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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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POLICE ACADEMY (Hugh Wilson/USA 1984)


"You make me sick." - "Thank you, sir. I make everybody sick."

Police Academy ~ USA 1984
Directed By: Hugh Wilson

Durch einen Erlass der neuen Bürgermeisterin darf sich nunmehr jeder Bürger der Stadt zur Polizei-Ausbildung melden, ungeachtet von Herkunft, Vorbildung, körperlicher Konstitution, Geschlecht und Geisteszustand. Entsprechend bunt gemischt ist das Trüppchen, das Lt. Harris (G.W. Bailey) und Sgt. Callahan (Leslie Easterbrook) von der Police Academy binnen vierzehn Wochen stählen sollen. Das inoffizielle Ziel ist es, die allerfaulsten Eier möglichst lautlos herauszumobben, wofür sich Harris der denunziatorischen Qualitäten der zwei Schleicher Copeland (Scott Thomson) und Blankes (Brant von Hoffman) bedient. Doch unsere Rekruten schlagen sich wackerer als von aller Welt erwartet.

War inklusive seiner ersten beiden Sequels ein Riesenhit damals und Pflichtübung für jedes echte VidKid. Hightower (Bubba Smith), Hooks (Marion Ramsey), Jones (Michael Winslow), Tackleberry (David Graf), Callahan und der demente Commandant Lassard (George Gaynes) - das sind Namen und Figuren, die ihrer Hauptklientel von annu dazumal garantiert noch immer ein abruptes Grinsen ins Gesicht zaubern; Typen, die einem im Nullkommanichts ihre ihnen entsprechenden Porträts vor das geistige Auge zaubern. Steve Guttenberg, der heldenhafte Anführer der Truppe, hielt, im Vergleich zu manchem Kollegen, nicht das gesamte Franchise über durch, weil er - diese Erklärung liegt zumindest nahe - als verschmitzter Till Eulenspiegel des Szenarios seiner Figur irgendwann nichts mehr hinzuzufügen hatte und anders als seine FreundInnen kein spezifisches Humorkennzeichen vorzuweisen hatte. Möglicherweise wurde es ihm auch irgendwann einfach zu blöd. Mein persönliches personelles Highlight zumindest des Startschusses der Reihe ist und bleibt G.W. Bailey als Lieutenant Harris. Nicht nur, dass der Mann die besten Gags des gesamten Films abbekommen hat (man denke nur an das Megafon oder die Sache mit dem Pferdearsch), er spielt auch so unglaublich temperiert und witzig, dass es regelmäßig ein Höchstvergnügen ist, ihm zuzuschauen. Für die nächsten beiden Filme fiel er leider aus. Ein ganz spezielles Evergreen natürlich auch die Sache mit der "Blue Oyster Bar", in der knackige, schwule Rocker gleich jeden zum Tango bitten, der aus Versehen zur Tür reinkommt.
Ein Hohelied singen darf man in diesem Falle auch einmal betreffs der deutschen Synchronfassung, die ihr Bearbeitungsobjekt nicht nur unbeschädigt lässt, sondern es sogar vortrefflich ergänzt. Immer noch most typical 80s; immer noch super.

8/10

Hugh Wilson Police Academy Paul Maslansky


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MALLRATS (Kevin Smith/USA 1995)


"That kid is back on the escalator again!"

Mallrats ~ USA 1995
Directed By: Kevin Smith

Ein mieser Tag für TS (Jeremy London) und seinen besten Kumpel Brodie (Jason Lee): Ihre Freundinnen Brandi (Claire Forlani) und Rene (Shannen Doherty) geigen ihnen jeweils vehement die Meinung und lassen sie daraufhin sitzen. Was tun? Erstmal in die örtliche Mall, da ist immer was los. Der langfristige Plan ist natürlich, die beiden Damen zurückzugewinnen, was zumindest in TS' und Brandis Fall ein schwieriges Unterfangen wird, da Brandi einen ziemlich fiesen Dad (Michael Rooker) hat und dieser sein Töchterlein in einer spießigen Romantik-Gameshow neu zu verkuppeln trachtet. Aber da gibt's ja noch Jay (Jason Mewes) und Silent Bob (Kevin Smith), die Potheads für alle Fälle...

Nach "Chasing Amy" bekam ich Lust, mir auch "Clerks." und "Mallrats" mal wieder anzuschauen. Während ersterer noch immer das größte Monument in Smiths filmischem Schaffen darstellt, hatte "Mallrats", den Smith für die Universal mit einem im Vergleich zum Vorgänger exponenziell höheren Budget machen "durfte", es stets weniger leicht. Es beginnt wohl bereits damit, dass er eine Abwendung vom unbestechlichen rotzigen Indie-Feeling des Erstlings darstellt und zugleich probiert, diesen offenbar bereits im Produktionsvorfeld antizipierten "Makel" durch die Erweiterung des Schauplatzes (statt zweier benachbarter kleiner Shops dient diesmal eben gleich ein ganzes Einkaufszentrum als Kulisse) sowie der Bemühung etwas klamaukigerer und zugleich massenkompatiblerer Gags wettzumachen. Das bedeutet jedoch nicht, dass "Mallrats" völlig missraten wäre. Als mittleres Bindeglied der New-Jersey-Trilogie lässt er sich noch immer recht gut an: Es gibt zahlreiche hübsch spinnerte bis unangenehme Nebenfiguren und Cameos, darunter natürlich den unschlagbarsten des Maestro himself, Stan Lee, damals noch nicht jene große Koryphäe, auf deren Gastauftritt jeder im neuesten Marvel-Film hinfiebert. Der umfassend misanthropische Habitus von Jason Lees Figur Brodie verrät eine Menge Authentisches über das Mitt-Neunziger-Slackertum und der Michael Rooker, der sich, heimlich zum TV-Obernazi mutiert, genüsslich die Schokoladenkeks-Finger ableckt, bringt jeden zum Brüllen. Doch, auch "Mallrats" kann was.

7/10

Kevin Smith Comics Freundschaft Mall New Jersey


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WHO FRAMED ROGER RABBIT (Robert Zemeckis/USA 1988)


"A laugh can be a very powerful thing. Sometimes in life, it's the only weapon we have."

Who Framed Roger Rabbit (Falsches Spiel mit Roger Rabbit) ~ USA 1988
Directed By: Robert Zemeckis

In einer alternativen Realität sind all die beliebten Toons reale Lebewesen, die, ebenso wie ihre menschlichen Pendants, als hart arbeitende Schauspieler im Hollywood der vierziger Jahre jobben und ihren Tummelplatz in der Parallelstadt Toon Town haben. Einer der größten Stars unter ihnen ist das Zeichentrickkaninchen Roger Rabbit. Der abgehalfterte Privatdetektiv Eddie Valiant (Bob Hoskins), der sämtliche Toons hasst, seit einer von ihnen Eddies Bruder ermordet hat, wird von dem Studioboss Maroon (Alan Tilvern) angeheuert, um kompromittierende Fotos von Rogers Frau Jessica zu machen, einer gezeichneten Nachtclub-Schönheit, die angeblich mit dem Toon-Town-Gründer Marvin Acme (Stubby Kaye) pussiert. Auf die folgende Eröffnung reagiert Roger Rabbit erwartungsgemäß ungehalten, doch ist er auch der folgenden Ermordung Marvin Acmes schuldig, wie alle Welt annimmt? Tatsächlich ist all dies lediglich eine gewaltige Finte, um Acmes Testament verschwinden zu lassen. Dabei spielt der verrückte Richter Doom (Christopher Lloyd) eine ganz besondere Rolle...

Brillante Trick-/Realfilm-Legierung voller phantastischer Einfälle, mit ganz viel Tempo und von kompetenter Hand hergestellt. Als eine große Liebeserklärung an das Hollywood der Vierziger muss man "Who Framed Roger Rabbit" in erster Linie erachten, eine ebenso schuldige wie unschuldige Zeit, in der das Film-Business noch in Magnatenhand und wohlhierarchisiert war, in der Jazz, zwielichtige Spelunken und exklusive Nachtclubs Hochsaison hatten und in der trenchcoatbewährte P.I.s verruchten Damen hinterherschnüffelten. Stellt man sich in Addition zu alldem noch jene erinnerungsstilisierte Welt in Kombination mit "echten" Cartoon-Charakteren vor, offeriert sich natürlich eine ganz neue Welt der Möglichkeiten. Für "Roger Rabbit" traf man die intelligente Entscheidung, daraus einen atmosphärisch dichten neo noir zu flechten, der eine wunderbare Hommage an die porträtierte Ära mit dem waghalsigen Tempo eines Tex-Avery-Cartoons verquickt. Dass diese merkwürdige Rechnung zur Gänze aufgeht, dass man für kurze Zeit sogar zu glauben bereit ist, Roger, Jessica oder gar der albtraumhafte Richter Doom (einer der diabolischsten Bösewichte des gesamten Filmjahrzehnts) wären wirklich und echt, liegt an der fabulösen Könnerschaft aller Beteiligten. Noh immer ein Ereignis.

10/10

Robert Zemeckis neo noir Hommage film noir Cartoons Hollywood Film im Film period piece hard boiled Alkohol


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CHASING AMY (Kevin Smith/USA 1997)


"Forget her, dude. There's one bitch in the world, one with many faces."

Chasing Amy ~ USA 1997
Directed By: Kevin Smith

Als Comiczeichner Holden (Ben Affleck) auf einer Convention die lebenslustige Alyssa (Joey Lauren Adams) kennenlernt, ahnt er nicht, dass die schon bald von ihm angehimmelte Dame lesbisch ist. Nichtsdestotrotz entwickelt sich eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden, ganz zum Leidwesen von Holdens langjährigem Busenfreund und Kreativpartner Banky (Jason Lee). Als Holden Alyssa schließlich hochnötig seine wahren Gefühle offenbart, wird aus der vormalig freundschaftlichen eine nicht minder intensive Liebesbeziehung, die sich jedoch bald durch einige lange zurückliegende Ereignisse in Alyssas Sexualleben, mit denen der verdutzte Holden nicht klarkommt, empfindlich gestört findet.

Über die Unmöglichkeit, über den eigenen Schatten zu springen: Smiths Portrait der Generation Slacker und Finalstück seiner New-Jersey-Trilogie enthält ebensoviele Klischees wie Lebenswahrheiten, eine der schönsten Liebeserklärungen des Kinos, die mit pubertären Witzchen zu coexistieren hat und kann ihre etlichen, tollen Ansätze somit nicht immer zur Gänze einlösen. Dennoch ist "Chasing Amy" insgesamt ein Gewinner, den man sich mit gebührendem Abstand gern auch wiederholt anschaut, von Smiths tiefer Leidenschaft zu seinen Figuren wie seiner eigenen Lebenshaltung geprägt, die wohl nie ganz erwachsen geworden ist oder jemals werden wird. Die Darsteller sind durchweg erstklassig, wobei insbesondere Joey Lauren Adams hervorzuheben wäre, deren Spiel im besten Sinne "echt" wirkt (ich kenne allerdings auch Stimmen, die sie als höchst enervierend empfinden). Was mir ferner besonders gefällt, ist Smiths Mut, die Geschichte zu einem klar formulierten unhappy ending zu führen, das die Dysfunktionalität der holden'schen Beziehungsgeflechte infolge seiner eigenen Unreife und Inkompetenz subsummiert. Hier gewinnt "Chasing Amy" dann doch noch die notwendige Ernsthaftigkeit, ganz einfach, weil er die letzte Hürde so lässig zu nehmen weiß.

8/10

Kevin Smith Comics Homosexualität Freundschaft amour fou New York New Jersey


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FINSTERWORLD (Frauke Finsterwalder/D 2013)


"Jetzt aber raus!"

Finsterworld ~ D 2013
Directed By: Frauke Finsterwalder

Herr Nickel (Christoph Bach) ist mit seiner Elite-Schulklasse per Bus unterwegs zur Besichtigung eines ehemaligen Konzentrationslagers und vollauf damit beschäftigt, den etwas abgehobenen Eleven die nötige Ehrerbietung vor dem Exkursionsziel zu vermitteln. Den renitenten Max Sandberg (Jakub Gierszal), einen von Nickes Schülern, treiben derweil höchst niederträchtige Pläne um. Der Erste, der diese zu spüren bekommt, ist Max' Mitschüler Domink (Leonard Schleicher), der darauf gleich die Flucht ergreift - eine verhängnisvolle Entscheidung. Max' im Seniorenheim wohnende Großmutter (Margit Carstensen) muss derweil feststellen, dass ihr wesentlich jüngerer Pedikürer (Michael Maertens) nicht nur ein erotisches Interesse an ihrer Person, sondern auch noch einen ziemlich abartigen Fußfetisch entwickelt hat. Der Polizist Tom (Ronald Zehrfeld) steht indes darauf, sich in Pelzkostüme zu kleiden, eine Eröffnung die der ohnehin brüchigen Beziehung zu seiner Freundin, der Filmemacherin Franziska (Sandra Hüller), weniger gut bekommt. Max' Eltern (Bernhard Schütz, Corinna Harfouch) plagen sich derweil mit dem Weltschmerz der Hochfinanzkaste, als sie auf den irrlaufenden Dominik stoßen. Und ein verrückter Waldläufer (Johannes Krisch) will Rache.

Ein weiterer, parallele und doch zusammenhängende Geschichten erzählender Ensemblefilm aus deutscher Fertigung. Nachdem die letzte hiesige Welle dieser Art Film ja nun auch seit längerem abgeebbt ist ("Nachtgestalten", "St. Pauli Nacht", "Lichter" und "Schwarze Schafe" habe ich noch als mehr oder weniger gelungene Beispiele im Kopf), darf man ja ruhig konstatieren, dass es "mal wieder Zeit" wurde für ein entsprechendes Traditionsprodukt. Ich weiß nicht, inwieweit Frauke Finsterwalder mit dieser Art Film vorvertraut ist, oder mit welchem Ehrgeiz sie mit ihrem Spielfilmdebüt an sich selbst herangetreten ist. Ich als Endkonsument, der durchaus das Gefühl hatte, hier sollen durchaus gezielt Botschaften, Einblicke und vielleicht sogar Erkenntnisse vermittelt werden, wurde jedenfalls nicht ganz warm mit ihm. Zum Einen mag ich es nicht, wenn mir geschmäcklerisch aufbereitetes Arthouse-Kino (wobei diese Begrifflichkeit mir aufstößt, ich jedoch keine bessere weiß) in Koppelung mit erklärter Lebensweisheit aufgetischt wird, zum anderen kam mir der Film häufig so vor, als wäre er gedacht als eine Art künstlerischer Befreiungsschlag der Filmemacherin. Das porträtierte Milieu scheint die Dame nur allzu gut zu kennen, vielleicht findet sich in der Figur dieser Regisseurin, Franziska Feldenhoven, ja sogar, und dieser Schluss liegt zwangsläufig nahe, eine Art alter ego der mutmaßlich auf wackligem kreativen Terrain befindlichen Frau Finsterwalder. Dass ihr Film um eine größere Herde wirklich armer Schweine auf dem Weg zur Schlachtbank kreist, wird ihr bewusst gewesen sein; dass deren Schicksale aufgrund ihrer durchweg abstoßenden bis bemitleidenswerten Personae für mach einen Rezipienten in der Beliebigkeit versickern, vielleicht weniger, dass es Regisseure gibt, die just dieses Begriffsfeld weithin erschöpfend beackert haben, möglicherweise nicht unbedingt.
Gut gemeint ist das alles ganz bestimmt und immerhin.

6/10

Frauke Finsterwalder Ensemblefilm Satire Familie


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PRAXIS DR. HASENBEIN (Helge Schneider/D 1997)


"Achtung, achtung. Eine wichtige Durchsage: Seit drei Sekunden ist Kriech. Un getz weiter mit Musik."

Praxis Dr. Hasenbein ~ D 1997
Directed By: Helge Schneider

Dr. Angelika Hasenbein (Helge Schneider) ist alleinerziehender Vater seines rückwärts alternden Sohnes Peterchen (Peter Berling) und in seiner Straße eine medizinische Institution. Ansonsten passiert nicht viel, mit Ausnahme einer glamourösen Kinopremiere ["Ruck Ruck, der Taubenmensch" des großen Filmemachers Tortellini (Buddy Casino) wird uraufgeführt] sowie der Geburtstag der Waisenhauspatriarchin Tante Uschi (Andreas Kunze), die allerdings überschattet wird von einem unglückseligen Unfall: Hermi, der Hamster der Waisenhaus-Kinder, fällt einem furchtbaren Missverständnis zum Opfer. Am Ende muss Dr. Hasenbein in den Krieg und kehrt erst nach dreißig Jahren in seine Heimat zurück. Dort hat sich alles ein bisschen viel verändert und der Doktor zieht in das vom Waisenhaus zum Altersheim umgemodelte Nachbarhaus, wo er Jazz spielt.

Helge Schneiders poetischster Film ist eine Liebeserklärung an alte Zeiten, als die Welt noch unschuldig und die EC-Automaten noch lebendig waren. Nach "00 Schneider - Jagd auf Nihil Baxter" mindert Helge sich doch um Einiges an Brachialkomik und lässt nun eher leise, intime Zwischenmenschlichkeit aufkommen. Wie eh und je sind die Nebenfiguren, von denen die meisten natürlich altbekannt sind, von eminentester Bedeutung für das Gesamtbild. Doch auch frische Charaktere wie der Schneider Voss (Norbert Losch), der Tabakverkäufer (Horst Mendroch) von nebenan oder der Waisenjunge Carlos (Carlos Boes) entwickeln sich rasch zu wohlgelittenen Bekannten des Zuschauers. Charlie Weiss und Helmut Körschgen sind infolge nachlassender Gesundheitszustände leider nicht mehr dabei, dafür hat Peter Berling seinen größten Schneider-Auftritt und Andreas Kunze erweist sich neuerlich als unverzichtbar. Ansonsten bleibt "Dr. Hasenbein" mit seinem open-air-theateresken Schauplatz, der sich nur selten in die Interieurs (als da wären des Doktors Haus und Praxis, Kneipe, Kino und Waisenhaus) verschwenkt, be- und überschaulich bzw. -bar und enthält sich geradezu sklavisch jedweder Bedeutung von erzählter- und Erzählzeit.
Meine schönste und bleibendste Erinnerung an den Film steht im Zusammenhang mit dem damaligen Kinobesuch im Weseler Comet, in dem man zu der Zeit noch rauchen durfte. Etwa ein Drittel der rund zwanzig Besucher, vornehmlich die anwesenden Pärchen, verließ nach nur wenigen Minuten in Kurzabständen gesittet und nur leise raunend den Saal, derweil mein Kumpel Sascha und ich, besoffen und uns konstant bepissend, vom Sessel rollten. Da wusste ich mal wieder: Der Helge, der ist schon was ganz Besonderes.

9/10

Hele Schneider Groteske Surrealismus Arzt Jazz


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WOLFCOP (Lowell Dean/USA 2014)


"Could you once again report what happened?" - "Yeah. It was a big fuckin' wolf."

WolfCop ~ USA 2014
Directed By: Lowell Dean

Der versoffene Kleinstadt-Cop Lou Garou (Leo Fafard) wacht eines morgens und ohne Erinnerung an die Nacht zuvor mit einem großen, eingeritzten Pentagramm auf der Brust auf. Bei Aufzug von Vollmond und Sonnenfinsternis verwandelt sich Lou schon in der nächsten Nacht um Punkt 10 p.m. in einen Werwolf. Mithilfe des durchgeknallten Waffenladenbesitzers Willie (Jonathan Cherry) hebt der im lykanthropen Zustand noch immer bei Bewusstsein befindliche daraufhin erstmal das örtliche Nest von Crystal-Meth-Rockern aus und pimpt sein Polizeiauto zum Wolfsmobil auf. Doch sein Zustand kommt nicht von ungefähr: Das Provinznest wird nämlich schon seit Jahrhunderten unerkannt von einer echsenhaften Gestaltwandler-Sippe beherrscht, die alle 32 Jahre frisches Werwolfsblut benötigt um ihren Fortbestand zu sichern...

Ein liebenswertes kleines Fun-Splatter-Flick von Fans für Fans, gut sichtbar mit durchweg handgemachten, nostalgieverhafteten Latexeffekten ausgestattet, manchmal etwas über-albern, doch in der Regel durchaus cool, lässig und gewitzt. Der kreative Kopf hinter "WolfCop", Lowell Dean, hat dabei vor allem seine Hausaufgaben betreffs adäquater Genre-Verwurzelung bravourös erledigt: Aus diversen Gattungsbeiträgen der letzten Jahrzehnte finden sich kleine und große hints, von der "Howling"-Reihe über "Teen Wolf" bis hin zu "Full Eclipse". Der bereits präventiv als Serienheld angelegte Antiheld Lou Garou (eine Texttafel am Schluss verkündet groß: "WolfCop will return in 2015") macht in seiner origin dabei eine katapultartige Entwicklung vom versoffenen Dümmling hin zum haarigen Supermann durch, der üble kriminelle und/oder paranormale Elemente wahlweise anpisst, unter Pistolenfeuer nimmt, oder gleich um teils lebenswichtige Gliedmaßen erleichtert. Eine comiceske Figur, wie geschaffen für weitere Abenteuer. Nun, solange diese weiterhin so amüsant eingestielt sind, bin ich gern dabei.

6/10

Lowell Dean Independent Splatter Groteske Werwolf Monster Hommage Trash


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GUARDIANS OF THE GALAXY (James Gunn/USA 2014)


"I am going to die surrounded by the biggest idiots in the galaxy."

Guardians Of The Galaxy ~ USA 2014
Directed By: James Gunn

Am Todestag seiner krebskranken Mutter (Laura Haddok) wird der kleine Peter Quill (Wyatt Oleff) von einem außerirdischen Raumschiff eingesackt und mitgenommen, nur im Besitz eines Walkman mitsamt 70s-Mixtape. Die Erde sieht er nie wieder. Als Erwachsener (Chris Pratt) nennt sich Peter "Star-Lord" und ist als Söldner und Artefakthändler in den Weiten der Galaxie unterwegs. Als er das 'Orb' findet, eine kleine Metallkugel, die einen der legendären sechs Infinty-Steine enthält, welche ihrem Besitzer, so er ihren gleichfalls unheilvollen Kräften standhalten kann, gewaltige Macht verleihen, werden sowohl seine vormaligen Kameraden, die Ravagers, unter Führung des Renegaten Yondu Odonta (Michael Rooker) auf ihn aufmerksam als auch der rachsüchtige Kree-Diktator Ronan (Lee Pace), der mit dem wahnsinnigen Thanos von Titan (Josh Brolin) zusammenarbeitet. Auf seiner nun folgenden Flucht gerät Peter an das intergalaktische Polizeikorps der Nova, das auf dem Planeten Xandar stationiert ist. Er kommt ins Gefängnis, zusammen mit dem mutierten Waschbären Rocket (Bradley Cooper), dem Baumwesen Groot (Vin Diesel) und der Kriegerin Gamora (Zoe Saldana). Dort ergänzt sich die Truppe um den etwas unterbelichteten Drax (Dave Bautista). Gemeinsam macht man sich auf, das Orb zu sichern und gegen den mittlerweile in dessen Besitz befindlichen Ronan zu Felde zu ziehen, der droht, Xandar zu vernichten...

Viel zu berichten gibt es über dieses erste Marvel-Projekt, das in die Weiten des Universums blickt und die bekannten irdischen Figuren erstmals komplett ausspart, eigentlich nicht. Abgesehen davon, dass es sich bei James Gunns Film um die Adaption eines eher unsteten und international weniger bekannten Serials handelt, bewegt sich "Guardians Of The Galaxy" sicher in den Bahnen traditioneller Mainstream-Unterhaltung. Viele der einstmals in gezeichneter Form höchst geheimnisvoll bis finster angelegten Figuren wie Drax, The Destroyer, Gamora oder der Collector werden dabei wahlweise zu vor allem witzigen Humor-Zielscheiben umgeformt, tauchen gar nicht erst auf (Adam Warlock, Mar-Vell) oder erhalten gezielt putzige Gesichter (Racoon, Groot). Der von gewaltigen Entitäten, interplanetarischen Ränken und Machtspielen wimmelnde, außerweltliche Marvelkosmos wird da zu einem geradezu göttlichen Tummelplatz für eher komisch ausgelegte, kindgerechte Unterhaltung, in der sich mehr oder weniger flaue Oneliner und ein multipel ausgespieltes Reverenzmaß bezüglich diverser klassischer Genremotive als tonangebend erweisen. Sicher, "Guardians Of The Galaxy" entwirft vorzüglich aussehende CGI-Welten, macht fairen Spaß und wird vor allem jenen Stimmen, die die zunehmend dunkle, existenzialistische Konnotation der jüngeren Verfilmungen als allzu selbstgefällig und nerdy aburteilten, durchaus erfreuen mögen. In meinem persönlichen Falle kombinieren sich die obligatorische Freude über jede neuerliche Comic-Adaption mit der gewissermaßenen Ernüchterung, dass nicht zwangsläufig alle Marvel-Verfilmungen sich als echte Volltreffer erweisen müssen und der akuten Gemahnung und Rückbesinnung darauf und daran, dass es der profitorientierten Disney-Produktionsschmiede eben nicht, wie man etwa nach "The Avengers" zwischenzeitlich zu glauben geneigt war, primär um adäquate Adaptionen geht, sondern darum, neue, sprich: junge Publikumsschichten aufzutun, die ihr Taschengeld in die Konzernkassen tragen.

6/10

James Gunn Marvel Comic Aliens Superhelden


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ALL CHEERLEADERS DIE (Lucky McKee, Chris Sivertson/USA 2013)


"Bitches go!"

All Cheerleaders Die ~ USA 2013
Directed By:: Lucky McKee/Chris Sivertson

Das hat sich die High-School-Elevin Maddie (Caitlin Stasey) anders vorgestellt: was als großangelegte Racheaktion an dem hiesigen Football-Ass Terrie (Tom Williamson) geplant war, ewtwickelt sich nämlich nunmehr zu einem veritablen Horrortrip! Maddies ursprüngliche Idee sieht vor, sich in die oberflächiche, von Maddie eigentlich höchst gering geschätzte Cheerleader-Clique der 'Bitches' einzuschleichen, um auf diese Weise Terrys Freundin Tracy (Brooke Butler) gegen ihn aufzuhetzen. Doch ehe sie es sich versieht, stirbt Maddie zusammen mit Brooke und zwei weiteren Mädels einen durch Terry forcierten Unfalltod. Nicht jedoch für lang, denn die Maddie anhimmelnde Teenagerhexe Leena (Sianoa Smit-McPhee) entwickelt das Quartett mittels magischer Juwelen wieder zum Leben. Die Zombie-Cheerleader benötigen allerdings stets frisches Blut, um ihren Verfallsprozess aufzuhalten, wovon bald auch Terry Wind bekommt. Dieser hätte die Wundersteinchen gern allesamt für sich selbst...

Nach seinem bösen Meisterwerk "The Woman" machte sich Lucky McKee zusammen mit seinem Kollegen Chris Sivertson an dieses von mir wieder als deutlich rückschrittig empfundene Remake ihres eigenen Low-Budget-Films von 2001. Aufgrund dessen schwieriger Verfügbarkeitslage kann ich mir kein kompaktes Bild dazu machen, welchen Sinn und welche künstlerische Räson jener Neuverfilmungsansatz haben mag - am naheliegendsten erscheint mir, dass McKee und Sivertson es wohl als eine Art Schuldigkeit gegenüber sich selbst erachteten, mit höherem Etat, frischem Wind und Kinoeinsatz eine Revision ihres Debüts vorlegen wollten. Bei diesem handelt es sich jedenfalls um eine nicht unbedingt originelle High-School-Splatter-Stoner-Comedy Marke "Idle Hands", die mit viel groteskem, um nicht zu sagen: bekifftem Humor angereichert ist und die typischen Themen jener Filme von der dem amerikanischen Schulsystem immanenten Cliquenhierarchisierung bis hin zur Sexualitätsfindung streift. Hinzu kommt ein nicht allzu überbordender Voyeurismus, der vor allem den knackigen Hauptdarstellerinnen frönt, ein wenig Liebäugelei mit Comic- und Superhelden-Mythen und fertig. Da die Endtitel den Zusatz "Part 1" tragen, dürften Fortsetzungen um das schlussendlich noch romantisch verwobene Paar Maddie/Leena zum festen Plan gehören. Ob diese allerdings tatsächlich sein müssen, würde ich zum jetzigen Zeitpunkt mal dahin gestellt lassen. McKee kann's in jedem Fall auch besser.

6/10

Lucky McKee Chris Sivertson Remake Zombies Schule Teenager Freundschaft Splatter


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MAY (Lucky McKee/USA 2002)


"I like weird. I like weird a lot."

May ~ USA 2002
Directed By: Lucky McKee

May Canady (Angela Bettis) ist infolge ihrer seltsamen Mutter (Merle Kennedy) sowie durch einen Augenunfall als Kind (Chandler Riley Hecht) zeitlebens eine verschrobene Außenseiterin geblieben, deren in einem Glaskasten befindliche Puppe Lucy ihre einzige Freundin ist. Aufgrund ihrer Nähkünste arbeitet May als Tierarztgehilfin. Sie träumt davon, den Nachwuchsfilmer Adam (Jeremy Sisto), in den sie sich aus der Entfernung verliebt hat, kennenzulernen, was ihr eines Tages tatsächlich gelingt. Adam, ein beinharter Argento-Fan, liebt zwar das Ungewöhnliche, aber Mays Abseitigkeiten gehen ihm bald zu weit. Keinen echten Trost findet May fürderhin auch weder bei ihrer nymphomanen, lesbischen Arbeitskollegin Polly (Anna Faris) noch bei ihrer neuen, ehrenamtlichen Stellung als Erzieherin blinder Kinder. Bald rutscht Mays Sehnsucht nach dem perfekten Freund fürs Leben endgültig in eine pathologische Obsession ab: Sie beschließt kurzerhand, sich selbst einen zu machen...

Lucky McKee dürfte einer der interessantesten und gescheitesten Genregisseure des neuen Jahrtausends sein. Im Regelfalle sind seine leider nur spärlich vom Stapel gelassenen Filme von einem bösen, schwarzen Humor angehaucht und offerieren tiefe Einblicke in zutiefst gestörte und vor allem verstörende psychische Abgründe. Sein Langfilmdebüt "May" verleiht diesem signifikanten Ansatz gleich brachiale Fahrt und haucht ihm Leben ein: die eigentlich sehr hübsche, fragil erscheinende May leidet unter der konsequenten Bevormundung ihrer Mutter, deren diverse, falsche pädagogische Entscheidungen ihr Leben unbewusst zu einer Hölle der Einsamkeit werden lassen. So muss May als kleines Mädchen mit einer Augenklappe herumlaufen, was sie für die anderen Kinder als eine merkwürdige Piratin erscheinen lässt, der man besser aus dem Weg gehen sollte. Ihre einzige Erfüllung findet sie in der nun folgenden, von Abkapselung und Solipsismus geprägten Biographie, wahlweise in ihrer Profession als Näherin sowie im "Dialog" mit ihrer Puppenfreundin Lucy, einer eigentlich grausligen Porzellangestalt, die stets hinter einer Glasscheibe verborgen bleiben muss (so hat es May ihre Mutter einst eingeschärft). Als jener Glaskasten zerbricht, zerbricht damit gleichermaßen auch jene Schutzscheibe, die die Welt bislang vor May bewahrt hat. Diese lässt ihrem wahnhaften Bild von Perfektion damit endgültig freien Lauf und schafft sich, blutig mordend, ihr eigenes, lebensgroßes Frankenstein-Püppchen.

8/10

Lucky McKee Madness Puppe





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