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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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SCHWERKRAFT (Maximilian Erlenwein/D 2009)


"Ich bin jetzt kriminell. Und fühle mich gut dabei."

Schwerkraft ~ D 2009
Directed By: Maximilian Erlenwein


Der Bankangestellte Frederick Feinermann (Fabian Hinrichs) muss eines Tages miterleben, wie sich vor seinen Augen ein Kunde, dem Frederick zuvor einen Kredit gelündigt hat, erschießt. Ab diesem Zeitpunkt ist dem in einer einsamen, oberflächlichen Existenz lebenden jungen Mann klar, dass ein Ausbruch hermuss. Zuisammen mit seinem alten Bekannten Vince (Jürgen Vogel), der ihm zufällig wiederbegegnet, beginnt Frederick, in die Villen reicher Bankkunden einzubrechen.

Erfreulich bodenständige, schwarze Komödie in "Fight Club"-Tradition. Aus der Geschichte um einen jungen, im Establishment fest verankerten Anzugträger, der an einem Zeitpunkt seines Lebens feststellt, dass das doch längst nicht alles sein kann, macht Erlenwein im Gegensatz zu dem episch arbeitenden Fincher ein Drei-Personen-Kammerspiel. Auch beschränken sich die psychischen Untiefen seines Protagonisten auf das "alltäglichere" Problem einer bipolaren Störung. Die tiefgehende Persönlichkeitsspaltung eines Edward Norton ergreift von Fabian Hinrichs keinen Besitz, da ihn vermutlich jenes Schlüsselereignis um den Selbstmord seines Kunden noch gerade rechtzeitig davor bewahrt. Auch wird hier, in guter deutscher Tadition, immerhin die Liebe als letzter Ausweg angeboten. Dass Fredericks missgünstige Umwelt ihm diese finale Fluchtmöglichkeit jedoch versagt, steht auf einem anderen Blatt. Diese Geschichte endet nicht damit, dass die Hochfinanz in tausend Teile gesprengt wird, sondern ganz alltäglich - mit dem Knast nämlich. Und natürlich mit einem wunderschönen Song, "Let Your Light In, Babe" von Robert Forster, für dessen Verwendung Erlenwein allein schon ein Star of Fame gebührt.
Guter, alter Nationalrealismus.

7/10

Maximilian Erlenwein Satire Heist


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SHERLOCK HOLMES (Guy Ritchie/USA, D 2009)


"Je ne suis pas pressé."

Sherlock Holmes ~ USA/D 2009
Directed By: Guy Ritchie


Nachdem der Meisterdetektiv Sherlock Holmes (Robert Downey jr.) und sein Partner Dr. Watson (Jude Law) den mordenden Kultisten Lord Blackwood (Mark Strong) festgenagelt und ins Gefängnis gebracht haben, tut sich eine geräumige Flaute in ihrem Berufsleben auf. Jene nutzt Watson dazu, seine Verlobung mit der hübschen Mary Morstan (Kelly Reilly) zu stabilisieren sowie seinen Auszug aus der Baker Street 221B vorzubereiten und die Holmes zu allerlei exzentrischen Experimenten nötigt. Als Lord Blackwoods Leiche kurz nach der Exekution aus ihrer Gruft verschwindet und Holmes' Verflossene, die Trickdiebin Irene Adler (Rachel MacAdams) aus der Versenkung auftaucht, warten gefährliche neue Herausforderungen auf das Heldenduo.

Mag Ritchies Jüngster auch keineswegs der aufregendste Mainstream-Film des letzten Jahres sein - ein heißer Anwärter auf den bestaussehenden ist er ganz gewiss. "Sherlock Holmes" verwöhnt sein Publikum über die ganze stattliche Distanz mit sepiafarbenen Bildern des viktorianischen London, das, ganz anders als etwa in der vorsätzlich dreckig gestalteten "Ripper"-Verfilmung "From Hell" von den Hughes Brothers, in altehrwürdigem Empire-Glanz erstrahlt. Zwar lässt sich erahnen, dass da eine Menge am Rechner nachbereitet wurde; doch die Aufnahmen von der im Bau begriffenen Tower Bridge oder des Westminster-Palasts sind von höchsten ästhetischen Gnaden und sollten jeden Liebhaber britischer Weltkultur zu begeistern wissen. Der Film selbst mit seiner dürftigen Story und diversen fragwürdigen Dramaturgie-Bausteinen verblasst angesichts seiner formalen Gnade allerdings sehr. Weder mag die deutlich in der Nähe von Alan Moores "League Of Extraordinary Gentlemen" positionierte, um Verschwörung und elitäres Sektierertum kreisende Geschichte ein zufriedenstellendes Maß an Spannung zu suggerieren, noch ist die Neudefinition von Holmes als drahtigem Prügelknaben, der seine Gegner mittels fundierter anatomischer Kenntnisse auf die Bretter schickt, von geringstem Reiz. Weder bereichert Ritchie die Tradition der Rathbone-Filme um einen bemerkenswerten Späteintrag, noch kratzt er am Sockel meiner beiden persönlichen Lieblings-Holmes-Verfilmungen (nämlich Fishers "The Hound Of The Baskervilles" & Clarks "Murder By Decree"). Da aber der Bucheinband nunmal nicht die Qualität seines Inhalts bestimmt, bleibt "Sherlock Holmes" für mich im - wenn auch oberen - Durschnittssegment.

6/10

London Sherlock Holmes England Guy Ritchie Victorian Age Verschwörung


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DER PLÖTZLICHE REICHTUM DER ARMEN LEUTE VON KOMBACH (Volker Schlöndorff/BRD 1971)


"Nach Amerika - wo Milch und Honig fließen..."

Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach ~ BRD 1971
Directed By: Volker Schlöndorff


Nach einigen misslungenen Versuchen überfällt eine Gruppe am Leben darbender Bauersleut' im Jahre 1821 die Postkutsche der hessischen Kurfürsten, in der Steuergelder transportiert werden. Rasch kommt der örtliche Kriminalrichter (Wilhelm Grasshoff) den sich bei aller Vorsicht ungeschickt verhaltenden Dörflern darauf. Diese werden mithin zum Geständnis gezwungen und hernach zum Tode verurteilt.

Schlöndorffs ursprünglich fürs Fernsehen gedrehtes, kleines Historienspiel steht ganz im Zeichen des Neuen Deutschen Films. Unter Mitwirkung der Kollegen Fassbinder und Hauff und in kargem, schmucklosem Schwarzweiß gefilmt, sowie entsprechend dem Minimalbudget in ein authentisch-zerlumptes Äußeres gekleidet, hat es beinahe den Anschein, als sei jemand in die Zeitmaschine gestiegen, habe die Kombacher Bauern anno 1821 tatsächlich mit der Arriflex verfolgt und hier nichts anderes als eine Dokumentation abgeliefert. Die charaktergesichtigen, teils steinalten Laiendarsteller, denen Schlöndorff im Monolog sogar Verhaspler durchgehen lässt, sind von ebenso gewöhnungsbedürftiger, stoischer Echtheit wie das ganze Ambiente des Films. Wie ein stark eklektizistisches Element wirkt da die trotzdem ganz formidable, mit poppigen Beats unterlegte Musik Klaus Doldingers, die sich auf sonderbare Art und Weise reibungslos mit dem Restfilm arrangiert.
Ein weiteres ganz wunderbares Werk dieses zu einem meiner liebsten werdenden Filmemachers.

9/10

Historie Heist Bauern Volker Schloendorff TV-Film perod piece Armut


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TOUGH GUYS DON'T DANCE (Norman Mailer/USA 1987)


"Keep dancing."

Tough Guys Don't Dance (Harte Männer tanzen nicht) ~ USA 1987
Directed By: Norman Mailer


Der versoffene Autor und Berufsehemann Tim Madden (Ryan O'Neal) wacht eines Morgens mit einem gigantischen Whiskey- und Kokskater auf und muss feststellen, dass er sich an die letzten Tage nicht erinnern kann. Allerdings lassen ihn einige böse Flashback-Fetzen und Gewaltspuren Schlimmstes erahnen. Hat er möglicherweise ein erst eben kennengelerntes Pärchen (Frances Fisher, R. Patrick Sullivan) enthauptet? Welche Rolle spielt der korrupte Police Captain Regency (Wings Hauser)? Und wohin ist seine überdrehte Ehefrau (Debra Sandlund) verschwunden? Fragen über Fragen, die schnelle Antworten erfordern, wenn Madden nicht in Teufels Küche geraten will...

Eines jener wagemutigen Cannon-Projekte, von denen ich bereits im letzten FTB-Eintrag schwärmte. Hier produzierten Golan und Globus einen Film, den der vor drei Jahren verstorbene, exzentrische Jahrhundertautor und Pulitzerpreisträger Norman Mailer nach eigenem Roman verfilmte. Eine sperrige Noir-Farce kam dabei heraus, die irgendwo zwischen Mickey Spillane, Hunter S. Thompson und David Lynch oszilliert und in ihrer Mischung aus Verzweiflung, Kaltschnäuzigkeit und zynischem Humor höchstens mit Altmans "The Long Goodbye" vergleichbar ist. Identifikationsfiguren sind von vornherein ausgeschlossen, und das ist gut so. Selbst O'Neals eingefallenes Gesicht taugt nicht mehr zum Liebhaben, nachdem klar ist, welche Richung sein Charakter Tim Madden seinem Leben gegeben hat. Alles ist verworfen, verrückt und unerwartet in diesem seltsamen Krimi-Universum, draußen an der nebligen Küste von Cape Cod. Am Ende steht man dann erstmal ein wenig hilflos da, ist sich aber gleich sicher, etwas Tolles gesehen zu haben, ein Gefühl, dass sich 24 Stunden später nur bestätigt findet.
Ein Film, der quasi das Gegenteil von Publikumsanbiederung betreibt und damit bereits ein kleines Juwel.

8/10

Groteske Farce neo noir Norman Mailer Drogen Kokain Alkohol Amnesie film noir


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KÆRLIGHED PÅ FILM (Ole Bornedal/DK 2007)


Zitat entfällt

Kærlighed På Film (Bedingungslos) ~ DK 2007
Directed By: Ole Bornedal


Der Kopenhagener Polizeiphotograph Jonas (Anders W. Berthelsen), ein in seinem Alltagstrott gefangener Familienvater, verursacht aus Nachlässigkeit einen Autounfall, bei dem die junge Julia (Rebecka Hemse) schwer verletzt wird. Als der sogleich merkwürdig von Julia faszinierte Jonas diese im Krankenhaus besuchen will, hält alle Welt ihn für einen gewissen 'Sebastian', jener offenbar Julias Ehemann, an den sie selbst wegen einer Amnesie jedoch keine Erinnerung hat und der zudem auf seltsame Weise in Kambodscha verschwunden scheint. Jonas spielt das Verwechslungsspiel mit und verliert dabei immer mehr den Bezug zu seiner eigenen Identität - bis plötzlich der echte Sebastian auftaucht...

Nachdem die von von Trier oktroyierte "Dogma"-Hysterie im hohen Norden wieder weithin abgeebbt ist - wobei mir diese "kulturelle Rekonaleszenz" manchmal wie ein hörbares Aufatmen erscheint - kommen jetzt aus dem Skandinavischen also vermehrt stark stilisierte Filme, so auch dieser hingebungsvoll an US-Vorbildern orientierte Identitätskrisen-Thriller. "Kærlighed På Film" begreift sich offenbar als eindeutige Reminiszenz an Hitchcocks Klassiker, arbeitet mit psychoanalytischen Motiven wie sexueller Obsession, Paraphilie und Morbidität. Der eigentliche, im Kern präsente Aufzug der Story um einen sich in Selbstillusionen verlierenden Biedermann machte auf mich dabei durchaus den Eindruck kompetenter Umsetzung. Was den Film jedoch leider eines hohen Maßes seiner sonstigen Wucht beraubt, ist die kriminalistische Aufschlüsselung des Ganzen, die einen ziemlich platten Handlungsstrang um Diamantenschmuggel und Triaden miteinbezieht und für den ironischerweise frappant nach Jörg Kachelmann aussehenden Jonas als eine Art Schicksalsschlüssel fungiert. Ohne dieses überflüssige Zugeständnis an die Konvention wäre "Kærlighed På Film" vielleicht wesentlich tragfähiger geworden, so langt es leider bloß zu einer - immerhin hübsch polierten - Teilnehmer-Medaille.

7/10

film noir Dänemark Kopenhagen neo noir Ole Bornedal


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OUR MAN FLINT (Daniel Mann/USA 1966)


"It can't be..." - "Of course it can, that's why he's Flint!"

Our Man Flint (Derek Flint schickt seine Leiche) ~ USA 1966
Directed By: Daniel Mann

Derek Flint (James Coburn), Lebemann und Top-Agent des amerikanischen Geheimdienstes 'Z.O.W.I.E.', wird herbeigerufen als die Terrororganisation 'Galaxy' die führenden Nationen der Welt mittels ihrer Wettermanipulationsmaschine dazu zwingen will, sämtliche Nuklearwaffen zu vernichten. Ihr an sich hehres Ziel versucht Galaxy jedoch mittels faschistischer Indoktrinationsmethoden zu erreichen, was Flint überhaupt nicht mag. Nachdem er die feindliche Agentin Gila (Gila Golan) becirct hat, ist es ihm ein Leichtes, Galaxy zur Strecke zu bringen.

Während die meisten Bond-Plagiate in den Sechzigern aus Europa, vornehmlich aus italienischer Coproduktion, kamen, versuchte sich Hollywood an vergleichsweise wenigen Rip-Offs der Abenteuer des britischen Agenten. Jene wiesen dann auch zumeist eine satirische oder gar unverhohlen parodistische Form auf. Die beiden "Derek Flint" - Filme wählten den lässigen Weg des Witzes, um 007 an der Kinokasse in seine Schranken zu weisen: Flint ist (noch) mehr Supermann als Mensch und jeder Situation ohne äußere Anstrengung gewachsen. Er beherrscht sämtliche Kampftechniken, ist eine wandelnde Enzyklopädie und außerdem Ballett-Virtuose, bekommt ausnahmslos jede Frau ohne den geringsten Widerstand ins Bett und verzichtet auf den Einsatz von Feuerwaffen. Außerdem pflegt er ein gesundes Maß an Arroganz, was seinen Chef Lloyd Cramden (Lee J. Cobb) regelmäßig zur Verzweiflung treibt. Seine Gegner findet Flint jeweils in einer Gruppe von fehlgeleiteten Weltverbesserern, die gerade so gefährlich sind, weil sie einen gesellschaftlichen Umbruch durchsetzen wollen. In "Our Man Flint" handelt es sich dabei um drei der Friedensbewegung verpflichtete Wissenschaftler (Benson Fong, Rhys Williams, Peter Brocco), die bei aller technischen Raffinesse verkennen, dass ihre Methoden nicht besser sind als die ihrer erklärten Erzfeinde.
Als Moderelikte ihrer Zeit und als Coburn-Vehikel sind die zwei Flint-Abenteuer auch heute noch recht gut genießbar - insbesondere für kompromisslose Sixties-Enthusiasten, die bei flotter Innenarchitektur, perfekt sitzenden Anzügen, hochgesteckten Frisuren und Easy-Listening-Sounds in ungebremste Verzückung geraten.

7/10

Derek Flint Daniel Mann Kalter Krieg Marseille Rom Bond-Spoof


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DEVIL IN A BLUE DRESS (Carl Franklin/USA 1995)


"The only question is are you on top of your trouble or not?"

Devil In A Blue Dress (Teufel in blau) ~ USA 1995
Directed By: Carl Franklin


L.A. 1948: Der farbige Kriegsveteran Ezekiel 'Easy' Rawlins (Denzel Washington) hat soeben seinen Job verloren und bangt um die Abzahlung seiner Hypothek. Da kommt ihm ein scheinbar schneller Job gerade recht. Von dem unsymathischen DeWitt Albright (Tom Sizemore) beauftragt, soll Easy eine im Schwarzenmilieu verkehrende, weiße Lady namens Daphne Monet (Jennifer Beals) finden, da der Bürgermeisterkandidat Carter (Terry Kinney) ein spezielles Interesse an ihr habe. Kaum dass die Dame sich erstmals gezeigt hat, registriert Easy, dass er nur ein zu vernachlässigendes Teilchen in einem boshaften Spiel um Erpressung und politische Ränke ist.

Sehr sympathischer film noir von einem Regisseur, der bereits mehrfach ein Händchen für gutes Krimikino bewiesen hat. Der primäre Reiz der Romanadaption "Devil In A Blue Dress" liegt natürlich darin, die im Prinzip typische Hardboiled-P.I.-Story fast zur Gänze in die afroamerikanische Halbwelt von Los Angeles zu verlegen, ein Milieu also, in das Chandler oder Spillane respektive ihre Helden sich niemals oder höchstens widerwillig hineingetraut hätten. Washington als Ermittler ist eine erwartungsgemäß solide Besetzung für den Privatschnüffler (zunächst) "by accident", dessen Nase schon aufgrund seiner in bestimmten Ecken der Stadt ungern gesehenen Hautfarbe besonders gefährdet ist. Leider blieb es im Kino bislang bei diesem einen Auftritt von Easy Rawlins, derweil er in schriftlicher Form bereits eine ganze Reihe von Fällen zu lösen hatte. Über eine Fortsetzung täte ich mich auch jetzt noch freuen.

8/10

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SUNSET (Blake Edwards/USA 1988)


"It's all true, give or take a lie or two."

Sunset ~ USA 1988
Directed By: Blake Edwards


1929: Der legendäre Marshal Wyatt Earp (James Garner) wird vom Filmproduzenten Alfie Alperin (Malcolm McDowell) nach Hollywood engagiert und als produktionstechnischer Berater des neuesten Tom-Mix-Films abgestellt. Wildwest- und Kinolegende (Bruce Willis) verstehen sich als jeweilige Haudegen von echtem Schrot und Korn auf Anhieb und haben ihre neue Freundschaft gleich auf eine gewichtige Probe zu stellen - Alperin entpuppt sich nämlich als gewissenloser Schweinehund, der sowohl seiner Frau (Patricia Hodge) als auch seinem Stiefsohn (Dermot Mulroney) allerlei Ärger beschert.

Edwards' Gipfeltreffen zweier amerikanischer Mythenfiguren fällt genau so aus, wie man es erwarten darf: Von gut aufgelegten Stars getragen, glanzvoll und opulent ausgestattet, ist "Sunset" ein wahres Heimspiel für die Glamour-Metropole, das in einem oftmals und gern als 'leer' denunzierten Filmjahrzehnt ein wehmütiges Zeichen setzte. Getreu Fords berühmtem Liberty-Valance-Ethos, demzufolge Legenden für die historische Wahrheitsbildung unerlässlich sind, fabuliert Edwards eine wilde Geschichte von Gangstern, korrupten Polizisten und machtbesessenen Größenwahnsinnigen beim Film zusammen, die sich auf dem Papier sehr abenteuerlich liest, in ihrer Umsetzung aber zu kleinen Begeisterungsstürmen zu veranlassen weiß. Nicht nur die Buddy-Paarung Mix und Earp, auch andere zu jener Zeit berühmte Figuren wie Dutch Schultz (Joe Dallesandro) und Charlie Chaplin (McDowell) kommen bei Edwards zu Ehren, wenn auch in teils bös karikierter oder abstrahierter Form.
Garners Interpretation des Marshal ist dabei ein besonderer Coup, denn fast genau zwanzig Jahre zuvor hatte er diese Rolle bereits für Sturges in "Hour Of The Gun" übernommen.

8/10

Film im Film period piece Wyatt Earp Hollywood Blake Edwards


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THE POSTMAN ALWAYS RINGS TWICE (Bob Rafelson/USA 1981)


"It's an act of God those lights went out!"

The Postman Always Rings Twice (Wenn der Postmann zweimal klingelt) ~ USA 1981
Directed By: Bob Rafelson


Ex-Knacki, Gelegenheitsgauner und Herumtreiber Frank Frank Chambers (Jack Nicholson) landet während der Tage der Depression im Highway-Diner des Griechen Papadakis (John Colicos). Dessen hübsche Frau Cora (Jessica Lange) verdreht Frank so schnell den Kopf, dass dieser einen Job als Laufbursche in Papadakis' Laden annimmt und schon bald mit Cora in den Federn landet. Sie überredet Frank, ihren ihr überdrüssigen Gatten zu beseitigen, um gemeinsam in eine neue Zukunft gehen zu können. Nachdem der erste Mordversuch fehlschlägt, gelingt der zweite zwar, bringt das verbrecherische Pärchen jedoch vorübergehend ins Gefängnis. Nachdem das Schicksal sie hernach zu weiter auseinandertreiben droht, finden sie zwar wieder zusammen, doch sie haben noch nicht hinreichend für ihre Schandtat gesühnt.

James M. Cains berühmter Roman "The Postman Always Rings Twice" wurde dreimal fürs Kino adaptiert. Die beste und renommierteste Version ist zugleich die erste, 1943 von Visconti vornehmlich motivisch übernommen und als früher Markstein des soeben aufkommenden Neorealismus in das faschistische Italien verlegt. Nur drei Jahre später zog Hollywood mit einer ebenfalls großartigen Variante nach, diesmal mittels eines Beitrags zur Schwarzen Serie. Dann ruhte die Geschichte des in heißer Liebe zum diabolischen Gespann avancierenden Paars einge Dekaden, bis Bob Rafelson mit seinem Stammdarsteller Nicholson eine der letzten Regungen New Hollywoods vollzog. Wohlweislich beließ er die Story dort, wo sie ursprünglich hingehört, nämlich in der Depressionsära. Die Radikalität, mit der Frank und Cora zu Werke gehen, um ihre in mehrerlei Hinsicht verbotene Beziehung durchzusetzen, fußt ja ohne Frage in einer Zeit, in der bezüglich Überlebensfragen nicht lang gefackelt wurde und Opportunismus zeitweilig eine obere Existenzmaxime darstellte. Die Ernsthaftigkeit und Dramatik, mit der Rafelson und sein Autor David Mamet Cains so nervenzerrende wie traurige Geschichte beackern, wurde zu Zeiten der Kinopremiere leider übersehen. Vielmehr ereiferte man sich über die drei Sexszenen zwischen Lange und Nicholson, die berühmt-berüchtigte erste und hitzigste davon gleich auf dem Küchentisch, in der Nicholson der Lange mit voller Handbreite in den zumindest durch einen Slip bedeckten Schritt langt. Später kommt es dann noch zu einer nicht minder gewagten Cunnilingus-Sequenz. Die Leute bewegte dann auch weniger der Existenzialismus der Dreiecksstory als vielmehr die Authentizität der koitalen Verrenkungen. Aber so sind und waren wir, die Kinogänger.

8/10

Bob Rafelson James M. Cain Great Depression Skandalfilm


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AD OGNI COSTO (Giuliano Montaldo/I, E, BRD 1967)


Zitat entfällt.

Ad Ogni Costo (Top Job - Diamantenraub in Rio) ~ I/E/BRD 1967
Directed By: Giuliano Montaldo


Der soeben in Pension gegangene, ehemals in Rio de Janeiro tätige Englischlehrer Professor Anders (Edward G. Robinson) will seine Rente aufbessern, indem er vier über einen Mittelsmann (Adolfo Celi) angeheuerte Profis (Klaus Kinski, Robert Hoffmann, Ricardo Cucciolla, George Rigaud) einen Multimillionenraub in einem Hochsicherheitsgebäude gegenüber seiner früheren Arbeitsstelle durchführen lässt. Die nicht unproblematische Aktion verläuft exakt nach dem Plan des Professors, der sämtliche Eventualitäten eingerechnet hat - bis auf eine...

Im Stile von Dassin inszeniertes heist movie, das, wie bei italienischen Mainstream-Filmen üblich, aufgrund seines plagiatorischen Charakters zwar weder sonderlich innovativ noch sonstwie revolutionär, dafür aber kurzweilig und spannend um die Kurve kommt. Die ausführliche Einbruchsszene ist ziemlich toll, Montaldos Regie auch sonst durchweg professionell und Rio als Kulisse hält, was es verspricht. Einzig die moralische Keule, die bei den meisten Bruch-Filmen seit Hustons "The Asphalt Jungle" offenkundig unabdingbar zu sein scheint, nervt auch hier. Man wollte den Kriminellen, und mögen sie noch so symathisch sein, ehedem einfach keine Erfolge zugestehen. Sauerei, das.

7/10

Giuliano Montaldo Rio de Janeiro Heist Diamanten





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Funxton

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