"Take me to your cinema."
Peeping Tom (Augen der Angst) ~ UK 1960
Directed By: Michael Powell
Der junge, schüchterne und krankhaft skopohile Londoner Mark Lewis (Karlheinz Böhm) tut alles für die Kamera - ob Film, Photos, oder bloße Technik - das Abbilden und Festhalten von Gesichtern ist sein Leben. Eines Tages entdeckt er die Lust daran, Frauen mit Todesangst in den Augen zu filmen - dummerweise muss er seine Opfer zur vollends authentischen Evozierung dieser Todesangst tatsächlich ermorden. Als seine Nachbarin Helen (Anna Massey) sich für ihn zu interessieren beginnt, spürt Mark, dass dies vielleicht seine letzte Möglichkeit der Erlösung ist.
Powells für seine Mitwirkenden auf verhängnisvolle Weise autodestruktiver "Peeping Tom" wird häufig in einem Atemzug mit Hitchcocks "Psycho" genannt - beide Filme präsentieren jeweils einen jungen Serienmörder, der durch grauenhafte Kindheitserlebnisse und eine diesbezüglich beanspruchte Sollbruchstelle in seiner Biographie eine tief verwurzelte Psychose davonträgt und die Kompensation dafür in Frauenmorden sucht. Dennoch differieren beide Arbeiten bereits im Ansatz; wo Hitchcock sich stilsicher mittels expressionistischer Schattenmotive fortbewegt, benutzt Powell beinahe obszön leuchtendes Eastman Color; wo Hitchcock tief in die innere Welt seines Protagonisten eintaucht, reflektiert Powell das Wesen seiner Kunst und nimmt sich darüberhinaus ausgiebig Zeit, das britische Spießbürgertum zu observieren. Dabei ist er auch dem ein oder anderen humorigen Moment nicht abgeneigt, etwa gleich zu Beginn, als das große britische Horror-Faktotum Miles Malleson bei seinem fast obligatorischen Auftritt den Zeitschriftenladen von Marks Arbeitgeber betritt, um eine Serie pornographischer Bilder zu erstehen - ganz inoffiziell natürlich.
Der vorsätzlich unbequeme und in seiner angemessenen Trägheit nicht eben leicht zu genießende "Peeping Tom" hat ja mittlerweile zahlreiche prominente Fürsprecher wie Martin Scorsese und ist in jedem respektablen Meisterwerks-Kanon auffindbar. Für den Hauptdarsteller Böhm, der hiermit sein Kaiser-Franz-Josef-Stigma abzuschütteln trachtete, bedeutete die fast archetypische Rolle des perversen Londoner Bohèmiens und Rollerfahrers Mark Lewis einen empfindlichen Karriereknick. Weniger bekannt ist indes ein meines Erachtens viel interessanteres Faktum, nämlich, dass "Peeping Tom" als Mittelstück einer inoffiziellen Mördertrilogie der für den Verleih von kommerziell vielversprechenden Billigproduktionen bekannten Anglo-Amalgamated gilt. Powells Film landet damit genau zwischen den ungleich weniger bekannten, dabei jedoch kaum minder wunderbaren "Horrors Of The Black Museum" von Arthur Crabtree und "Circus Of Horrors" von Sidney Hayers, die wegen ihrer deutlich plüschigeren Machart nie das Renommee von Powells Film für sich verbuchen konnten. Dennoch funktioniert diese herrlich bunte, makabre Trilogie des Todes als Ganzes immer noch am besten.
9/10
Psychologie Michael Powell London Serienmord Skandalfilm
Peeping Tom (Augen der Angst) ~ UK 1960
Directed By: Michael Powell
Der junge, schüchterne und krankhaft skopohile Londoner Mark Lewis (Karlheinz Böhm) tut alles für die Kamera - ob Film, Photos, oder bloße Technik - das Abbilden und Festhalten von Gesichtern ist sein Leben. Eines Tages entdeckt er die Lust daran, Frauen mit Todesangst in den Augen zu filmen - dummerweise muss er seine Opfer zur vollends authentischen Evozierung dieser Todesangst tatsächlich ermorden. Als seine Nachbarin Helen (Anna Massey) sich für ihn zu interessieren beginnt, spürt Mark, dass dies vielleicht seine letzte Möglichkeit der Erlösung ist.
Powells für seine Mitwirkenden auf verhängnisvolle Weise autodestruktiver "Peeping Tom" wird häufig in einem Atemzug mit Hitchcocks "Psycho" genannt - beide Filme präsentieren jeweils einen jungen Serienmörder, der durch grauenhafte Kindheitserlebnisse und eine diesbezüglich beanspruchte Sollbruchstelle in seiner Biographie eine tief verwurzelte Psychose davonträgt und die Kompensation dafür in Frauenmorden sucht. Dennoch differieren beide Arbeiten bereits im Ansatz; wo Hitchcock sich stilsicher mittels expressionistischer Schattenmotive fortbewegt, benutzt Powell beinahe obszön leuchtendes Eastman Color; wo Hitchcock tief in die innere Welt seines Protagonisten eintaucht, reflektiert Powell das Wesen seiner Kunst und nimmt sich darüberhinaus ausgiebig Zeit, das britische Spießbürgertum zu observieren. Dabei ist er auch dem ein oder anderen humorigen Moment nicht abgeneigt, etwa gleich zu Beginn, als das große britische Horror-Faktotum Miles Malleson bei seinem fast obligatorischen Auftritt den Zeitschriftenladen von Marks Arbeitgeber betritt, um eine Serie pornographischer Bilder zu erstehen - ganz inoffiziell natürlich.
Der vorsätzlich unbequeme und in seiner angemessenen Trägheit nicht eben leicht zu genießende "Peeping Tom" hat ja mittlerweile zahlreiche prominente Fürsprecher wie Martin Scorsese und ist in jedem respektablen Meisterwerks-Kanon auffindbar. Für den Hauptdarsteller Böhm, der hiermit sein Kaiser-Franz-Josef-Stigma abzuschütteln trachtete, bedeutete die fast archetypische Rolle des perversen Londoner Bohèmiens und Rollerfahrers Mark Lewis einen empfindlichen Karriereknick. Weniger bekannt ist indes ein meines Erachtens viel interessanteres Faktum, nämlich, dass "Peeping Tom" als Mittelstück einer inoffiziellen Mördertrilogie der für den Verleih von kommerziell vielversprechenden Billigproduktionen bekannten Anglo-Amalgamated gilt. Powells Film landet damit genau zwischen den ungleich weniger bekannten, dabei jedoch kaum minder wunderbaren "Horrors Of The Black Museum" von Arthur Crabtree und "Circus Of Horrors" von Sidney Hayers, die wegen ihrer deutlich plüschigeren Machart nie das Renommee von Powells Film für sich verbuchen konnten. Dennoch funktioniert diese herrlich bunte, makabre Trilogie des Todes als Ganzes immer noch am besten.
9/10
Psychologie Michael Powell London Serienmord Skandalfilm