Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

BUSTING (Peter Hyams/USA 1974)


"The Lord's gonna smoke his ass."

Busting (Die Spur der Gewalt) ~ USA 1974
Directed By: Peter Hyams

Die beiden bei der Sitte tätigen L.A.-Cops Keneely (Elliott Gould) und Farrel (Robert Blake) ertragen ihre Sisyphos-Arbeit lediglich mittels eines unverhältnismäßigen beruflichen Fantismus' und per unerschütterlicher Zynik. Das System, für das sie tätig sind, ist entweder zu korrupt oder zu inkompetent um ihnen jemals die verdienten Lorbeeren zu kredenzen, und sei es auch nur in Form eines rundum effektiven Fahndungserfolgs. Als Keenely und Farrel auf den mächtigen Rotlichtgangster Rizzo (Allen Garfield) aufmerksam werden, der sich vordergründig als Clubbesitzer und Boxpromoter verkauft, sein Geld jedoch mit Prostitution und Drogen anhäuft, versuchen sie diesen mit allen Mitteln festzusetzen.

Als eine Art "Westcoast-French-Connection" geht Hyams ziemlich großartiger Polizeifilm "Busting" durch. Keenely und Farrel sind nichts anderes als die L.A.-Pendants von Popeye Doyle und Buddy Russo, zwei zynische Individualisten, die statt einer funktionalen Ehe ihren Berufspartner zum Vertrauensmenschen Nummer I auserkoren haben, untypische Polizisten mit exponiertem Äußeren, den unbestechlichen Jagdinstinkt permanent eingeschaltet. Die meiste Zeit verbringen sie damit, irgendwelche street hookers hochzunehmen, durch schummrige Stripbars, Massagesalons und Sexshops zu vagabundieren, stets auf der Suche nach dem dicken Hecht.
Bei Hyams sieht das sonnige Kalifornien recht unschön aus - verregnet und verwaschen, und passt somit hervorragend zum Gemüt der beiden Protagonisten, die, wenn sie einem ihrer Ziele gefährlich nahe kommen, umgehend zur Perversenpatrouille in die Stadtparktoiletten "versetzt" werden. Doch Keneely und Farrel sind auch Freizeit-Polizisten, um nicht zu sagen: Full-Time-Cops. Leider muss man ihnen bei aller Sympathie bescheinigen, dass ihr Gegner, der feiste (aber durchaus sympathische) Gangster Rizzo, am längeren Hebel sitzt. Letzten Endes braucht der den sich nach Leibeskräften abmühenden Bullen bloß ein höhnisches Lachen ins Gesicht zu bellen - sie können ihm auf lange Sicht einfach nichts anhaben, da er längst ein heimliches Mühlrad der Gesellschaft ist. Dieses für das im Zeichen New Hollywoods stehende US-Kino der Siebziger typische Weltbild ist zwar ein durchaus ernüchterndes, aber nicht minder realistisches und somit herrlich entromantisiert.
Throw away the badge, become a pool cleaner.

8/10

Peter Hyams Los Angeles Kiez Drogen New Hollywood


Foto

GARDE À VUE (Claude Miller/F 1981)


Zitat entfällt.

Garde À Vue (Das Verhör) ~ F 1981
Directed By: Claude Miller

Der wohlhabende Pariser Notar Martinaud (Michel Serrault) wird am Silvesterabend einem latent bis offen aggressiven Verhör durch den Polizeiinspektor Gallien (Lino Ventura) unterzogen, der sein Gegenüber für den Schuldigen in zwei Sexualmordfällen an achtjährigen Mädchen hält. Dass mit dem aalglatten Anwalt tatsächlich etwas nicht stimmt bzw. er sich immer wieder in widersprüchliche Aussagen zu flüchten scheint, macht Gallien nur noch misstrauischer. Als schließlich Martinauds sich mysteriös gebende Frau (Romy Schneider) auftaucht und Gallien zusätzlich belastende Indizien zuspielt, ist für den müden Polizisten der Fall endgültig klar. Dabei manövrieren die Geschehnisse geradewegs in eine menschliche Katastrophe.

Gleichermaßen beklemmendes Verhördrama und Meditation über die Gefahr staatlicher Autorität, steht "Garde À Vue" in der Tradition der ähnlich gearteten Filme "The Offence" und "Die verlorene Ehre der Katharina Blum", wobei die politische Dimension des letzteren themengemäß stark abgemildert wird. Allen dreien, auf ihre jeweilige Weise meisterlich inszenierten Filmen gemein ist jedoch die auf staatsdienstlich tätige Individuen projizierte, systemräsonistische Überzeugung, stets professionell und richtig zu handeln und damit die Existenzen ihrer Opfer mit Volldampf zu zertrümmern. Dabei verfährt Miller sogar noch um einiges geschickter als Lumet bzw. Schlöndorff/Böll: Am Anfang ist man naturgemäß ganz bei Lino Ventura, schon aufgrund dessen historischen Renommees; der erfahrene "poulet" kann nur im Recht sein, wenn er diesen arroganten Fatzke im Abendanzug des doppelten Kindsmordes bezichtigt und ihn diesbezüglich zu überführen sucht. Und tatsächlich offenbart Martinaud sich irgendwann als pathologischer Pädophiler, der sich aus der Beklemmung seiner dysfunktionalen Ehe heraus einstmals in eine irrationale, ersponnene Liebesaffäre mit einem kleinen Mädchen (Elsa Lunghini) geflüchtet hat. Dass jedoch Paraphilie nicht zwangsläufig gleichbedeutend sein muss mit akuter Gewalttätigkeit, wird zu "Ermittlungszwecken" kurzzeitig verdrängt. Das Ende, an dem eine völlig diametrale Wahrheit und eine unerwartete Tragödie stehen, lässt ahnen, dass Gallien seinen Hut nehmen wird. Welche Alternative bleibt ihm auch?

9/10

Silvester Verhör Serienmord Paris Nacht Claude Miller


Foto

LA BANDA DEL TRUCIDO (Stelvio Massi/I 1977)


Zitat entfällt.

La Banda Del Trucido (Die Gangster-Akademie) ~ I 1977
Directed By: Stelvio Massi

Verzweifelt versucht der wenig zimperliche Commissario Ghini (Luc Merenda), den schießwütigen und überaus brutalen Gangster Belli (Elio Zamuto) festzunageln. Mithilfe des Erzganoven Sergio "Monnezza" Marazzi (in der deutschen Fassung "Tresi", Tomas Milian), der hinter der Fassade der kleinbürgerlichen Trattoria "Zum Furzgeräusch" seine höchstpersönliche "Gangster-Akademie" aufzieht und sich mit seiner rundlichen Freundin (Nicoletta Piersanti), zugleich Mutter seines Söhnchens, herumärgert, kann Ghini Belli und seine Kumpanen schließlich festnageln.

Der dritte "Monnezza"-Film, diesmal nicht von Lenzi, sondern von Stelvio Massi inszeniert, kann mit den Vorzügen der zweieinhalb Vorgänger nicht ganz konkurrieren. Die Geschichten von Ghini und Monezza werden praktisch "gegeneinander" erzählt und wirken stark episodisch angelegt, eine wirklich flüssig ablaufende Fusion gibt es nicht, so dass "La Banda" einen recht inkonsisten, zerfallenen Eindruck hinterlässt. Bis auf die letzten Minuten, in denen er sich des Mentekels der Kleinganoven-Rache bedient, gleicht Monnezza mehr und mehr seinem Polizisten-Pendant Nico Giraldi. Die meiste Zeit macht er lustige bis dämliche Sprüche und jammert seinem geliebten kleinen Filius, jener freilich noch im Säuglingsalter, von den wesentlichen Nöten des nichtsnutzigen, ehelosen Ganovenvaters vor. Luc Merenda als Ghini gibt derweil den wie üblich betont unkorrupten, eisenharten Bullen, der unnachgiebig seinen Weg verfolgt. Dass die Wege dieser beiden höchst unterschiedlichen Charaktere sich im Laufe der Geschichte zweimal kreuzen, ist obligat, in welchem Rahmen sich dieser inhaltliche "Kniff" jedoch vollzieht, bleibt gewissermaßen streitbar.
Unerwartet gelungen die Synchronisation. Milian wird diesmal von der ungewohnten, rauen Stimme Kurt Goldsteins, im Vergleich zu seinen üblichen Sprechern Randolf Kronberg und Thomas Danneberg mit einem höchst differenten Timbre ausgestattet, übersetzt, die im Kontext des Films jedoch erstaunlich gut funktioniert und dabei unwidersprochene Lebensweisheiten wie die folgene absondern darf: "Es gibt immer zwei Dinge, die nach Fisch riechen. Eins davon ist Fisch."
Tutto sommato vielleicht kein ausgesprochener Höhepunkt des Poliziottesco, aber immer noch ein durchaus brauchbarer Eintrag.

6/10

Rom Stelvio Massi Monnezza Poliziottesco


Foto

IL TRUCIDO E LO SBIRRO (Umberto Lenzi/I 1976)


Zitat entfällt.

Il Trucido E Lo Sbirro (Das Schlitzohr und der Bulle) ~ I 1976
Directed By: Umberto Lenzi

Um ein entführtes, nierenkrankes Mädchen (Susanna Melandri) zu finden, holt sich der kurz vor seiner Versetzung stehende Commissario Sarti (Claudio Cassinelli) den Ganoven Sergio Marazzi, genannt "Monnezza" (in der deutschen Fassung "Makkaroni", Tomas Milian) aus dem Knast. Zusammen mit dem cleveren, wenn auch zunächst widerwilligen Monezza kann Sarti noch ein weiteres Gaunertrio (Biagio Pelligra, Claudio Undari, Giuseppe Castellano) aufreißen, das den beiden bei der Suche behilflich ist. Sarti weiß bereits, dass der gefürchtete Gangster Brescianelli (Henry Silva) hinter der Kidnapping-Affäre steckt, doch dieser hat soeben eines Gesichts-OP hinter sich, die ihn unkenntlich gemacht hat.

Recht harter Poliziottesco, dessen deutscher Titel nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass es zuweilen ordentlich zur Sache geht. "Il Trucido E Lo Sbirro" steht am Anfang einer laut der imdb fünfteiligen Serie um den exaltierten römischen Gangster Monnezza (eine von Milians absoluten Paraderollen), dem Lenzi später noch einen halbverrückten Zwillingsbruder andichtete und somit eine Art Crossover zweier von ihm ersonnener Figuren schuf (in "La Banda Del Gobbo"). Die beiden letzteren Filme aus der imdb-Liste scheinen mir allerdings nur peripher die Monnezza-Saga weiterzustricken, doch das nur nebenbei. Ich ließe mich da auch eines Tages sehr gern eines Besseren belehren.
"Il Trucido" jedenfalls ist ein maßgerechter, typisch italienischer Polizeithriller, der mit einigen der obligatorischen Kieferverrenkungen Milians hier und da auch etwas Humor aufbietet, im Großen und Ganzen jedoch der nicht eben unblutigen Tradition seiner Gattung frönt. Von Lenzi auf der Höhe seines Könnens wie üblich versiert und spannungs- und ideenreich inszeniert und mit einem höchst atmosphärischen Score (Bruno Canfora) veredelt ein Film, der rundum hält, was er verspricht und für jeden Freund dieser Kategorie eine Pflichtveranstaltung darstellt.

8/10

Monnezza Umberto Lenzi Rom Poliziottesco Buddy Movie Kidnapping


Foto

NACHTS, WENN DER TEUFEL KAM (Robert Siodmak/BRD 1957)


"Ihr könnt ma' jar nix. Ick bin doch een'n'fuffzich!"

Nachts, wenn der Teufel kam ~ BRD 1957
Directed By: Robert Siodmak


Berlin, 1944: Der imbezile Gelegenheitsarbeiter Bruno Lüdke (Mario Adorf) tingelt durchs ganze Reich und bringt unerkannt Frauen um - über 80 Morde werden ihm später nachgewiesen. Kriminalkommissar Axel Kersten (Claus Holm), ein ausgesprochener Gegner der "Partei", kommt Lüdke auf die Spur und kann ihm diverse Geständnisse entlocken. Nachdem die SS Kerstens Fahndungserfolg zunächst euphorisch feiert und Lüdke politisch als Exempel für Sterilisations- und Euthanasiepraktiken zu statuieren gedenkt, wendet sich plötzlich das Blatt: Ein Individuum wie Lüdke dürfte im NS-Staat gar nicht existieren, versichert man Kersten, der prompt zur Ostfront entsendet wird, derweil Lüdke zur "Geheimsache" erklärt und klammheimlich liquidiert wird.

Back in Germany erlebte Siodmak nochmal eine höchst fruchtbare künstlerische Phase, bevor er sein Talent an mehr oder minder halbseidene Auftragsarbeiten, darunter die "Sternau"-Filme nach Karl May, vergeudete. "Nachts, wenn der Teufel kam" wurde recht euphorisch abgefeiert, dabei ist seine Historizität höchst umstritten: Ob Bruno Lüdke, einer der ersten namentlich im Film auftauchenden, authentischen Charaktere der Kriminalhistorie, tatsächlich all die ihm vorgeworfenen Taten begangen hat, gilt mittlerweile als sehr spekulativ, ebenso wie der ihm zugrunde liegende Tatsachenbericht aus einer Polizeizeitschrift. Siodmak erklärte, es ginge ihm auch wesentlich prägnanter um die Darstellung der Justizhandhabung zur Zeit des Dritten Reichs und dass der Film eine Parabel auf die ungeheuren populistischen Praktiken sei, mit denen ihrerzeit verhandelt wurde. Nun, am Untadeligsten an dieser rein filmisch betrachtet natürlich bemerkenswerten Arbeit, ist fraglos Siodmaks Inszenierung, wobei besonders eine bravourös montierte, transzendente Szene, in der Lüdke aus der Erinnerung einen Tathergang rekonstruiert und dabei flink wie ein Rehlein durch Wald und Flur flitzt und hüpft, im Gedächtnis bleiben wird. Von bestechender Kunst auch Mario Adorfs Darstellung, die nicht nur ihrem Akteur einen der hervorstechendsten filmographischen Einträge beschert hat, sondern auch maßstabssetzend ist für etliche weitere deutsche Serienmörder im Film.

8/10

Berlin WWII Nationalsozialismus Serienmord Robert Siodmak


Foto

CRY OF THE CITY (Robert Siodmak/USA 1948)


"You're losing anyway, Martino."

Cry Of The City (Schrei der Großstadt) ~ USA 1948
Directed By: Robert Siodmak


Der Gangster Martin Rome (Richard Conte) wird bei einem Duell mit einem Polizisten schwer angeschossen und gefasst. Im Krankenhaus offeriert ihm der windige Anwalt Niles (Berry Kroeger) das Angebot, Rome solle sich doch zu einem erst kürzlich verübten Juwelenraub bekennen, ein Anteil an der Beute wäre ihm sicher. Der Ganove verneint und als Niles ihm droht, sich an Romes Freundin Teena (Debra Paget) heranzumachen, bricht dieser aus und bemächtigt sich der gestohlenen Juwelen. Der ehrgeizige Lieutenant Candella (Victor Mature) klebt ihm jedoch wie Spucke an den Haxen.

Wunderbarer New-York-Film, on location gedreht und gerade deshalb so großartig. Die Cop-Vs.-Robber-Story ist so interessant nicht, als dass sie allein einen exzellenten Film tragen könnte; was Siodmak jedoch aus seinen Einstellungen herausholt, wie er die italienische Ethnie und die in ihr verwuzelten Widersacher zeichnet und eben die nächtliche Urbanität mit all ihren lichtscheuen Gestalten porträtiert, das macht "Cry Of The City" zu einer Sternstunde. Auch fragt man sich hier mal wieder aufs Neue, warum der tolle Victor Mature sich so oft für Sandalenfilme hat verbraten lassen. In kleinen, finsteren Thrillern wie diesem war er doch eine wirkliche Nummer. Ganz toll!

9/10

Robert Siodmak New York Film Noir Duell


Foto

M (Fritz Lang/D 1931)


"Muss! Will nicht! MUSS! WILL NICHT!"

M ~ D 1931
Directed By: Fritz Lang


In Berlin geht ein pathologischer Kindermörder um, der nach außen hin unscheinbare Hans Beckert (Peter Lorre). Dieser versetzt nicht nur die Bevölkerung und die Polizei, allen voran Kriminalinspector Lohmann (Otto Wernicke), in Aufruhr, sondern auch das unter permanenten Großrazzien leidende, organisierte Verbrechen. Schließlich kommen die Unterweltler auf die zündende Idee, den noch anonymen Mörder mithilfe der städtischen Bettler zu finden, dingfest zu machen und ihn vor ihr hauseigenes Femegericht zu stellen.

Langs Meisterwerk in der restaurierten Fassung zu sehen, befreit vom Schmutz und Staub der Jahrzehnte und mattglänzend wie nie, ist, man kann es sich denken, ein wahrer Hochgenuss. Auch wenn "M" für mich kulturhistorisch betrachtet primär ein mit Döblins "Berlin Alexanderplatz" ranggleiches Porträt über die Hauptstadt der entstehenden und langsam kippenden Weimarer Republik (beides liest sich ganz gut als symbolbehaftete Fallstudie) darstellt - das eigentliche große Thema, das Lang zeit seiner Karriere bewegte - der gesellschaftlich Ausgestoßene im Angesichte der Lynchjustiz - wird hier bereits bis zur Vollendung ausgespielt, da es sich noch bewusst untendenziös gibt und die volle Entscheidungsgewalt seinem Publikum überlässt: Wie kann man einem Mann wie Hans Beckert in adäquater Weise begegnen? Die reale Antwort auf ebendiese Frage ergab sich wenige Wochen nach der Filmpremiere, als Peter Kürten, der "Vampir von Düsseldorf", zu dessen Fall "M" einige bewusste Analogien aufzeigte, seinem Scharfrichter begegnete und enthauptet wurde. Hier stand die soziale Bestialität der psychopathologischen für einen luftleeren Moment in nichts nach und Langs Film mit seinem bis heute unerreichten, ungeheuer intensiv aufspielenden Peter Lorre bekam seine vollendete historische Daseinsberechtigung. Was bleibt, ist Perfektion: gestern, heute, immerdar.

10/10

Serienmord Weimarer Republik Berlin Fritz Lang Unterwelt


Foto

DER SKORPION (Dominik Graf/D 1997)


"Auf was bist du?"

Der Skorpion ~ D 1997
Directed By: Dominik Graf


Der Münchner Polizist Josef "Jupp" Berthold (Heiner Lauterbach) ist einem Ecstasy-Ring auf der Spur, der mit besonders brutalen Mitteln arbeitet. Als die Verbrecher Bertholds Frau (Renate Krößner) unter LSD setzen und diese darauf bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt wird, geht er umso vehementer gegen die Bande vor. Bertholds Sohn Robin (Marek Harloff) bendelt derweil ausgerechnet mit einer jungen Frau (Birge Schade) aus der "Szene" an.

Diese TV-Arbeit von Graf erweist sich zuweilen als nicht wenig sperrig. Der ganze Film ist, analog zu seinem Thema, gefilmt wie ein Trip, per stark nachbearbeitetem 35mm-Material. Extreme Überbeleuchtung, künstlich eingefügte Defekte und Schmutzpartikel sowie ein mitunter anstrengender Schnitt verdeutlichen primär die Amphetamin-Episoden von Bertholds Sohn Robin, der mit der Bekanntschaft der diesbezüglich höchst erfahrenen Daria in einen permanenten Ecstasy-Rausch abdriftet. Das Resultat erweist sich als interessant genug um als solide Graf-Arbeit zu bestehen, ermangelt jedoch meiner Wahrnehmung zufolge ein wenig der notwendigen emotionalen Involvierung. Möglich auch, dass eine wiederholte Betrachtung noch Zwiebelschichten erschließt, die mir bislang verborgen geblieben sind - wie gesagt macht der stark auf seine Oberfläche fixierte Film es einem nicht ganz leicht.

7/10

Ecstasy LSD Drogen TV-Film München Familie Dominik Graf


Foto

THE CORRUPTOR (James Foley/USA 1999)


"You don't change Chinatown, it changes you."

The Corruptor ~ USA 1999
Directed By: James Foley


Der für das NYPD tätige Nick Chen (Chow Yun-Fat) bekommt mit dem jüngeren Danny Wallace (Mark Wahlberg) einen zunächst grün anmutenden Kollegen zugeteilt, der sich jedoch in der chinesischen Kultur recht gut auskennt und so bald auch in Chens Einsatzgebiet Chinatown einen Fuß hereinbekommt. Wie Chen erweist sich bald auch Wallace als recht offen für die großzügigen Angebote des Glücksspiel- und Prostitutionsmoguls Henry Lee (Ric Young), der soeben dabei ist, der wichtigste Boss des Viertels zu werden. Somit stehen beide Cops zwischen ihrer Pflichterfüllung und den Annehmlichkeiten der Korruption. Allerdings weiß Wallace mehr über Chen als umgekehrt...

Ein wenig geschwätzig hier und etwas großkotzig dort kommt Foleys immerhin rasant inszenierter Actionfilm daher. Zudem stützt er sich auf sehenswertere Vorbilder: "New Jack City", "Year Of The Dragon" und natürlich die Polizeifilme von Sidney Lumet grinsen aus allen vier Bildecken aufs Publikum hinab. Zweifellos war der Produktion ferner sehr daran gelegen, neben dem Hongkong-Kino der vorhergehenden Jahre nicht allzu alt auszusehen und so lässt sie seine Hauptikone Chow Yun-Fat, dessen obercooles Gehabe in einem amerikanischen Film nicht immer ganz passend wirkt, analog neben einem zumeist hilflos dreinblickenden Mark Wahlberg durchs Bild hampeln. Die Chemie zwischen den beiden Akteuren soll immerhin den Film tragen, man muss sich aber schon eine Menge davon selbst suggerieren, um die ganze Kiste überhaupt ein bisschen glaubhaft erscheinen zu lassen. Das Brauchbarste an "The Corruptor" sind seine farbintensiven, leuchtenden und überschärften Bilder, die Innenasichten Manhattans und die tiefen Einblicke in neonlichtgeschwängerte Straßenschluchten. Diese formalen Vorzüglichkeiten kann das Script leider nicht gänzlich stützen.

6/10

Korruption Freundschaft Triaden New York James Foley


Foto

TATORT - DER TAUSCH (Ilse Hofmann/BRD 1986)


"Wenn hier einer 'Scheiße' sagt, dann bin ich das."

Tatort - Der Tausch ~ BRD 1986
Directed By: Ilse Hofmann


Eine Gruppe iranischer Terroristen versucht verzweifelt, den einsitzenden, auf Mikrochip-Technologie spezialisierten Physiker Dr. Bohm (Gerhard Garbers) freizupressen. Als eine erste Befreiungsaktion misslingt, kidnappen sie den neunjährigen Sohn (Rainer Matschurat) von Schimanskis (Götz George) Freundin Veronique (Yolande Gilot). Der Kommissar überredet die Geiselnehmer zu einem Tausch: Er selbst gegen den Jungen. Doch beide Seiten spielen mit gezinkten Karten...

"Der Tausch" markiert in der Chronolgie der Schimanski-Filme einen recht bedeutenden Abschnitt, immerhin handelte es sich um den ersten regulären TV-Beitrag nach dem Kinostück "Zahn um Zahn". Dieses setzte in punkto Aktion, Tempo und Spannung natürlich ganz neue Maßstäbe, die sich nunmehr auch als Reglement für das Fernsehformat erwiesen. In "Der Tausch" geht es demzufolge großspurig zur Sache; internationaler Terrorismus, Explosionen, Schimanski beim Sex und bei einem persönlich motivierten Kommando-Unternehmen, bewaffnet außerdem mit einer Uzi. Globale Actionstandards warfen urplötzlich ihre Schatten auf den vormals gutbürgerlichen "Tatort". Entsprechend unterhaltsam aber das Produkt. Ferner bildet "Der Tausch" den Beginn der unheiligen Kollaboration zwischen Schimanski und dem "Komponisten" Dieter Bohlen mitsamt dessen synthetischen Schlagerpop-Ergüssen, hier: "Midnight Lady", geträllert von Ex-Smokie-Sänger Chris Norman. Menschen meiner Generation werden sich noch mit sanftem Grausen erinnern. Umso fürchterlicher, dass ausgerechnet jenes Stück gleich zweimal zur Gänze durchläuft (einmal davon immerhin bloß als Abspann-Untermalung).

8/10

Tatort TV-Film Schimanski Ilse Hofmann Ruhrpott Terrorismus





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare