"Ich will lieber nicht nochmal gerettet werden."
Komm, süßer Tod ~ AUT 2000
Directed By: Wolfgang Murnberger
Der Wiener Ex-Polizist Simon Brenner (Josef Hader) liebt Joints, Bourbon und Jimi Hendrix' Gitarrensoli. Seit er bei der Polizei, der er zu Dienstzeiten stets ein Dorn im Auge war, entlassen wurde, hält er sich mit allem über Wasser, was schnelles Geld bringt, nebenberuflich auch als Prtivatdetektiv. Gegenwärtig arbeitet er als Rettungssanitäter auf Probe bei den "Kreuzrettern", einem privaten Krankentransportdienst, der in starker Konkurrenz zum deutlich straffer organisierten "Rettungsbund" steht. Gemeinsam mit dem Zivi Berti (Simon Schwarz) und der leichtlebigen Angelika (Nina Proll) stößt Brenner auf einen seltsamen Doppelmord an zwei Kollegen vom Rettungsbund, dem fast umgehend ein weiterer Mord an dem ebenfalls bei den Kreuzrettern beschäftigten "Piefke" Gross (Bernd Michael Lade) folgt. Während Brenner die Hauptakteure hinter den Gewaltakten zunächst beim Konkurrenzunternehmen vermutet, sitzt der tatsächliche Feind in den "eigenen Reihen".
Wenn es heißt: "Jetzt ist schon wieder was passiert...", dann wissen glückliche Priviligierte bereits qualitätssiegelgleich, wohin die Reise geht. Der Wahlwiener Wolf Haas hat sechs Brenner-Romane verfasst, von denen bislang vier verfilmt wurden. Die eigentümlichen Kriminalfälle des kiffenden Privatdetektivs, in die selbiger stets durch bizarre Zufälle hineinstolpert und sich regelmäßig durch persönliche Berührungspunkte stark involviert findet, werden von einer auktorialen Erzählstimme mit herzlicher Lakonie kommentiert. Ich habe leider noch keines der Bücher gelesen, man vernimmt jedoch allerorten, dass die Adaptionen überaus kongenial ausfallen sollen, was angesichts der sich von Film zu Film steigernden Qualität große Lust zumindest auf die bis dato unverfilmten Werke macht.
Brenner ist ein Typ, den man lieben muss. In sich vereint er Elemente des slackenden Althippies, des bauernschlauen Kleinschnüfflers und des wehrhaften hardboiled-P.I. klassischen Zuschnitts. Er mäandert eher durch seinen Alltag, nachdem er infolge fast zweier Jahrzehnte im Staatsdienst uniformlos durch Österreich streift und, diametral zu seinem sicherlich vorhandenen Intelligenzpotenzial, eigentlich gar kein echtes Interesse daran hat, sich zum gesellschaftlich anerkannten Erfolgsmenschen zu mausern. Dann doch lieber ein Tütchen und ein Fläschchen Bier dazu. Dass seine meist auf unfällige Art und Weise zustande kommenden Aufträge ihn immer wieder auch vor tiefe soziale Abgründe führen, gehört zum gut-bösen Ton der ihn umkreisenden Storys.
In "Komm, süßer Tod" ist es das privatisierte Rettungswesen, das als obszöne Wucherung kapitalistischer Pervertiertheit längst zu extrem unlauteren Mitteln greifen muss, um angesichts starker Konkurrenz zu bestehen. Dass Brenners Chef (Michael Schönborn), den als Nachfolger seines Vaters alle nur als "Junior" bezeichnen, längst nicht nur ein arroganter Stöpsel ist, sondern über seine kriminellen Umtriebe hinaus auch noch wahnsinnig, stimmt einen nicht eben zuversichtlich angesichts der nächsten bevorstehenden Fahrt im KTW. Vielleicht jedoch wird man dann auch an den Brenner denken und, Dialyse hin oder her, wohlweislich schmunzeln.
8/10
Wolfgang Murnberger Wolf Haas Österreich Wien Rettungsdienst Brenner