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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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HUMANOIDS FROM THE DEEP (Barbara Peeters, Jimmy T. Murakami/USA 1980)


"Boy, looks like we got us some problem here."

Humanoids From The Deep (Das Grauen aus der Tiefe) ~ USA 1980
Directed By: Barbara Peeters/Jimmy T. Murakami


Sie haben spitze Zähne, scharfe Krallen, riechen nach Fisch und sind alles andere Kostverächter: Mit den mutierten, mit Algen bedeckten Amphibienwesen aus den Untiefen des Pazifik ist überhaupt wenig Gutkirschenessen. Das bekommen besonders die Einwohner des nordkalifornischen Fischerstädtchens Noyo zu spüren, in deren Gefilden sich ein skrupelloser Konsrvenfabrikant angesiedelt hat, der mit den folgenden, unseligen Ereignissen in Verbindung zu stehen scheint. Nachdem die Lachspopulation merklich zurückgegangen ist, wird man bereits stutzig, dann werden plötzlich sämtliche Hunde abgeschlachtet und schließlich verschwinden die ersten Menschen. Die Wissenschaftlerin Dr. Drake (Ann Turkel) und die Fischer Jim Hill (Doug McClure) und Johnny Eagle (Anthony Pena) entdecken die furchtbare Wahrheit. Fischmenmschen kommen an die Oberfläche, um sich mit Memschenfrauen zu paaren und so ihre Evolution voranzutreiben. Dabei findet gerade das alljährliche "Salmon Festival" statt, zu dessen Anlass die gesamte Stadtbevölkerung auf den Beinen ist. Doch die Leute von Noyo brauchen keine Nationalgarde, sie erledigen ihr "Monsterproblem" in bester amerikanischer Hausmanier ganz allein.

Das nennt man dann wohl 'exploitation at its best'. "Humanoids From The Deep", stark beeinflusst von "Creature From The Black Lagoon", "Orca", "The Prophecy" und "Alien", ist sozusagen quintessenzieller Corman, in dem TV-Darsteller zweiter Hand, schleimige Kreaturen, blutige Monsterattacken und scharf geschnitte, entkleidete Damen sich die Klinke in die Hand reichen. Dabei ist zu vernehmen, dass zumindest die Regisseurin zunächst gar nicht von ihrem "Glück" wusste: Diese fertigte nämlich einen nach klassischen Maßstäben durchaus stimmigen und stilbewussten Monsterfilm namens "Beneath The Darkness", der thematisch zwar dem Endresultat glich, in dem die Vergewaltigungen durch die Ungeheuer jedoch bestenfalls als Schattenriss visualisiert wurden. Corman wollte jedoch einerseits deutliche inhaltliche Straffungen und andererseits expliziteren Sex. So musste 2nd-Unit-Regisseur James Sbardellati diverse Tittenszenen nachfilmen und einmontieren lassen, die sich in ihrer recht dreisten Zeigefreudigkeit dann auch merklich vom Rest des Films abheben. Allerdings dürfte die gute Mrs. Peeters so ziemlich die einzige sein, die sich daran störte, denn so, wie er jetzt aussieht, ist "Humanoids From The Deep" trotz höchst eingeschränkter Produktionsmittel in seiner Gewichtsklasse weithin perfekt und eine absolute Spaßgranate vor dem Herrn. Permanent passiert irgendetwas Aufregendes, es wird kein Klischee ausgelassen und nebenbei noch chargiert, dass sich die Balken biegen. Spritti Vic Morrow, der das Dosenbier in eine Kaffeetasse stellt um sein Helles per Henkel trinken zu können, stellt noch eine zusätzliche Bereicherung dar. Erlesener Billigstoff, sozusagen mit Katergarantie.

7/10

Kalifornien Monster Roger Corman Jimmy T. Murakami Barbara Peeters


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eXistenZ (David Cronenberg/CAN, UK 1999)


"I actually think there's an element of psychosis involved here."

eXistenZ ~ CAN/UK 1999
Directed By: David Cronenberg


In naher Zukunft hat sich die Videospieltechnologie quantensprunghaft weiterentwickelt: Die Spieler können nunmehr mithilfe des eigenen Nervensystems in täuschend echte virtuelle Realitäten eintauchen und dort je nach Spielgestaltung bizarre Abenteuer erleben. Königin der Programmierer ist die kultisch verehrte Allegra Geller (Jennifer Jason Leigh), doch hat sie auch Feinde, nämlich die "Freunde der Realität", die die neue Spieldimension verteufeln und Allegra aus dem Weg räumen wollen. Zusammen mit ihrem Bodyguard Ted Pikul (Jude Law) setzt sich Allegra aufs Land ab und spielt ihr neues Spiel "eXistenZ". Für Ted und auch für Allegra wird es in dessen Verlauf zunehmend schwer, die Realitätsschichten noch auseinanderzuhalten.

Bei "eXistenZ" hatte - und habe ich noch - das erste und bis dato zum Glück einzige Mal den Verdacht, dass Cronenberg sich auf seiner selbstkreierten Ästhetik ausruht und sein gesamtes Motiv-Sammelsurium zur Masche verkommen lässt. Im Prinzip ist "eXistenZ" nämlich nichts anderes als ein zeitversetztes, wenig verhülltes Eigenremake von "Videodrome" - ein neues Medium ergreift Besitz von einem seiner Konsumenten, der daraufhin der Doppelbödigkeit der Scheinrealität auf den Leim geht und zum Attentäter wird, derweil sich gegnerische Pro- und Contra-Kräfte gegenseitig bekriegen. Wie in "Videodrome" bekommt die Technik durch ihre buchstäbliche Organisierung einen symbolhaften Charakter: Die 'Gamepods' und 'Bioports' werden zu Extremitätenverlängerungen und speisen sich direkt aus der Wirbelsäule ihrer Benutzer, eine Handfeuerwaffe besteht aus Tierinnereien und schießt mit menschlichen Zähnen. Der für Publikumsverwirrung zuständige, dramaturgische "Kniff" mit den sich gegenseitig über- und unterlagernden Realitäten ist derweil ein ziemlich alter Hut. Hier liefert Mr. Cronenberg einmal keine Avantgarde, sondern hinkt ausnahmsweise (wohltuend berechenbar) hinterher - hinterm Genrekino, hinter der Kunst, und, ja, sogar hinter sich selbst.

6/10

Videospiel Virtual Reality David Cronenberg Zukunft


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VIDEODROME (David Cronenberg/CAN 1983)


"I live in a highly excited state of overstimulation."

Videodrome ~ CAN 1983
Directed By: David Cronenberg


Max Renn (James Woods), Intendant des kleinen Torontoer Fernsehsenders Civic-TV, ist stets auf der Suche nach der großen Programmsensation. Als ihm das abgefangene Signal eines Pittsburgher Piratensenders namens "Videodrome" zugespielt wird, frohlockt Max: Authentisch wirkende Folter und Gewalt gibt's da zu sehen, auf ihn höchste Faszination ausübend. Max gerät gleich nach seinem ersten Videodrome-Erlebnis in einen Strudel aus Visionen und Halluzinationen. Tatsächlich verbirgt sich hinter Videodrome eine Art Techno-Anarchisten-Zelle unter dem Vorsitz des sich offiziell als Optiker gebenden Barry Convex (Leslie Carlson), die Max zum Botschafter und Verbreiter ihrer Videosuggestion ausersehen hat und ihn außerdem zum willenlosen Attentäter macht. Doch es gibt noch eine Gegenseite: "The New Flesh", die den zum organischen Videorecorder gewordenen Max kurzerhand umprogrammiert und ihn gegen die Leute von Videodrome ins Feld schickt.

Absolute Cronenberg-Königsklasse, ein Film, der immer größer und toller wird, desto öfter man ihn sieht und den man daher gar nicht oft genug sehen kann. Von allen dramaturgischen Zwängen befreit und losgelöst von jedweder erzählerischen Konvention ist der Filmemacher und Autor David Cronenberg seiner eigenen künstlerischen Philosophie vermutlich nie wieder so nahe gekommen wie mit "Videodrome". Hier sind es keine verrückten Mediziner oder Pharmakologen, die für den totalen "body horror" verantwortlich sind - hier kommt das Grauen nirgends anders her als aus uns selbst, autosuggestiv, als einzig probates Strafmaß für unseren zivilisatorischen, pathologischen Voyeurismus. Wer sie schätzt, die Mattscheibengewalt, sie als sexuelles Stimulanz benötigt und ferner bereit ist, sie mit anderen zu teilen, der macht sich zum verdienten Sklaven: Max Renn wird zum Brutalitäts-Junkie, zum willfährigen Folgeleister seiner eigenen Halluzinationen und schließlich, in letzter Konsequenz, zum Instrument politischer Gewalt. Eine unerbittlichere Kritik an den Massenmedien gab es seit "Videodrome", wenn überhaupt, nurmehr selten.
In einer Phalanx befindlich mit "Network" und "Natural Born Killers", den großen TV-Dystopien der Nachbardekaden, wobei "Videodrome" nicht nur chronologisches Zentrum dieser "Trilogie", sondern vielleicht ihr wichtigstes, elementarstes Mosaikstück ist.

10/10

Kanada Toronto David Cronenberg Video Splatter Fernsehen Paraphilie Terrorismus Satire


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LE COLLECTIONNEUR DES CERVEAUX (Michel Subiela/F 1976)


Zitat entfällt.

Le Collectionneur Des Cerveaux (Schach dem Roboter) ~ F 1976
Directed By: Michel Subiela


Als sich der überfreundliche Roboterkonstrukteur Comte de Saint-Germain (André Reybaz) bei ihr vorstellt, besucht die Solopianistin Penny Vandervood (Claude Jade) bald darauf eine seiner Vorstellungen mit einem schachspielenden Kunstmenschen. Penny erschrickt, als jener Roboter exakt dieselben Handbewegungen ausführt wie ihr verstorbener Verlobter Robert (Jean-Pierre Granet). Zusammen mit dem ihr in Liebe zugetanen, bezüglich ihres Verdachts jedoch skeptischem Lewis (François Dunoyer) versucht Penny, hinter das Geheimnis des Schachroboters des Comte zu kommen und gerät dabei bald selbst in tödliche Gefahr.

Gepflegter Genrefilm, nach George Langelaans Geschichte "Les Robots Pensants" für das französische Fernsehen inszeniert. Die alte Phantastikmär vom ethisch losgelösten, im Volksmund als 'wahnsinnig' titulierten Wissenschaftler, dessen Kunstwesen natürlich keineswegs klassische Roboter, sondern streng genommen Cyborgs sind, also über menschliche Organe verfügen, gewinnt in der charmant-diabolischen Inkarnation des Comte de Saint-Germain an neuen Facetten. Jener Aristokrat geht auf eine authentische Person zurück, die im 18. Jahrhundert gelebt und allerlei Mysterien begründet und hinterlassen hat. Beispielsweise soll der Graf, seines Zeichens großer Blender und Bonvivant, in alchimistischen Fragen bewandert gewesen sein und dementsprechende Experimente durchgeführt haben. Seine Spur führt durch das gesamte mittlere Europa und verliert sich hier und da, nicht zuletzt aufgrund seiner ungesicherten Identität. Der Comte in Erzählung und Film behauptet, jener Graf in persona zu sein, angesichts dessen nebulösen Werdegangs eine (im fiktiven Sinne) durchaus plausible Behauptung.
Ansonsten bleibt "Le Collectionneur", dessen Titel akurat übersetzt "Der Gehirnsammler" bedeutet, schon aufgrunddessen wenig geheimnisvoll. Als halbwegs erfahrener Phantastikfreund ahnt man natürlich bereits früh, was sich hinter der marmornen Schädelfront des Schachroboters verbirgt. Aber sei's drum; auch hier gilt wie so oft: Der Weg ist das Ziel, und dieser ist hier ausnahmsweise mal höchst sittsam und gepflegt. Nichts für Horror-Rabauken also!

7/10

Michel Subiela George Langelaan Paris Schach mad scientist Roboter TV-Film


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RADIOACTIVE DREAMS (Albert Pyun/USA 1985)


"We now saw the world for what it was: cold and bitter."

Radioactive Dreams ~ USA 1985
Directed By: Albert Pyun


Die beiden vierjährigen Jungs Philip Chandler und Marlowe Hammer werden von ihren Dads (George Kennedy, Don Murray) pünktlich zur Explosion der Bombe in einen Atombunker gesperrt. Fünfzehn Jahre später, ihre Väter haben sie längst verlassen, betreten Chandler (John Stockwell) und Hammer (Michael Dudikoff) staunend die postnukleare Welt, in den Manteltaschen zwei geheimnisvolle Schlüssel. Die Bildung der beiden jungen Männer besteht vornehmlich aus Detektivgeschichten der dreißiger und vierziger Jahre; entsprechend naiv begegnen sie dem Trümmerchaos, das sie nun erwartet. Wilde Punkgangs, Disco-Mutanten, Kannibalen, unterirdisch lebende Monster, aber auch die "klassische" Femme fatale begegnen ihnen und wollen ihnen durchweg jene seltsamen Schlüssel abluchsen.

Was sich nach erstklassigem Trivialtrash der Mid-80s anhört, entpuppt sich als nicht viel mehr denn eine Kinokuriosität aus der Hochperiode der Bombenparanoia. Mit der produktiven Unterstüzung des damals noch präsenten Dino De Laurentiis fertigte der dem Vernehmen nach stets sehr von sich selbst überzeugte Hawaiianer Albert Pyun seinen zweiten Film nach "The Sword And The Sorcerer", diesmal ein echtes Autorenstück, dessen Ideenspanne jedoch weitaus geringer bleibt als sich angesichts des tollen Titels und Poster-Artworks erhoffen lässt. "Radioactive Dreams" erscheint höchst wirr und unausgegoren, jedoch auf eine Weise, die deutlich mehr mit inszenatorischer Nachlässigkeit zu tun hat als mit den angepeilten Noir-Strukturen. Abgesehen von seinem poppigen Grundgedanken scheint Pyun die Muse irgendwann schlicht verlassen zu haben. Somit verbleibt kaum mehr als ein ansätzlich sicherlich gutgemeinter, im Vergleich zu jedem beliebigen Italo-Endzeit-Klopper derselben Periode aber teils überhängend langweiliges filmhistorisches Exponat.
Epilog: Von den jüngst veröffentlichten deutschen DVD-Veröffentlichungen rate ich halbwegs geduldigen Interessierten, Abstand zu nehmen. Das Bildformat ist von 2,35:1 auf 1,78:1 gecroppt und merklich seiner originären Komposition beraubt. Ferner bin ich froh, mir nicht die hoffnungslos überteuerte Soundtrack-Edition geleistet zu haben, denn der grauenhaft beliebige, mit weiblichen Vocals intonierte Achtziger-Pop-Rock dürfte höchstens Kulturmasochisten erfreuen.

4/10

Coming of Age Groteske Albert Pyun Atombombe Apokalypse film noir


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MONSTERS (Gareth Edwards/UK 2010)


"I don't want to go home."

Monsters ~ UK 2010
Directed By: Gareth Edwards


Eine interstellare Sonde bringt außerirdisches Leben mit zur Erde, das sich in einem breiten Grenzstreifen zwischen den USA und Mexiko prächtig entwickelt, zu gigantischen, krakenähnlichen Wesen gereift und sich auch durch permantente militärische Intervention nicht vernichten lässt. Sechs Jahre später erhält der junge Fotograf Kaulder (Scoot McNairy) den Auftrag, Samantha (Whitney Able), die Tochter seines Verlegers, aus Mexiko sicher zurück in die USA zu geleiten. Die beiden lernen sich auf der Reise besser kennen und entwickeln Gefühle füreinander. Als sie die auslaufende Fähre verpassen, müssen sie dann den schwierigen Landweg durch die "kontaminierte" Zone nehmen und schließen bald unangenehme Bekanntschaft mit den außerirdischen Kreaturen.

Dem durch seinen Titel tangierten Genrefilm schuldet Edwards gar nichts und das betont er auch permanent während der Abwicklung seiner Geschichte. "Monsters" präsentiert sich eher ein schicker, harmonischer und sauberer Film für eine zielgerichtet junge, akademische Zuschauerschaft, eine klassische Liebesgeschichte in ungewöhnlichem Kontext rekapitulierend, wie sie seit Capras "It Happened One Night" dutzend-, wenn nicht gar hundertfach zu Besuch im Kino war. Edwards' Film gesellt sich somit zu einer bereits seit längerem andauernden Welle revisionistischer phantastischer Filme, zu denen ich auch Spielbergs "War Of The Worlds"-Remake, "The Mist", "Cloverfield" oder "District 9" zählen würde. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie klassische zwischenmenschliche Problematiken vor einem apokalyptischen Monsterszenario um außerirdische oder aus einer Paralleldimension stammende Kreaturen abspielen, wobei die Brisanz der humanen Interjektionen zumindest für den Moment die der außerweltlichen Bedrohung unverhältnismäßig übersteigt. Nicht, dass ich "Monsters" etwa ablehnend gegenüberstünde, aber mir scheint es dennoch so, als reite sich die oben umrissene Idee langsam aus. Ein hübscher Film mit echtem lovecrafteschem Impact, der sich getraut, ganz ungeniert auch mal wieder seine Monster ins Zentrum zu rücken, käme mir durchaus mal wieder zupass. Vielleicht vermag Del Toros in Bälde kommender "At The Mountains Of Madness" das ja.

7/10

Monster Mexiko Aliens Road Movie


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THE SON OF KONG (Ernest B. Schoedsack/USA 1933)


"Boy, watch him scrapping. Just like his Old Man!"

The Son Of Kong (King Kongs Sohn) ~ USA 1933
Directed By: Ernest B. Schoedsack


Nach Kongs Amoklauf durch Manhatten sitzen dem ehemals gefeierten Carl Denham (Robert Armstrong) Schadensersatzklagen und Gerichtsvollzieher aller Kuleur im Nacken. Umso willkommener das Angebot seines alten Freundes Captain Englehorn (Frank Reicher) von der Venture, eine Tour in den Indischen Ozean zu unternehmen. Auf der Insel Dakang trifft Danham auf die junge Tingeltangelsängerin Helene (Helen Mack), die sich sogleich in ihn verguckt, und einen alten Bekannten, Nils Helstrom (John Marston), von dem er einst die Karte mit der Kong-Insel erhalten hat. Helstrom, ein wahrlich krummer Hund, hat Helenes Vater (Clarence Wilson) auf dem Gewissen. Um von Dakang wegzukommen, tischt er Denham ein Märchen von einem ungehobenen Schatz auf Kongs Insel auf. Helene schifft sich ebenfalls als blinder Passagier auf der Venture ein und zusammen geht es wieder zu dem wohlbekannten Eiland. Kaum an Land lernen Denham und Helene einen freundlichen, weißbehaarten Kong im Kleinformat (etwa 4 Meter lang) kennen, offenbar ein Sohn von Denhams zu Tode gekommenen Begierdeobjekt. Der kleine Kong freundet sich mit Denham und Helene an, beschützt sie vor einigen Monstern (die glücklicherweise nicht viel größer sind als er selbst) und hilft Denham sogar beim Erschließen des Schatzes, der tatsächlich existiert. Am Ende sorgt ein gewaltiges Erbeben für den Untergang der Insel, der leider auch "Prince Kong" mit in die Tiefe reißt.

Noch im "King Kong"-Jahr schob die RKO eine Fortsetzung zu ihrem Sensationsfilm hinterher. Mit Armstrong, Reichers und Victor Wong als lustiger Kombüsenchef Charlie konnten sogar immerhin drei Mitglieder der Originalcast zur Wiederholungstat verpflichtet werden. Auch, wenn "The Son Of Kong" im Prinzip kaum mehr als eine Kinderversion des Originals ist, in jeder Hinsicht harmlos und mit Hauptgewicht auf Abenteuer und Humor, kann der Film sich eines gewissen, unbeholfenen Charmes nicht entziehen. Erstaunlicherweise sind es jedoch besonders die Expositionsszenen, die ich dabei als schätzenswert empfinde: Denhams Flucht vor den Zustellern, die Einführung der hübschen Helen Mack und ihres versoffenen Vaters. Die das letzte Drittel bestimmenden Szenen auf der Kong-Insel wirken da fast wie - immerhin putzig gemachte - bonusartige Dreingaben für Effektgierige. Der Thronfolger wird als gutmütiger kleiner Tolpatsch eingeführt, der keinem Menschen etwas tun würde, seine Gegner lieber in die Flucht schlägt als sie gleich zu beseitigen und sich nach jeder Rettungsaktion mit neckischer Handbewegung bei Denham und Helene verabschiedet. Außerdem rollt er lustig mit den Pupillen, wenn er sich an einem Felsvorsprung die Birne stößt. Eine Menge Anlass zum Lachen also, vielleicht nicht ganz das, was sich mündige "Kong"-Fans nach dem omnipotenten Wüterich des Originals ehedem erhofft hatten. Dennoch kein Grund, das Sequel, wie bis heute akut, filmhistorisch stoisch zu vernachlässigen. Zweierlei nämlich hat es, bei aller zulässigen Kritik ganz gewiss: Heart and soul.

6/10

Insel Schatz Dinosaurier Ernest B. Schoedsack Affen


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KING KONG (Merian C. Cooper, Ernest B. Schoedsack/USA 1933)


"Holy mackerel!"

King Kong (King Kong und die weiße Frau) ~ USA 1933
Directed By: Merian C. Cooper/Ernest B. Schoedsack

Der New Yorker Filmemacher Carl Denham (Robert Armstrong) will mit dem Frachter 'Venture' zu einer bislang nicht kartografierten Insel im Indischen Ozean reisen, um dort sensationelle Aufnahmen von wilden Tieren zu machen. Allerdings benötigt er noch eine hübsche, unverbrauchte Darstellerin für sein Projekt, die er in der blonden Ann Darrow (Fay wray) findet. Auf der Insel angelangt, werden Denham und die Besatzungsmitglieder Zeugen eines primitiven Hochzeitsrituals. Offenbar soll dem Urwaldgott Kong ein jungfräuliches Opfer dargebracht werden. Als die Eingeboren Ann ansichtig werden, wollen sie die Blondine prompt als Ersatz für ihr Mädchen, entführen sie nächtens und bieten sie Kong, der sich als gewaltiger, haushoher Gorilla entpuppt, als Geschenk. Kong freut sich und beschützt die entsetzte Ann vor allerlei Gefahren auf der Insel, derweil die Besatzung der Venture, allen voran der in Ann verliebte Maat Driscoll (Bruce Cabot), das Mädchen suchen. Driscoll kann Ann schließlich befreien. Denham hat derweil schon eine neue Idee: Er will Kong einfangen und in New York der staunenden Öffentlichkeit als achtes Weltwunder präsentieren. Der Coup gelingt mit viel Mühe und Kong wird nach New York verschifft. Dort zerbricht er seine Ketten und entführt Ann auf das Dach des Empire State Building, von wo ihn eilends mobilisierte Jagdflieger herunterschießen.

Das in seinen Grundzügen recht naive Erwachsenenmärchen von einem monströsen Gorilla und seiner unmöglichen Liebe zu einer zarten Frau aus der westlichen Zivilisation erlangte seine umfassende Popularität aus dreierlei Gründen: Zunächst erwiesen sich die Stop-Motion-Effekte von Willis O'Brien als bahnbrechende und in dieser Form archetypische technische Leistungen, ferner sorgte die mehr oder weniger verborgene sexuelle Konnotation des virilen Riesenkerls, der ein wehrloses, halbnacktes Mädchen begehrt, für geschwollene Kämme allerorten. Schließlich war diese Form von großatmigem Abenteuer die denkbar beste Form des Eskapismus in depressionsgeschwängerter Zeit. Einem jeden Sensationslüsternen hatte "King Kong" etwas zu bieten, das es zumindest in solch vollendeter Form vorher nicht auf der Leinwand gegeben hatte. Gigantische Monster und Dinosaurier, wilde Eingeborene, großstädtische Katastrophen, Massenszenen, Action, Tragödie, Romantik und Tod - also grundsätzlich alles, was das Kino in seinen Grundfesten und -mechanismen definiert. "King Kong" ist somit auch ein Lehrstück in Sachen Exploitation, wesentlich luzider und unverhüllter als etwa die Genre-Konkurrenz von Universal und MGM. Die Liebesgeschichte zwischen Kong und der nahezu unentwegt kreischenden Ann kam in dieser Urfassung indes noch wenig zum Tragen. Zwar ist das allein anatomisch unmögliche sexuelle Interesse des Riesenaffen für seine kleine Zwangsgespielin offensichtlich, Ann derweil scheint eher froh zu sein, am Ende in die Arme ihres gleichgroßen Wunschpartners sinken zu können. Der Verständnis-Aspekt seitens des Mädchen wurde sehr viel deutlicher erst in den späteren Fassungen, in der leider noch immer völlig unterschätzten 76er-Version und ganz besonders in Peter Jacksons Remake prononciert. Dennoch bleibt der Ur-Kong der beste, eben weil er eine einzigartige Pionierleistung darstellt und hier die ungezügelte, bald infantile Präsentationslust eines Merian C. Cooper, die nebenbei komplett mit der des Filmprotagonisten Carl Denham gleichzusetzen ist, zum größten Triumphator wird.

10/10

Dinosaurier Monster Ernest B. Schoedsack Merian C. Cooper Tierhorror New York Insel Affen


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THE INVISIBLE MAN (James Whale/USA 1932)


"The drugs I took seemed to light up my brain. Suddenly I realized the power I held, the power to rule, to make the world grovel at my feet!"

The Invisible Man (Der Unsichtbare) ~ USA 1932
Directed By: James Whale


Der Wissenschaftler Griffin (Claude Rains) verschafft sich durch eine Droge physische Unsichtbarkeit, allerdings mit zwei gravierenden Problemen im Schlepptau: Griffin kann sich nicht mehr zurückverwandeln und, noch schlimmer, wird durch die Zuführung der Droge größenwahnsinnig. Fortan terrorisiert er seine Umwelt, bis der einsetzende Schneefall ihn durch seine Fußspuren verrät.

Erstklassige Arbeit von James Whale nach H.G. Wells' berühmtem Roman, die, obgleich sie in größerem Maße dem Genre der Science Fiction zugezählt werden muss, mindestens dasselbe Horrorpotenzial hat wie die im Umfeld entstandenen Gruselfilme der Universal. Ein dem Wahnsinn verfallenes, unsichtbares Individuum, durch nichts und niemanden zu fassen und bei gleichzeitig hohem Intellekt jeder noch so sorgsam durchdachten Falle entgehend - das bedeutet nichts Minderes als einen veritablen Albtraum für jedermann. Der Gedanke, die Furcht, dass ebenjener Mensch die ganze Zeit neben einem stehen könnte, ohne sich bemerkbar zu machen; die Angst vor einem permanenten Lauschangriff, ist ja ohnehin das tragende Element dieses Zweiges des Phantastischen. Whale setzt ihn mit seinem stets spürbaren, latenten Sinn für bizarren Humor so konsequent um, dass "The Invisible Man" auch knapp achtzig Jahre später als Thriller allererster Güte bezeichnet werden muss, in dem es zwischendurch jeweils nur Sekunden zum Durchatmen gibt und der seine wohldurchdachte Spannungsschraube konsequent bis zum Finale anzieht und beibehält.

10/10

Mad Scientist Unsichtbarkeit Universal-Monster James Whale Madness H.G. Wells


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MURDERS IN THE RUE MORGUE (Robert Florey/USA 1932)


"Are you insane, monsieur?"

Murders In The Rue Morgue (Mord in der Rue Morgue) ~ USA 1932
Directed By: Robert Florey


Im 19. Jahrhundert besucht der Pariser Student Pierre Dupin (Leon Ames) die Vorstellung des seltsamen Dr. Mirakle (Bela Lugosi) und seines Gorillas Erik, mit dem Mirakle sich angeblich verständigen kann. Ferner stellt selbiger Erik den schockierten Besuchern seines Etablissements als evolutionäres "missing link" vor. Als Mirakle auf Dupins Freundin Camille (Sidney Fox) aufmerksam wird, gerät sie in tödliche Gefahr. Der irre Doktor will nämlich Menschen- und Affenblut vermischen und sucht dafür passende Probandinnen. Mehrere hat er bereits auf dem Gewissen, Camille soll die Nächste sein...

Mit Poes gleichnamiger Kurzgeschichte hat Floreys "Murders In The Rue Morgue" bestenfalls Grundmotive gemein, und man muss seinen Fokus schon aufs Großzügige ausweiten, um jene überhaupt ausfindig zu machen. Im Prinzip kommen hier wie dort ein Menschenaffe und ein Ermittler namens Dupin vor, damit hat sich's auch. Beste Dreingabe der Kinoversion neben der hübschen Sidney Fox, die all die wasserstoffblondierten dreißiger "Sexbomben" von Jean Harlow bis Mae West locker aussticht, ist natürlich Lugosi als Dr. Mirakle. Jener stielt mit zusammengewachsenen Brauen völlig sinnlose medizinische Experimente ein, die das Hauptversuchsobjekt, Mirakles geilen Affen Erik, den größten Kehrricht scheren dürften. Überhaupt werden die gelehrigen Tierchen hier ungerechterweise als aggressive Genickbrecher in Misskredit gebracht. In den Nahaufnahmen, wenn nicht gerade ein Schauspieler im Primatenkostüm zu sehen ist, ist Erik übrigens eindeutig als Schimpanse identifizierbar. "Murders" verfügt nebenbei noch über waghalsige Kamera- und Schnittexperimente, deliziöse expressionistische matte paintings und einen sehr amüsanten Humor: Als die Flics bezüglich des Mörders, also Erik, ermitteln, streiten sich ein Deutscher (Herman Bing), ein Italiener (Agostino Borgato) und ein Däne (Torben Meyer), welche Sprache jener nun wirklich gesprochen habe. Urkomisch.

8/10

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Funxton

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