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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE PRIVATE LIFE OF SHERLOCK HOLMES (Billy Wilder/UK 1970)


"We all have occasional failures. Fortunately, Dr. Watson never writes about mine."

The Private Life Of Sherlock Holmes (Das Privatleben des Sherlock Holmes) ~ UK 1970
Directed By: Billy Wilder

Fünfzig Jahre nach Dr. Watsons (Colin Blakely) Tode wird eine Kiste mit geheimen Memorabilia von Sherlock Holmes' (Robert Stephens) Busenfreund geöffnet. Darin finden sich unter anderem Aufzeichnungen über zwei bislang unbekannte Fälle des Meisterdetektivs: Im ersten soll er als Vater für das geplante Baby einer russischen Ballettdiva (Tamara Tourmanova) herhalten, wiegelt jedoch ab mit der Begründung, er und Watson seien ein schwules Paar, im zweiten lässt sich Watson von einer kaiserlichen Spionin (Geneviève Page) hereinlegen, die zur großen, unerfüllten Liebe seines Lebens avanciert.

Einer der weniger beleumundeten Filme Billy Wilders, wohl nicht ganz zu Unrecht. Mit der kleinen Episode um Holmes' erotische Ausflucht stark und witzig beginnend, fällt er mit der zweiten, erzählzeitlich wesentlich ausführlicher dargebrachten Geschichte um die von Holmes' undurchsichtigem Bruder Mycroft (Christopher Lee) überwachte Konstruktion eines Unterseebootes jedoch etwas ab. Besonders Colin Blakely als Watson, in der deutschen Synchronfassung vorzüglich vertont von Harald Juhnke, macht den Film jedoch immer wieder sehenswert, da er das humorige Potenzial des gepflegt-grotesken Szenarios zu schüren versteht. Die Szenen, in denen er, als Hahn im Korb der schnieken russischen Tänzerinnenm Holmes' vorherigen "Verrat" am eigenen Leibe zu spüren bekommt und ihn später erbost zur Rede stellt, beinhalten große Wilder/Diamond-Eleganzia. Danach wird es vergleichsweise konventionell und ein im Grunde "typischer" Holmes-Fall mit eher zurückhaltender Komik steht an. Wilders visuelle Pflege der viktorianischen Ära ist erwartungsgemäß natürlich von größter Sorgfalt und höchst vergnüglich, Christopher Challis' weichzeichnende Kamera passt sich ihr zudem hervorragend an. So ist "The Private Life Of Sherlock Holmes" insgesamt betrachtet vor allem ein visueller Genuss; zu seinem völligen Gelingen hätte ich mir jedoch gewünscht, dass der Film das Versprechen der ersten dreißig Minuten weiter einhält.

7/10

Billy Wilder Sherlock Holmes Victorian Age London Schottland Loch Ness Kokain femme fatale


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BAISERS VOLÉS (François Truffaut/F 1968)


Zitat entfällt.

Baisers Volés (Geraubte Küsse) ~ F 1968
Directed By: François Truffaut

Wegen charakterlicher Wankelmut unehrenhaft vom Militär entlassen begibt sich der mittlerweile 22 Jahre alte Antoine Doinel (Jean-Pierre Léaud) auf Jobsuche in Paris. Eine Zwischenstation als Nachtportier führt in zur Detektei Blady, die ihn als Mitarbeiter einstellt. Erste Beschattungsaufträge versaut Antoine durchweg und wird schließlich mit dem pikanten Auftrag betraut, für den schnöseligen Schuhverkäufer Tabard (Michael Lonsdale) herauszufinden, warum alle Welt ihn hasst. Als Antoine Tabards Frau Fabienne (Delphine Seyrig) kennenlernt, ergeht er sich in jugendlicher Schwärmerei, was die reifere Dame als überaus charmant empfindet. Dann ist da noch Antoines Jugendliebe Christine (Claude Jade), die sich nicht recht zwischen Zu- und Abneigung für den kauzigen jungen Mann entscheiden kann.

Neun Jahre nach "Les Quatre Cents Coups" eine mit der Bizzarerie liebäugelnde Komödie über Antoine Doinel, der seine leidenschaftliche Feindschaft zu allen Autoritäten dieser Welt glücklicherweise nicht verlernt hat und nicht ganz zufällig 1968, im Jahr von Studentenunruhen und Langlois-Affäre, den verrücktesten Job annimmt, den Paris zu bieten hat. Er soll ausgerechnet Fakten dafür sammeln, warum ein Bourgeois von seiner Umwelt belächelt und verabscheut wird. Dazu gibt es Irrungen und Wirrungen auf dem Weg zur erotischen Glücksfindung, hier mal eine Professionelle, da die hübsche, aber etwas spröde Christine und dort die in Antoines Augen göttinnengleiche Madame Tabard. Truffaut inszeniert diese Episode mit spitzzüngiger Leichtigkeit und einem einmaligen satirischen Auge, das allerdings nie ganz den Anschluss an die Ungeheuerlichkeiten der gegenwärtigen Realität einbüßt. Somit mein Lieblings-Doinel, zumal ich darüber immer wieder herzhaft lachen kann.

10/10

François Truffaut Paris Coming of Age Satire Groteske Antoine Doinel Nouvelle Vague


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THE DARK CORNER (Henry Hathaway/USA 1946)


"How I detest the dawn. The grass always looks like it's been left out all night."

The Dark Corner (Der Feind im Dunkel) ~ USA 1946
Directed By: Henry Hathaway

Der Kunstgalerist Cathcart (Clifton Webb) plant, seinen Nebenbuhler Jardine (Kurt Kreuger) aus dem Weg zu räumen, einen schmierigen Hallodri, der mit Cathcarts wesentlich jüngerer Frau (Cathy Downs) eine Affäre pflegt. Um selbst unbehelligt zu bleiben, wählt Cathcart als Sündenbock Jardines früheren Kompagnon, den Privatdetektiv Galt (Mark Stevens). Jener hat nämlich seinerseits auch mit Jardine noch eine alte Rechnung offen und somit ein vortreffliches Motiv. Der Auftragskiller Stauffer (William Bendix) soll Jardine nun so um die Ecke bringen, dass Galt als Schuldiger dasteht. Doch er und seine fixe Sekretärin Kathleen (Lucille Ball) kommen Cathcart auf die Schliche.

Zusammen mit dem feinen "Kiss Of Death" eine schöne Film-Noir/New York-Dublette von Henry Hathaway, weg von der stets artifiziell anmutenden Studioatmosphäre der meisten Hollywood-Streifen jener Zeit hin auf die Straße und zu Originalschauplätzen. Natürlich sind diverse Szenen immer noch im Atelier entstanden, aber man hat auch vor Ort gearbeitet, was "The Dark Corner" eine kräftige Vitalität verleiht. Clifton Webb gibt mal wieder den bösen, schmalschultrigen Schnösel, der am Ende über seine eigene Arroganz stolpert und seinen perfekt eingefädelten Plan dadurch verrät. Bendix muss eine frühere Inkarnation von James Gandolfini gewesen sein, Lucille Ball, die immerhin die Besetzungsliste anführt, fand ich indes eher leidlich beklatschenswert. Hauptdarsteller ist aber wie erwähnt die Stadt mitsamt all ihrer wunderbaren cinegenen Ausstrahlung.

8/10

Henry Hathaway film noir New York Kunst


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CHEYENNE (Raoul Walsh/USA 1947)


"Cheyenne or Carson City - you decide."

Cheyenne (Schmutzige Dollars) ~ USA 1947
Directed By: Raoul Walsh

Nicht ganz freiwillig wird der Spieler James Wylie (Dennis Morgan) von der Pinkerton-Agentur als Juniormitarbeiter angeheuert: Er soll einem bis dato gesichtslosen Postkutschenräuber genannt "Der Poet" auf die Schliche kommen, der passend zu seinen Verbrechen stets einen frechen schriftlichen Vers hinterlässt und sich gegenwärtig mutmaßlich im Grenzstädtchen Cheyenne aufhält. Bereits auf der Fahrt dorthin lernt Wylie die beiden Damen Ann Kincaid (Jane Wyman) und Emily Carson (Janis Paige) kennen. Zudem wird man von der Bande von Sundance Kid (Arthur Kennedy) ausgenommen, der seinerseits gern eine Partnerschaft mit dem Poeten eingänge. Derweil ist Wylie dem Gesuchten bereits näher als vermutet - denn Ann ist dessen Gattin...

Kleiner Makulaturwestern vom Regie-Tausendsassa Walsh mit der üblichen fachmännischen Hand, jedoch ohne große Ambition und Leidenschaft inszeniert. Die späten Vierziger waren von wenigen Ausnahmen abgesehen ohnehin keine besonders reichhaltige Zeit für das Genre, das während dieser Phase eher von kleineren Studios wie Republic oder eben in Form von günstig produzierten Abschreibungsobjekten bei RKO oder, wie im Falle "Cheyenne", von Warner befeuert wurde, die dann auch gern im Doppelpack gezeigt wurden. Walsh ist jedoch erwartungsgemäß kein Vorwurf zu machen, der holt das Beste aus seinen Maßgaben heraus. Dennis Morgan in der Hauptrolle wirkt wie eine in jeder Hinsicht miniaturisierte Version des Duke, wozu auch eine gewisse physiognomische Ähnlichkeit beiträgt. So sind es vor allem die Schurken Arthur Kennedy und Bruce Bennett, die "Cheyenne" Leben einhauchen.

7/10

Raoul Walsh Wyoming Duell


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FEAR X (Nicolas Winding Refn/DK, UK, CA, BR 2003)


"Stay on him, here I go."

Fear X ~ DK/UK/CA/BR 2003
Directed By: Nicolas Winding Refn

Der Wachmann Harry Caine (John Turturro) fällt in eine tiefe Depression, nachdem seine schwangere Frau Claire (Jacqueline Ramel) ohne ersichtlichen Grund in der Tiefgarage jenes Einkaufszentrums, in dem Harry arbeitet, erschossen wurde. Sein Leben widmet er fortan allein der Suche nach dem Täter und dem Grund für Claires Tod. Als er endlich eine heiße Spur erhält, die ihn nach Montana führt, steht Harry bald Claires reuigem Mörder (James Remar) gegenüber.

Nach einer längeren Pause war "Fear X" Winding Refns dritter Film nach den in Dänemark entstandenen "Pusher" und "Bleeder". Hier arbeitete er erstmals mit einer internationalen, anglophonen Besetzung, die die drei aus diversen renommierten Indie-Produktionen bekannten Darsteller John Turturro, Deborah Kara Unger und James Remar vereinte. Für ein Werk, das rein karrieristisch dazu angetan war, Winding Refn eine zunehmende Popularität zu verschaffen, ist "Fear X" faktisch eine bare Frechheit. Sperrig, provozierend langsam, unverständig und interpretationsbedürftig gibt sich Refn hier, nachdem seine ersten beiden Filme noch eher als zumindest erzählerisch straighte Gangster- bzw. Großstadtramen durchgingen. In "Fear X" widmet sich der Filmemacher ganz einer bleiernen Antibeweglichkeit mitsamt langen Einstellungen und reduziertem Dialog, die zudem auf klassische Narrationsformeln verzichtet und noch die Chuzpe besitzt, den Zuschauer am Ende zum Komplizen ihrer verworrenen Gestalt zu machen. Das Publikum quittierte dieses Experiment mit nicht minder reaktiver Ignoranz. Abseits von einer kleinen Schar Eingeweihter, die mit seinem Namen und seiner Unvorhersehbarkeit als Filmemacher hauszuhalten wussten, mochte sich kein Mensch "Fear X" im Kino ansehen und die erste Inkarnation von Winding Refns Produktionsgesellschaft "Jang Go Star" ging in die Pleite. Die mittlerweile auch schon neun Jahre alte Hinterlassenschaft dieses Films lässt sich vor allem anhand ihrer erstaunlichen Eigenwilligkeit und Konsequenz festmachen. Von "Valhalla Rising" und "Drive" steckt hierin jedenfalls schon eine Menge.

8/10

Nicolas Winding Refn Hubert Selby Jr. Wisconsin Montana Surrealismus


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ZEDER (Pupi Avati/I 1983)


Zitat entfällt.

Zeder ~ I 1983
Directed By: Pupi Avati

Auf dem gebrauchten Farbband der zum Hochzeitstag geschenkt bekommenen Schreibmaschine entdeckt der junge Autor Stefano (Gabriele Lavia) einen seltsamen Text über das "Besiegen des Todes" und die sogenannten "K-Zonen". Seine umgehend angestellten Nachforschungen führen ihn über Umwege auf die Spur des offenbar verschwundenen, vorherigen Besitzers der Schreibmaschine, eines Ex-Geistlichen namens Don Luigi Costa. Dieser verfolgte anscheinend die ungeheuerliche Theorie eines gewissen Paolo Zeder, der der festen Überzeugung war, dass bestimmte Areale die spezifische Eigenschaft aufweisten, der Zeit zu trotzen. Hier würden selbst begrabene Tote alsbald wieder auferstehen. Zusammen mit seiner Frau Alessandra (Anne Canovas) widersetzt sich Stefano allen Hindernissen und macht schließlich selbst eine der K-Zonen ausfindig...

Neben "La Casa Delle Finestre Che Ridono" ist "Zeder" Pupi Avatis bekanntestes und meistgeliebtes Werk. Wenngleich jenes die lyrische Atmosphäre des zuvor genannten Werkes nicht ganz aufzugreifen vermag, ist die von theologischen und physikalischen Erklärungsversuchen eingerahmte Geister- und Zombiegeschichte voll von unheimlicher Motivik und ebensolchen Bildern. Dass sämtliche Versuche, die K-Zonen nutzbar zu machen von einer unheiligen Despektierlichkeit geprägt sind, die selbst Mitarbeiter des Vatikans involviert, ist eine interessante inhaltliche Fußnote. Wer würde schon vermuten, dass ausgerechnet Studien, deren Ziel nichts Geringeres als der Aufschub der letzten menschlichen Bestimmung darstellt, mit päpstlichem Segen durchgeführt werden könnten? Zumal die Resultate ja ohnehin von eher kritischer Färbung sind: Die auferstandenen Toten haben nämlich ihren Verstand verloren und werden zu Marionetten des reinen Bösen. Dass Stefano am Ende wider allen besseren Wissens auf den Effekt der K-Zonen zurückgreift, um den Preis seiner vorherigen Neugier zurückzufordern, kann ergo nur schiefgehen.
Aus "Zeder" lernt man mehrerlei. Dass der italienische Genrefilm der Achtziger ausnahmsweise auch visuell zurückhaltend zu Werke gehen konnte etwa, oder das Stephen King vermutlich ein gewissenhafter Konsument ebenjener Filmgattung ist. Die thematischen Parallelen seines "Pet Sematary" zu "Zeder" sind jedenfalls mehr als augenfällig...

8/10

Pupi Avati Vatikan Rimini Emilia-Romagna Geister Zombies Verschwörung


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THE GIRL WITH THE DRAGON TATTOO (David Fincher/USA, SE, UK, D 2011)


"Bring your drink, leave my knife."

The Girl With The Dragon Tattoo (Verblendung) ~ USA/SE/UK/D 2011
Directed By: David Fincher

Der Investigativ-Journalist Mikael Blomkvist (Daniel Craig) wird während einer beruflichen Krise von dem Groß-Unternehmer und Patriarchen Henrik Vanger (Christopher Plummer) als Detektiv engagiert. Blomkvist soll herausfinden, wer vor rund fünfzig Jahren Vangers Nichte Harriet ermordet hat. Als Blomkvist merkt, dass er allein nicht weiterkommt, bittet er die eigenwillige Hackerin Lisbeth Salander (Rooney Mara) um Hilfe, die auch ihn selbst einst erfolgreich bespitzelt und derzeit einige persönliche Probleme zu bewältigen hat. Zwischen den Beiden entwickelt sich eine zarte Romanze, derweil der Mörder seine Kreise immer enger um sie zieht.

Der Erstverfilmung von Niels Arden Oplev mindestens ebenbürtige Adaption des ersten "Millenium"-Romans, die andere formale und inhaltliche Schwerpunkte setzt, vor allem aber infolge Finchers exzellenter Inszenierung trumpft. Hat man sich mit den impliziten Fragwürdigkeiten, die die Entstehung des Films zwangsläufig begleiten und einmal mehr um die nordamerikanische Eigenart kreisen, ausländisches Erfolgskino mit kulturimperialistischem Gestus umzuformen und zu assimilieren (selbst, wenn dies bedeutet, eine schwedische Geschichte mit englischsprachigen Darstellern in englischer Sprache zu adaptieren), einmal hinreichend auseinandergesetzt und abgefunden, wird der Blick frei auf einen deutlich "filmischeren Film" als ihn Oplevs Variation darstellte. Die Urfassung zeigte sich oftmals dann doch primär von den Mechanismen klassischer TV-Formalia bedient, wo Fincher eben das Auge eines mittlerweile erfahrenen Kinoregisseurs einsetzen kann. Craig ist auswechselbar, aber die tolle Rooney Mara, ohnehin bereits im ersten Trilogieteil Kerncharakter der Story, präsentiert eine verletzlichere, emotional differenzierter erschgeinende Lisbeth Salander als die knüppelharte Noomi Rapace zuvor. Umso mehr trauert man am Ende mit ihr, nachdem sie ihr just wiederentdecktes Vertrauen in die Zwischenmenschlichkeit gleich wieder auf den Müll werfen darf.
Es lohnt in jedem Fall, sich Finchers zugeschliffene Version des Stoffs anzuschauen, auch unter Kenntnis des Originals. Lässt sich nur hoffen, dass auch noch der Rest der Trilogie dereinst von ihm übernommen werden wird.

8/10

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AGAINST ALL ODDS (Taylor Hackford/USA 1984)


"It's simple: either you want to play football again, or you don't."

Against All Odds (Gegen jede Chance) ~ USA 1984
Directed By: Taylor Hackford

Nachdem Footballstar Terry Grogan (Jeff Bridges) wegen einer Schulterverletzung aus dem Team fliegt, steht er zunächst mittellos da. Da engagiert ihn sein alter Freund, der Buchmacher Jake Weiss (James Woods), als Schnüffler: Terry soll in Mexiko Jakes Verflossener Jessie Wyler (Rachel Ward) nachspüren, die zufälligerweise auch die Tochter der Besitzerin (Jane Greer) von Jakes Ex-Team ist. Als sich Terry und Jessie begegnen, beginnen sie fast vom Fleck weg eine heftige Affäre, die ein abruptes Ende findet, als Jakes früherer Trainer Sully (Alex Karras) in Yucátan mit einer Pistole vor ihnen steht und von Jessie erschossen wird. Zurück in L.A. versucht Jake, Terry wiederum für seine miesen Geschäfte einzuspannen und ihn gleichermaßen von Jessie fernzuhalten.

Dass "Against All Odds" bis heute stets nur als flaues Remake des Tourneur-Klassikers "Out Of The Past" gehandelt zu werden scheint, wird ihm nicht gerecht. Zwar ist der Film eines jener so typischen Beispiele, die veranschaulichen, mit welch glitzernden Reiz-Methoden im Hollywood der Achtziger Kino gemacht, Oberflächen-Trends etabliert, gesetzt und weitergesponnen wurden (ein anderes zu nennendes Werk in diesem Zusammemhang ist McBrides "Breathless", bekanntlich ebenfalls die Transponierung eines völlig andersartigen Klassikers in die damalige Gegenwart), genausogut ist er jedoch auch ein hervorragendes Form-Exempel dieser Periode. Wenn die jeweils perfekt gebauten Jeff Bridges und Rachel Ward nackt in einem Maya-Tempel aufeinanderliegen um Liebe zu machen, beäugt von steinernen archaischen Götzenbildern, dann stellt sich rasch das befremdliche Gefühl ein, zwei ätherischen Retortenmenschen beim interstellaren Koitus zuzusehen und man wähnt, dass ausgemachter Körperkult heute keineswegs eine temporäre Modeerscheinung war und/oder ist. Überhaupt entpuppt sich der gesamte Film, wie besonders die schöne Schlusseinstellung demonstriert, am Ende als große Ode an die makellose Physis Rachel Wards, in die Taylor Hackford zu dieser Zeit ganz offensichtlich schwer verschossen war. Doch auch sonst hat "Against All Odds" seine Qualitäten: Die schwülen klimatischen Verhältnisse von L.A. und Mexiko passen hervorragend in diese Tage und waren sogar vordringlicher Grund, warum ich, gegenwärtig elend bett- und/oder couchlägerig, mir Hackfords Film mal wieder anschauen wollte. Neben Phil Collins' wunderschönem Titelsong freilich.
Man begehe bitteschön nicht den allseits zum Nachteil gereichenden Fehler, "Against All Odds" als bloße Neuadaption zu betrachten. Andernfalls nämlich langt er dazu, gehörig Eindruck zu schinden.

7/10

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DIE SIEBEN MÄNNER DER SUMURU (Jess Franco/BRD, E, USA 1969)


"I hate men."

Die sieben Männer der Sumuru ~ BRD/E/USA 1969
Directed By: Jess Franco

Die teuflische Sumuru (Shirley Eaton) hat die Spengung ihrer Insel überlebt und sich gleich unter dem Zuckerhut eine persönliche Stadt namens 'Femina' errichtet, die ausschließlich von ihr und ihrer durchweg weiblichen Privatarmee bevölkert wird. Die Entführung einer Bankierstochter (Marta Reves) hätte sie jedoch besser bleiben lassen, denn deren Papa (Walter Rilla) hetzt Sumuru den Superschnüffler Jeff Sutton (Richard Wyler) auf den Hals, der noch Jede rumgekriegt hat...

Wie alle verdienten, großen kleinen Gestalten des Kinos bekam auch Sax Rohmers Sado-Maso-Hexe Sumuru ein zeitnahes Sequel spendiert - diesmal von dem stilistisch deutlich ausgewogener arbeitenden Jess Franco inszeniert, der einen besseren und vor allem schöner anzuschauenden Film hingelegt hat als sein Kollege und Vorgänger Lindsay Shonteff. Bei Franco gibt es, naturalmente, nebenbei auch viel t&a's, ein nettes Gespür für Architekturen (Oscar Niemeyer) und urbane Momentaufnahmen sowie stets wechselnde Haarfarben für Sumuru. Dass es am Ende noch die vermutlich mieseste Filmexplosion aller Zeiten zu bejaulen gibt, sei dem "Dschäs" (Erwin C. Dietrich) verziehen, immerhin gewährte er uns vorher noch den einen oder anderen pittoresken Einblick in den Karneval von Rio und eine Momentaufnahme von sich selbst als Gitarrenspieler, der Richard Wyler und Maria Rohm dabei bezeugt, wie sie von einem messerbewährten Clown-Quintett angegriffen werden. Ja, "Die sieben Männer der Sumuru" (international auch bekannt als "The Girl From Rio", "Future Women", "Mothers Of America", und, mein persönlicher Lieblingstitel, "Rio 70") hat schon was; vor allem ordentlich Tinte aufm Füller! Die just erschienene, deutsche DVD lohnt übrigens auch für Besitzer der ohnehin verpflichtenden Blue-Underground-Scheibe, denn sie präsentiert eine gänzlich andere Schnittfassung und die unverzichtbare deutsche Vertonung ("Ich bin doch nicht aus dem Lande Doof!" etc.)

6/10

Jess Franco Harry Alan Towers Sax Rohmer Rio de Janeiro Brasilien Sequel Camp


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LORD OF ILLUSIONS (Clive Barker/USA 1995)


"What about death?" - "It's an illusion."

Lord Of Illusions ~ USA 1995
Directed By: Clive Barker

Der New Yorker Privatdetektiv Harry D'Amour (Scott Bakula), der in seiner Praxis bereits eingehende Erfahrungen mit dem Übernatürlichen fesammelt hat, kommt nach L.A., um einen Fall von Veruntreuung aufzuklären. Bald schon gerät er jedoch an Dorothea (Famke Janssen), die Ehegattin des berühmten Illusionisten Philip Swann (Kevin J. O'Connor), die um Personenschutz für ihren Mann ersucht. Bei seiner abendlichen Vorstellung kommt Swann schließlich wegen einer Fehlplanung ums Leben. D'Amour untersucht die Umstände seines Todes und taucht ein in die seltsame Welt der Illusionisten und Magier, die oft selbst kaum gewahr ist, was Schein ist und was Sein. Zudem reformiert sich im Hintergrund eine radikale Sekte, die die Wiederankunft des "Puritaners" Nix (Daniel von Bargen), mit dessen gewaltsamem Tod vor dreizehn Jahren auch Swann und Dorothea in Zusammenhang stehen.

Nach seiner Kurzgeschichte "The Last Illusion", die zugleich so etwas wie den Abschluss seiner sechs "Books Of Blood" markiert, schrieb und inszenierte Clive Barker Mitte der Neunziger diesen Film um echte und vorgetäuschte Magie. Für die weit weniger schlüssig als die Originalstory arrangierte Adaption übernahm Barker lediglich die Namen und Charaktere von fünf Hauptfiguren (D'Amour, die Swanns, der undurchsichtige Valentin und der noch undurchsichtigere Butterfield sind bereits aus der Vorlage bekannt) und nutzte sie für ein wesentlich komplexeres Handlungsgeflecht: Die Figur Philip Swanns splittet sich im Film auf in den gleichnamigen Protagonisten und den unsterblichen Nix, der eine lose, aber umso treuere Glaubensgemeinschaft von Fanatikern um sich scharen kann. Dorothea Swanns Biographie und auch ihr Verhältnis zu ihrem Mann fällt nun deutlich konturiger aus, dazu kommt die Liebesgeschichte zwischen ihr und D'Amour und der veränderte Handlungsschauplatz Kalifornien. Leider entfällt dafür der "infernalische" Aspekt von "The Last Illusion", in dem sich zahlreiche, Cenobiten-ähnliche Dämonen tummeln, die Swann und dem Schnüffler ans Leder wollen. Andererseits stützt sich Barker in der Filmfassung auf überdeutliche, gewinnende Noir-Elemente, die "Lord Of Illusions" eine besondere stilistische Vielfalt angedeihen lassen. Ferner hatte Barker hier - anders als noch bei "Nightbreed" - nicht mit störenden Repressalien seitens der Produktion zu kämpfen, was man dem nicht sonderlich eingängigen, aber dennoch homogenen Resultat anmerkt.

8/10

Clive Barker Los Angeles neo noir Magie Hölle Sekte





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