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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE WATCHER IN THE WOODS (John Hough/UK, USA 1980)


"Something awful happened here."

The Watcher In The Woods (Schreie der Verlorenen) ~ UK/USA 1980
Directed By: John Hough

Auf der Suche nach einer großzügigen, ruralen Bleibe stößt die vierköpfige Familie Curtis in der englischen Provinz auf das Landgut der alleinstehenden, alten Mrs. Aylwood (Bette Davis), die sich selbst mittlerweile ins frühere Gesindehaus zurückgezogen hat. Mrs. Aylwood, eine etwas gruselige, aber nette Dame, nimmt die Curtises als Mieter bei sich auf, zumal sie sich für die ältere Tochter Jan (Lynn-Holly Johnson) interessiert, die sie an ihre eigene, vor dreißig Jahren spurlos verschwundene Karen (Katharine Levy) erinnert. Und tatsächlich empfangen sowohl Jan als auch ihre jüngere Schwester Ellie (Kyle Richards) bald Signale aus offenbar übersinnlichen Sphären - Karen scheint mit ihnen Kontakt aufnehmen zu wollen, während eine andere, jenseitige Macht sie davon abzuhalten versucht. Als Jan den Umständen um Karens damaliges Verschwinden nachgeht, entdeckt sie bald einen Weg, sie möglicherweise wieder zurückholen zu können.

Der Versuch, eine Brücke zu schlagen zwischen klassischem Horrorkino und modernem Familienfilm konnte anno 80 natürlich nur auf dem Mist des sich damals des Öfteren im Genrebereich betätigenden Disney-Studios wachsen. Beschränkten sich zehn, zwanzig Jahre zuvor die einzigen reinen Realfilm-Versuche der Micky-Mäuse auf ausgesprochen kindgerechte Abenteuer- und Wildnis-Geschichten sowie Fantasy-Komödien, liebäugelten Disney und deren Tochter Buena Vista um den Dekadenwechsel 70/80 mit höher budgetierten Ausflügen in die etwas handfesteren Gattungsniederungen: "The Black Hole", "Condorman", "Dragonslayer", "Night Crossing", "TRON", die etwas später entstandene Bradbury-Adaption "Something Wicked This Way Comes" und eben "The Watcher In The Woods" sind allesamt Beispiele für diese etwas seltsame Tendenz. Dabei wurde stets und unter oberster Priorität versucht, Kinder oder zumindest Jugendliche als potenzielles Hauptpublikum zu bewahren. So kann man auch bei diesem Film des traditionsbeflissenen Genreregisseurs John Hough a priori davon ausgehen, dass es garantiert niemals allzu wüst zugeht, dass die Gespenster bei aller mühsam evozierten Atmosphäre lediglch moderaten Grusel verbreiten und es zudem ein feistes Happy End für alle Beteiligten gibt. Die mittlerweile etwas zauselige Bette Davis ist die perfekte Wahl für die Rolle der undurchsichtigen Oma, als Bonus obendrauf gibt's Ian Bannen, der natürlich mehr weiß, als er zunächst preiszugeben bereit ist.
Alles in allem für 'nen verkaterten Sonntagabend genau das Richtige.

6/10

John Hough Vincent McEveety England Haus Geister


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ENEMY (Denis Villeneuve/CA, E 2013)


"Now we're even."

Enemy ~ CA/E 2013
Directed By: Denis Villeneuve

Der Geschichtsdozent Adam Bell (Jake Gyllenhaal) lebt mit seiner Freundin Mary (Mélanie Laurent) eine eher freudlose, karge Existenz, in deren Verlauf jeder Tag dem anderen gleicht. Als er bei der Betrachtung einer geliehenen Film-DVD einen Statisten entdeckt, der ihm bis aufs Haar zu gleichen scheint, wird Adam hellhörig und beginnt nachzuforschen: Anthony Claire (Jake Gyllenhaal), der in der gleichen Stadt wohnt, ist tatsächlich Adams exaktes Ebenbild. Allerdings hat Anthony eine schwangere Frau, Helen (Sarah Gadon), deren Vertrauensverhältnis zu ihrem Mann stark erschüttert scheint. Nachdem sich Adam und Anthony treffen, verlangt letzterer, für einen Abend in Adams Rolle zu schlüpfen, um mit Mary schlafen zu können. Aus dem zunächst einseitigen Arrangement wird ein Rollentausch, der Adam zu Helen führt.

Schwerlich zu entschlüssende Parabel über einen grenzdepressiven Mann, der dadurch, dass er seinem Ebenbild begegnet, in eine nochmals potenzierte Lebenskrise gerät. "Enemy" verbleibt dabei bewusst multipel interpretierbar: Möglicherweise geht es um eine gewissensbedingte Persönlichkeitsspaltung mit wahlweise unklarem oder tödlichem Ausgang; möglicherweise verhandelt der Film den psychointernen Kampf eines Mannes in der Mittlebenskrise mit sich selbst; vielleicht ist dies alles aber auch bloß prätentiöse, heiße Luft und Apologie für den für mich noch immer nicht klar einschätzbaren Villeneuve, seine Kunst in die Welt zu entlassen. In rein formaler Hinsicht berichtet "Enemy" viel über Villeneuves persönlichen Stilwillen: In vornehmlichen Gelbtönen gehalten verliebt sich die Kamera immer wieder in die bizarren Architekturen der Großstadt, die häufig ohne Fundament oder aus der Froschperspektive abgebildet werden und so als stumme, monolithische Zeugen urbaner Anonymität fungieren. Die überirdischen elektrischen Leitungen wirken wie das Netzwerk einer gigantischen Spinne, die in einer Einstellung dann auch wirklich einmal über die Stadt hinwegkrabbelt. Überhaupt die Spinnensymbolik: Sie unterteilt den Film gewissermaßen in drei Erkenntnismomente bis hin zum abgeblendeten Verschlingen(?).
Eine gewisse Ratlosigkeit bleibt jedenfalls bestehen, ebenso wie die zum jetzigen Zeitpunkt für mich noch sehr uneindeutige, qualitative Einordnung.

7/10

Denis Villeneuve Surrealismus Ehe Toronto Madness Parabel Persönlichkeitsstörung


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DUNE (David Lynch/USA 1984)


"He who controls the Spice, controls the universe!"

Dune ~ USA 1984
Directed By: David Lynch

Im dreiundzwanzigsten Jahrtausend hat die Menschheit längst Teile des Weltalls besiedelt. Die Planeten werden von hierarchisch aufgeteilten Häusern bewohnt, regiert von Imperator Shaddam IV. (José Ferrer). Eine Droge namens 'Spice', die auf dem Wüstenplaneten Arrakis gewonnen wird, gilt als wichtigste wirtschaftliche Ressource. An der Lehensherrschaft über Arrakis sind daher, neben vielen anderen, vor allem die Häuser Atreides und Harkonnen interessiert, deren Patriarchen Leto (Jürgen Prochnow) und Vladimir (Kenneth McMillan) verfeindet sind. Obschon Shaddam offiziell Leto Atreides die Kontrolle über Arrakis überträgt, tut er sich insgeheim mit Vladimir Harkonnen zusammen und überrennt mit einem Militärputsch Letos Abordnung auf Arrakis. Dessen Sohn Paul (Kyle MacLachlan), ein großer Kämpfer, geschult zudem im Einsatz gewaltiger telekinetischer Kräfte, alliiert sich mit den Ureinwohnern von Arrakis, den Fremen, lehrt sie seine Fähigkeiten und erobert den Wüstenplaneten schließlich von Harkonnen und dem Imperator zurück. Der mittlerweile als lang erwarteter Messias Erkannte krönt sich selbst zu neuen Imperator - der Beginn einer neuen Ära.

Nach "The Elephant Man" und vor "The Straight Story" der zweite von insgesamt drei Filmen David Lynchs, die klassischen narrativen Strukturen folgen, beziehungsweise deren Grundprämisse sich im weitesten Sinne als "irdisch-realitätsverwurzelt" bezeichnen lässt, obschon "Dune" ja einem gleichnamigen Science-Fiction-Zyklus von Frank Herbert folgt. Dessen Visionen, die sich bei näherer Betrachtung vielfach erkennbare Zeitbezüge aufweisen (Kalter Krieg, Energiekrise, Revolution, aufkeimende Jugend-Subkulturen etc.), lassen sich ansatzweise auch in der Bearbeitung Lynchs erkennen, die ja bekanntlich bereits den dritten Versuch einer Kino-Adaption des Stoffs abbildet, nachdem zuvor in den Siebzigern der Produzent Arthur P. Jacobs und später Michel Seydoux mit dem Regisseur Alejandro Jodorowsky an der Komplexität und Unverfilmbarkeit von Herberts Geschichten gescheitert waren. Als in Ehren gescheitert kann man auch Lynchs Film werten, wobei dies an der Redlichkeit und Wichtigkeit des prinzipiellen Ansatzes nicht rüttelt. Auch, wenn er letzten Endes als großformatiger Camp Bestand hat, dessen verquaste Dialoge und umfassende Hilflosigkeit im Umgang mit dem viel zu umfangreichen Material bezeichnend sind und er in seiner fraglosen visuellen Pracht, gepaart mit vornehmlich Stirnrunzeln evozierenden, unfreiwillig komischem storytelling (nebst der formalen Gestaltung) an den ebenfalls von De Laurentiis produzierten "Flash Gordon" erinnert, muss "Dune" unter die großen Genre-Beiträge eingeordnet werden. Zu pompös, als dass man ihn ignorieren dürfte, zu abseitig, als dass er sich für die nächste Mülltonne anböte, findet man in Lynchs Film eine rauschhafte Ebene, die ihn immerhin zu einer audiovisuellen tour de force macht, deren Dialoge und innere Monologe sich beinahe als Störfaktoren ausnehmen. Aus dieser bezieht er seine merkwürdige Kraft, diese verleiht ihm innere Stärke.

7/10

David Lynch Zukunft Frank Herbert Monster Drogen


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ERASERHEAD (David Lynch/USA 1977)


"Just cut them up like regular chickens."

Eraserhead ~ USA 1977
Directed By: David Lynch

Henry Spencers (Jack Nance) Leben wird zu einem desolaten Albtraum: Der als Drucker in einer von Fabriken gesäumten Industrielandschaft tätige Mann heiratet gezwungenermaßen seine neurotische Verlobte Mary (Charlotte Stewart), da sie ein Baby von ihm bekommt. Das Neugeborene hat jedoch mehr Ähnlichkeit mit einem Saurier/Strauß-Hybriden denn mit einem menschlichen Kind und krakeelt den ganzen Tag vor sich hin. Mary verlässt Henry und das Baby und zieht zurück zu ihren Eltern. Henry halluziniert eine seltsame Gesangsnummer hinter seiner Zimmerheizung herbei, ebenso, wie seine plötzliche Enthauptung, nach der sein Hirn zu Radierern verabeitet wird. Es gelüstet ihn nach seiner Nachbarin (Judith Roberts), die jedoch rasch das Interesse an ihm verliert. Schließlich tötet er das ihn nurmehr auszulachen scheinende Baby und tritt danach selbst eine Reise ins chaotische Nirgendwo an.

Was rein inhaltlich eigentlich einen Kurzfilm hätte säumen mögen, baut Lynch in seinem Langfilmdebüt, an dessen Schaffung er über fünf Jahre hinweg arbeitete, auf eine Distanz über 85 Minuten auf. Der Witz ist, dass sein im Prinzip völlig pathologisches Hirnidiom völlig aufgeht und infolge seiner unerreichten, unverwechselbaren und unikalen Ästhetik den Rezpienten sogar fest an sich zu fesseln versteht. "Eraserhead" will weniger gesehen und schon erst gar nicht begriffen, sondern schlicht "erfahren" werden. Lynch unterminiert hier bereits in vollster Radikalität den omnipräsenten Wunsch des ordinären Kinogängers nach Ratio und Struktur, nach Akten und Begrifflichkeiten, nach Halt und Säule. "Eraserhead" jedoch enthält seinem Publikum nicht nur all dies vor, sondern dreht ihm gleich dazu auch noch eine lange Nase, wenn er subjektive Geisteswelten und Traumlogik projiziert und erfahrbar macht. Obschon ihm eine stringente Narration mehr oder weniger fehlt, ist "Eraserhead" komisch und traurig, romantisch und entsetzlich, sehnsuchtsvoll und ekelhaft. Dabei, und das ist das eigentlich Tolle, ist es eben egal, wovon er berichtet (oder ob er gar überhaupt von etwas berichtet), ob von einem jungen Vater, der eine folgenschwere Psychose durchlebt, einem einsamen Kafka-Protagonisten, der zum Opfer einer bizarren Versuchsanordnung der Obrigkeit wird oder ob er einfach einen seltsamen Traum wiedergibt.
In heaven, everything is fine. Mehr muss man nicht wissen.

9/10

David Lynch Surrealismus Baby Madness


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END OF DAYS (Peter Hyams/USA 1999)


"How do you expect to defeat me when you are but a man, and I am forever?"

End Of Days ~ USA 1999
Directed By: Peter Hyams

Der Silvesterabend des Jahres 1999 naht. Ein alltäglicher Auftrag wird für den Ex-Cop und Personenschutzangestellten Jericho Cane (Arnold Schwarzenegger) zum Auftakt einer Kette unheimlicher Ereignisse. Es scheint, als habe Luzifer persönlich sich einen menschlichen Wirt (Gabriel Byrne) gesucht, um mit einer Auserwählten namens Christine York (Robin Tunney) seinen irdischen Sohn zu zeugen und damit die ganze Welt in Dunkelheit und Chaos zu stürzen. Für den seit der Ermordung seiner Familie zum Atheisten gereiften Cane eine nur schwerlich zu begreifende Angelegenheit. Dennoch findet und schützt er Christine sowohl vor den satanischen Heerscharen als auh vor einer Gruppe radikaler, vatikanischer Ordensritter, die die junge Frau ermorden wollen, bevor sie die Teufelsbrut empfangen kann. Doch gegen den Gehörnten nutzt selbst die größte Feuerkraft nichts, wie Cane feststellen muss. Hier bedarf es etwas mehr...

Dem damals grassierenden Y2K-Hype begegnete die stets spürnasige Studios Ende der Neunziger mit einer ganzen Kohorte mehr oder minder gelungener Teufels- und Dämonenfilmen, darunter "End Of Days", in dem Arnold Schwarzenegger mit viel Firepower gegen His Satanic Majesty persönlich antrat. Wie die meisten Filme von Peter Hyams genießt auch "End Of Days" keinen besonderen Leumund, wie den meisten Filmen von Hyams geschieht ihm damit Unrecht - vor allem retrospektiv betrachtet, da man ihn halbwegs losgelöst von der besagten Welle betrachten kann.
Die PR-Maschine ließ damals stolz verlauten, Schwarzenegger spiele gegen sein Image an, was auf den zweiten Blick natürlich Blödsinn ist. Er soll einen verzeifelten und infolge dessen verlotterten Ex-Polizisten geben, der Alkoholiker ist und zudem akut depressiv und selbstmordgefährdet. Das haut erwartungsgemäß nicht hin. Wenngleich Cane sich in seiner ersten Szene verkatert eine Knarre an die Stirn hält und sich danach einen Ekel-Frühstücks-Shake mixt, den nur ein Abartiger genießen kann, sieht er kurz darauf schon wieder aus wie aus dem Ei gepellt, die athletische Figur unter dem Mantel mühselig verbergend und präsentiert sich im Zuge der entbrennenden Verfolgungsjagd auf einen Attentäter fitter als ein Turnschuh. Ein Dreitagebart reicht eben nicht ganz aus zum Verkauf von Verwahrlosung. Kurzum spielt Arnold also einmal mehr seinen gewohnten Typus, diesmal vielleicht etwas problembehafteter und somit ausdifferenzierter als gewohnt. Damit arrangiert läuft dieser Hybrid aus Action und Horror ganz gut rein; inszenatorisch leistet Hyams keinerlei Schnitzer und der unter anderem von Stan Winston betreute Effektezauber sieht noch immer ordentlich aus. Das streng christlich konnotierte Ende, an dem Jericho Cane sich als moderne Christus-Inkarnation quasi für die Sünden der Welt opfert und ins Schwert stürzt, muss man gezwungenermaßen hinnehmen. Gegen Luzifer hilft eben auch der dickste Granatwerfer nichts, selbst, wenn Schwarzenegger ihn bedient. Da kann nur wahres Märtyrertum Abhilfe schaffen. Hätte man sich dieses forcierte Happy End geschenkt, "End Of Days" wäre richtig knorke geworden. So gefällt er mir immerhin noch gut.

7/10

Peter Hyams New York Y2K Silvester Satan Kirche Verschwörung Glauben Apokalypse


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LAST ACTION HERO (John McTiernan/USA 1993)


"I'm the famous comedian Arnold Braunschweiger."

Last Action Hero ~ USA 1993
Directed By: John McTiernan

Für den kleinen, allein von seiner meist arbeitenden Mutter Irene (Mercedes Ruehl) erzogenen New Yorker Danny Madigan (Austin O'Brien) ist Arnold Schwarzenegger der Größte. Am meisten mag Danny seine "Jack Slater"-Reihe, von denen der aktuellste Teil 4 in Kürze seine Weltpremiere erleben wird. Der alte Vorführer Nick (Robert Prosky) versteht als einziger wirklich Dannys Leidenschaft und schenkt ihm für eine mitternächtliche Sondervorführung des noch ungesehenen Reißers eine magische Eintrittskarte, die er selbst einst von Harry Houdini erhalten hat. Das Ticket befördert Danny unversehens auf die Leinwand und mitten hinein in das neue Slater-Abenteuer, in dem die Realität einzig und allein hollywoodschen Drehbuchklischees gehorcht. Im nun folgenden Abenteuer bemerkt Slaters Erzfeind Benedict (Charles Dance) folgerichtig, dass es da, wo ein Eingang existiert, auch einen Ausgang geben muss und beschließt, mit Slater endgültig Schluss zu machen, indem er dessen Darsteller in der realen Welt kaltstellt. Slater hingegen muss akzeptieren lernen, dass er selbst lediglich eine Phantasiefigur in einer sich verselbstständigenden Irrealis ist.

Wenngleich Anspruch und Umsetzung im Falle "Last Action Hero" so recht leider keinen gemeinsamen Nenner (mehr?) teilen wollen, so besitzt das Ergebnis zumindest noch Reste von Klasse und Intelligenz. Gestaltet als eine Art rückwärtsgewandte Genre-Version von Woody Allens "The Purple Rose Of Cairo", in dem ebenfalls ein interdimensionaler Brückenschlag zwischen Kino und Realität (wenngleich hier ohne kausale Erläuterungen) stattfindet, vergisst "Last Action Hero" über seinen hochbudgetierten Happening-Charakter mitsamt teueren Effekten, Dutzenden von Cameos und intertextuellen Referenzen hinaus leider oftmals seine mutmaßlich semi-didaktische, ursprüngliche Intention: Jene nämlich, die Leinwand als einen Hort der Träume und der Überlebensgröße zu zeigen, die als industrielles Unterhaltungsmedium zwar ihre unbedingte Berechtigung besitzt, jedoch nie als letzte Antwort von Realitätsflucht fungieren kann. Bei McTiernan ist die ursprüngliche Kinomagie, wie sie Allens Film noch inbrünstig beschwor, längst der postmodernistischen Kalkulationslüge Hollywood gewichen; einem Konglomerat aus immer wiederkehrenden, luziden Mustern und Schemata, in dem selbst der halbbeschlagene (kindliche) Zuschauer längst vorhersehen kann, was als Nächstes passiert. Schwarzenegger symbolisiert, teils offenbar unbewusst, eben jene etablierte Struktur wie kaum ein anderer, indem ihm etwa seine altbekannten, längst halbgaren Oneliner als vornehmliches Charakteristikum zugeschrieben werden. Hier meinte der Darsteller ganz offensichtlich, eine weitere (damals von ihm ja noch häufiger beabsichtigte) Möglichkeit der augenzwinkernden Selbstparodie zu erhalten, ohne dabei gleich in auratische Dekonstruktion münden zu müssen. Eine etwas naive Annahme, denn genau dorthin führt "Last Action Hero" seinen unschlagbar selbstbewussten Zweitprotagonisten letzten Endes. So kehrt dann die eigentliche, verloren geglaubte Prämisse auf subtile, vielleicht unbeabsichtigte Weise doch wieder zurück in den Film; die Filmstadt und ihr Personal entlarven sich selbst als kompromissloss kommerziell ausgerichtetes Räderwerk. Da erscheint auch die finale Besinnung auf Allens Vorbild durch die Bemühung des von der Leinwand herabschreitenden Todes (hier in Person von Ian McKellen) als ziemlich hilflos und redundant, ebenso wie die eklektisch eingebundene Masse der parodistischen, an ZAZ orientierten Gags übrigens, von denen sich letztlich nurmehr ein Bruchteil als wirklich gelungen erweist.

7/10

John McTiernan Film im Film Kind Buddy Movie Kalifornien Los Angeles New York Kino Mafia


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X-MEN: DAYS OF FUTURE PAST (Bryan Singer/USA, UK 2014)


"Erik was right. Humanity does this to us."

X-Men: Days Of The Future Past (X-Men - Zukunft ist Vergangenheit) ~ USA/UK 2014
Directed By: Bryan Singer

Die Zukunft, 2023: Menschen und Mutanten stehen endgültig im Krieg gegeneinander. Die Sentinels, Kampfdroiden, die die Fähigkeit besitzen, sich auf die Kräfte eines jeden Mutanten einzustellen und diesen dadurch zu besiegen, finden und töten alle der mittlerweile im Untergrund lebenden Mutanten, derer sie habhaft werden können. Charles Xavier (Patrick Stewart) und Erik Lehnsherr (Ian McKellen) kommen auf die Idee, die Fähigkeiten von Kitty Pryde (Ellen Page) zu nutzen, um Logans (Hugh Jackman) Geist fünf Jahrzehnte in die Vergangenheit in seinen damaligen Körper zurückzuschicken, um jenen schicksalhaften Moment zu verhindern, der zu dieser furchtbaren Gegenwart führte: Die Ermordung des Wissenschaftlers und Sentinel-Konstrukteurs Bolivar Trask (Peter Dinklage) durch die rachsüchtige Mystique (Jennifer Lawrence). Dazu jedoch bedarf Logan einer Re-Allianz der jüngeren Ichs von Professor X (James McAvoy) und Magneto (Michael Fassbender)...

Auch diese X-Story basiert auf einer eigentlich recht betagten Comic-Strecke, die Chris Claremont und John Byrne bereits 1981 kreiert haben. Der Film hält dieser gegenüber einige Änderungen betreffs inhaltlicher Details bereit, die nicht zuletzt daher rühren, dass durch einzelne Facetten innerhalb der früheren Adaptionen - wie etwa die des Todes von Senator Kelly im ersten Film - bereits der eine oder andere Weg verbaut wurde. Man müht sich hier und da um Kontinuitätsanbindung, dennoch sind diverse Schlampereien, die in ihrer beinahe schon arroganten Redundanz vermeidbar gewesen wären, zu beklagen, angefangen bei der Figur des Bolivar Trask, die eigentlich bereits in "X-Men - The Last Stand" eingeführt und darin noch von Bill Duke gespielt wurde - nicht allein in rein physischer Hinsicht so ziemlich das diametrale Gegenteil von Peter Dinklage. Zudem fehlt eine ordentliche Anbindung an den Abspann-Appetizer aus "The Wolverine": Hier fallen mal kurzerhand zehn Jahre Historie unter den Tisch. Solch störender "Kleinigkeiten" finden sich schlicht zu viele, um in ihrer Ballung als unbedeutende Faux-pas durchgewunken werden zu können. Dass durch die "Erfüllung" von Logans Mission zudem die gesamte filmische X-Historie wandelt und diverse Ereignisse ungeschehen gemacht werden, dürfte künftig für noch mehr Konfusion und Ungenauigkeit sorgen.
Auf rein solipsistischer Ebene betrachtet ist vor allem die Rückkehr von Bryan Singer auf den Regiestuhl sicherlich als Gewinn zu werten. Das Franchise erhält durch ihn eine gewisse frühere Note zurück, die durch die jüngeren Abenteuer "("First Class" ausgenommen) etwas aufgegeben schien. Ein gehöriges Ambitionsplus macht sich bemerkbar, wenngleich besagte Ignoranzen nicht wegzuleugnen sind. Ansonsten geschieht in "Days Of Future Past" so viel und ist ein solcher Affekt-Reichtum vorhanden, dass eine größere Enttäuschung glücklicherweise ausbleibt und der Film sich als gelungenerer Eintrag in die Reihe verbuchen lässt. Man muss sich wohl damit abfinden, dass die Fox im Gegensatz zur Marvel-Redaktion wenig Wert auf kreative briefings und die entsprechende Sorgfalt legt.

8/10

Bryan Singer X-Men Superhelden Zeitreise Zukunft period piece mad scientist Comic Mutanten Marvel


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GODZILLA (Gareth Edwards/USA, J 2014)


"Nature has an order. A power to restore balance. I believe he is that power."

Godzilla ~ USA/J 2014
Directed By: Gareth Edwards

Der in Japan tätige Wissenschaftler Joe Brody (Bryan Cranston) ist bereits seit Jahrzehnten einer mysteriösen Naturgewalt auf der Spur, die sich immer wieder durch seismische, unterseeische und unterirdische Aktivitäten bemerkbar macht und der einst seine eigene Frau Sandra (Juliette Binoche) zum Opfer gefallen ist. Sein mittlerweile erwachsener, im Militärdienst befindlicher Sohn Ford (Aaron Taylor-Johnson) hält seinen alten Herrn für einen Spinner, der lediglich Sandras Tod nicht verkraften kann und daher einem Hirngespinst nachjagt. Doch die folgenden, sich überschlagenden Ereignisse geben Brody Senior Recht: In den Ruinen des Atomkraftwerks, für das er einst gearbeitet hat, schlüpft aus einer Art Kokon ein riesenhaftes, flügelbewährtes Ungetüm, das Ähnlichkeit mit einer gigantischen Gottesanbeterin hat. Dieses "MUTO" getaufte Wesen, das sich von radioaktiver Strahlung ernährt und alle Arten von Elektrizität lahmlegen kann, macht sich auf seinen zerstörerischen Weg via Hawaii bis an die Pazifikküste der USA. Dort will es sich mit seinem weiblichen Gegenstück, das in der Wüste Nevadas erwacht, paaren. Doch es gibt noch ein drittes Monster, um den eine geheime Wissenschaftlerloge namens 'Monarch' bereits seit langer Zeit weiß: Den Godzilla, einen riesigen Urzeitdrachen, der auf die beiden MUTOs losgeht. Ford hat alle Hände voll zu tun, die Monster zu bekämpfen und seine Familie zu beschützen.

Wenngleich ich den Edwards' Remake in punkto Zeitmanagment leider sehr ungünstig zuvorgekommen "Pacific Rim" von Guillermo del Toro spaßiger fand, ist "Godzilla" eine ordentlich gerierte Monstermär, die, anders als Emmerichs Variante von 1998, deutlich mehr Respekt für die Ikonografie des Originals aufbringt und diesem mental sehr viel näher steht. Die Japaner haben ihren "Gojira" ja im weiteren Verlauf seiner Filmkarriere einen beinahe messianisch gefärbten Retterstatus zukommen lassen, der zwar stets wenig Rücksicht auf humankulturelle Errungenschaften und entsprechende Kollateralschäden nahm, die Welt jedoch nicht selten vor sehr viel böseren Monstern oder gar Aliens bewahren konnte. In dieser Tradition steht auch diese jüngste Inkarnation des "king of monsters", dem, das zeichnet sich zum Ende des Films bereits ab, vielleicht eine neuerliche Karriere als popkulturelles Artefakt bevorsteht. Godzilla kommt, sieht und siegt, hält ein Schläfchen in den Trümmern von Frisco, um dann wieder in der Tiefsee zu verschwinden, von wo er zum kurzen Besuch an die Oberfläche kam. Der 'Monarch'-Wissenschaftler Serizawa (der bereits im Original als Erfinder der Godzilla bezwingenden Superwaffe vorkam und hier von Ken Watanabe gespielt wird) fasst es in Worte: Godzilla ist nichts anderes als ein Abgesandter von Mutter Natur, der den spezifischen Auftrag hat, den Globus (respektive das Leben auf im) vor archaischen Gefahren zu schützen, derer er (bzw. es) sich selbst nicht erwehren kann. Ohne viel auf die ihn umschwirrenden Ameisen zu geben, die ihn mit ihren kleinen Helikoptern, Panzern und Raketen beharrlich belästigen, bahnt sich der Monsterkönig seinen Weg durch den Ozean bis in die unreiwillige Kampfesarena, um die beiden MUTO zu plätten. Doch auch die Menschheit muss nicht komplett untriumphal ausgehen: Ford Brody gelingt es immerhin, zum Leidwesen der stolzen Mama, die MUTO-Brut zu zerstören.
Gareth Edwards als Regisseur bildet eine glückliche, vielleicht sogar die glücklichste Wahl für "Godzilla" 2014, hat der Brite doch bereits mit seinem "Monsters" unter Beweis stellen können, dass er hinreichend Respekt für bedrohliche Viecher, die zwischen und über uns hinwegstapfen wie riesige Abgötter, aufzubringen imstand ist. Was für Emmerich letzthin alles bloß groß und spaßig und Alibi für desaströse Spielereien war, erhält heuer zumindest einen gesunden Prozentsatz an Sujet- und vor allem Selbstachtung.

7/10

Gareth Edwards Japan Pazifik San Francisco Monster Kaiju Godzilla


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MAMULA (Milan Todorovic/SER 2014)


Zitat entfällt.

Mamula (Nymph - Mysteriös. Verführerisch. Tödlich.) ~ SER 2014
Directed By: Milan Todorovic

Die beiden amerikanischen Freundinnen Kelly (Kristina Klebe) und Lucy (Natalie Burn) machen Ferien an der montenegrinischen Adria, wo sie ihren früheren Kommilitonen Alex (Slobodan Stefanovic) besuchen, mit dem Lucy einst liiert war. Zusammen mit Alex' Verlobter Yasmin (Sofija Rajovic) und dem Abenteurer Boban (Dragan Micanovic) besuchen sie, trotz eingehender Warnungen des mysteriösen Alten Niko (Franco Nero) Mamula, eine ehemalige, verlassene Gefängnisinsel vor der Küste. Dort entdecken die Freunde Unglaubliches: Ein älterer Fischer (Miodrag Krstovic) wirft abgetrennte, menschliche Gliedmaßen in einen Brunnen und macht, nachdem er sich ertappt wähnt, Jagd auf die Clique; unter den Ruinen gibt es Wasserzugänge, aus denen Töne hervordringen, die nur die beiden Männer hören und es scheint dort ein schönes Mädchen (Zorana Kostic Obradovic) gefangen zu sein...

Monströse Meerjungfrauen sind ein tolles Fantasy-/Horror-Sujet, wie ich finde. Leider gibt es bis dato kaum wirklich ansprechende, filmische Umsetzungen zum Thema - "Las Garras De Lorelei" fiele mir da gerade mal spontan ein. Auch "Mamula", der zuallererst einmal ein durchaus redliches Unterfangen markiert als ein weiterer Versuch der serbischen Filmkultur, sich durch Genrekino einen internationales Renommee zu erarbeiten, bildet bestimmt keinen diesbezüglichen, unerlässlichen Meilenstein. Aufsehen erregt der Film sicherlich durch seinen Besetzungscoup mit Franco Nero, der einen um den Skylla-Mythos im Bilde befindlichen, rettenden Helden spielt, und dies durchaus ansehnlich. Tatsächlich heben sich jene Szenen, die er mit seiner Präsenz anreichert, deutlich vom Rest des Films ab. Das erste, lediglich der Figureneinführung dienende Drittel lässt bereits eine mittlere Katastrophe befürchten. Natalie Burn ist zwar nett anzuschauen, ihr Schauspielvermögen jedoch ist, ebenso wie das ihrer Kolleginnen und Kollegen von beängstigender Bescheidenheit. Selbiges gilt für das extrem dulle Dialogscript und die keine Ruhe findende Kamera. Im weiteren Verlauf erstarkt der Film dann glücklicherweise allmählich - wenngleich weiterhin stete Mängel zu beklagen bleiben -, bis er zum Showdown hin (in dem auch Neros 'Niko' endlich eine gewichtige Rolle spielt) gar eine geflissentlich poetische Ebene ankratzt. Wäre der gesamte Film von ebendieser atmosphärischen Qualität, er könnte sich rühmen, im Genre-Einerlei etwas Besonderes abzubilden. In seiner nunmehr bestehenden Form bleibt er unterdurchschnittlich.

4/10

Milan Todorovic Serbien Insel Monster Nixe Splatter Montengero Mittelmeer


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THE MAGIC SWORD (Bert I. Gordon/USA 1962)


"I'd recognize you amongst thousands!"

The Magic Sword (Ascalon - Das Zauberschwert) ~ USA 1962
Directed By: Bert I. Gordon

Im finsteren Mittelalter entführt der böse Zauberer Lodac (Basil Rathbone) des Königs schöne Tochter Helene (Anne Helm) um sie seinem stets hungrigen Drachen zum Fraße vorzuwerfen. Da ist jedoch noch der fesche Jüngling George (Gary Lockwood) vor, der Helene zwar nur durch Bilder aus einem magischen See kennt, sie aber trotzdem von Herzen liebt. Von seiner schusseligen Ziehmutter Sybil (Estelle Winwood) mit dem nötigen Equipment für eine solch gefahrvolle Expedition ausagestattet, zieht er ohne deren Billigung los, sechs Ritter aus allen Teilen Europas sowie den undurchsichtigen Hofritter Branton (Liam Sullivan) an der Seite. Sieben Flüche gilt es auf dem Weg zu Lodacs Feste zu übwerwinden, einer schrecklicher als der andere.

Eigentlich ein Fall für Nathan Juran und Ray Harryhausen, wurde "The Magic Sword" zu einem, na ja, semi-erfolgreichen Versuch des stets günstig arbeitenden Monsterbarden Bert I. Gordon, traditionelle Märchen- und Fabelmuster in einem bunten, familientauglichen Abenteuerfilm unterzubringen. Auch viele Pulp-Horror-Elemente sind enthalten: Es gibt einen Riesenwerwolf, ein nebliges Moor mit säurehaltigen Tümpeln, eine hässliche Dämonenhexe, Geister, allerlei mutiertes Zaubervolk (Zwerge, Eierköpfe und Vogelmenschen) und natürlich den handlungsstiftenden Drachen. Das alles scheint mir, unter vornehmlicher Verwendung von Rückprojektionen und Bildmontagen, halbwegs passabel getrickst, insgesamt jedoch mit zu wenig Schmiss und zuviel Routine dargebracht. Die Besetzung um die beiden seniorigen Kontrahenten Rathbone und Winwood hält immerhin ein paar kleine Überraschungen bereit: In Cameos finden sich Vampira und Angelo Rossitto an, letzterer allerdings im Zuge eines eher undankbaren Auftritts.

5/10

Bert I. Gordon Ritter Magie Märchen Monster Drache Hexe





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Funxton

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