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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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CAPTAIN AMERICA: THE WINTER SOLDIER (Anthony Russo, Joe Russo/USA 2014)


"Even when I had nothing, I had Bucky."

Captain America: The Winter Soldier (The Return Of The First Avenger) ~ USA 2014
Directed By: Anthony Russo/Joe Russo

Im Zuge eines Einsatzes im Indischen Ozean stellen Steve Rogers (Chris Evans) aka Captain America und Natasha Romanoff (Scarlett Johannson) aka Black Widow einen Datenträger mit geheimnisvollem Inhalt sicher. Zurück im S.H.I.E.L.D.-Hauptquartier weigert sich Nick Fury (Samuel L. Jackson), genauere Informationen über den Stick preiszugeben, wird dann jedoch umgehend von feindlichen Agenten attackiert und, nachdem er Rogers im letzten Moment den Datenträger zuspielen kann, scheinbar sogar ermordet. Nach einem Vorsprechen bei dem S.H.I.E.L.D.-Obersten Alexander Pierce (Robert Redford) steht Rogers plötzlich auf der Abschussliste der Organisation. Mithilfe seiner Freundin Natasha und der des Jung-Veterans Sam Wilson (Anthony Mackie) findet Rogers Unglaubliches heraus: Seit Jahrzehnten wird S.H.I.E.L.D. von der Nazi-Organisation 'Hydra', allen voran dem mittlerweile verstorbenem, jedoch immer noch als Künstliche Intelligenz (auf dem Stick) präsenten Wissenschaftler Arnim Zola (Toby Jones) infiltriert und schürt gezielt Krisensituationen in aller Welt, um sich selbst unentbehrlich zu machen. Das soeben im Angang befindliche "Projekt Insight" dient dabei zu nichts anderem, als dem bösen Pierce ein Werkzeug zu satellitengesteuertem Massenmord zu verschaffen. Zudem entpuppt sich Pierces Hauptwerkzeug, der Superagent 'Winter Soldier', als Rogers' totgeglaubter, bester Freund Bucky Barnes (Sebastian Stan), der Hydra seit Ende des Zweiten Weltkriegs als untote Killermaschine dient. Zusammen mit dem mittlerweile genesenen Nick Fury räumt das Superhelden-Trio mit der verfaulten S.H.I.E.L.D. auf und macht sich dann daran, Bucky zu suchen.

Innerhalb der zweiten Welle der rein "hauseigen" hergestellten Marvel-Filme (wie man weiß, finden sich, was für Kontinuitätsfreunde wie mich ganz besonders ärgerlich ist, nicht alle Verfilmungsrechte da, wo sie eigentlich hingehörten - nämlich unter einem Dach: "Spider-Man" liegt bei Columbia, die "X-Men" bei Fox und wo die revisionistisch angekündigten "Daredevil" und "Fantastic Four" momentan umherkreuchen - keine Ahnung. Eigentlich doch ein Unding) ist "Captain America: The Winter Soldier" der, der mir bislang am Besten gefallen hat. Auch "Iron Man 3" und "Thor - The Dark Kingdom" waren gute bis sehr gute Happening-Filme, "Cap 2" jedoch ist mit seinem sehr straight vorgetragenen, erwachsenen Plot zu einem wahren Leckerbissen geworden, nicht nur für Fans. Die die Spionageabwehr-Organisation S.H.I.E.L.D., bis dato stets als trautes Heim Nick Furys und verlässlicher Wahrer für globale Sicherheit ins narrative Feld geführt, entpuppt sich in Wahrheit nämlich als ganz fauler Apfel, der im Prinzip seit seinem Bestehen ein gewaltiges Lügenkonstrukt ist, einzig erschaffen zur nachträglichen Nazifizierung der Welt. In diesem Zuge erhält man sogar die (vermutlich auf ewig) einmalige Chance, Robert Redford als Superbösewicht zu sehen. Wer hätte damit noch gerechnet?
Die Geschichte fußt im Wesentlichen auf der bereits 1988 erschienen Miniserie "Nick Fury Vs. S.H.I.E.L.D.", in der Fury (freilich in seiner Original-Inkarnation als weißes Schlachtross mit graumelierten Schläfen) auf schmerzliche Weise selbst heraus finden muss, dass sein "Laden" längst von dem Alntnazi Baron von Strucker unterwandert und übernommen wurde. Für das "Captain America"-Sequel wurde sie entsprechend umgeschrieben und modernisiert; natürlich unter Berücksichtigung des während der Comic-Episode um Caps Tod eingeführten 'Winter Soldier' (merke: nahezu kein Comicsuperheld stirbt wirklich für immer) elementare Nebenfiguren wie Caps alter Kumpel "Falcon" (Sam Wilson, dessen Haupt-Markenzeichen, sein treuer Falke Redwing, ihm im Film leider vorenthalten wird) oder Sharon Carter werden eingeführt und die charmante Black Widow ist erfreulicherweise auch wieder, in ihrem bislang großzügigsten Part sogar, vertreten. Exzellent choreographierte, erdige Actionszenen, ein von Chris Evans bis aufs Härchen perfekt inkarnierter Comicheld und einige wohl platzierte nerd hinds (der Name Steven Strange fällt etwa - bahnt sich da in der Zukunft etwas an?) runden die ganze Chose ab und, besonders erfreulich, zeigen signifikant, dass mit erstklassigen Superhelden-Filmen weiterhin zu rechnen sein wird.

9/10

Anthony Russo Joe Russo Marvel Superhelden Comic Captain America Washington D.C. Verschwörung Terrorismus Buddy Movie


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NOAH (Darren Aronofsky/USA 2014)


"Now you're a man."

Noah ~ USA 2014
Directed By: Darren Aronofsky

In grauer Vorzeit: Der dem allmächtigen "Schöpfer" hörige Noah (Russell Crowe) erhält eines Tages eine wegweisende Vision. Ein gewaltiger Regen wird die gesamte Welt überfluten und es ist an ihm, Noah, die Unschuldigen, nämlich die Tiere, in Sicherheit zu bringen. Zu diesem Zwecke soll er ein gewaltiges Schiff bauen, eine Arche, auf der je zwei Exemplare jeder Art Platz finden. Auch Noah und seine Familie dürfen als Erbauer und letzte Human-Vertreter darauf mitfahren. Mithilfe der "Wächter", steinerner Riesen, in deren Innerem sich die himmlischen Heerscharen des Schöpfers verbergen, gelingt Noah der Bau der Arche und auch das Zurückschlagen der anrückenden Horden des Tubal-Kain (Ray Winstone), der dereinst Noahs Vater (Marton Czokas) erschlug. Der Tyrann selbst allerdings kann sich in die Arche einschleichen und sich dort mithilfe von Noahs rachsüchtigem Mittleren Ham (Logan Lerman) verstecken. Derweil ist Noahs zumal unfruchtbare Adoptivtochter Ila (Emma Watson) schwanger. Dies steht jedoch dem Masterplan zur vollständigen Tilgung der Menschheit entgegen. Noah muss eine Entscheidung treffen...

Die Bibel ist ja ein duftes Märchenbuch, wenngleich über weite Passagen ziemlich mies geschrieben und mit allzu vielen Namen unübersichtlich aufgepimpt. Dennoch gab und gibt sie Fernseh- und insbesondere Hollywood-Studios immer wieder Anlass zu Demonstrationen von production values und vor allem zu solchen wahnhaften Vulgärglaubens. In das klassische Segment ebenjener Art Bibel-Adaption fällt auch Darren Aronofskys jüngster Film, dem ja in Kürze noch einige Konkurrenz-Produktionen folgen werden. Bibel ist anno 2014 wieder in. Was liefert nun der vorliegende, betont allegorisch arrangierte Gattungsvertreter? Edeltrash? Ziemlich sicher. Das Exempel eines in Ehren gescheiterten Großprojekts? Ganz bestimmt. Aronofsky gilt ja gemeinhin als ambitioniert zu werke gehender Filmemacher mit höchst spezifischer Note. "Noah" entwickelt erwartungsgemäß mancherlei Parallelen zu Aronofskys bisher unzugänglichstem Werk "The Fountain", das sich ebenfalls als philosophische Flexion verstand und sich verstärkt mit existenzialistischen Topoi auseinandersetzte. Ebenso wie im erwähnten The Fountain" geht es auch in "Noah" um Persistenz. Die der Menschheit selbst nämlich. Fragen über Fragen werden aufgeworfen wie die nach der grundsätzlichen Existenzberechtigung einer vernunftbegabten Spezies in einem an sich idealen natürlichen Gefüge. Ob die Welt nicht vielleicht besser ohne uns drehte, da sich mit dem Einschleichen geistiger Gewandtheit zugleich auch all unsere negativen Attribute potenzierten: maßloser Raubbau an allem, Krieg, Neid, Hass, Gier. Angesichts einer sich weiter drehenden Erde, auf der Dinge geschehen, wie sie aktuell omnipräsent sind, wirft "Noah" gleich noch die dräuende Frage nach dem möglichen Wert einer ultimativen Euthanasie auf, wie sie die biblische Sintflut ja dereinst vollzog: Gänzlich erholen könne sich unsere kranke, faulende Welt nurmehr ohne uns.
Natürlich ist das finale Fazit ein im humanistischen Sinne positives: durch das, was uns wesenhaft auszeichnet, durch Herz, Seele und die Fähigkeit, Barmherzigkeit zu entwickeln, verdienen auch wir weiterhin unsere Chancen; regelmäßige göttliche Warnschüsse vor den Bug allerdings und natürlich inbegriffen.
Dazwischen immer wieder beeindruckend gestaltete, aronofskysche Bilderfluten: von der Schöpfungsgeschichte über die sich forttragende Botschaft des Schöpfers an die Tiere, zur Arche zu kommen; vom Sündenfall bis hin zu Noahs Epiphanien. Ein wenig als drug movie nimmt sich "Noah" somit auch aus, in Kombination mit einer frappierend an die Tolkien-Adaptionen erinnernden Fantasy-Ästhetik allerdings als kein weltbewegendes. Manchmal, da ist er sogar direkt albern.

6/10

Darren Aronofsky Bibel Familie 3-D


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THE AMAZING SPIDER-MAN 2 (Marc Webb/USA 2014)


"I just wanted everybody to see me..."

The Amazing Spider-Man 2 ~ USA 2014
Directed By: Marc Webb

Spider-Man (Andrew Garfield) liebt New York und New York liebt Spider-Man. Allerdings hat der Netzschwinger starke Gewissensbisse, wenn es um die Beziehung zu seiner Freundin Gwen Stacy (Emma Stone) geht, deren Polizisten-Vater (Dennis Leary) durch den zur Echse mutierten Curt Connors getötet wurde. Doch schon zieht weiterer Ärger auf, in dessen Zentrum einmal mehr das Unternehmen 'Oscorp' steht: Der Senior (Chris Cooper) segnet das Zeitliche und vermacht seinem Sohnemann Harry (Dane DeHaan) nicht nur die Firmenleitung, sondern auch das fatale genetische Erbe des 'Green Goblin'. Außerdem kommt es durch einen Unfall im hauseigenen Kraftwerk zu einer Kettenreaktion, in deren Zentrum der einsame Ingenieur Max Dillon (Jamie Foxx) steht. Dillon verwandelt sich in das Starkstrom-Wesen 'Electro' mit der Fähigkeit, sämtliche elektrischen Kräfte für sich nutzbar zu machen und wird so von einem vormaligen Bewunderer zum tödlichen Gegner Spider-Mans. Kaum dass dieser Electro zusammen mit Gwen zu Fall gebracht hat, taucht der neue Green Goblin auf - mit einer tödlichen Botschaft für sein verhasstes Gegenüber...

Den wunderhübsch aussehenden, lila-weiß-orange-farbenen Stromstößen, die Max Dillon/Electro durch die Nacht schickt, könnte man stundenlang verzückt zuschauen. Ebenso ist sonst formaltechnisch alles auf allerhöchstem State-Of-The-Art-Niveau in diesem Sequel eines Reboots. Spider-Mans Turnübungen inmitten der Hochhausschluchten Manhattans gewinnen immer noch mehr an tricktechnischer Perfektion wie überhaupt der ganze Film ein Triumph der Gestalter und Macher ist. Leider aber auch nur dieser. "The Amazing Spider-Man 2" begibt sich inhaltlich wie narrativ nämlich auf rutschiges Terrain. Er erinnerte mich an die nicht nur wenig farbüberreizten Schumacher-"Batmen" sowie an den dritten Raimi-"Spider-Man", in denen ein Gegner längst nicht mehr ausreichend ist, die vollgepfropft sind mit gehaltvollen Ingredienzien und verführerisch wie eine erlesene Dessert-Süßspeise, aber, man ahnt es, von ebensolcher Nachhaltigkeit. Die Grenzen zwischen Völlegefühl und Übelkeit angesichts der völligen Übersättigung verschwimmen da rasch. Vieles hat mir an diesem neuen "Spider-Man" nicht gefallen: Seine zwanghafte Atemlosigkeit, die trotz knapper zweieinhalb Stunden Laufzeit kaum mehr Raum und Möglichkeit lässt für wirklich differenziertes Erzählen. Die Motivationslagen der (natürlich) tragischen Schurkenfiguren, allen voran die von Electro, fungieren eher als Alibi für pseudo-komplexe Charakterstudien (wie toll war im Direktvergleich doch einst Alfred Molina als Doc Octavius), und Paul Giamatti als 'Rhino' in einem grenzlächerlichen Mechanik-Anzug sorgt am Ende (das nebenbei bereits ankündigt, dass die künftigen Spidey-Gegner von Doc Ock bis Vulture allesamt, ächz, 'Oscorp'-"Produkte" sein werden - Kingpin anyone?) für ein eigentlich höchst vermeidbares, langgezogenes 'Hmnaja'. Schließlich und schlussendlich hat der Peter Parker anno 14 einen fürchterlichen Musikgeschmack, wo sein gezeichnetes alter ego von vor 35 Jahren noch auf Elvis Costello stand. Bezeichnend...
Als audiovisuelles Spektakel und für Superhelden-Fans ohnehin unverzichtbar. Wer einen guten Film zu sehen wünscht, sollte indes geflissentlich auf der Hut sein.

6/10

Marc Webb Spider-Man Marvel Comic New York Sequel Duell Superhelden 3-D


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THE REAPING (Stephen Hopkins/USA 2007)


"There's still six more left."

The Reaping ~ USA 2007
Directed By: Stephen Hopkins

Die einst Gott und Glauben zugewandte und nunmehr atheistisch lebende Universitäts-Professorin Katherine Winter (Hilary Swank) verdingt sich seit dem Tod ihres Mannes (Burgess Jenkins) und ihrer Tochter (Sabrina A. Junius) damit, in aller Welt ausgerufene sakrale Wunder und Erscheinungen als wissenschaftlich erklärbare Vorgänge zu widerlegen. Als sie der Kleinstadt-Lehrer Doug Blackwell (David Morrissey) aufsucht, eine in seinem Heimatort Haven vorgehende, blutrote Flussfärbung zu untersuchen, reist sie nach anfänglichen Bedenken mit ihrem Kollegen Ben (Idris Elba) dorthin. Die Befürchtung der Kleinstädter, es handele sichbei dem Ereignis lediglich um die erste der zehn Biblischen Plagen, scheint sich rasch zu bewahrheiten: Tote Frösche und Rinder, Insekten, Läuse und Blattern tauchen auf. Verantwortlich gemacht für all die Unbill wird die kleine Loren McConnell (AnnaSophia Robb), ein verwahrlostes Hillbilly-Kind, das angeblich auch seinen Bruder (Mark Lynch) ermordet haben soll. Horrende Visionen und ein Anruf bei ihrem alten Freund Pater Costigan (Stephen Rea) liefern Katherine Gewissheit: Hier ist niemand Geringerer als Satan persönlich am Werk und Loren seine jüngste Inkarnation auf Erden!

Wenn "der liebe" Gott in Horror macht, dann wird es schnell mal albern. Leider nimmt "The Reaping" nach unterhaltsamen ersten siebzig Minuten Erzählzeit tatsächlich ebenjene gefürchtete Wende: Die anfänglich noch als Teufelstrick ausgerufenen, im Schnelldurchlauf exerzierten Plagen entpuppen sich am Ende tatsächlich als Warnsignal göttlichen Ursprungs gegen eine generationenalte Satanistensekte, die in Haven gemeinwesenhaften Umgang treibt und die Katherine, ein wie sie selbst von Gott abgewandtes Individuum, als Attentäter gegen das Christ(en)kind Loren - bislang die einzige Zweitgeborene, die die Havener nicht töten konnten - verwenden will. Einen Schuss "Rosemary's Baby" spendiert man dem Ganzen noch und auch den frappanten "Einfluss" anderer Genre-Klassiker von "The Omen" bis "The Sentinel" kann man nicht verhehlen. Als die bösen Kultisten, natürlich allesamt Erstgeborene, zum Opfer der letzten Plage werden, ist damit zugleich auch ganz Haven von der Landkarte getilgt. Als Belohnung für ihre rechtzeitige Einsicht erhält Katherine Loren als Tochterersatz und ihren Glauben in voller Ausprägung zurück. Doch der Gehörnte, das wissen wir als alte Filmsatanisten eh längst, arbeitet mit gar fiesen Tricks zur Durchsetzung seiner Ziele. Immerhin hat er somit noch einen halbwegs hübschen Abschluss-Abschluss parat nach soviel, *ächz*, numinoser Machtdemonstration...

4/10

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THE GRAND BUDAPEST HOTEL (Wes Anderson/USA, D 2014)


"Did he just throw my cat out of the window?"

The Grand Budapest Hotel ~ USA/D 2014
Directed By: Wes Anderson

Die Geschichte einer Geschichte einer Geschichte: Im krisengeschüttelten Jahrzehnt der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts stellt das altehrwürdige "Grand Budapest Hotel", errichtet über dem in den Sudeten gelegenen Bergdorf Nebelbad, das zu dem Staat Zubrowka gehört, eine Institution feinkultureller europäischer Gastfreundlichkeit dar. Hier freundet sich der besonders bei alternden Damen beliebte Concierge Gustave (Ralph Fiennes) mit dem neuen Lobbyboy Zero Moustafa (Tony Revolori) an. Auf die beiden wartet eine haarsträubende Geschichte: Gustaves ehemalige Gönnerin Madame D. (Tilda Swinton) verstirbt und hinterlässt ihrem Galan ein wertvolle Gemälde ("Jüngling mit Apfel" von Johannes van Hoytl, dem Jüngeren), ganz zum Unwillen von D.s Sohn Dmitri (Adrien Brody), einem ordinären, gierigen Lumpen. Eine von diesem angezettelte Verschwörung bringt Gustave zunächst ins Gefängnis und, nach dessen Befreiung, in noch größere Nöte, als der von Dmitri gedungene Killer Jopling (Willem Dafoe) sich zu ihm und Zero vorarbeitet.

Gelobt sei, was sich bewährt hat: Diese nämlich gewohnt irre Farce von Wes Anderson befasst sich auf liebevolle Weise mit europäischen Kulturheiligtümern und wirft sie in den fabuländischen Schmelztiegel des verschmitzten Texaners, um hernach ein mit dessen typischen Spielereien veredeltes Kino-Wundertütchen zu servieren. Anderson liebt seine 90- und 180-Grad-Schwenks, seine ernsten Mienen, strengen Symmetrien nebst von höchster Zwanghaftigkeit geprägten Objekt- und Personenanordnungen und ich stelle mich da ganz auf seine Seite, denn ich finde seine Ästhetik, mit Verlaub, höchst durchschaubar.
Dabei ist "The Grand Budapest Hotel" von einer pittoresken Kunstfertigkeit, die, ebenfalls mit Verlaub, allerhöchsten Ansprüchen genügt; eine Reise in eine Parallelhistorie, in der die SS zur ZZ wird, ansonsten aber vieles so ähnlich geschah wie hier, auf Erde I. In Andersons Mosaik gibt es k.u.k.-Relikte, ein noch mondänes Osteuropa in seinen Endzügen, Babelsberg (wo Anderson gefilmt hat), Caspar David Friedrich, Stefan Zweig, Thomas Mann, Brueghel, Faschismus, Resnais, Pralinen, Männerparfüm und edlen Champagner, alles fraglos pulverisiert durch den Weltkriegswahn. Seinen unterschiedlichen Zeitepochen (derer es viere gibt) illustriert Anderson mittels unterschiedlicher Bildformate und ihm steht eine Starbesetzung zur Verfügung wie er eine solch umfassende bislang nicht gehabt haben dürfte. Absoluter Perfektionismus in makelloser Perfektion.

10/10

Wes Anderson Gefängnis Hotel Freundschaft Erwachsenenmärchen Groteske


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HAUNTER (Vincenzo Natali/CAN, F 2013)


"How can sleep when we're... dead?"

Haunter ~ CAN/F 2013
Directed By: Vincenzo Natali

Die junge Lisa (Abigail Breslin) stellt nicht nur fest, dass sie den Tag vor ihrem 16. Geburtstag immer wieder erlebt; sie muss zugleich auch einsehen, dass sie und ihre Familie bereits lange tot und in einer zwischenweltlichen Spirale gefangen sind. Ihre nunmehr angestellten Nachforschungen zeigen Lisa, dass sie, ebenso wie viele andere Mädchen in ihrem Alter, Opfer eines diabolischen Serienkillers namens Edgar (Stephen McHattie) geworden sind, der auch noch nach seinem Tod sein Unwesen treibt, indem er eigentlich brave Familienväter als Wirt für sein böses Geschäft benutzt. Zusammen mit ihren Leidensgenossinnen aus einem halben Jahrhundert nimmt Lisa den Kampf gegen Edgar auf.

Dafür, dass der kanadische Regisseur Vincenzo Natali nur so selten Neues von sich hören lässt, scheint mir sein jüngstes Werk "Haunter" etwas uninspiriert und außerdem recht ordinärgewachsen. Seine gewohnt elegante Form der Inszenierung pflegt Natali auch weiterhin, doch wo einst doppelbödige, innovativ ersonnene stories und settings sein filmisches Universum bestimmten, kommt er just mit einem doch eher konventionellen, an diversen, wohlbekannten Vorbildern orientierten, zudem nicht vorhandene Komplexität heuchelnden Geisterplot um die Ecke. Dies verwundert eben insbesondere angesichts dieses Filmemachers, den ich in "Haunter" niemal wiedererkannt, geschweige denn hinter dem Film vermutet hätte, die Mitwirkung seines standards David Thewlis einmal außen vor gelassen. Abseits dieses nicht unwesentlichen Dämpfers erhält man eine zumindest gepflegt unterhaltende Jenseitsgeschichte, die niemandem weh tun will. Brav, Vincenzo.

6/10

Vincenzo Natali Jenseits Dämon Geister Duell Zeitschleife Serienmord


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JOHN CARTER (Andrew Stanton/USA 2012)


"Did I not tell you he could jump!"

John Carter ~ USA 2012
Directed By: Andrew Stanton

Einige Jahre nach der Beendigung des Sezessionskrieges soll der junge Edgar Rice Burroughs (Daryl Sabara) das Erbe seines Onkels John Carter (Taylor Kitsch) in Empfang nehmen, der im Kriege als Captain der Konföderierten gedient hat und nun einem urplötzlichen, rätselhaften Tod erlegen, in seinem Mausoleum bestattet ist. Die Lektüre von Carters Tagebuch klärt Burroughs über die tatsächlichen Umstände um das "Versterben" seines Onkels auf: Von einer geheimen Höhle in Arizona aus wurde Carter im Zuge einer Fluchtaktion vor den Unionisten einst mithilfe eines außerirdischen Artefakts auf den Mars transportiert. Dort geriet er in die Wirren eines weiteren, lokalen Bürgerkriegs unter Beteiligung mehrerer Parteien: Der vierarmigen, archaisch lebenden Tharks, der humanoiden, fortschrittlicheren Bürger der Städte Helium und Zodanga sowie der rätselhaften Therns. Carter, der unter den atmosphärischen Bedingungen des Mars Superkräfte erlangte, gelang es damals im Zuge vieler Abenteuer, die verfeindeten Parteien zu befrieden, bevor er unfreiwillig wieder zurück zur Erde transportiert wurde.

Schade, dass "John Carter" so bös gefloppt ist, aber es ist offensichtlich so: Wenn effektvolles, teures Mainstreamkino einmal wirklich auf risikoreicher Basis und weniger einem kalkulierten Reißbrettmuster folgend entsteht, wird dies entweder, wie im vorliegenden Falle, gar nicht oder wenn, dann lediglich in Ausnahmefällen belohnt.
Stantons Film setzt sich ganz bewusst zwischen Stühle; er adaptiert eine rund einhundert Jahre alte, auf durchaus gewöhnungsbedürftigem Storykonstrukt fußende Pulp-Serie, lässt sich nicht eben unkompliziert folgen aufgrund des überfordernden Kontingents von Namen, Völkern und Beziehungsgeflechten, in das Carter auf dem Mars (oder, nach hiesiger Bezeichnung 'Barsoom') unversehens hineingeschubst wird und erfordert zudem den elementaren good will eines begeisterungsfähigen Publikums, sich bereitwillig auf jahrzehntealte Mythengeflechte und kindesbeinige Spinnereien einzulassen. Wenn CGI wie hier wenig selbstzweckhaft, sondern durchaus phantasievoll und das Gesamtkonzept unterstützend eingesetzt werden, dann habe ich ferner überhaupt nichts dagegen. "John Carter" hätte im besten Falle der Startschuss für ein schönes, neues Franchise geben können, steckt in der Geschichte um den schlussendlich freiwillig Gestrandeten doch noch massig Potenzial. Die Welt jedoch war offenbar anderer Ansicht. Und das ist verdammt schade.

8/10

Andrew Stanton Sezessionskrieg Edgar Rice Burroughs Mars Aliens period piece Pulp 3-D


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HISTOIRES EXTRAORDINAIRES (Roger Vadim, Louis Malle, Federico Fellini/I, F 1968)


"What am I doing here?"

Histoires Extraordinaires (Außergewöhnliche Geschichten) ~ I/F 1968
Directed By: Roger Vadim/Louis Malle/Federico Fellini

Dreimal Edgar Allan Poe in jeweils höchst eigener Interpretation: 1.) "Metzengerstein": Die Gräfin Frederique de Metzengerstein (Jane Fonda) führt ein ausschweifendes Leben, in dem multiple Perversionen und Orgien an der Tagesordnung sind. Zudem ist sie gewohnt, zu bekommen, was sie will. Als sich ihr Cousin Wilhelm Berlifitzing (Peter Fonda), in den sie sich aufrichtig verliebt, ihr jedoch verweigert, lässt sie seine Stalliungen anzünden, wobei Wilhelm ums Leben kommt. Fast zeitgleich läuft Frederique ein stolzer Rappe zu, der alsbald ihre ganze Aufmerksamkeit erhält und in dessen Sattel Frederique schließlich einen feurigen Freitod wählt. 2.) "William Wilson": Der arrogante Soldat William Wilson (Alain Delon) gilt seit jeher als misogyner, bösartiger Narziss, dessen Streiche häufig auch über die geschmacklichen Stränge schlagen. Doch er hat einen ehrbaren Doppelgänger selben Namens, der in besonders kritischen Situationen in Wilsons Biographie immer wieder auftaucht und ihn zur Räson bringt. Beim dritten Mal erdolcht er sein merkwürdiges Ebenbild, in umgehender Erkenntnis, dass dies auch seinen eigenen Tod bedeutet. 3.) "Toby Dammit": Der exzentrische englische Schauspieler Toby Dammit (Terence Stamp) kommt nach Italien, um einen allegorischen Western zu drehen. Tatsäclich interessiert ihn jedoch bloß die Prämie: Ein nagelneuer Ferrari. Als Dammit volltrunken von einer Preisverleihung getorkelt kommt, wartet das schnelle Gefährt bereits auf ihn. Doch nicht nur dieses; auch der Teufel in Gestalt eines kleinen Mädchens (Marina Yaru) hat Toby bereits auf der Liste.

Nach der sich etwas zäh entblätternden ersten Episode, die vor allem wegen der exaltierten Garderobe der Fonda interessant ist, die von ihrem damaligen Galan Roger Vadim in gewohnt geschmäcklerischer Optik nebst dezenter Erotik in Szene gesetzt wird, folgt ein bereits durchaus poe-eskeres Segment, eine Art "Jekyll-/Hyde"-Paraphrase, in der der böse, triebhafte Persönlichkeitsteil der offen agierende ist und der integer-vernünftige sich jeweils nur in gewissermaßen brenzliger Szenerie zeigt. Die zwingende, zutiefst moralische conclusio: Ohne das Gute kann auch das Böse nicht existieren. Im letzten Drittel schließlich explodiert der Film unter Fellini zu einer psychedelischen, visuellen tour de force: Der von Terence Stamp marvelös interpretierte Toby Dammit sieht alles nurmehr durch die realitätsverzerrende Brille des Polytoxikomanen, permanent unter Drogen stehend und alkoholisiert. Zwar hat Dammit gelernt, dass die chique Gesellschaft ihn nicht nur längst wegen seiner bizarren Auftritte akzeptiert, sondern ihn aufgrund derselben sogar als stetes enfant terrible feiert. Den Abgründen seines Inneren jedoch kann er selbst durch multiple Räusche nicht entfliehen.
Dreimal vom Übernatürlichen gestrafte Grausamkeit und Arroganz also, ein Kerntopos bei Poe und hier ausnahmsweise einmal nicht von Corman, sondern von drei europäischen Regie-Wunderkindern aufgegriffen, was den US-Verleiher AIP allerdings nicht daran hinderte, ein paar zusätzliche voice inserts von Vincent Price nachzuflechten. Tradition hat schließlich Tradition.

8/10

Roger Vadim Federico Fellini Louis Malle Edgar Allan Poe Episodenfilm period piece Mittelalter Rache Rom Alkohol


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THOR: THE DARK WORLD (Alan Taylor/USA 2013)


"Are you mad?" - "Possibly."

Thor: The Dark World (Thor - The Dark Kingdom) ~ USA 2013
Directed By: Alan Taylor

Nach den Ereignissen um Lokis (Tom Hiddleston) gescheiterte Erden-Invasion bringt Thor (Chris Hemsworth) seinen Adoptivbruder heim nach Asgard, wo er von Odin (Anthony Hopkins) ins Gefängnis gesteckt wird. Ferner hat der Donnergott allerlei damit zu tun, die neun Welten zu befrieden, während sich die "Konvergenz", ein nur alle paar tausend Jahre auftretender Dimensonsriss zwischen den Planeten Yggdrasils, nähert. Damit lauert auch die heiß ersehnte Chance für den Dunkelelfen-Herrscher Malekith (Christopher Eccleston), der mithilfe einer furchtbaren Waffe, des "Äther", das gesamte Universum in Dunkelheit zu stürzen und zu beherrschen trachtet. Thors Geliebte Jane Foster (Natalie Portman) unterstützt Malekiths Streben unbewusst durch ihre wissenschaftliche Neugier. Thor bleibt nur eine Möglichkeit, aus dem von seinem Vater hermetisch abgeriegelten Asgard zu entkommen und gegen Malekith zu ziehen: er muss sich mit dem verschlagenen Loki verbünden...

Ein ordentlicher Popcorn-Film, laut, knallig und audiovisuell ohne Unterlass affizierend, wenngleich hier und da etwas zu vehement nach den jüngst von mir geschauten, späteren "Star-Trek"-Filmen duftend. Romulaner, Remaner, Dunkelefen? Alles irgendwie ein Süppken. Als zweiter Film der zweiten Welle von Marvel-Abenteuern, die wohl im nächsten Jahr mit "The Avengers: The Age Of Ultron" einen hoffentlich wiederum glorreiches Finale erleben wird, fällt "The Dark World" eigentlich eher weniger ins Gewicht, wobei ich einräumen muss, dass mich Thor von allen Marvel-Helden stets mit am wenigsten interessiert hat. Dennoch hat mir der über sich selbst staunende Vorgänger leicht besser gefallen.
Dass der wiederum brillante Tom Hiddleston nicht nur die interessantere Rolle spielt, sondern im Vergleich zu Hemsworth auch der wesentlich charismatischere (und befähigtere) Schauspieler ist, wird neuerlich deutlich, wie der Film auch sonst auf eine sympathische Figuren- und Darstellerriege präsentiert. Aber das ist eben das verschlungene Comic-Wurzelwerk; dessen unerschöpfliches Potenzial an Geschichten, Querverweisen und Charakteren machen es den qualitativ nicht oder nur unwesentlich nachlassenden Marvel-Adaptionen in Kombination mit der wirklich liebevollen Produktion fast unmöglich, größflächig zu scheitern. Etwas gestört haben mich die dummen Witzchen und Sprüchelchen, für die in erster Instanz Portmans sidekick Kat Dennings (so heißt tatsächlich nicht die Figur, sondern die Actrice) zuständig ist. Gewohnt witzig dafür wie üblich der Cameo von unser aller Großmeister Stan "The Man". Excelsior!

7/10

Alan Taylor Marvel Comic Superhelden Thor Götter Aliens London Sequel


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FAUST: LOVE OF THE DAMNED (Brian Yuzna/E 2000)


"I am the pornography that gets you hot!"

Faust: Love Of The Damned ~ E 2000
Directed By: Brian Yuzna

Der Künstler John Jaspers (Mark Frost) verliert seine Holde (Jennifer Rope) durch den überraschend auf ihn und sie verübten Gewaltakt einer übler Gang. Um seine Vergeltung zu bekommen, besiegelt er voller Verzweiflung einen Pakt mit dem mysteriösen M (Andrew Divoff), der einer geheimen Sekte namens "The Hand" vorsteht. Jaspers verwandelt sich fortan bei Bedarf in einen metzelnden Racheengel, der alles filetiert, was ihm vor die Klingen kommt. Geliebt von der schönen Psychologin Jade (Isabel Brook) und beschattet von dem eifrigen Lieutenant Margolies (Jeffrey Combs) bahnt sich Jaspers seinen blutigen Weg durch den kriminellen Untergrund. Auch der sinistre M, der eine dämonische Entität, den 'Homunculus' auf die Erde rufen will, muss sich Jaspers mittelfristig stellen.

Faustische Superhelden II: Ganze fünf Jahre älter als Spawn ist der noch um einiges weniger jugendfreie Faust, erdacht von den beiden Autoren Tim Vigil (Illustrationen) und David Quinn (Storys), veröffentlicht vom Underground-Verlag Rebel/Avatar. Die in schwarz-weiß publizierten Geschichten erschienen in keiner regelmäßigen Frequenz und wurden bei einer Gesamtzahl von lediglich fünfzehn Ausgaben über einen Zeitraum von 25 Jahren veröffentlicht. Wie der Name der Titelfigur berreits verrät, ist "Faust" ein direkter Nachkomme der goetheschen Gestalt, deren Antagonist Mephistopheles sich in Comic und Film zeitgenössisch als 'M' abkürzt. Yuzna wählte die Adaption als Eröffnungsstück seiner neu gegründeten, spanischen Produktionsgesellschaft Fantastic Factory, die als Subfirma des Filmax-Verleihs bis 2005 nur acht Filme herstellte und dann wieder einschlief. Gefilmt wurde in und um Barcelona - immerhin geschickt genug, um nie den Eindruck zu verwischen, es handele sich um eine amerikanische Großstadt. Der Soundtrack wurde, gemäß einer neunziger-typischen Tradition, von harten Bands geliefert, die allesamt beim Label Roadrunner unter Vertrag standen. Der Connaisseur weiß, was das bedeutet: Palaver, aber deluxe! So weit, so eigen. "Faust: Love Of The Damned" ist ein vielgehasster, vielgeschmähter Film, dessen höchst eigenwilliges Auftreten es einem tatsächlich nicht eben leicht macht. Dennoch glaube ich, hinter all dem verschrobenen, merkwürdig pastiche-artigen Gewimmel, das einer akut spürbaren Komik nicht entbehrt, eine spezifische Konzeption ausmachen zu können, den Willen dazu, etwas anderes, eigenes zu liefern ohne die direkte Tendenz der Publikumsanbiederung. Bei aller campigen Pappnasigkeit sitzt da irgendwo noch was im Verborgenen, das, wenn ich es in ferner Zukunft irgendwann benennen kann, ich hier veröffentlichen werde. Bis dahin bleibt mir bloß die Einordnung im Mittel.

5/10

Brian Yuzna Satan Comic Camp





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