Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

CROSSROADS (Walter Hill/USA 1986)


"I'm the bluesman, he's from Long Island."

Crossroads ~ USA 1986
Directed By: Walter Hill


Als Eugene Martone (Ralph Macchio), siebzehn Jahre junger Student klassischer Musik, in der Zeitung liest, dass die Blueslegende Willie "Blind Dog" Brown in einem Gefängnis für Geriatriepatienten einsitzt, ist er sofort Feuer und Flamme. Als Gitarrenspieler gehört Eugeneswahre Leidenschaft nämlich dem Blues und er ist sich sicher, dass Willie Brown noch einen uninterpretierten, von Robert Johnson (Tim Russ) geschriebenen Song in der Hinterhand hat. Nachdem Blind Dog sich zu erkennen gegeben hat, fordert er Eugene dazu auf, ihn aus dem Knast zu holen und mit ihm nach Mississippi zu reisen. Dort hat Blind Dog einst einen verhängnisvollen Vertrag unterschrieben, den er gern rückgängig machen würde...

Man könnte "Crossroads" auch als Ehrerbietung oder Geschenk an Hills langjährigen Komponisten Ry Cooder auffassen, jener immerhin einer der weltbesten Bluesgitarristen. Selbstverständlich hatte Cooder auch die wunderbaren Musiksequenzen in "Crossroads" zu vertonen. Der Film müht sich erfolgreich, ohne inflationären Einsatz von Schießprügeln und neonglänzender urbaner Oberfläche, dicht an Hills Lieblingsmotiven zu bleiben: Die zögerlich entstehende Freundschaft zweier ungleicher, dabei seelenverwandter Individuen zueinander, Tramps auf der Reise (die - es lässt sich erahnen - zugleich in ihr Inneres führt), der Staub der Straße. Flotte Einfälle wie der Einsatz des Saitengottes Steve Vai als Teufelsklampfer, den Eugene am Ende in einem Gitarrenduell besiegen muss, gestalten sich da als höchst erfreuliche bonmots. Jami Gertz als Macchios love interest indes ist zwar hübsch anzuschauen, in ihrer Rolle als Straßenmädchen allerdings offensichtlich fehlbesetzt. Macht aber nichts, "Crossroads" mitsamt seiner eigentümlich-sympathischen Stimmung findet sich dadurch keineswegs gefährdet.

8/10

Suedstaaten Blues Satan Mississippi Hommage New York Musik Coming of Age Walter Hill Road Movie


Foto

BREWSTER'S MILLIONS (Walter Hill/USA 1985)


"None of the above!"

Brewster's Millions (Zum Teufel mit den Kohlen) ~ USA 1985
Directed By: Walter Hill


Der erfolglose Baseball-Pitcher Montgomery Brewster (Richard Pryor) erbt überraschend ein riesiges Vermögen. Sein ihm bis dato unbekannter, verstorbener Großonkel (Hume Cronyn) verzichtet aber nicht auf eine recht fiese Auflage: Will Brewster den kompletten Erbteil von 300 Mio. Dollar einsacken, muss er es zunächst bewerkstelligen, innerhalb von dreißig Tagen ein Zehntel der Gesamtsumme zu verprassen und am Ende der Frist trotzdem mit leeren Taschen dazustehen. Diese Aufgabe erweist sich als zermürbender als gedacht.

Viele für eher schwerere Stoffe bekannte Filmemacher aus dem New-Hollywood-Dunstkreis mühten sich in den Achtzigern urplötzlich damit ab, sich selbst einen Anstrich von Vielseitigkeit zu verleihen, vielleicht auch damit, nicht länger als humorlos gelten zu müssen und ergo zumindest einen Schlenker in Richtung Comedy und/oder Satire innerhalb ihres Oeuvres verbuchen zu können. William Friedkin etwa versuchte sich an "Deal Of The Century", Brian De Palma an "Wise Guys". Es darf sich im Nachhinein wohl recht eindeutig feststellen lassen, dass die jeweilgen Resultate interessant ausfielen, in keinem Fall jedoch an die Hauptwerke der Regisseure heranzureichen pflegten. "Brewster's Millions" bildet da keine Ausnahme. Eine Komödie im klassischen Capra-Stil muss Hill vorgeschwebt haben, als er dieses Auftragsprojekt, in dem Hauptdarsteller Pryor das SNL-Ass John Candy zur Seite steht (auch Buddys waren jeweils gefragt), in Angriff nahm. "48 Hrs." pflegte zwar bereits humorige Ansätze, war mit seinen zuweilen unwirschen Gewaltausbrüchen aber am Ende doch ein lupenreiner Actionthriller. Das die alte Weise, dass Geld allein nicht glücklich mache, verfolgende, ökomomiekritische Element in "Brewster's Millions" ist zwar aller Ehren wert, schlussendlich aber doch kaum mehr als kokette Staffage. Dass das Finale dann darin kulminiert, dass der Held gar keine echte Lektion hat lernen müssen, sondern die gesamte ihm zustehende Penunze auch einstreichen darf, ist dann so wenig wenig sozialromantisch und capraesk wie nur was und erscheint mir darüberhinaus reichlich inkonsequent. Wie überhaupt dem Film, nach der recht witzigen Wahlepisode gegen Ende mehr und mehr die Luft rausgeht, als habe Hill einfach keinen Bock mehr gehabt, dieses ihm fremde Terrain noch weiter zu beackern. Durchaus zum Schmunzeln, für Nicht-Komplettisten aber eigentlich vernachlässigbar.

5/10

Walter Hill Geld Satire New York Groteske Farce


Foto

ZOMBIELAND (Ruben Fleischer/USA 2009)


"Who's Bill Murray?"

Zombieland ~ USA 2009
Directed By: Ruben Fleischer


Die Vereingten Staaten werden von zombifizierten Seuchenopfern überrannt. Der nerdige Student Columbus (Jesse Eisenberg) begegnet auf seiner Odyssee durch die entvölkerte Ödnis dem coolen Zombiekiller Tallahassee (Woody Harrelson) und den zwei Schwestern Wichita (Emma Stone) und Little Rock (Abigail Breslin), mit denen er, einige Katz-und-Maus-Spielchen inbegriffen, zur Westküste reist.

Ich glaube, seit Jahren schon habe ich keinen Film mehr gleich auf Anhieb als so ärgerlich und grauenhaft beschissen empfunden wie "Zombieland". Nach einer von Metallicas "For Whom The Bell Tolls" unterlegten, durchaus erwartungsschürenden Titelsequenz mit schicken SloMos fand ich mich zunächst noch im naiven Glauben, gleich etwas Gutes vorgesetzt zu bekommen - der kurze, positive Eindruck jedoch wurde binnen Sekunden brutalst zerschlagen durch die Vorstellung des fürchterlich unsympathischen Hauptcharakters, eines dummen kleinen, in jeder einzelnen Hinsicht bemitleidensweten Pissers, der es in einer gerechteren Filmwelt als erster verdient hätte, zum Untoten zu werden. Doch auch seine drei später dazustoßenden Kompagnons (natürlich: ein obercooler, seelisch angebrochener Ballerfritze und zwei Girlies aus Reißbretthausen) machen die Sache nicht erträglicher. Im Gegenteil - man vergleiche dies armselige Figureninventar mit jedweder Charakterriege aus einem der Filme des Romero-Zyklus und seine dramaturgische Dünnhäutigkeit, die in punkto Komplexität in etwa auf Kindergarten-Augenhöhe zu finden ist, wird unmittelbar evident. Der Humor in "Zombieland" präsentiert sich als von allerhausbackenstem Biedermannestum und genau jener seltenen Gestalt, die mich im Laufe ihres peinigenden Fortschritts keineswegs, wie es wünschenswert wäre, feist feixen, geschweige denn müde grinsen, sondern im Gegenteil zunehmend aggressiv werden lässt. Die Überlebenden sind nach ihren Ursprungsorten benannt, weil Namen nichts mehr zählen? Ho. In Supermärkten laufen ausschließlich fette Zombies herum, die an ihren alten Gewohnheiten festhalten? Ha. Die beiden Mädchen sind so frech, die Geilheit und Geldgier dummer Tankwarte auszunutzen? He. Und dann diese diversen "Ideen", das vom Film hintenrum als antiquiert denunzierte Zombie-Motiv mittels geekiger Modeeinfälle zu 'revolutionieren' und das Ganze zu allem Überfluss auf eine absolut peinliche Moritat Marke "Wenn du nicht richtig lebst, bist du auch nicht besser als ein Zombie" zuzuspitzen, krönen schließlich im negativen Sinne das miese Debakel.
Ich musste während der in desolater Einsamkeit durchgeführten Betrachtung gleich zwei längere Pausen einlegen und Freunden, die mir bedauerlicherweise jedoch auch nicht weiterhelfen konnten, telefonisch mein Leid klagen. Dennoch habe ich diesen Rotz bis zum wenigstens relativ schnell einsetzenden Abspann durchgehalten und verehre mir dafür hiermit im Nachhinein selbst die Tapferkeitsmedaille. Um Woody Harrelson, Bill Murray und die größenteils guten (wenn auch musterhaft klischiert) verwendeten Songs tut es mir leid. Dass "Zombieland" eine dermaßene, sich offenbar noch steigernde Popularität genießt, während zeitgleich allerorten über den jüngsten, hunderttausendmal besseren Romero-Film hergezogen wird, ist mir absolut schleierhaft. Möge es hoffentlich kein Indiz dafür sein, dass laffer, nährwertbefreiter Sekundenspaß ernstzunehmendem, ambitioniertem Geschichtenrerzählen nunmehr großflächig vorgezogen wird.

2/10

Splatter Coming of Age Ruben Fleischer Teenager Zombies Apokalypse


Foto

WHAT'S UP, DOC? (Peter Bogdanovich/USA 1971)


"I think I want to skip over this part, too."

What's Up, Doc? (Is' was, Doc?) ~ USA 1972
Directed By: Peter Bogdanovich


Der weltferne Musikologe Howard Bannister (Ryan O'Neal) kommt mitsamt seiner fürchterlichen Verlobten Eunice (Madeline Khan) nach San Francisco, um einen umfangreichen Forschungsbeitrag des Millionärs Larrabee (Austin Pendleton) zu ergattern. Als er der Lebenskünstlerin Judy (Barbra Streisand) ins Auge fällt, ist alles zu spät - die so bezaubernde wie forsche junge Dame ist gewohnt, zu kriegen was sie will und aktuell hat sie sich Dr. Bannister ausgesucht. Eine Verwechslungsgeschichte um vier Reisekoffer mit höchst unterschiedlichem Inhalt komplettiert das Chaos.

Bereits zweimal hatte das große Bogdanovich-Idol Howard Hawks die Geschichte um den linkischen, völlig unbeholfenen und ledig physiologisch als solchen zu betrachtenden 'Mannesprotz', der erst einen rotzfrechen weiblichen Gegenpart benötigt, um in den Hafen des Glücks einfahren zu können, verfilmt. "Bringing Up Baby" mit Cary Grant darf bis heute als Messlatte für diese Unterabteilung der 'screball comedy' gelten, "Man's Favorite Sport?" um Rock Hudson bildete das erste Quasi-Remake. Bogdanovich, dem nach seinem hochgeschätzten "Targets" so ziemlich alle Türen offen standen, entblödete sich nicht, eine weitere Variation dieses Themas zu fertigen, und dazu eine, die ihren großen Vorbilern in nichts nachsteht. Eine nicht enden wollende Kette brillanter Situationskomik, Running gags und In-Jokes quetscht er in seine neunzig vollkommen luftig wirkenden Minuten, darunter Szenen, die nicht nur Hawks, sondern auch seine großen Zeitgenossen von Preston Sturges bis George Cukor hätten neidisch dreinblicken lassen. Man denke etwa an das göttliche "Unterm-Tisch-Meeting", das zerstörte Hotelzimmer, die Verfolgungsjagd, die nebenbei jedem zeitgenössischen Actionfilm zur Ehre gereicht und ganz besonders die wunderbare Szene im Gerichtssaal, die bereits durch den cholerisch jammernden Liam Dunn eine Einleitung sondergleichen erhält. Ein wahrlich phantastischer, formvollendeter Film, der selbst nach dutzendfacher Beschau keinerlei Abnutzungserscheinungen vorweist.

10/10

San Francisco Hommage Screwball New Hollywood Peter Bogdanovich


Foto

GIVE 'EM HELL, MALONE (Russell Mulcahy/USA 2009)


"Suck my Sinatra!"

Give 'Em Hell, Malone ~ USA 2009
Directed By: Russell Mulcahy


Der beinharte Privatdetektiv Malone (Thomas Jane) gelangt in den Besitz eines Köfferchens, das die Gemüter der hiesigen Unterwelt erhitzt - allen voran das des Zuhälters Whitmore (Gregory Harrison), der ein Trio teils vollkommen verrückter Killer (Ving Rhames, Doug Hutchison, Chris Yen) hinter Malone herschickt, um selbst an den Koffer und seinen rätselhaften Inhalt zu gelangen. Und dann ist da noh die schöne, aber verlogene Evelyn (Elsa Pataky)...

So ganz ins Reine gekommen bin ich mit Mulcahys neuem Film nicht. "Give 'Em Hell, Malone" biedert sich unverhohlen an beim Zuschauer und scheint förmlich aus jeder Pore danach zu lechzen: "Find mich cool! Find mich cool!" Eine solche Art der Evokation ist mir in der Regel kreuzunsympathisch - wenn sich dazu noch ein ganz gezielt abgekupfertes "Sin City"-Flair gesellt, zugleich unverhohlen zu "Last Man Standing" herübergeschielt wird und die diversen Dreißiger-Jahre-Anklänge innerhalb eines ansonsten gegenwärtigen settings, die man nichtmal als Spleen der Hauptfigur abtun kann, weil sie gleich mehrere Personen im Film pflegen, letztlich völlig sinnfrei bleiben und ganz offensichtlich nur einem schicken hardboiled-Flair geschuldet sind, dann wandelt sich meine besagte Antipathie zumeist in somatische Übelkeitsanfälle. Der Witz jedoch ist: "Give 'Em Hell, Malone" kriegt irgendwie noch ganz haarscharf seine Kurve, meistert die scheinbare Unmöglichkeit, in seiner nervensägenden Attitüde doch noch ganz witzig zu sein und seine absolut durchgekauten Mechanismen noch halbwegs genusstauglich an den Mann zu bringen.
Speziell den Kritikern meines sturköpfig praktizierten Punktesystems sei hiermit versichert: Die Kardinalfrage, ob ein Film zu was auch immer tauglich ist, stellt sich mir persönlich weniger in der abschließenden numerischen Einordnung, sondern darin, ob ich nach vollzogener Beschau das Gefühl habe, mir ihn irgendwann nochmal ansehen zu können. Das war hier der Fall. Auch wenn das Diskussionsobjekt mitsamt all seiner Digitalfilter und shutter pics eigentlich gar nicht sooo doll ist.

6/10

neo noir Russell Mulcahy femme fatale


Foto

WEREWOLF OF LONDON (Stuart Walker/USA 1935)


Werewolf Of London (Der Werwolf von London) ~ USA 1935
Directed By: Stuart Walker


Der Botaniker Dr. Glendon (Henry Hull) schlepptn, von Forschungsstudien im Himalaya zurückkehrend, eine heimtückische Seuche in Europa ein: Die der "Lycanthrophobie" (aha!) Bei jedem Vollmond wird er nächtens zum Werwolf und muss erst einen Menschen töten, bevor er sich wieder zurückverwandeln kann. Der sinister scheinende Dr. Yogami (Warner Oland) kennt Glendons Geheimnis und weiß um die einzige Heilmethode: Eine besondere Wolfsblume, die ausschließlich in Tibet wächst und von der Glendon eine Probe mitgebracht hat.

Die ersten Laemmle-Monsterfilme waren längst abgefrühstückt, da entdeckte man bei der Universal noch den folkloristischen Mythos des Werwolfs, der im Gegensatz zu den bisher adaptierten Schreckgestalten allerdings keinen veritablen literarischen Schauerklassiker zum Vorbild hatte, sondern zunächst einmal leinwandklar gesetzt werden musste. Eine etwas seltsame Melange aus der Yeti-Sage und der "Jekyll/Hyde"-Parabel war das Resultat. Versetzt mit ein paar Laemmle-typischen, komödiantischen Elementen (alte, zerzauste Damen im Suff etwa waren dort ja immer für ein, zwei Lacher gut) kam dabei dieser charmante kleine Grusler heraus, der jedoch längst nicht den großen Klassikerstatus des ein paar Jahre jüngeren "Wolf Man" erlangen konnte. Der Grund dafür erscheint mir recht eindeutig - es fehlt schlicht und ergreifend am ikonographischen Charakter eines "Frankenstein" oder "Dracula". Da wären zum einen die genannten Vorbilder und zum anderen die mangelhafte Monstrosität des Titel-Ungeheuers. Dieser Werwolf platzt längst noch nicht aus allen Nähten; sein Fell wächst kurzerhand unterm Anzug samt sorgsam gebundener Krawatte und zur besseren Tarnung im Londoner Gaslicht zieht sich unser Pilger gleich noch eine schicke Schiebermütze tief ins Gesicht. Eines seiner Opfer muss sogar gleich zweimal hinbschauen, bevor sie weiß, was sie gleich anfallen wird und herzhaft loskreischen kann. Nun ja. Amüsant, unterhaltsam und in Anbetracht seiner Entstehungszeit sogar erfreulich darf sich "Werewolf Of London" jedenfalls auch heute noch nennen.

7/10

Stuart Walker Werwolf Monster London


Foto

L'INCORRIGIBLE (Philippe de Broca/F 1975)


Zitat entfällt.

L'Incorrigible (Der Unverbesserliche) ~ F 1975
Directed By: Philippe de Broca


Kaum dass der Filou, Hochstapler und Trickbetrüger Victor Vauthier (Jean-Paul Belmondo) aus dem Gefängnis entlassen ist, beginnt er gleich von vorn, sich seine krummen Geschäfte aus dem Hemd zu leiern; auf dem Papier verscherbelt er etwa die luxuriöse Stadtvilla seiner Ex-Geliebten (Capucine) und einige Bomber an einen afrikanischen Diktator. Derweil beginnt Victor sich vornehmlich für seine reizende Bewährungshelferin Marie-Charlotte (Geneviève Bujold) zu interessieren, zumal deren Papa (Albert Simono), ein Museumswärter, einen unschätzbar wertvollen El Greco zu bewachen hat...

Ein typischer Belmondo-Spaß des damals "neuen Schlags", in dem der knautschgesichtige Publikumsliebling durch permanente Faxenmachereien glänzt. Die Inszenierung weist ein recht hohes Tempo auf, in dessen Zuge man den diversen Eulenspiegeleien Victor Vauthiers manchmal kaum mehr zu folgen vermag. Wunder vor allem Julien Guiomar als Victors väterlicher Freund und Ex-Knacki Camille, der seinem Mündel zwar große Reden über die Ehrlich- und Sesshaftwerdung hält, dabei aber selbst das denkbar schlechteste Beispiel für derlei Lebensplanung abgibt. In ihren gemeinsamen Szenen bleibt tatsächlich ein Plätzchen für so etwas wie filmische Lyrik, die in den späteren Belmondo-Filmen von Lautner oder Deray kaum mehr gefragt war.
"Der Unverbesserliche" dürfte zudem, wenn mich nicht alles täuscht, die erste in einer langen Ahnenreihe von Rainer-Brandt-Vertonungen sein, in denen Bebel auch die Stimme der Berliner Synchronlegende verehrt bekam. Die Dialoge sind dazu analog von feinster Webart: Die beliebte Brandt-Beleidigung "das Aas" kommt gleich mehrfach zum Zuge, ganz abgesehen von den diversen, in fast unglaublich passender Weise auf das schelmische Grinsen des Hauptdarstellers abgestimmten Verbalkanonaden.

7/10

Heist Jean-Paul Belmondo Philippe de Broca


Foto

CAR WASH (Michael Schultz/USA 1976)


"The best place for money is right here in my pocket."

Car Wash ~ USA 1976
Directed By: Michael Schultz


Ein Arbeitstag in einer komplett manuell betriebenen Waschstraße in Downtown L.A.. Obschon der Boss Mr. Barrow (Sully Boyar) ein feister Weißer ist, "gehört" der Betrieb im Prinzip seiner fast durchweg schwarzen Belegschaft. Zwar ist die Bezahlung nicht die beste, der anhaltende Spaß, den die Jungs bei der Arbeit haben, mit Moppen aber ohnehin nicht aufzuwiegen.

Den Beweis dafür, dass Lakonie und Herzlichkeit im Film durchaus Hand in Hand gehen können, hat besonders Robert Altman mit seinen Ensemblefilmen gleich mehrfach abgelegt. Ein wenig wie Altman, bloß ohne dessen diverse inszenatorische Signaturen wirkt auch "Car Wash", einer der elementaren Mosaiksteine des 70's black cinema (und dabei obskurerweise von Joel Schumacher gescriptet), der, einem Musical ähnlich, einen strunznormalen Tag in der titelgebenden Firma Revue passieren lässt. Der Sound kommt dabei allerdings aus einer permanent über Lautsprecher laufenden Radioshow.
Dabei haben alle, die bei "Mr. B." arbeiten, einen leichten bis mittelschweren Lattenschuss: Floyd (Darrow Igus) und Lloyd (De Wayne Jessie) halten sich für ausnehmend scharfe Discoprinzen, Lindy (Antonio Fargas), eine waschechte Tucke, ärgert gern und oft den dicken Hippo (James Spinks), der wiederum zwischendurch gern mal ein Toilettenschäferstündchen mit Bordsteinschwalbe hält, T.C.s (Franklyn Ajaye) Afro ist ebenso wie seine schmierigen Anmachtouren rekordverdächtig, Duane (Bill Duke) ist neuerdings militanter black muslim und nennt sich 'Abdullah', Chuco (Pepe Serna) und Geronimo (Ray Vitte) triezen sich den ganzen Tag über mit geschmacklosen Streichen. Nur Lonnie (Ivan Dixon), alternder Ex-Knacki, müht sich um der Versorgung seiner Familie Willen, den Laden ordentlich am Laufen zu halten.
Schultz und Schumacher benötigen nur ihr unaufgeregtes Eineinhalb-Stunden-Korsett, um ein ganzes Panoptikum lustiger Gestalten mitsamt wasserdichter Charakterisierung zu präsentieren. Über einen stringenten Inhalt braucht man sich dabei nicht den Kopf zu zerbrechen, zumal ein solcher ohnehin nicht existiert. Neben den flotten Gags, zu denen neben dem Cameo von Richard Pryor als Daddy Rich, einer großmäuligen Mixtur aus pimp und preacher, auch die turbulente Verwechslung einer Urinprobe mit einer Bombe zählt, dürfte vor allem der Funksoul-Score von Norman Whitfield mitsamt dem von Rose Royce eingesungenen Titelstück für den unkaputtbaren Klassikerstatus von "Car Wash" verantwortlich sein.

8/10

Michael Schultz Los Angeles Black Consciousness Musik Joel Schumacher


Foto

CHEECH & CHONG'S NEXT MOVIE (Tommy Chong/USA 1980)


"Somebody ripped off the thing I ripped off."

Cheech & Chong's Next Movie (Noch mehr Rauch um überhaupt Nichts) ~ USA 1980
Directed By: Tommy Chong


Nachdem Cheech (Cheech Marin) seinen Job und damit den heißgeliebten Van eingebüßt hat, heißt es für ihn und seinen dauerbreiten Kumpel Chong (Tommy Chong) stempeln gehen. Doch Cheech nutzt die Gelegenheit der Amtsvorstelligkeit lieber, um seine alte Flamme Donna (Evelyn Guerrero) wieder mobil zu machen. Wegen eines geplanten Dates muss nun Chong Cheechs Cousin Red (Cheech Marin) in der Stadt besuchen. Red hat einen riesigen Sack voll selbst angebautem Gras dabei, mit dem er und Chong sich die Nacht um die Ohren schlagen, derweil Cheech daheim vergeblich auf Donna wartet.

Hoffentlich macht sich niemand die Mühe, die oben verfasste Synopse zu lesen, denn sie ist natürlich vollkommen unerheblich für den Genuss des zweiten Kinoabenteuers von Cheech und Chong, diesmal quasi endgültig in Eigenregie. Die letzten dramaturgischen Fetzen des Vorgängers sind hier nochmals auf ein narratives Gerippe herunterminimiert worden, so dass nurmehr eine auf reinen Rauschhumor reduzierte, nenunzigminütige Zelluloid-Riesentüte bleibt, die praktisch keine Gelegenheit für einen einzigen rationalen Gedankengang lässt. Bitte nicht unterschätzen: "Cheech & Chong's Next Movie" stellt durchaus Anforderungen an sein Publikum, beziehungsweise verlangt unmissverständlich eine von zwei Optionen: Entweder man dröhnt sich selbst bis obenhin zu oder erinnert sich daran, wie schön es ist, bis obenhin bedröhnt zu sein und gibt sich dann diesem großartigen Stück Nonsens zwischen Benzinklau und drogenaffinen Aliens hin. Glücklicherweise langt mir heuer zweiteres.
That's it, Man.

8/10

Los Angeles Cheech & Chong Tommy Chong Drogen Marihuana Nonsens Groteske


Foto

RISKY BUSINESS (Paul Brickman/USA 1983)


"Sometimes you just gotta say 'what the heck'."

Risky Business (Lockere Geschäfte) ~ USA 1983
Directed By: Paul Brickman


Als die Eltern (Nicholas Pryor, Janet Carroll) des künftigen College-Absolventen Joel Goodsen (Tom Cruise) für ein paar Tage in Urlaub fahren und dieser das gepflegte Vorstadthaus für sich allein hat, wartet eine turbulente Zeit auf ihn: Der über Umwege durch Joels Kumpel Miles (Curtis Armstrong) initiierte Kontakt mit dem Callgirl Lana (Rebecca De Mornay), der in einer kurzfristigen Umgestaltung der elterlichen Villa in ein Bordell kulminiert, bedeutet einen harten, aber letztlich lohnenswerten Schritt in Richtung Selbstverantwortung.

Jedes Jahrzehnt hat ja so seine paar repräsentativen Filme; popkulturellen Auswurf, der vermeintlich nur im Gegenwartskontext bestehen kann, dabei aber paradoxerweise nachhaltig die Vorstellung seiner Zeit prägt und sich selbst mit dem Abstand einer halben Ewigkeit noch als seltsam beständig erweist. Wenn unser Planet irgendwann in ferner Zukunft als menschenleere Ödnis vor sich hinvegetiert und ein paar Außerirdische auf der Suche nach Zivilsationsartefakten auf "Risky Business" stoßen, dürften sie ein ziemlich genaues Bild des dann antiken 1983 a.d. bekommen - Brickman führt uns eine Generation auf dem Weg in die materialistische Isolation vor, sozusagen die baldigen Patrick Batemans, die im Gegensatz zu allem schlechter situierten nicht nur das Privileg, sondern zugleich auch die Pflicht aufoktroyiert bekommen haben, zu gnadenlosen Businesstigern zu werden. Was hier, in diesem Chicagoer Villenvorort gelangweilter Managerkinder zählt, ist das reine, pure Erfolgsstreben. Für Joel ist klar: Wenn er nicht nach Princeton geht, werden seine Eltern ihn verstoßen, seine Freunde ihm jeglichen Respekt versagen, seine ganze Zukunft gar wird wertlos werden - all das übrigens wohl nicht ganz zufällig eine treffliche Vorübung für Cruises Scientologen-Fimmel.
In diesen Teufelskreis der gesellschaftlichen Geltungssucht passt selbst die Hure Lana, die Joel schließlich bei seiner Mannwerdung unterstützt, wunderbar hinein: Zwei junge, schöne, zutiefst amoralische Opportunisten auf dem gemeinsamen Weg in den siebenten Kapitalistenhimmel. Egal ob Brickman es beabsichtigt hat oder nicht: Sein mit derart erschreckend oberflächlichen Lebensmodellen kokettierender Film ist auf seine spezifische Weise fast brillant; ein zutiefst entlarvendes, sogar denunziatorisches Zeitporträt, das zudem wunderbar durchgestylt inszeniert ist. Der flächige Score stammt von Tangerine Dream und Phil Collins' unsagbar großes "In The Air Tonight" bekommt seinen ersten von vielen medialen Einsätzen in dieser Dekade.
Unverzichtbares Lernprogramm für Kulturhistoriker.

7/10

Teenager Paul Brickmann Chicago Prostitution Coming of Age





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare