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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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CAN'T HARDLY WAIT (Harry Elfont, Deborah Kaplan/USA 1998)


"It's up to you to make it happen."

Can't Hardly Wait (Ich kann's kaum erwarten) ~ USA 1998
Directed By: Harry Elfont/Deborah Kaplan


Pünktlich zur großen Highschool-Abschlussfete macht der Schulheld Mike (Peter Facinelli) mit seiner hübschen Freundin Amanda (Jennifer Love Hewitt) Schluss - schließlich, so Mikes brillante Deduktion, gäbe es demnächst im Universitätsleben einen ganzen Schwarm hübscher Studentinnen zu beglücken, und da könne sowas wie Treue höchstens hinderlich sein. Der "Normalo" Preston (Ethan Embry), der schon seit langem unsterblich in Amanda verliebt ist, wittert nun seine große Chance. Doch diese Drei sind nicht die einzigen, die an jenem folgenschweren Abend ins Erwachsenenleben eintreten sollen...

Kein wirklich großer Wurf, aber eine inmitten von unterbelichtetem Blödsinn wie der "American Pie"-Serie durchaus brauchbare teen comedy, deren Vorteil bei allen nicht zu leugnenden Schwächen darin liegt, ihre Figuren ernstzunehmen. Zumindest wird in "Can't Hardly Wait" der redliche Versuch unternommen, einem ansonsten wie üblich abziehbildhaft charakterisierten Personal Leben einzuhauchen und die mit Klischees gepflasterten Ersteindrücke zumindest ein wenig zu relativieren. Da avanciert der Obernerd (Charlie Korsmo) zum Partylöwen und Womanizer, der postpubertäre WASP-Rapper (Seth Green) zum geläuterten Frauenversteher, das sportliche Oberekel (Facinelli) zum überraschenden Kurzzeithelden. Und immerhin besitzt der Film die Chuzpe, den "Morgen danach" zu zeigen, an dem dann doch alles wieder seinen gewohnten Gang geht. So riecht das Ganze gleich etwas bekömmlicher und etwas mehr nach Crowe oder Linklater denn nach Paul Weitz etc. pp.
Wie viele der so oder ähnlich gelagerten Generationsporträts lebt auch "Can't Hardly Wait" letztlich von einer exzellenten Musikauswahl, die eine Menge schicker Popklassiker ausgräbt und vom Old-School-HipHop über Sleaze-Metal bis hin zu damals aktuellem Punkrock einen Haufen Gute-Laune-Knöpfe drückt. Die Entscheidung, wunderhübsche Stücke von Yazoo ("Only You"), Foreigner ("Waiting For A Girl Like You"), Nazareth ("Love Hurts"), Dire Straits ("Romeo & Juliet") und natürlich Barry Manilow ("Mandy") zu Schlüsselsongs zu machen, ist in ihrer gleißenden Offensichtlichkeit schon wieder unwiderstehlich. Man freut sich eben irgendwie doch immer wieder, den ollen Schmus zu hören. Außerdem: Ein nach einer Replacements-Nummer benannter Film zeugt zwangsläufig von Geschmack.

7/10

Coming of Age Musik Schule Harry Elfont Deborah Kaplan


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TWENTIETH CENTURY (Howard Hawks/USA 1934)


"That's the final irony!"

Twentieth Century (Napoleon vom Broadway) ~ USA 1934
Directed By: Howard Hawks


Erst macht er sie zum Broadwaystar, dann flutscht sie ihm durch die Lappen - und ausgerechnet in Richtung Hollywood. Doch wie soll man es auch aushalten mit einem solch selbstgefälligen Impresario wie dem berühmt-berüchtigten Oscar Jaffe (John Barrymore)? Solches denkt sich jedenfalls die Starschauspielerin Lily Garland (Carole Lombard), die eigentlich Mildred Plotka heißt, aus Hoboken, New Jersey stammt und ehemaliges Model für Unterwäsche ist. Oscars unnachgiebiges Training machte aus ihr eine gefeierte Bühnenaktrice. Leider ging damit auch ein eifersüchtiger Privatterror bis hin zur Rund-um-die-Uhr-Beschattung einher, der Lily schließlich von den Brettern von Bühne und Bett vertrieb. Mit Lily verlässt den armen Oscar auch der Erfolg. Doch wittert jener eine letzte Chance, als er Lily zufällig im Twentieth Century, einem Luxuszug von Chicago nach New York, begegnet...

Wie der spätere "His Girl Friday" basiert auch "Twentieth Century" auf einer Bühnenkomödie von Ben Hecht und Charles MacArthur (nämlich "Napoleon Of Broadway") und wie in erstgenanntem geht es auch hierin um einen kontrollbesessenen, zwischen widerwärtig und liebenswert changierenden Geschäftspatriarchen, der seine eigentlich heißgeliebte Lebensgefährtin von Heim und Hof ekelt, nicht zugeben will, was er an ihr verloren hat und sie später mittels schmutziger Tricks zurückgewinnt, weil sich eigentlich doch beide gegenseitig verdienen (und ergo natürlich keine(n) andere(n)). Oscar Jaffe braucht die Parkettkreide, Lily Garland das Gezänk - und beide den hochgestochenen theatralischen Gestus ihres potenziell ewigen Gegenübers.
"Twentieth Century" kommt direkt aus dem Herzen der screwball comedy, ist laut, hektisch, verrückt und ungeheuer eloquent geschrieben. Es wimmelt von urigen bis bescheuerten Nebencharakteren, seien es Jaffes zwei Helfershelfer (Walter Connolly, Roscoe Karns), die von ihrem cholerischen Boss alle fünf Minuten gefeuert und wieder eingestellt werden, oder ein durchgedrehter Pharmahersteller (Etienne Girardot), der den titelgebenden Zug mit hirnverbrannten Aufklebern zupflastert. Das ist auch der Dreißiger-Hawks in Reinkultur; der, dem Witz und bizarre Romantik noch alles bedeuteten und der auf seinem Sektor schon damals ein Feldherr war.

9/10

based on play Theater Screwball Howard Hawks


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THE MEANING OF LIFE (Terry Jones, Terry Gilliam/UK 1983)


"I'll have the lot."

The Meaning Of Life ~ UK 1983
Directed By: Terry Jones/Terry Gilliam


Eine episodisch konstruierte Erläuterung des "Sinnes des Lebens".

Obwohl jetzt von mir im Rahmen einer gemächlichen Gilliam-Werkschau wiedeholt, zeigt das letzte Kinostück der Pythons relativ wenig von der Werkssignatur des Regisseurs. Wie schon "The Life Of Brian" ist es eher eine Terry-Jones-Regiearbeit, in der Gilliam an keinem dominierenden Zipfel zieht, sondern wie die übrigen Mitglieder der Truppe als Darsteller und Ideenlieferant auftritt. Der etwa viertelstündige Vorfilm "The Crimson Permanent Assurance", in dem sich eine Gruppe ergrauter englischer Bürokraten die Macht über ihr Firmengebäude aneignet, selbiges nonchalant entankert und sich hernach zum Schrecken der Sieben Meere globaler Hochfinanz aufschwingt, ist allerdings ganz Gilliams Arbeit. Und unverkennbar. Diese Bilder, in denen man ein besegeltes Londoner Haus viktorianischen Baustils zwischen den Glasfassaden von Wolkenkratzern umher"schwimmen" sieht - ja, woher sollen die schon kommen? Gilliams Kurzfeauture gehört aber seit jeher zum eigentlichen Film dazu. Dieser demonstriert in bestechender Geschmacklosigkeit natürlich weniger den titelspendenden Sinn des Lebens als vielmehr die Verfehlungen des britischen Empire innerhalb der letzten 150 Jahre. Kolonialismus, Thatcherismus, Katholizismus, das marode Gesundheitssystem, englische Internate, den Wehrdienst, die Todesstrafe, die Gefräßigkeit des Establishments und noch mehr knöpfen die sechs Brüder im Geiste sich vor und rein gar nichts kommt dabei gut weg. Gut so. Dass "The Meaning Of Life" ein Schlager ist und ein trotz seiner schäbigen Bilder immerwährender Hochgenuss, muss wohl kaum extra erwähnt werden.

9/10

Terry Jones Nonsens Terry Gilliam Monty Python Episodenfilm


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BALL OF FIRE (Howard Hawks/USA 1941)


"Would you yum me one more time?"

Ball Of Fire (Die merkwürdige Zähmung der Gangsterbraut Sugarpuss) ~ USA 1941
Directed By: Howard Hawks


Mitten in Manhattan haben sich acht Wissenschaftler mit so illustren Namen wie 'Professor Magenbruch' und 'Professor Oddly', eingefunden, um, finanziert aus dem Nachlass eines verstorbenen Sonderlings, die definitive Enzyklopädie zu verfassen. Jeder der acht ist eine Autorität auf seinem Gebiet. Unter ihnen findet sich auch der vergleichsweise junge Linguist Professor Betram Potts (Gary Cooper), der eines Tages entsetzt feststellt, dass seine gesamte Forschung ohne die Berücksichtung der Umgangssprache und der zahlreichen Gossendialekte nichts wert ist. Eine aufschlussreiche Tour durch den Big Apple führt ihn schließlich zur der von der Polizei gesuchten Nachtclubsängerin Sugarpuss O'Shea (Barbara Stanwyck). Sie soll gegen ihren Liebhaber, den Gangsterboss Joe Lilac (Dana Andrews) aussagen. Um unbehelligt zu bleiben, versteckt sich Sugarpuss mittels eines plumpen Tricks im Hause der acht Sonderlinge, die durch das verruchte junge Blut allesamt aufzublühen beginnen. Besonders Betram erwischt es schwer. Als Sugarpuss anfängt, dessen Zuneigung zu erwidern, gilt es noch, den fiesen Lilac auszuschalten, was die zerzausten Akademiker mit Bravour bewerkstelligen.

Mit "Ball Of Fire", dessen Script, allein die obige Synopse müsste das schon verraten, von Billy Wilder und seinem damaligen Koschreiber Charles Brackett verfasst wurde, stielte Hawks nichts weniger als eine Variation des wenige Jahre zuvor bereits modernisierten Märchens vom Schneewittchen und den Sieben Zwergen ein: Eine weltmännische, hübsche, vielleicht etwas subsozial geprägte Dame gerät an einen achtköpfigen Zirkel wirklichkeitsferner Hinterwäldler des Alltags mit - teilweise - weißen Bärten (und gespielt von so liebenswerten Darstellern wie Oscar Homolka, S.Z. Sakall und Henry Travers), die sich allesamt ein bisschen in die unbeschwerte Leichtlebigkeit ihrer neuen Freundin vergucken. Der achte Zwerg freilich, der in diesem Falle aussieht und redet wie Gary Cooper, ist gar kein Zwerg, sondern der Prinz persönlich und Dana Andrews die böse Stiefmutter. Der Ausgang ist natürlich von vornherein klar und auch gar nicht das, was zählt bei einer screwball comedy. Als von Interesse erweist sich hier lediglich der Weg zum Ziel, der gespickt ist mit typisch Wilder'schen Bildungsspäßen und der gekrönt wird von einem natürlich wunderhübschen Ende, an dem alle sich in die Arme nehmen und ihre gemeinsame Zukunft begießen dürfen. Verwundert bloß etwas, dass Gary Cooper in einem doch eigentlich urtypischen Cary-Grant-Part auftaucht (was selbstverständlich nicht heißen soll, dass er seine Sache auch nur im Entferntesten schlecht machte). Film zum Gut-, ja, sogar zum Besserfühlen.

8/10

Screwball Howard Hawks Parodie Billy Wilder


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JUNIOR BONNER (Sam Peckinpah/USA 1972)


"Ya bet."

Junior Bonner ~ USA 1972
Directed By: Sam Peckinpah


J.R. Bonner (Steve McQueen), genannt Junior, kommt zurück in seine Heimatstadt in Arizona, um ein paar Kröten beim hiesigen Rodeo abzustauben. Zu Hause hat sich vieles verändert. Seine Mum (Ida Lupino) und sein Dad (Robert Preston), zwei ältliche Zausel, entfremden sich zunehmend voneinander und nicht genug damit, dass Juniors Bruder Curly (Joe Don Baker) dabei ist, zu einem unangenehmen Immobilienhai zu avancieren, vertreibt er auch noch die eigenen Eltern von ihrem Grund und verfachtet sie in Seniorenheime um, um den Familienbesitz verscherbeln zu können. Doch Junior ist keine Kämpfernatur, er nimmt am Rodeo teil, schnappt sich ein Mädchen (Barbara Leigh), teilfinanziert seinem Dad einen letzten spinnerten Traum und zieht danach wieder von dannen.

Aaah - zurücklehnen, relaxen, genießen. "Junior Bonner" ist der rechte Begleiter zu einem schmackhaften Sechserpack Dosenbier und nebenbei wahrscheinlich die entspannteste, lässigste Arbeit Peckinpahs. Im Gegensatz zu dessen unverzichtbaren SloMo-Schnitt-Gegenschnittparaden haben Gewalt oder Tote haben in dieser intimen Familiengeschichte keinen Platz, wenn auch die alte Weise vom anachronistischen Cowboy, der im Westen die weite Freiheit sucht und irgendwann unweigerlich auf Bulldozer, Planierraupen und andere Hindernisse stößt, hier wiederum ganz akut ist. Doch was wäre ein Peckinpah auch ohne solcherlei Sehnsuchtsformulierungen? Ansonsten gibt sich "Junior Bonner" eher undramatisch und kokettiert lieber mit naturalistischem Witz, der wunderbare Steve McQueen demonstriert einmal mehr, dass echte Coolness nicht gelernt werden kann und das bezaubernde Lächeln von Barabara Leigh unter der Krempe ihres weißen Stetson lässt ganze Gletscher schmelzen.

8/10

Neowestern Rodeo Sam Peckinpah


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TIME BANDITS (Terry Gilliam/UK 1981)


"So that's what an invisible barrier looks like."

Time Bandits ~ UK 1981
Directed By: Terry Gilliam


Der kleine Kevin (Craig Warnock) gerät eines Abends von seinem Bett aus in die Gesellschaft von sechs Zwergen (David Rappaport, Kenny Baker, Malcolm Dixon, Mike Edmonds, Jack Purvis, Tiny Ross), die von ihrem Arbeitgeber, dem "Obersten Wesen" (Ralph Richardson), eine Karte gestohlen haben, welche Unregelmäßigkeiten in der Schöpfung dokumentiert. Diese Unregelmäßigkeiten gestalten sich als Löcher im Zeitgefüge. Die Zwerge wollen ebendiese Löcher nutzen, um reiche Beute zu machen, stellen sich dabei jedoch ziemlich unbeholfen an. Stets verfolgt von ihrem Boss und dem "Absolut Bösen" (David Warner), landen die sieben Freunde nacheinander bei Napoleon (Ian Holm), Robin Hood (John Cleese), Agamemnon (Sean Connery) (der sich sogar als Adoptivvater für Kevin anbietet), auf der Titanic kurz vor ihrem Untergang und schließlich in der Parallelwelt der Legenden, wo das Absolut Böse sich ihrer zu entledigen plant.

Everything is dream beim Filmauteur Terry Gilliam, der mit "Time Bandits" endgültig seine weitere Identität als Regisseur definierte. Das relativ kostengünstig hergestellte, seine endgültige Veröffentlichung wie viele andere britische Produktionen dieser Zeit primär dem großen George Harrison (respektive dessen Unternehmen 'Handmade Films') verdankende Zeitreiseabenteuer exponierte Gilliam für alle, die es bis dahin noch nicht verstanden hatten, als Geschichtenerzähler, der die Grenzen der Konvention missachtete und alle störenden physikalischen Gesetzmäßigkeiten kurzerhand aushebelte, um seine bisweilen höllischen Visionen in eine halbwegs massenkompatible Form zu bringen. Gilliam ist ein im besten Sinne "literarischer Filmemacher", der seiner Rezipientenschaft trotz aller von ihm erschaffenen audiovisuellen Vorgaben noch immer großzügigen Platz für die eigene Imagination lässt. Sein bereits zu Monty-Python- Zeiten unverwechselbarer, greller Stil ist mit Ausnahme der für seine Verhältnisse luziden Auftragsarbeit "The Brothers Grimm" stets unverwechselbar geblieben. "Time Bandits" mag im Nachhinein als erster Teil einer Träumer-Trilogie betrachtet werden, die mit "Brazil" (Dystopie) und "The Adventures Of Baron Munchhausen" (umgeschriebene Geschichte) in der Dritt- und Erstgeneration fortgeführt wurde.
Der aus mittleren englischen Verhältnissen stammende Kevin wächst in einem Elternhaus auf, dessen existenzielle Erfüllung im Erwerb praktischer Küchenmaschinen und im Konsum stupider Gameshows im Fernsehen besteht. Der Junge träumt sich fort aus diesem grauen Alltag, um mit seinen Zwergenfreunden bzw. ihrer Karte als Medium den historischen Helden seiner Phantasie begegnen zu können, die sich dann freilich allesamt selbst demontieren: Napoleon entpuppt sich als grenzwahnsinniger, unter seinem Kleinwuchs leidender Profilneurotiker, Robin Hood als tuckiger Pseudoheld, dessen Almosen an die Armen nach ihrer Schenkung sogleich wieder an ihn selbst abgeführt werden und Agamemnon als einsamer, zuneigungsentwöhnter Diktator, der sein kleines Seelenheil in billigen Taschenspielertricks findet.
Für den Kinderfilm, der er eigentlich sein soll, ist "Time Bandits" wohl eine Spur zu finster, vielleicht auch zu abstrakt geraten. Als Parabel über die Freiheit der Träume und über altersunabhängige Selbstbestimmung hingegen erweist er sich - sei dies als gilliam'sche Maßlosigkeit zu verstehen - als unendlich wertvoll.

9/10

Napoleon Agamemnon Mittelalter Robin Hood Satan Historie Antike Terry Gilliam Zwerg Zeitreise Kinder


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IL MERCENARIO (Sergio Corbucci/I, E 1968)


Zitat entfällt.

Il Mercenario (Mercenario - Der Gefürchtete) ~ I/E 1968
Directed By: Sergio Corbucci


Während der mexikanischen Revolution wird der amerikanische Söldner Sergei Kowalski (Franco Nero), genannt 'der Pole', von dem Silberbaron García (Eduardo Fajardo) angeheuert, der seine Vorräte lieber in den Staaten und geschützt vor den Rebellen sähe. Als Kowalski in Mexiko ankommt, haben sich Garcías Arbeiter, allen voran der etwas unbedarfte Neo-Renegat Paco Roman (Tony Musante), bereits der Hacienda ihres vormaligen Unterdrückers bemächtigt. Das gesamte Silber ist bei einer Explosion verschüttet worden. Kowalski lässt sich kurzerhand von Roman als Militärberater anheuern. Gejagt von García, der Regierungsarmee und dem rachsüchtigen Ganoven Ricciolo (Jack Palance), schlagen die beiden sich mal als Freunde, mal als Feinde durch die Revolutionswirren.

Mit "Il Mercenario" liegt nun endlich auch das lang erwartete, letzte noch fehlende der Hauptwerke des Italowestern auf DVD vor. Unmittelbar vor seinem Meisterwerk "Il Grande Silenzio" fertigte Corbucci diesen völlig anders gearteten Film für den Großproduzenten Alberto Grimaldi und konnte somit neben wunschlos machenden Equipment auch über eine ansehnliche internationale Besetzung verfügen. "Il Mercenario" kombinierte die schalkhafte personelle Ausgangssituation von "Il Buono, Il Brutto, Il Cattivo" mit dem in Italien beliebten Thema der Revolution in Mexiko. Wie der andere Sergio setzte auch Corbucci auf die humorige Triangel dreier Gegenspieler (Nero, Musante, Palance), von denen jedoch nur einer ein wirklicher Schurke ist und die beiden übrigen linke Opportunisten, die den jeweils anderen lediglich für ihre eigenen Zwecke benutzen, um ihn in der Folge immer wieder zu übervorteilen.
Dennoch präsentiert sich "Il Mercenario" als hinreichend eigenständig und qualitätsbewusst, um nicht einfach als bloßer Nachzügler gehandelt zu werden. Heute verbucht man ihn zu Recht unter den maßgeblichen italienischen Revolutionswestern neben "Quién Sabe?", "Corri Uomo Corri" und "Giù La Testa".

8/10

Sergio Corbucci Italowestern Mexikanische Revolution period piece


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LAND OF THE LOST (Brad Silberling/USA 2009)


"Captain Kirk's nipples!"

Land Of The Lost (Die fast vergessene Welt) ~ USA 2009
Directed By: Brad Silberling


Der von allen Seiten belächelte, selbsternannte Quantenpaläontolge Dr. Marshall (Will Ferrell) entwickelt einen Teilchenbeschleuniger, der seinen Benutzer an einen paralleldimensionalen Ort führt, an dem sich die Zeitströme treffen. Zusammen mit seiner Assistentin Holly (Anna Friel) und dem Wüstennepper Will (Danny McBride) gerät Marshall per Unfall in ebenjene Parallelwelt, in der Dinosaurier, Urmenschen und sogar Außerirdische ihr Unwesen treiben. Unterstützt von dem haarigen Priaten Chaka (Jorma Taccone) erlebt das Trio einige haarsträubende Abenteuer.

Der letztjährige Ferrell-Nonsens fällt gegenüber seinen Vorgängern etwas ab; dem auf einer alten TV-Serie basierenden "Land Of The Lost" fehlt ganz offensichtlich ein wirklich dominanter Regisseur, sowie ein Ferrell ebenbürtiger Quatschmacher wie etwa John C. Reilly. Dennoch gibt es versöhnlicherdings noch immer hinreichend zu lachen, um mehr recht als schlecht über die Runden zu kommen. Einige spezielle humoristische Feinheiten ergeben sich etwa durch Dr. Marshalls hanebüchene Einfälle, darunter der, sich mit Saurierpisse einzureiben, um den fortwährenden Attacken eines hochintelligenten Tyrannosaurus Rex zu entgehen, mit dem Marshall bald nach seiner Ankunft eine besondere Intimfeindschaft verbindet. Der ewig hungrige, überkandidelte Akademiker macht sich in einem Anfall zivilisatorischer und intellektueller Arroganz außerdem nicht nur den Urmenschen Chaka zu seinem persönlichen Diener, sondern vertraut seinem selbstgefilmten Handytagebuch im Geheimen auch gleich an, ihn bei Nahrungsknappheit unbedingt verspeisen zu wollen ("We WILL cook and eat Chaka"). Der heimliche Höhepunkt des Films präsentiert sich schließlich in einem Mezcalrausch, der auf einer von Chaka geernteten Flüssigkeit aus einer Art vorsintflutlicher Agave basiert. Das gibt dann endlich die wohlfeil genutzte Gelegenheit zu einer echt formidablen Ferrell-Szene ("Marco"..."Polo").
Doch, "Land Of The Lost" ist bei Licht betrachtet schon ziemlich lustig, zumindest für Ferrell-Fans.

6/10

Will Ferrell Brad Silberling Drogen Nonsens Dinosaurier


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DESIGN FOR LIVING (Ernst Lubitsch/USA 1933)


"It's true we had a gentleman's agreement, but unfortunately, I am no gentleman."

Design For Living (Serenade zu dritt) ~ USA 1933
Directed By: Ernst Lubitsch


Im Zug nach Paris begegnen die mittellosen Bohémiens George (Gary Cooper) und Tom (Fredric March) der Werbedesignerin Gilda (Miriam Hopkins). Diese beginnt ohne das Wissen des jeweils anderen mit beiden ein Techtelmechtel. Als die zwei Freunde von ihrem "Glück" erfahren, gibt Gilda zu, dass sie sich für keinen der beiden entscheiden kann. Man entscheidet sich also für eine platonisch gehaltene Dreiecksbeziehung. Kaum jedoch, dass auf Tom der große Erfolg in London wartet - durch Gildas Intervention wurde sein Stück produziert - hat der Ärmste das Nachsehen. Als er über ein Jahr später nach Paris zurückkehrt, auch George ist mittlerweile als Maler erfolgreich, wird Gilda sofort wieder wankelmütig und entschließt sich, der Misere endgültig durch eine Vernunftehe mit ihrem spießigen Berufskollegen Plunkett (Edward Everett Horton) zu entgehen. Ein glatter Selbstbetrug.

Der auf einem Theaterstück von Noel Coward basierende "Design For Living" kommt inhaltlich ungefähr einer domestizierten Episode aus Henry Millers "Quiet Days In Clichy" gleich. Autor und Maler, beste Freunde und professionelle Berufsgammler vor dem Herrn, landen mit derselben Frau im Bett und entdecken bald, dass es sich auch so gut leben lässt. Für einen Hollywoodfilm von 1933 ist diese Botschaft, die gesellschaftliche Untugenden wie die wilde Ehe propagiert, schon ziemlich frivol geraten. Nun, der Hays Code griff um diese Zeit noch nicht vollends und im Grunde beschränkte sich die unzweifelhafte Lüsternheit auf die Dialoge und das laszive Gehabe der Hopkins, die sich, selbstverständlich im Abendkleid, selbsttrunken von ihrer radikalen Feminität, als Quasi-Nymphomanin auf einem Chaiselongue räkelt. Da wir uns in einem Lubitsch-Film befinden, stößt das Liegemöbel jedoch bei jeder ihrer Bewegungen dicke Staubwolken aus - und schon relativiert sich die perfide Erotik der Szene, um wieder in perzeptionistisch akzeptable Bahnen zurückzufallen. Dies ändert jedoch glücklicherweise nichts an den insgesamt doch rotzfrechen statements des Films, die ihrer Gegenwart um ein paar Äonen voraus sind.

8/10

Paris based on play Screwball Ernst Lubitsch Noel Coward Ménage-à-Trois


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THE GENERAL (John Boorman/IE, UK 1998)


"You never own things. The things own you."

The General ~ IE/UK 1998
Directed By: John Boorman


Am 18. August 1994 wird der Dubliner Gangster Martin Cahill (Brendan Gleeson) direkt vor seinem Haus von einem Attentäter erschossen, nachdem er ein mehr als ereignisreiches Leben geführt hat. Schon als Jugendlicher rebelliert der ewige Dickkopf im berüchtigten Hollyfield-Viertel, einem Sinnbild des Sozialabbaus aufwachsende Cahill gegen die Polizei-Obrigkeit. Jene symbolisiert für ihn nichts weiter als staatliche Repression. Später weigert er sich trotzig, einer geregelten Tätigkeit nachzugehen oder Steuern zu bezahlen, outet sich in aller Öffentlichkeit als Berufskrimineller und bezieht regelmäßig seine Arbeitslosenstütze, obwohl er an Einbrüchen mit Millionenbeute beteiligt ist. Im Privatleben führt Cahill eine rundum akzeptierte Dreiecksbeziehung mit seiner Frau (Maria Doyle Kennedy) und deren Schwester (Angeline Ball). Seine ihn nicht vor Diabetes bewahrende Enthaltsamkeit und Diszipliniertheit tragen ihm den Spitznamen "The General" ein. Als er wertvolle Gemälde an eine protestantische Untergrundorganisation verhehlt, gerät er ins Schussfeld der IRA.

Der farbenfrohe Charakter Martin Cahills stand Pate für zwei fast zeitgleich entstandene Filme. Der erste und wesentlich bedeutsamere davon ist Boormans "The General", dem zwei Jahre später "Ordinary Decent Criminal" mit Kevin Spacey folgte. Dieser verwendete jedoch andere Namen und gestaltete bestimmte Fakten geflissentlich um. Boorman brachte seinen Film in kunstvollem Schwarzweiß-Scope in die Kinos, die meisten der später auf Heimmedien erschiedenen Kopien waren dann eingefärbt. Eine Schande, da sich die ganze Substanz und Brillanz von "The General" tatsächlich nur mittels des Ursprungsmaterials erfassen lässt. Der Regisseur macht für seine Inszenierung Gebrauch von einer großen emotionalen Bandbreite. In erster Linie überwiegen allerdings die komischen Elemente, etwa, wenn Cahill in diversen Szenen die irische Polizei narrt oder mit ungeheurer Dreistigkeit einmal mehr Gesetzeslücken ausnutzt, um einer drohenden Haftstrafe zu entgehen. Dieser Humor übersieht allerdings nicht die teils tragischen Persönlichkeiten der Cahill umgebenden Individuen, geschweige denn seine eigene. Der von allen Seiten kommende, ungeheure Druck macht aus dem einst so stolzen Dissidenten schließlich einen nervösen Paranoiker und der 'Robin Hood von Dublin' nimmt seinen unmittelbar nahenden Tod mit einem fast dankbaren Gesichtsausdruck in Kauf.
Ein famoser Film, vermutlich der beste, den Boorman in den letzten zwanzig Jahren zustande gebracht hat.

9/10

Irland Biopic IRA John Boorman Working Class Heist Nordirland-Konflikt





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Funxton

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