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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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SUDDENLY (Lewis Allen/USA 1954)


"Your guts are showing all over the place, brave boy."

Suddenly (Der Attentäter) ~ USA 1954
Directed By: Lewis Allen

Der auf einer Zugreise befindliche US-Präsident soll einen Kurzstopp am Bahnhof des Kleinstädtchens Suddenly einlegen. Davon benachrichtigt, ergreift der hiesige Sheriff Shaw (Sterling Hayden) zusammen mit den anrückenden Secret-Service-Kräften die nötigen sicherheitsvorkehrungen. Zu spät, denn im Hause von Shaws Freundin Ellen (Nacy Gates) hat sich bereits der gedungene Killer John Baron (Frank Sinatra) mit zwei Helfershelfern einquartiert. Von hier aus will er den Präsidenten mit einem Präzisionsgewehr erschießen. Shaw, Ellen, ihr kleiner Sohn Pidge (Kim Charney) und ihr Schwiegervater (James Gleason) geraten in die Gewalt der Attentäter und müssen hilflos mit ihnen die Ankunft des Präsidenten abwarten...

Bereits ein Jahr vor Wylers Meisterwerk "The Desperate Hours" kam dieser im Hinblick auf Erzählzeit und Handlungsort stark verdichtete, kleine Home-Invasion-Thriller von Lewis Allen in die Kinos, der als Antagonisten einen wie immer hartgesottenen Sterling Hayden und einen noch hungrigen, auf der Höhe seiner schauspielkunst befindlichen Sinatra vorlegte und allein infolge dieser Konstellation große Klasse mitbrachte. Die Plotprämisse um ein paar bezahlte Attentäter, die niemand Geringeren als den Präsidenten (!) abknallen wollen, wirkt rückblickend etwas betulich-naiv (was, wie ich erst vorhin mäßig amüsiert feststellte, Dr. Uwe Boll nicht daran hinderte, erst im letzten Jahr ein Remake anzufertigen), zumal die entrüsteten Kleinstädter dauernd versuchen, an das (faktisch nicht vorhandene) patriotische Ehrgefühl der Gangster zu appellieren ("Traitors!" "But it's your president, too!"). Nicht zuletzt die dramaturgisch nicht ungeschickt eingefädelte Beziehungsebene, der zufolge sie es auf den höchst kiebigen, rotzlöffeligen Filius, der einen gar goldenen NRA-Nachwuchs abgibt, abgesehen haben, macht die stilsicheren Finstermänner zu den geheimen Sympathieträgern wider Anstand und Biedermeiertum.

8/10

Lewis Allen Familie Attentat Kleinstadt home invasion film noir


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THE NIGHT WALKER (William Castle/USA 1964)


"I never planned to kill somebody - but now I have to..."

The Night Walker (Er kam nur nachts) ~ USA 1964
Directed By: William Castle

Die labile Irene (Barbara Stanwyck), einsame Ehefrau des erblindeten, krankhaft eifersüchtigen Millionärs Howard Trent (Hayden Rorke), hat sehnsüchtige Träume um einen virilen, jungen Liebhaber. Eines nachts wird sie durch eine Explosion im Haus geweckt, der Howard offenbar zum Opfer gefallen ist. Bald quälen sie fürchterliche Albträume um den Toten. Irene zieht in die Stadt, um dort vergessen zu können, doch ihre Träume bleiben manifest. Der geheimnisvolle junge Mann (Lloyd Bochner) erscheint ihr jetzt regelmäßig und nimmt sie mit auf bizarre Streifzüge durch das nächtliche Los Angeles. Bald glaubt Irene, kaum mehr zwischen Traum und Realität unterscheiden zu können. Sie bittet den Anwalt Barry Morland (Robert Taylor) um Hilfe...

"The Night Walker" ist einer von Castles formvollendetsten, schönsten Filmen, in dem er seinem großen Vorbild Hitchcock so nahe kommt wie vielleicht nie zuvor und nie wieder und in dem er fürderhin De Palma viele wertvolle Anregungen und Motive für dessen künftiges Werk bereitet: Die erotischen Bedürfnisse einer alternden Frau und wie sich finstere Mächte diese zunutze machen, um sie gegen sie zu verwenden, die fließenden Grenzen zwischen realis und irrealis, fieberhafte Wahrnehmungsinsuffizienzen, turmhohe Verschwörungsaktivitäten und natürlich ein unverhältnismäßig formvollendet inszeniertes Verbrechen, das deutlich mehr von Kunst in sich trägt als manch anerkanntes Kunstwerk. Wie so häufig griff Castle auch hier auf zwei alternde Golden-Age-Stars jenseits ihrer großen Erfolge zurück - Barbara Stanwyck (57) und Robert Taylor (53) sahen schonmal besser aus, wenngleich die Maske sichtlich Wunder vollbrachte. Dennoch ziert sie, auch das sicherlich stets Mitgrund für Verwendung von Personal ihres Kalibers, nach wie vor der glamouröse Hauch des alten Hollywood, eine Aura wesensimmanenter Arroganz und luxuriöser Überheblichkeit, die weder die Jahre noch das Genrekino jemals würden untergraben können.

9/10

William Castle Robert Bloch Los Angeles Traum


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SIEBEN MONDE (Peter Fratzscher/D 1998)


"Ich würde dann jetzt lieber gehen..."

Sieben Monde ~ D 1998
Directed By: Peter Fratzscher

Um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, schreibt Thomas Krömer (Jan Josef Liefers) Synchronscripte für finnische Filme; sein wahres Herz hängt jedoch, wie dereinst bei seinem Vater, an der Schriftstellerei. Urplötzliche Morde in der Gegend, die die Sensationspresse einem Werwolf zuschreibt, da sie stets bei Vollmond geschehen und am Tatort wölfische Spuren nachgewiesen werden, beginnt Krömer, mit seiner eigenen Wesensveränderung zu assoziieren. Immerhin hat ihn vor ein paar Nächten eine angefahrene, möglicherweise wolfsähnliche Kreatur gebissen. Zudem scheinen die Wölfe im Tierpark auf ihn zu reagieren. Und woher kommen seine sexuelle Virilität und sein urplötzlicher Appetit auf rohes Fleisch? Für den Mystik-Polizisten Becker (Christoph Waltz) ein klarer Fall...

Schade, dass Peter Fratzscher den vielversprechenden Ansatz, einen großproduzierten, deutschen Genrefilm zu schaffen, am Ende nicht einlöst. Anstatt uns einen waschechten Werwolf zu präsentieren, gibt es am Schluss nämlich doch bloß einen weiteren, konzeptionell vorgehenden Serienkiller (Ulrich Mühe), der Grimms Märchen um große, böse Wölfe pervertiert, sich selbst für Rumpelstilzchen hält und sein krankes Spiel anreichert, indem er den psychisch ohnehin wackligen Helden noch zusätzlich verunsichert. Das ergibt einen ordentlichen Mystery-Thriller, der, nicht zuletzt aufgrund seiner ohnehin latenten Liebäugelei mit Camp und Genrekino, allerdings auch als Horrorfilm mit tatsächlich übernatürlichem Inhalt seine Meriten eingefahren hätte. Immerhin: im Rahmen der um die späten Neunziger noch immer unter dem nachwehenden Erfolg der spießigen Beziehungskomödie "Der bewegte Mann" und allen möglichen Superweibern krankenden deutschen Filmlandschaft ein Lichtblick, der leider nicht wirklich Schule zu machen vermochte. Und das bei seiner formidablen Besetzung, für die neben Peter Lohmeyer und Horst Krause sogar die herzerfreuenden Stimm- und Schauspiellegenden Hans Paetsch (89) und Tilly Lauenstein (82) gewonnen werden konnten.

7/10

Peter Fratzscher Literatur Madness Märchen Serienmord Lykanthropie München


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CANICULE (Yves Boisset/F 1984)


"Shit."

Canicule (Dog Day - Ein Mann rennt um sein Leben) ~ F 1984
Directed By: Yves Boisset

Nach einem missglückten Banküberfall in einer französischen Stadt, bei dem er von seinem Partner Snake (Pierre Clémenti) hintergangen wird, flüchtet der amerikanische Bankräuber Jimmy Cobb (Lee Marvin) mitsamt der Beute vor dem ihn verfolgenden Polizeiaufgebot in die sommerliche Provinz. Dort gerät er an eine dysfunktionale Bauernfamilie, die ihm zusätzlichen Stress verschafft, da jeder einzelne von ihnen schwer gestört ist und eigene Pläne verfolgt. Bald wissen auch Cobbs verbliebene Partner, wo er sich versteckt hält und es kommt zu diversen Konfrontationen.

Der vorvorletzte Film, den Lee Marvin mit seiner Präsenz adelte (vor dem ersten "Dirty Dozen"-Sequel und "The Delta Force") setzt ein spätes Highlight in seinem ohnehin glänzenden Schaffen. Als US-Gangster in Frankreich, dessen 'Spezialität' es ist, seinen Gegnern die Kniescheiben wegzuschießen, gerät er an etwas, mit dem selbst er niocht fertig werden kann, an westeuropäische Land-Idiotie nämlich. Auf dem durchaus imposanten Hof, auf dem er nach anstrengender Flucht strandet, erwarten ihn der sexgierige, versoffene Patriarch Horace (Victor Lanoux), dessen nicht minder versoffener Bruder Socrate (Jean Carmet), Horaces Frau Jessica (Miou-Miou), deren unehelicher Sohn Chim (David Bennent), die haltlos nymphomanisch veranlagte Ségolène (Bernadette Lafont), die alte Haushälterin Gusta (Muni), sowie zwei afrikanische Landknechte (Joseph Momo, Mohamed Bekhtaoui) - ein böses, verzerrtes Spiegelbild der zeitgenössischen französischen Gesellschaft, durch die Bank verdorben und verrückt. Besonders gegen Jessicas durchtriebene Pläne (ohnehin wirkt die ebenso kluge wie schöne, stilbewusste Frau wie ein Fremdkörper unter all den Hinterwäldlern) hat Cobb keine Chance. Zu David Bennent, diesem seltsam faszinierenden Kindmann, der einen jeden Film schon durch seine bloße Anwesenheit mystisch auflädt: extraordinaire, comme toujours.
Boisset ist ein kleines, schmutziges Meisterwerk zwischen Kunst und Sleaze geglückt, dessen prononciert-grotesker Erzählfarbe sicherlich auch ein Jeunet oder Kusturica manches verdanken.

9/10

Yves Boisset Sommer Flucht Familie Groteske


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AUF DER REEPERBAHN NACHTS UM HALB EINS (Rolf Olsen/BRD 1969)


"Was denkst du dir bei diesem ungeheuerlichen Auftritt?"

Auf der Reeperbahn nachts um halb eins ~ BRD 1969
Directed By: Rolf Olsen

Nach acht Jahren wird der unschuldig wegen Mordes eingesessene Hannes Teversen (Curd Jürgens) aus dem Gefängnis entlassen. Für den eingefleischten Schifffahrtskapitän Hannes gilt nun zweierlei: Die Wiederherstellung seines guten namens durch einen nachträglich erbrachten Unschuldsbeweis, sowie die Abrechnung mit den damaligen Meineids-Zeugen, allen voran Hannes' früherer Kompagnon Lauritz (Fritz Tillmann), Ehemann der einst Ermordeten, der Hannes' Reederei-Anteile an sich gebracht hat. Lauritz indes pflegt noch immer halbseidene Kontakte zur Hafen-Unterwelt. Zudem erfährt Hannes von seinem besten Freund Pitter (Heinz Reincke) etwas für ihn schwer zu Verkraftendes über die junge Antje (Jutta D'Arcy)...

Mit diesem Remake des noch deutlich romantischer konnotierten, gleichnamigen Albers-Films von Wolfgang Liebeneiner legte Olsen einen weiteren Eintrag zu seinem Curd Jürgens/St.-Pauli/Crime-Zyklus vor. Wie immer in jenen Filmen ist der 'Normannische Kleiderschrank' als ebenso sonorer, besonnener wie trinkfester Herr der Lage zu sehen, der damit ja irgendwie auch in bester, nordischer Albers-Tradition steht. Ein paar Liedchen, darunter natürlich der titelgebende Akkordeon-Klassiker, müssen auch bemüht werden, klare Kiste. Widerfahrenes Unrecht wird bei Jürgens und durch ihn, wenn noch möglich, garantiert gut gemacht, damit von allem (halbwegs) ehrenhaften Mitmenschen am Ende Seeluft und Paulier Hafen-Stinkerei wieder reuelos eingesogen werden können. Im besten Falle stiftet der Gute dann noch ein bis zwei Liebesbeziehungen zwischen jungen Leuten und geht schlussendlich wieder in Ruhe seinem Patent nach, sei es als Arzt, Pfarrer oder eben Kapitän in schnieker Uniform. Heinz Reincke spielt einmal mehr den lustigen Adlatus, viele Darsteller mussten ihre Stimmen der damaligen Praxis der Nachsynchronisierung opfern: Darum klingt Fritz Wepper auch plötzlich wie Thomas Danneberg. Aber so war das damals, auf St. Pauli.

6/10

Hamburg Rolf Olsen Kiez St. Pauli Sleaze Remake Rocker Verschwörung Helgoland


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KILLING BLUE (Peter Patzak/BRD 1988)


"Ein ganz natürlicher Reflex..."

Killing Blue ~ BRD 1988
Directed By: Peter Patzak

Den versoffenen Berliner Polizisten Alex Glass (Armin Mueller-Stahl) plagen Gewissensbisse, weil er bei einem Einsatz unvorsichtigerweise ein kleines Mädchen angeschossen hat. Umso verbissener hängt er sich in seinen neuen Fall, den Mord an einer jungen Frau (Constanze Saskia Rahn, die im Heroin-Milieu verkehrte. Die Spur führt zu der einschlägig bekannten Unterweltgröße Miskowski (Frank Stallone), mit dem neben der Toten auch die Tochter (Allegra Curtis) des Staatsanwalts Karstens (Michael York), zufällig ein guter Freund von Glass, verkehrt. Als Miskowski jedoch selbst gewaltsam ums Leben kommt, bleibt Glass nur ein letzter Schluss zur bitteren Wahrheit...

Seine kurze Liaison mit der Lisa-Film brachte nach "Der Joker" mit Peter Maffay als rollstuhlbewährtem Bullen diesen dem "Vorgänger" nicht ganz unähnlichen Versuch eines neo noir im Berliner statt im Hamburger Milieu. Michael York kehrte nochmal zurück, wiederum als gewalttätiger Psychopath (den er in diesen Jahren recht oft zu geben hatte) und brachte als internationale Verstärkung Stallone-Bruder Frank nebst TV-Sternchen Morgan Fairchild mit. Ansonsten ist "Killing Blue" vor allem als campige Ausnahmeerscheinung im identitätskriselnden deutschen Kino der Spätachtziger von Interesse. Patzak, der seinem Job von allen Beteiligten noch am ehesten professionell begegnet, inszeniert mit viel Elan gegen das stulle Drehbuch an, das sich vornehmlich von einer hanebüchnen Geschichte mit kausalitätsfernen Wendungen und seltsam unpassenden Stilisierungen der von Mueller-Stahl ordentlich gespielten, nichtsdestotrotz jedoch hoffnungslos fehlbesetzten Hauptfigur getragen findet. Aber angesichts des unterirdischen Spiels von Julia Kent (als Glass' Assistentin) muss man sich über ihre schreiberisches Untalent kaum weiter wundern. Alex Glass derweil ist der inkarnierte Stereotypus des Noir-Polizisten: Unangepasst, frech, in Dosenbier und Zigaretten badend, hobbymäßiger Jazz-Saxophonist, Weiberheld, schnell mit der Knarre bei der Hand und natürlich arschcool. Und eine solche Figur spielt - wohlgemerkt - Armin Mueller-Stahl. Kann sowas gutgehen...?

5/10

Peter Patzak film noir neo noir Berlin Lisa-Film


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FILTH (Jon S. Baird/UK 2013)


"Same rules apply."

Filth (Drecksau) ~ UK 2013
Directed By: Jon S. Baird

Detective Bruce Robertson (James McAvoy) von der Polizei in Edinburgh steht als einer von fünf Kollegen auf der Stufe zur Beförderung. Dazu gilt es jedoch, den publicityträchtigen Mord an einem jungen Japaner (Zack Eisaku Niizato) aufzuklären. Nicht nur, dass Robertson damit aus unerfindlichen Gründen nicht fertig wird, er befindet sich auch sonst auf einem strk abschüssigen Ast: Seine Familie hat ihn verlassen, er ist sexuell frustriert und neigt zu entsprechenden Absonderlichkeiten, er trinkt, nimmt Kokain und Psychopharmaka in rauen Mengen, intrigiert gegen seine Kollegen und verrät sogar seinen Kumpel Bladesey (Eddie Marsan).

Ich habe Irvine Welshs dem Film zugrunde liegenden Roman nicht gelesen und weiß daher nicht, inwieweit Bairds Adaption geglückt ist. Als potenzieller, britisch konnotierter Nachklapp zu Abel Ferraras "Bad Lieutenant", als der sich "Filth" zwangsläufig identifizieren lässt, ist er jedoch wohlgeglückt. Der zwangsläufige Vergleich ergibt zwar erwartungsgemäß, dass Bairds mit viel schwarzem Humor arbeitendes Schurkenstück zwar nicht an Ferraras monolithischem Meisterwerk kratzen kann, als Fallstudie eines Staatsbediensteten jedoch, der seine ihm auferlegten Kompetenzen missbraucht, um sein ohnehin längst zerbrochenes Ego noch weiter in die Selbstzerstörung zu treiben, ist auch "Filth" ziemlich erstklassig. Nach der noch etwas humorig gefärbten ersten halben Stunde, die Robertsons Charakter in einer "Trainspotting"-ähnlichen Stilisierung vorstellt, macht Baird nämlich keine Gefangenen mehr: Mit dem Protagonisten geht es unaufhörlich bergab; Sucht, Niedertracht, Egozentrik und psychische Störungen multipler Kuleur bis hin zur Persönlichkeitsspaltung ergreifen nicht nur von Robertson Besitz, sondern werden auch dem Zuschauer stellvertretend für ihn kredenzt. Ein recht harter Einblick in einen von Schuldkomplexen zermarterten Geist muss man sich da gefallen lassen, mitsamt bösem Abschluss. Letzte Chance: vorbei.

8/10

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MACAO (Josef von Sternberg/USA 1952)


"What a way to be cheapened."

Macao ~ USA 1952
Directed By: Josef von Sternberg

Auf der Fähre von Hong Kong nach Macao lernt der Abenteurer Nick Cochran (Robert Mitchum) die abgefeimte Nachtclub-Sängerin Julie Benson (Jane Russell) kennen. Beide wollen in der portugiesischen Kolonie ihr Glück versuchen und stoßen sowohl auf den freundlichen Vertreter Trumble (William Bendix) als auch auf den Unterweltboss Vince Halloran (Brad Dexter). Dieser wähnt sich von der Polizei verfolgt und glaubt, in Cochran den ihn suchenden Ermittler gefunden zu haben. Zudem versucht er mit allen mitteln, Julie für sich zu gewinnen.

Eine dieser herrlich überkandidelten Howard-Hughes-Produktionen, die innen drin voluminöser sind als außen. Mitchum und Russell sind super, sie scheinen förmlich wie gespuckt für ihre Rollen, und auch die Co-Stars Bendix, Dexter und die wie immer grandiose Gloria Grahame als 2nd-interest-woman veredeln dieses mit aller Macht exotisch duften wollende Stück film noir. Dabei verlief der Dreh wohl recht chaotisch: von Sternberg, der ohnehin nicht gern ohne die Dietrich arbeitete, überwarf sich mit Hughes und wurde am Ende durch Nicholas Ray ersetzt; die Grahame, zu jener Zeit Rays Noch-Gattin, war aufgrund eines Knebelvertrages gezwungen, mitzuspielen und konstatierte später, sie habe absichtlich mies und lustlos agiert (was ihre Auftritte allerdings keinesfalls verdirbt, sondern sie im Gegenteil hübsch lasziv macht - ich finde sie, so rein als Frau, sowieso viel toller als die dralle Auslegerin Russell). Die Story um ein geklautes Diamanten-Collier ist so nebensächlich wie nur was; "Macao" besteht sozusagen rein aufgrund seines todschicken Naturells.

8/10

Macao Josef von Sternberg Nicholas Ray Howard Hughes undercover film noir


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THE FIRST GREAT TRAIN ROBBERY (Michael Crichton/UK 1978)


"You look a sight."

The First Great Train Robbery (Der große Eisenbahnraub) ~ UK 1978
Directed By: Michael Crichton

London, 1855. Der gewiefte Halunke Edward Pierce (Sean Connery) plant etwas bisher nie Dagewesenes: Den Überfall auf einen fahrenden Zug. Als Beute soll die Soldkasse für die auf der Krim stationierten Soldaten, die wöchentlich von london abtransportiert wird und stets 25.000 Pfund enthält, herhalten. Zuvor gilt es jedoch, vier voneinander unabhängig aufbewahrte Schlüssel nachzubereiten, um damit den sprengsicheren Tresor öffnen zu können. Mithilfe diverser Komplizen, allen voran seiner Geliebten Miriam (Lesley-Anne Down) und dem Trickbetrüger Agar (Donald Sutherland) arbeitet sich Pierce trotz diverser Unwägbarkeiten immer weiter an das Ziel seiner Bemühungen vor...

Auf seinem eigenen Roman basierend inszenierte Michael Crichton dieses schelmisch grinsende Ganoven-Stück, das sich trotz diverser Spannungsmomente (sowie einer etwas eklektisch wirkenden Szene, in der ein Verräter grausam abgestraft wird) seine Lockerheit und seinen Witz stets bewahrt und die eher fröhlichen Seiten der Viktorianischen Ära hervorkehrt. Eine Art britisches Pendant zu George Roy Hills meisterhaftem "The Sting" ist das Resultat.
In allen erforderlichen, narrativen Nuancen berichtet Crichton von der minutiösen Vorbereitung und Durchführung des Coups, der sich sogar als handfeste Kritik an der Empire-Politik festmachen lässt: Der Aufmarsch gegen die Russen in Osteuropa wird durch den Diebstahl eines kompletten Wochensolds für die königliche Armee finanziell empfindlich geschwächt. Natürlich entspringt all dies Crichtons gewitzter Fabulierkunst; die Tatsache jedoch, dass der Film von der Pike auf ganz sein persönliches Baby ist, lässt sich anhand der runden, charmanten Erscheinung desselben stets deutlich wahrnehmen.

8/10

period piece Michael Crichton London Heist Zug Victorian Age


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THE INVISIBLE MAN RETURNS (Joe May/USA 1940)


"I'd like me to know what that invisible man looks like..."

The Invisible Man Returns (Der Unsichtbare kehrt zurück) ~ USA 1940
Directed By: Joe May

Der Mineneigner Geoffrey Radcliffe (Vincent Price) wartet in der Todeszelle auf seine Hinrichtung: Er soll seinen Bruder Michael ermordet haben, ein Verbrechen, dessen er freilich unschuldig ist. Um Geoffrey die Möglichkeit zur Flucht zu geben, verabreicht ihm sein bester Freund Frank (John Sutton), Bruder des einst wahnsinnig gewordenen Jack Griffin, dessen legendäres Unsichtbarkeitsserum. Geoffrey kann entkommen und sogar seinen Kompagnon Richard (Cedric Hardwicke) als wahren Mörder entlarven, doch es dauert nicht lang, bis sich auch bei ihm die unerwünschte Nebenwirkung des Mittels bemerkbar macht: Größenwahn und gewalttätige Tendenzen. Und Frank hat noch immer kein Gegenmittel entwickelt...

Schönes, sorgfältig und witzig gefertigtes Sequel zu Whales exzellenter Wells-Adaption "The Invisible Man", im Gegensatz zu den meisten anderen Universal-Monster-Franchises (mit Ausnahme der "Mummy"-Fortsetzungen) erst mit einiger Verspätung gestartet. Dabei steckt doch hinreichend erkennbares Potenzial in der Mär des unsichtbaren Mannes, der über den Gebrauch des Mittels dem schleichenden Irrsinn anheim fällt und seine Fähigkeiten nutzt, um Böses zu tun. Im Grunde eng verwandt mit dem "Jekyll/Hyde"-Motiv, zaubert auch die Unsichtbarkeit auf der Leinwand klassischerweise die 'Es'-Instanz des steifen Biedermannes hervor und lässt diese nach und nach die Oberhand ergreifen. In "The Invisible Man Returns", in dem sich die Griffin-Familie durch die heldenhaften Bemühungen des Doktors sozusagen rehabilitiert findet, ist der Wettlauf um die Suche nach dem Antidot zugleich auch ein Kampf um Geoffrey Radcliffes geistige Gesundheit. Immerhin wartet eine schöne Verlobte (Nan Grey) ebenso auf ihn wie der juristische Freispruch. Und der Tradition folgend wird auch Vincent Prices Antlitz erst in den letzten Sekunden sichtbar.

8/10

Joe May Curt Siodmak Universal-Monster Unsichtbarkeit Sequel Madness





Filmtagebuch von...

Funxton

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