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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DISTRICT 9 (Neill Blomkamp/USA, NZ 2009)


"I can't believe I'm being paid to do this."

District 9 ~ USA/NZ 2009
Directed By: Neill Blomkamp


In einer alternierenden Realität sind bereits 1982 Aliens im Luftraum über Johannesburg gestrandet. Die an Bord befindlichen, von Seuchen und Hunger geplagten Insektenwesen, die wegen ihres Aussehens von den Erdbewohnern kurzerhand 'prawns' genannt werden, pfercht man in einem riesigen Township namens 'District 9' vor den Toren der Stadt zusammen. Als der von der entsprechenden Behörde beauftragte, etwas dämliche und naive Bürohengst Van De Merwe (Sharto Copley) eines Umsiedlungsaktion leiten soll, gerät er mit einem außerirdischen Fluidium in Berührung, das ihn sukzessive in einen der prawns verwandelt. Da er nicht als zerschnippeltes Wissenschaftsexperiment enden will, flieht Van De Merwe zum District 9 und hilft dem im Untergrund forschenden Alien Christopher dabei, ein provisorisches Shuttle in Betrieb zu setzen.

Als Apartheids-Allegorie, die "District 9" schon aufgrund der Schauplatzwahl ganz zweifelsohne darstellen soll, entpuppt sich Blomkamps Film als völliger Rohrkrepierer. Dafür fällt der Entwurf eines rassistisch-xenophoben Gesellschaftsbildes, das sich gegen in punkto Design stark von Cronenbergs "The Fly" beeinflusste Zweizwanzig-Aliens richtet, mir allzuweit hergeholt und gleichfalls deutlich zu plump aus. Zudem dürfte die entsprechende Prämisse, wenn auch etwas differenzierter als gewohnt ausgearbeitet, nicht nur mir sich bestimmt als uralter Hut offerieren. Man denke nur an "Enemy Mine" und "Alien Nation".
Hätte ich "District 9" im Alter von sechzehn oder siebzehn Jahren gesehen, wäre ich vermutlich immens beeindruckt gewesen von der relativen inszenatorischen Cleverness der zu Beginn als Dokumentation getarnten, mit ruckeligen Erzählbildern versetzten Story, in der zudem - geil ey - ein Mecha vorkommt und die Bösen mitunter von rail guns in Fetzen geschossen werden. Da erschließt sich dann sogar halbwegs das Zustandekommen mit "Wingnut Films presents" eingeleiteten Vorspanns. Dabei handelt es sich ja bekanntlich um Peter Jacksons Firma und fürderhin um ein Label, das vor vielen Jahren, eben als man noch jünger war, mal als Spaßgarant galt. Heute spuckt der einstmals beleibte Neuseeländer analog zu seinem Gewichtsverlust vornehmlich domestiziertes Mainstreamzeug aus und "District 9" bildet da keine Ausnahme. Das Resultat ist nicht etwa schlimm und im Gegenteil sogar recht amüsant, aber keinesfalls jener ach-so-revolutionäre Film, von dem mir soviel zu Ohren gekommen ist.

7/10

Aliens Apartheid Afrika Monster Neill Blomkamp Südafrika Militär


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SUNSHINE (Danny Boyle/UK, USA 2007)


"I volunteer."

Sunshine ~ UK/USA 2007
Directed By: Danny Boyle


In nicht allzu ferner Zukunft droht die Sonne zu verglühen und damit alles irdische Leben auszulöschen. Um dem vorzubeugen, schickt man das Schiff Icarus II als letzte Hoffnung der Menschheit gen Galaxiezentrum. Eine gigantische, an Bord befindliche Bombe soll den Sonnenkern neu entzünden und den Himmelskörper somit wieder zum Strahlen bringen. Die bereits sieben Jahre zuvor entsandte Icarus I, deren Besatzung denselben Auftrag hatte, ist auf ihrer Mission verschwunden. Als die Icarus II sich auf der Höhe des Merkur befindet, empfängt sie eine Notrufschleife von dem Vorgängerschiff. Zwar soll die Mission keinesfalls gefährdet werden, doch die Möglichkeit, eine weitere Bombe zünden und damit einen eventuellen Fehlversuch wieder wettmachen zu können, scheint zu verlockend. Also entschließt man sich, an Bord der Icarus I zu gehen - ein in mehrerlei verhängnisvoller Fehler.

Da ich Boyle und seine Filme gern mag und ihm die unfreundliche Bezeichnung 'Plagiator' nicht unbedingt zukommen lassen möchte, nenne ich ihn von nun ab einfach "idea refresher". Warum? Nun ja - die filmische Identität von "Sunshine" gründet sich ausschließlich auf Boyles visuellem Gespür und seinem Geschick, im Umgang mit relativ beengten monetären Mitteln, respektive dafür, die richtigen Leute engagieren zu nkönnen, um seine Visionen umsetzen zu können. In diesem Falle gesellte sich wiederum Alex Garland als Drehbuchautor dazu (wiederum unter keinem geringeren Topos als dem des Weluntergangs), dem man wohl eigentlich die unwirsche Wilderei im großen Garten der Genrehistorien vorwerfen müsste, so man denn diesem Film böswillig begnenen wollte. Aber das will ich gar nicht, mir hat "Sunshine" nämlich allem "refreshing" zum Trotze gut gefallen. Es gelingt ihm nämlich, ähnlich wie es bereits im Falle "28 Days Later", seinem genreinternen Revisionismus ein starkes humanes Element angedeihen zu lassen. Weniger als um bestimmte Handlungswendungen verhandelt die Geschichte ethische Diskurse, etwa um das Zurückstellen des eigenen Wohls im massiven Gegengewicht zu dem einer ganzen Spezies, sowie metaphysische Besessenheitsformen - sich der Sonne zu nähern, Zentrum und Spender allen Lebens, vermag durchaus auch irrsinnig zu machen. Diese wahrhaft übersinnliche Erfahrung trifft gleich zwei Figuren des "Sunshine"-Personals, wobei die Psychose der einen, nämlich des überlebten, leicht verbrutzelten Captains (Mark Strong) der Icarus I sich besonders tödlich auf die verbleibenden auswirkt. Es gibt also doch noch Neues und Spannendes aus dem Genrelager zu vermelden. Glücklicherweise und auch wenn ich angesichts der zuvor so schönen, klaren Bildgestaltung nicht ganz verstanden habe, was die verwischte Kamera im aktionsbetonten Finale soll. Prätention? Inszenatorische Exzentrik? Möglicherweise auch inszenatorischer Sauerstoffmangel... Egal.

7/10

Danny Boyle Sonne Apokalypse Mission Raumschiff Zukunft Alex Garland


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28 DAYS LATER (Danny Boyle/UK 2002)


"OK, Jim. I've got some bad news..."

28 Days Later ~ UK 2002
Directed By: Danny Boyle


28 Tage nachdem eine Gruppe Ökoterroristen unfreiwillig für die Verbreitung eines von Wissenschaftlern gezüchteten "Wut-Virus" gesorgt hat, erwacht der junge Londoner Jim (Cillian Murphy) aus einem Unfallkoma. Zunächst verwirrt über die scheinbar entvölkerte Großstadt trifft er bald auf die ersten Infizierten, die sich in einem Stadium hirnloser Raserei befinden sowie die beiden Flüchtlinge Selena (Naomie Harris) und Mark (Noah Huntley). Nachdem auch Mark dem Virus zum Opfer gefallen ist, schließen sich Jim und Selena mit dem freundlichen Frank (Brendan Gleeson) und seiner Tochter Hannah (Megan Burns) zusammen, um nach Manchester zu fahren, von wo aus ein Dauersignal per Funk abgestrahlt wird. An dessen Quelle angekommen erwartet sie keinesfalls die versprochene Rettung.

Stark von Romero und dessen "Dead"-Zyklus sowie von seinem "The Crazies" und Gilliams "Twelve Monkeys" inspirierte Überarbeitung des Zombiefilms. Diverse Motive daraus werden, neben dem Überbau der hochansteckenden Seuche und der daraus resultierenden Quarantänemaßnahmen wieder aufgegriffen und/oder offen zitiert: Das Belagerungsthema, die seltsame Mischung aus Freiheit und Isolation der Überlebenden im Angesicht der hinweggerafften Menschheit, ihr situativ rationalisiertes Plünderungsverhalten, Militarismus als Versuch der Zivilisationswahrung. Danny Boyle findet mit der Unterstüzung seines Autors Alex Garland (dessen Roman "The Beach" Boyle zuvor verfilmt hatte) zu seiner alten Form zurück, lässt wieder die Finger vom epischen Scope und arbeitet diesmal ganz reduziert mit DV, was ihm teilweise ausnehmend beeindruckende Bilder ermöglicht und den Film als originäres Genreprodukt durch den seltsam artifiziellen Look sogar für naserümpfende Arthouse-Apologeten goutierbar macht. Tatsächlich handelt es sich wohl um seinen mit Abstand besten Film seit "Trainspotting", da, obgleich Boyle mittlerweile eine klare, spezifische Handschrift als auteur entwickelt hat, es ihm hier zugleich gelingt, sich von sich selbst zu emanzipieren. Ein Genrefilm, dazu einen wie erwähnt relativ gering budgetierten und von einer solch begnadeten visuellen Inspiriertheit zehrenden, hätte anno 02 sicherlich nicht unbedingt jeder von Danny Boyle erwartet.

8/10

Apokalypse England Danny Boyle Splatter Virus London Zombies Alex Garland


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STARSHIP TROOPERS (Paul Verhoeven/USA 1997)


"I'm doing my part!"

Starship Troopers ~ USA 1997
Directed By: Paul Verhoeven


Die Zukunft. Die gesamte irdische Gesellschaft ist mittlerweile politisch miteinander verschmolzen, intrahumane Konflikte existieren nicht mehr. Seine Feinde sucht und findet man nunmehr in den Tiefen des Weltalls: Dort leben riesige Insekten, von den Menschen kurzerhand "Bugs" genannt, die es auszurotten gilt, um den Fortbestand der eigenen Spezies zu sichern. Die jungen Soldaten Rico (Casper Van Dien), Flores (Dina Meyer) und Ibanez (Denise Richards) hüpfen geradewegs von der Schulbank in die Militärausbildung, um am interplanetarischen Krieg gegen die Bugs zu partizipieren.

Die wichtigsten Stabsmitglieder von "RoboCop" unterstützen Verhoeven durch ihre enthusiastische Mitarbeit bei seiner zweiten großen SciFi-Satire, die jedoch noch weitaus schärfer und hinterfotziger zu Werke geht als das genau zehn Jahre zuvor entstandene Regisseurs-Meisterstück. Das "Troopers"-Script stammt wiederum von dem überaus hellsichtigen Ed Neumeier, der martialische Score von Basil Poledouris und Jost Vacano trumpft ein weiteres Mal als dp.
"Starship Troopers" kleidet seine vorgebliche Utopie einer globalen klassenbefreiten Einheitsgesellschaft mit ungebrochenen kombattanten Ambitionen in aseptische, klinisch reine Bilder, bevölkert von ausnahmslos schönen Jugendlichen in soap-opera-artigen Luftschlössern auf der einen und verstümmelten Kriegsveteranen, die sich nicht scheuen, eine neue Soldatengeneration heranzuziehen, auf der anderen Seite. In der Zukunft ist der Faschismus in seiner reinsten Form wiederum omnipräsent, nur eben auf intergalaktischer Ebene; denn ohne Feindbilder können auch die futuristischen Menschenpendants nicht. Ihr Faschismus ein Kosmopolitikum. Alles lebt nurmehr für Leistung, Image, gutes Aussehen, Geld, materiellen Erfolg und ähnliche Oberflächlichkeiten. Verhoeven und Neumeier machen es ihrem Publikum dabei keineswegs leicht: Ihre böse Kritik (bekanntermaßen ist jede Dystopie vornehmlich eine überspitzte bzw. kodierte Sektion bereits bestehender Verhältnisse) verstecken sie hinter gelacktem, formal nicht nur einwandfreiem, sondern gar exzellentem Mainstream-Kino, das nur selten seine schmutzigen Kehrseiten durchschimmern lässt; in den bereits aus "RoboCop" und "Total Recall" bekannten Infotainment-Clips etwa, oder in den spektakulär-blutigen Schlachtenszenen. So ist "Starship Troopers" im Wesentlichen dichter an "Im Westen nichts Neues" als an der im Prinzip ad absurdum geführten und damit nurmehr nominellen Vorlage von Heinlein - bloß, dass er noch ein gutes Stück schwärzer mit seinen Figuren umgeht als Remarque ehedem mit seinem Paul Bäumer: In dieser Version der Gefreitenmoritat genießt ein Johnny Rico nämlich keine reinigende, sittliche Edukation, sondern bleibt auf ewig ein Held - ein hübscher und ganz besonders dummer freilich.

9/10

Aliens Militaer Paul Verhoeven Satire Monster Zukunft Dystopie Farce


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TOTAL RECALL (Paul Verhoeven/USA 1990)


"Open your mind."

Total Recall (Die totale Erinnerung) ~ USA 1990
Directed By: Paul Verhoeven


Im Jahre 2084 werden die Planeten nach ihrer Kolonisierung im großindustriellen Maßstab ausgebeutet. Auf dem Mars baut man wertvolles Turbiniumerz ab. Der raffgierige Politiker Cohaagen (Ronny Cox) verwaltet dieses Milliardengeschäft und "versorgt" die Arbeiter im Gegengzug mit wegen der lebensfeindlichen planetaren Atmosphäre existenznotwendigen Kuppeldächern, die allerdings von billigster Konstruktion sowie nicht strahlenresistent sind und daher für Mutationen bei den Kindern sorgen. Derweil träumt der Bauarbeiter Doug Quaid (Arnold Schwarzenegger) auf der Erde von einem Marsbesuch. Da ein solcher in der Realität allzu umständlich erscheint, entscheidet sich Quaid für einen Besuch bei der Erinnerungsimplantierungsfirma REKALL, um sich zumindest eine lebensechte, wenn auch gefälschte Erinnerung an den Mars zu erkaufen. Sein persönliches Kundenpaket sieht außerdem vor, dass Doug für die Dauer des Egotrips aus seinem Alltag als Arbeiter entkommen und seine Ferien als Geheimagent verbringen kann. Die Implantation scheint jedoch schiefzugehen und urplötzlich sieht sich Quaid mit zahlreichen waffenstarrenden Gegnern und einer falschen Identität konfrontiert. Seine Frau (Sharon Stone) will ihn töten und bald landet er tatsächlich auf dem Mars, wo er zum Revolutionshelden wird.

Mit "Total Recall" verbinde ich ganz besondere biographische Erinnerungen: Ich hatte das große Glück, den Film damals mit vierzehn Jahren auf der Leinwand sehen zu können, eine Kinoerfahrung, die mich so dermaßen übergebügelt hat wie nichts Vergleichbares zuvor. Überhaupt sind die Latenz- bzw. Pubertätsphasen ja für den möglichst unbefangenen Genuss von Eventmovies das beste Alter, man hat das Staunen noch nicht verlernt und ist perzeptiv betrachtet andererseits noch naiv genug, um auf mediale Affektevozierung halbwegs widerstandslos eingehen zu können. In dieser Phase also hatte Verhoeven mich mit seiner brillanten Reflexion um ein möglicherweise auch innerhalb der Filmrealität rein imaginäres Abenteuer erwischt, und zwar kalt. Diesem Erlebnis konnte danach wie erwähnt zunächst mal gar nichts das Wasser reichen, bis dann irgendwann Ridley Scotts Director's Cut von "Blade Runner" kam (sicher nicht ganz zufällig ebenfalls eine Dick-Verfilmung mit sich sukzessive auftürmenden Identitäts- und Realitätsfragen). Auf die sagenhafte technische Fertigung von "Total Recall", mit all seinen topographischen Konstruktionen und Szenarien, seiner kompromisslosen (jedoch rein visuellen) Brutalität und dem hypnotisierenden Goldsmith-Score einzugehen lohnt kaum, das ist ja sowieso alles hinlänglich bekannt. Was indes bis heute rückhaltlos fasziniert, ist die um die verschiedenen möglichen, dabei ungeklärten Realitätsebenen kreisende Metastruktur. Die Frage danach, ob sich all das, was er und wir mit ihm erleben, tatsächlich nur um Quaids Egotrip handelt, ob er einer "schizoiden Embolie" zu erliegen droht, wie man ihm zwischendurch weiszumachen versucht oder ob Quaid tatsächlich den Mars rettet, lässt sich, von Verhoeven ganz bewusst arrangiert, bis zum Schluss nicht eindeutig beantworten - wenngleich die ungewöhnliche Weißblende zum Abschluss schon stellvertretend für eine gewisse inszenatorische Tendenz betrachtet werden kann. Neben "The Terminator" dürfte "Total Recall" somit das intelligenteste Lichtspiel sein, in dem Schwarzenegger je das Glück hatte aufzutreten. Vor allem lebt dieser Film ausnahmsweise nicht von Arnolds Physis, sondern von der bloßen narrativen Substanz des Scripts. Es mag - wie öfter bei mir - reaktionär anmuten, aber für mich ist "Total Recall" ein Zeugnis aus besseren Kinotagen.

10/10

Splatter Mutant Zukunft Philip K. Dick Paul Verhoeven Mars Weltraum Identitaetskrise


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EARTHQUAKE (Mark Robson/USA 1974)


"What's forecasting worth when noone gets warned in the end?"

Earthquake (Erdbeben) ~ USA 1974
Directed By: Mark Robson


Nachdem am Morgen bereits zwei kleinere Erschütterungen das Stadtgebiet von Los Angeles heimgesucht haben, kommt es zu einem gewaltigen Erdbeben, das weite der Stadt zertrümmert und sie im Ausnahmezustand zurücklässt. Der in einer starken Ehekrise steckende Wolkenkratzerarchitekt Graff (Charlton Heston) fühlt sich für die Katastrophe mitverantwortlich und tut zusammen mit dem Ex-Polizisten Slade (George Kennedy) was er kann, um den Menschen zu helfen.

That's Armageddon & Akopalüze Nau - "Earthquake" bietet Katastrophenkino wie man es kennt und liebt. Strukturell erweist sich der Film als absolut linear zum Kanon dieser kleinen Kinogattung. Eine Handvoll Stars wird zu Beginn episodisch in ihren Filmrollen eingeführt, derweil ein, zwei tapfere Wisschenschaftler das Desaster bereits vorausahnen bzw. -sehen. Die Arroganz ihrer Chefs und die der zuständigen Politiker verhindert jedoch eine adäquate Prophylaxe und so kommt es wie es kommen muss: Alles geht kaputt und etliche Menschen drauf: Lupenreine Exploitation im Multimillionendollargewand.
In "Earthquake", der dem Lewton-Veteran Mark Robson ein spätes Comeback offerierte, nachdem er über die Jahre hier und da immer wieder mit kleinen Glanzlichtern punkten konnte, bekommen vor allem die Kulissenkreateure massig zu tun, wo arriviertes Starpersonal wie Ava Gardner und Lorne Greene (übrigens als Vater und Tochter zu sehen - völliger Quatsch) sich damit begnügen darf, physische Präsenz zu zeigen. Den besten Auftritt allerdings hat Walter Matthau als stockbesoffene Barfliege im besten Pimp-Outfit samt rotem Plüschhut, die von dem ganzen Tohuwabohu um sich herum nichts mitbekommt. Mit noch immer beeindruckenden Miniatureffekten und schicken matte paintings erschuf man tatsächlich die unerhört realistisch anmutende Illusion eines gigantischen Ground Zero, eines urbanen Schlachtfelds. Insgesamt ein sehr schickes, bombastisches Studio-Prestigestück inmitten des intimen New Hollywood.

7/10

Apokalypse Starbesetzung Mark Robson


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WAXWORK II: LOST IN TIME (Anthony Hickox/USA 1992)


"A kiss at the point of death is more pleasurable than the most intense orgasm imaginable..."

Waxwork II: Lost In Time (Spaceshift - Waxwork 2) ~ USA 1992
Directed By: Anthony Hickox


Mark (Zach Galligan) und Sarah (Monika Schnarre) haben den Kampf gegen Lincoln und seine Monster gewonnen, doch die Hand einer der Kreaturen verfolgt Sarah bis nach Hause und erwürgt ihren Stiefvater (George "Buck" Flower). Da Sarah die Hand im Müllzerkleiner zerhäckselt, fehlt ihr vor Gericht jeder Beweis, die Tat nicht selbst begangen zu haben. Mark kommt auf die Idee, erneut eine Reise in die Dimensionen anzutreten, um dort nach Beweisstücken für Sarahs Unschuld zu suchen. Zusammen geraten die beiden in das Paralleluniversum Cartagra, in dem sämtliche Gruselgeschichten zum Leben erwacht sind und der Kampf Gut gegen Böse ewig währt.

Ganze vier Jahre nach "Waxwork" stellte Hickox das Sequel her, das sich ganz unbedarft vornehmlich auf die jüngeren Genreklassiker stützt, wo der erste Teil noch mehr im Schwarzweißmilieu der alten Universal-Filme daheim war. "The Haunting", "Dawn Of The Dead" und "Alien" werden zitiert, die Kernepisode gegen Ende versucht dann jedoch durch Eigenständigkeit zu glänzen und entwirft ein frühmittelalterliches Szenario um den bösen Scarabis (Alexander Godunov), der niemand geringerem an den Kragen möchte als König Artus (John Ireland) persönlich.
Man möchte meinen, Hickox habe, besonders in Anbetracht der zeitlichen Distanz zwischen beiden Arbeiten, aus den Schwächen des Vorgängers gelernt, doch weit gefehlt. Abgesehen davon, dass das Produktionsdesign der Fortsetzung hier und da wirkungsvoller, weil sorgfältiger arrangiert ausfällt, suhlt sich auch dieses wieder in einer hoffnungslos unpassenden Langsamkeit, die sich wohl einzig dadurch erklären lässt, dass Hickox selbst das gemächliche Erzähltempo bevorzugt. Weiterhin sollte man, vorausgesetzt man gehört zu jener glücklichen Sorte Filmeschauer, die des Ausblendens mächtig sind, niemals bestimmte Logikfragen stellen, denn auch mit deren Beantwortung lässt Hickox uns ziemlich allein auf weiter Flur.
Da reißen die wiederum liebevollen Arrangements sowie der starke Auftritt von Bruce Campbell glücklicherweise vieles wieder raus.

5/10

Artussage Splatter Zombies Anthony Hickox Independent Sequel Monster


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WAXWORK (Anthony Hickox/USA 1988)


"Would you like... a closer look?"

Waxwork (Reise zurück in der Zeit) ~ USA 1988
Directed By: Anthony Hickox


Der sinistre Mr. Lincoln (David Warner) hat vor vielen Jahren einen Teufelspakt geschlossen und versucht diesen nun mithilfe seines Wachsfigurenkabinetts einzulösen. In diesem sind 18 wohlbekannte Horrorszenarien nachgestellt, bei denen allerdings teilweise noch die Opfer fehlen. Diese organisiert Lincoln, indem er unwissende Teenager in sein Haus einlädt und sie durch ein Dimensionstor in die jeweils nur scheinbar wächserne Szene stößt. Der verwöhnte Teensnob Mark (Zach Galligan und seine Freundin Sarah (Deborah Foreman) kommen Lincoln auf die Schliche und sagen ihm mithilfe von Marks Patenonkel Sir Wilfred (Patrick Macnee) den Kampf an.

Die Idee, den klassischen Monsterheroen durch ihre Wiedervereinigung eine besondere Reminiszenz zu erweisen ist fast so alt wie die ersten Laemmle-Produktionen für die Universal. Auch in den Achtzigern ließ Fred Dekker mit seiner "Monster Squad" ein entsprechendes Vehikel auf sein Publikum los; "Waxwork" gliederte sich in ebenjene Schiene monströser Klassenfilme ein. Nacheinander begegnen die teenage heroes bzw. victims dem Wolfsmenschen (John Rhys-Davies), dem Grafen Dracula (Miles O'Keefe), der Mumie (Paul Badger), den lebenden Toten sowie einem äußerst peitschfreudigen Marquis de Sade (J. Kenneth Campbell) und schlagen diese mal mehr, mal minder erfolgreich zurück.
"Waxwork" steckt einerseits voller witziger und guter Einfälle, deren Umsetzung andererseits jedoch an einem schlechten Gespür für timing krankt. Man erahnt angesichts der diversen Gags, dass Hickox neben einer recht blutrünstigen Bebilderung seiner Mär auch einen slapstickhaften Duktus im Sinn hatte, dem aber durch eine teils unpassend gemächliche und allzu gedehnte Narration sowie eine für diese Prämisse viel zu niedrige Schnittfrequenz eine adäquate Realisation verwehrt blieb. Schade, meint man doch permanent, das unausgeschöpfte Potenzial des Films förmlich zu riechen.

5/10

Vampire Mumie Werwolf Monster Marquis de Sade Independent Anthony Hickox Splatter


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THE FLY (David Cronenberg/CA, USA 1986)


"I was not pure."

The Fly (Die Fliege) ~ CA/USA 1986
Directed By: David Cronenberg


Der exzentrische Wissenschaftler Seth Brundle (Jeff Goldblum) hat die Möglichkeit der räumlichen Teleportation entdeckt. Kurz nachdem er sein Geheimnis der Journalistin Veronica (Geena Davis) offenbart hat, gelingt es ihm darüberhinaus, organische Materie zu transportieren, wo zuvor nur der Transfer toter und synthetischer Stoffe möglch war. Ein leicht alkoholisiertes Selbstexperiment endet fatal: Von Brundle unbemerkt setzt sich eine Stubenfliege mit in einen der Transmitter, die genetischen Informationen von Mensch und Fliege vermischen sich. Nach und nach verwandelt er sich in erschütternder Weise.

Der ihn stets bewegenden Frage, was denn nun eigentlich die 'Poesie des Fleisches' ausmache, spürt Cronenberg auch in diesem Remake des gleichnamigen SciFi-Klassikers von Kurt Neumann nach und hievt damit die einst so naiv erzählte Gruselstory auf seine ganz persönliche Plattform des 'organischen Horrors'. In beinahe schmerzhaft perfekter Inszenierung zeigt der Filmemacher uns den Weg in eine andere Daseinsform, die letzten Endes nur deshalb nicht weiterexistieren darf, weil ihre Präsenz in unserer angepassten Gesellschaft nicht geduldet und als abstoßend empfunden würde. Brundles Reaktion auf Veronicas geplante Abtreibung des geimnsamen Babys ist hingegen vielleicht die humanste, die er während des gesamten Films an den Tag legt. Insofern bietet sich im Hinblick auf "The Fly" ferner ein Diskurs zur Erläuterung dessen an, wo wahre Menschlichkeit beginnt und wo sie endet.
Eine ganze Palette affektiv schürbarer Emotionen wird von Cronenberg bedient: Abscheu, Humor, Trauer, Mitleid. Wer nicht zumindest schlucken muss angesichts des fatalistischen Endes, in dem Brundle, verschmolzen mit seiner eigenen Apparatur zu einem grotesken Maschinen-Mensch-Hybriden, dem endgültigen technokratischen Albtraum, einsieht, dass es für ihn endgültig keinen Platz mehr gibt in dieser Welt, in dessen Brust kann kein Herz schlagen.

10/10

Transgression Mutant Insekten Mad Scientist Technokratie David Cronenberg Splatter Monster


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DARK CITY (Alex Proyas/USA, AU 1998)


"Do you know the way to Shell Beach?"

Dark City ~ USA 1998
Directed By: Alex Proyas

Eines Nachts erwacht John Murdoch (Rufus Sewell) in einer Badewanne - ohne jegliche Erinnerung an seine bisherige Existenz. Es scheint, dass er ein flüchtiger Serienmörder ist und von der Polizei gesucht wird. Nach und nach macht sich John mit den näheren Umständen seiner Amnesie vertraut. Die namenlose Stadt, in der er lebt, scheint sich auf einem hermetisch abgeschlossenen Areal zu befinden; niemals wird es dort Tag und jeweils zur zwölften Stunde verändern sich ihre gesamte Physis und Infrastruktur. Damit nicht genug werden die Geschicke der Stadt offenbar von ein paar kahlköpfigen, dunkel gewandeten Herren gelenkt.

Mit "Dark City" gelang dem ohnehin stets einen deutlichen Hang zu düsterem Bombast aufweisenden Alex Proyas sein bislang größter visueller Triumph. Besonders die traditionsverpflichtete Prämisse, eine SciFi-Story mit der typischen Optik des film noir zu kreuzen, trägt dem Rechnung. Proyas ließ eine manische Sorgfalt walten bei der Ausstattung und Beleuchtung seiner Innenräume, die der Kreierung einer möglichst authentischen Atmosphäre dienlich sein sollten. Das unterschwellig-latente Gefühl, im Rahmen seines Films unter einer Art gigantischer Kuppel zu existieren, stellt sich auch ohne die entsprechende Gewissheit rasch ein und genau darin liegt Proyas' Verdienst. Die inhaltlichen Versatzstücke, die sich in weiten Teilen klassischer Genremotive bedienen, müssen als reine Transporteure von Proyas' Vision erachtet werden. Er mag vielleicht sogar ein wenig Ende gelesen haben, denn seine Fremden sind unschwer identifizierbare, nahe Verwandte der Grauen Herren, die als uniformiert erscheinende Eminenzen aus dem Hintergrund ebenfalls wenig Gutes mit den Menschen im Sinn hatten.
Ob (und wenn ja, warum) der nun von mir gesehene Director's Cut der ursprünglichen Kinofassung prinzipiell vorzuziehen ist, kann ich leider nicht zur Gänze feststellen, da die letzte Betrachtung der Normalversion nunmehr allzu lange zurückliegt. Angesichts der notierten Änderungen und Proyas' leidenschaftlichen Plädoyers für seinen nachträglich erstellten Wunschschnitt dürfte aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sein.

8/10

neo noir Alex Proyas Weltraum Director's Cut Zukunft Aliens David S. Goyer





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