


Der Ertruskerforscher Professor Ayres (Renato Barbieri) lädt drei befreundete Ehepaare (Karin Well, Gian Luigi Chirizzi, Simone Mattioli, Antonella Antinori, Roberto Caporali, Maria Angela Giordano), eines mitsamt dem seltsamen Filius Michael (Peter Bark), auf sein Provinzschloss ein. Dort will er sie mit sensationellen Forschungsergebnissen vertraut zu machen. So ganz genau weiß keiner um die Funde des Professors; allein, dass sie "irgendwas mit der Grenze zwischen Leben und Tod" zu tun haben sollen, ist bekannt. Ayres selbst kann ihnen darüber leider auch nichts mehr mitteilen, denn er hockt bereits zombifiziert in der Abstellkammer. Zuvor jedoch krabbeln noch Dutzende weiterer bereits stark verwester Untoter aus den umliegenden Wiesen und holen sich nach und nach jede der mittlerweile flüchtigen Familien nebst Hausangestellten (Claudio Zucchet, Anna Valente).

Herrlich doofer Zombiequark, der mit Untoten hausieren geht, die aussehen wie Hybriden aus den "Reitenden Leichen" und Fulcis Conquistadorenzombies aus "Zombi 2", ziemlich baufällig also und mit grünem Leichengift statt Blut in den modrigen Adern. Fürderhin sind sie bei Bianchi deutlich intelligenter als in Konkurrenzproduktionen und können, ähnlich wie Primaten, sogar mit Werkzeugen hantieren und diese ganz gezielt einsetzen. In einer besonders hübschen Szene kommt eine Gruppe Zombies jeweils mit Sensen, Knüppeln, Äxten und ähnlichem Richtung Kamera geschlurft, als wäre sie just zuvor beim Materialverleih gewesen.
Natürlich ist der ganze Film nichts weiter als ein Möchtegern-Fulci und Alibi für die Zurschaustellung diverser Eingeweide-Wühl- und Mampfszenen mit ziemlich halbseidenem Effektezauber, von Goblin geklauter Musik und einem ganzen Sack dullen Füllmaterials zwischen den Zombieattacken. Ganz besonders denkwürdig die in Enthusiastenkreisen ja längst kultisch verehrten Auftritte des Zwergenakteurs Peter Bark, der ein klein wenig ausschaut wie ein Progerie-Kind und gruseligerweise auch noch seiner Mutter eindeutige inzestuöse Avancen macht. Was die Scriptautoren geritten haben mag, diesen unappetitlichen kleinen Ödipuskonflikt miteinzuflechten, kann nur gemutmaßt werden. Wahrscheinlich war's der Hang nach ein bisschen gesteigertem Publikumswiderwillen, nachdem Zombies 1980 ja bereits zum alltäglichen Leinwandinventar gehörten.

5/10

Zombies Andrea Bianchi Trash Splatter Europloitation


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LA CASA SPERDUTA NEL PARCO (Ruggero Deodato/I 1980)


Zitat entfällt.

La Casa Sperduta Nel Parco (Der Schlitzer) ~ I 1980
Directed By: Ruggero Deodato


Der verrückte Frauenmörder Alex (David Hess) und sein unterbelichteter Kumpel Ricky (Giovanni Lombardo Radice) landen per Zufall auf einer Manhattaner Snobistenparty und zeigen der hochtrabenden Sozialelite, was sie von deren widerwärtiger Arroganz halten.

Im Vergleich zu dem ja sehr visuell angelegten "Cannibal Holocaust" lässt sich "La Casa Sperduta Nel Parco" von einem eher psychologischen Terror tragen, der ferner auch noch weitaus subtiler arbeitet und greift als in den unmittelbaren Vorbilden "Last House On The Left" und "L'Ultima Treno Della Notte". "La Casa" findet sich dann eher in der Nähe zu Baldis kurz zuvor entstandenem "La Ragazza Del Vagone Letto", in dem ebenfalls das Terrormotiv einer drangsalierten Gruppe von bourgeoisen Hochnasen mit unpassenden Softsex-Elementen angereichert wird und der physische Gewaltfaktor im Prinzip am Boden bleibt. David Hess als Alex liegt - so suggeriert uns Deodato - gar nicht mal so verkehrt, wenn er die Society-Schnepfen auf der Party als unbefriedigte Emanzen abtut - der "Beweis" findet sich in der Koitusszene mit der ausnehmend hochmütig gezeichneten Lisa (Annie Belle), die durch ihre wohlfeil getarnten Lockrufe maßgeblich mitverantwortlich gemacht wird für Alex' Ausraster und sich als von seinen Liebeskünsten im "Upstairs-Séparé" durchaus angetan zeigt.
Es gibt zwar Prügel und ein paar handelsübliche Demütigungen hier und da, wirklich zu Tode kommt am Ende aber nur einer - und dabei handelt es sich (natürlich) um den verklausulierten Sozialrebellen und proletarischen Aufbegehrer, der abermals gegen die Privilegierten verliert. Eine seltsam verdrehte Katharsis. Dass dieser, für das italienische Genrekino dieser Zeit keinesfalls untypische und seine Wurzeln im Spaghetti-Western findende, gesellschaftspolitische Aspekt hier per Holzhammer vorgetragen wird, kann man sich bereits im Vorhinein denken und schmecken muss es einem glücklicherweise auch nicht.
Ein wenig unpassend zu dem anfänglich eingeleiteten Bild von Manhatten wirkt freilich die Architektur der unzweifelhaft in Italien gefilmten Villa. Dafür haut die perfekt zum Film passende, schmierige deutsche Synchronisation um Manfred Lehmann und Lutz Mackensy, die, so vermute ich, zwischen der Vertonung von zwei Pornos angefertigt wurde, alles von der Platte. David Hess als Urvater aller Haustyrannen macht seinem Ruf wieder mal alle Ehre. Seine in vordringlicher Zeitlupe zelebrierte Mimesis als ihn der entscheidende Pistolenschuss ins manneskräftige Zentrum ereilt, ist jedenfalls denkwürdig.

6/10

Ruggero Deodato Nacht Yuppie New York Terrorfilm Europloitation Serienmord


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L'ISOLA DEGLI UOMINI PESCE (Sergio Martino/I 1979)


Zitat entfällt.

L'Isola Degli Uomini Pesce (Die Insel der neuen Monster) ~ I 1979
Directed by: Sergio Martino


Im späten neunzehnten Jahrhundert kentert ein Gefangenenschiff in der karibischen See. Nur der Schiffsarzt de Ross (Claudio Cassinelli) und ein paar Gefangene (u.a. Franco Iavarone, Robert Posse) können sich auf eine geheimnisvolle Insel retten. Auf jener machen sie Bekanntschaft mit dem sich zum Autokraten aufspielenden Edmond Rackham (Richard Johnson), einer jungen Schönheit namens Amanda (Barbara Bach) sowie einer Gruppe blutrünstiger Fischmenschen, die die Gruppe bald dezimiert. Einzig de Ross bleibt übrig und erfährt bald von dem goldgierigen Markham, was dieser hier eigentlich vorhat...

Ebenso wilde wie charmante Mischung aus Motiven von Jules Verne, Wells und Lovecraft, zusätzlich untergehoben von ein bisschen Kolonialherrenschmus und karibischem Voodoozauber. Nicht von ungefähr weist "L'Isola" starke Ähnlichkeiten zu dem fast zeitgleich entstandenen "Il Fiume Del Grande Caimano" auf; praktisch back to back und teils mit denselben Stars gedreht, ähneln sich die Filme trotz ganz unterschiedlicher Handlungszeiten atmosphärisch doch sehr. Ich bin ja ein bekennender Fan von den gealterten, im italienischen Kino gestrandeten Hollywood-Stars dieser Tage und hatte einmal mehr besondere Freude an den Auftritten von Richard Johnson (der mit seinem unverhältnismäßig seriösen und wirklich guten Spiel große Teile des Films trägt) sowie von Joseph Cotten, wieder mal unter permanentem Starkstrom und einen derart desorientierten Eindruck hinterlassend, dass man sich ernsthaft fragen muss, ob er sich später überhaupt noch an den Dreh erinnern konnte. Die Fischmenschen als eine im Schnellverfahren kreierte Alternative zu Zombies und Kannibalen sind wirklich allerliebst, leider sind ihre Masken so unbeweglich, dass sie bloß bedrohlich mit den Kulleraugen rollen können, das Maul jedoch starr bleibt. Das nimmt ihnen einiges von ihrer Bedrohlichkeit und macht sie schließlich zum harmlosen Kinderschreck. Mir egal, ich hatte den Film das letzte Mal vor 25 Jahren gesehen und da fand ich ihn auch nicht besser.

5/10

Sergio Martino Mad Scientist period piece Karibik Europloitation Trash Monster Voodoo





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Funxton

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