Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

MARK IL POLIZIOTTO SPARA PER PRIMO (Stelvio Massi/I 1975)


Zitat entfällt.

Mark Il Poliziotto Spara Per Primo (Das Ultimatum läuft ab) ~ I 1975
Directed By: Stelvio Massi

Commissario Mark Terzi (Franco Gasparri) wird von Mailand nach Genua versetzt, wo er sogleich alle Hände voll zu tun bekommt. Sein alter Bekannter, der raffgierige Großindustrielle Benzi (Lee J. Cobb), wurde gekidnappt, der Hitman Morini (Spiros Focás) ist auf der Flucht, der Gangster Ghini (Nino Benvenuti) dreht krumme Dinger und ein Verrückter namens Sphinx terrorisiert die Stadt. Viele Baustellen, eine Kelle: Terzi räumt auf.

Leider ist bislang nur dieser mittlere Teil von Stelvio Massis "Mark"-Trilogie als überaus ansehnliche deutsche DVD herausgekommen, seinen Vorgänger und den Nachfolger ist man uns noch schuldig. Speziell betreffs des ersten Teils, von dem es bislang überhaupt noch keine deutschsprachige Auswertung gibt, ist dies schade, da hier offenbar die Rivalitätsbeziehung zwischen Terzi und dem moralisch korrumpierten Benzi beleuchtet wird, deren Bedeutung für das Verständnis von "Spara Per Primo" durchaus nicht unwichtig scheint. Ansonsten ist das Handlungsgerüst durch die zahlreichen Querverflechtungen ziemlich unübersichtlich - macht aber nichts, da man trotzdem bestens bei Laune gehalten wird von einigen knackig gefilmten Verfolgungsjagden durch die pittoresken genuesischen Straßen und Gässchen sowie einem überaus sympathischen Franco Gasparri mitsamt seinem treuen Bernhardiner Whiskey. Bei einsamen Polizisten mit Hund fühle ich mich sowieso gleich wie zu Haus.

7/10

Stelvio Massi Poliziottesco Genua


Foto

8 MILLION WAYS TO DIE (Hal Ashby/USA 1986)


"There are 8 million stories in the naked city."

8 Millon Ways To Die ~ USA 1986
Directed By: Hal Ashby


Nach einem fehlerhaften Einsatz verfällt L.A.-Cop Matt Scudder (Jeff Bridges) dem Alkoholismus. Er verliert seine Frau (Lisa Sloan) und wird vom Dienst suspendiert. Nachdem er wieder eine längere Zeit trocken ist, engagiert ihn die aussteigewillige Gure Sunny (Alexandra Paul) als Beschützer. Als sie ums Leben kommt, fällt Scudder erneut in eine tiefe Sinnkrise. Mit der Hilfe von Sunnys Kollegin Sarah (Rosanna Arquette) findet er schließlich heraus, dass der ölige Koksdealer Angel (Andy Garcia) für Sunnys Ermordung verantwortlich sein muss.

Nachdem der Traum von New Hollywood endgültig ausgeträumt war, blieb Hal Ashby als eine seiner tragischen Reliquien zurück. Der Regisseur, der in den Siebzigern mit einigen der vorrangigen Klassiker jener Jahre glänzen konnte, war in den Achtzigern der Drogen- und Trunksucht verfallen und zur persona non grata für die Studios geworden. Insbesondere seine zuletzt akute Unfähigkeit, die post production seiner Filme termingerecht zu besorgen, galt als berüchtigt. "8 Million Ways To Die", geschrieben von Oliver Stone, bedeutete trotz seiner unleugbaren Qualität und seines heutigen Status als einer der vorrangigen Polizeifilme der Dekade kein Gesundstoßen für Ashby. Noch am letzten Drehtag wurde er gefeuert. Nur zwei Jahre später starb er an Leber- und Darmkrebs.
Ich selbst habe "8 Million Ways To Die" stets sehr geschätzt. Ähnlich wie Friedkins etwa zeitgleich entstandener, monolithischer "To Live And Die In L.A.", zu dem es auch sonst manche Parallelen und Analogien gibt, fungiert der Film vor allem auch als Porträt von Los Angeles, zeigt die flache Wüstenstadt als eine Art gleißenden Höllenvorhof und führt einen klassischen Anti-Helden vor. Für Matt Scudder gibt es nurmehr diese letzte Chance, zwei verpfuschte Jobs und sein verpatztes Leben zu sühnen. Kaputte Cops gab es viele in den Achtzigern, aber Matt Scudder dürfte sie alle in den Schatten stellen. Folglich liefert jener Part auch den Anlass für eine von Jeff Bridges' bravourösesten Leistungen.

8/10

Alkohol Los Angeles Prostitution Hal Ashby Oliver Stone Kokain


Foto

THE TOWN (Ben Affleck/USA 2010)


"If we get jammed up, we're holding court on the street."

The Town ~ USA 2010
Directed By: Ben Affleck


Doug (Ben Affleck), sein bester Kumpel James (Jeremy Renner) und ein paar weitere Kumpels stammen aus dem Bostoner Stadtteil Charlestown, in dem es für den authentischen irischstämmigen Einwohner quasi obligatorisch ist, früher oder später eine Bank oder einen Geldtransporter zu überfallen. Tatsächlich handelt es sich dabei um ein Handwerk, das über Generationen weitervererbt wird. Für Doug und James läuft alles so weit okay, bis Doug sich eines Tages in die Bankangestellte Claire (Rebecca Hall) verliebt. Als er ihr per Zufall wiederbegegnet, kann er fortan die Finer nicht mehr von ihr lassen und die Probleme werden übermächtig.

"It was beauty killed the beast." Dieses berühmte "King Kong"-Zitat gehört in etwas großzügigerer Auslegung wesentlich auch zum Genre des heist movies, das von Huston über Dassin und Kubrick bis hin zu Mann seinen Antihelden nur äußerst selten ein friedliches Ende zugesteht. Zumeist bildet tatsächlich die schuldvolle (häufig frisch knospende) Liebe des ansonsten kühlen Profis zu einer zarten (oder wahlweise berechnenden) Dame seinen großen Schwachpunkt und damit die einzige veritable Angriffsfläche für die Gegenseite. Affleck erzählt somit keine neue, sondern eine sehr traditionsverhaftete Geschichte, dies jedoch mit der umfassenden Kenntnis des Cineasten, der Strukturen, Topoi und Motive bestens internalisiert hat und sie nun dergestalt wiederholt, dass sie ihres repetitiven Charakters zum Trotze immer noch interessant und emotional packend bleiben. Darüberhinaus gibt die klassische formale Gestalt des Films Anlass zu Ovationen: Affleck beweist nämlich, dass es keinesfalls DV, Farbfiltern, eines Stakkatoschnitts, Shutter-Effekten oder sonstigen postmodernen Klimbims bedarf, um auch anno 10 noch einen überaus spannenden Krimi herunterzureißen.

8/10

Ben Affleck Boston Heist Freundschaft


Foto

BEST SELLER (John Flynn/USA 1987)


"Anybody can kill anybody, even the President."

Best Seller ~ USA 1987
Directed By: John Flynn


Der Profikiller Cleve (James Woods) wünscht den sowohl als Polizist als auch als Buchautor tätigen Dennis Meechum (Brian Dennehy) als Schreiber seiner Biographie. Nachdem er sich auf subtile Weise an Meechum herangemacht hat, gibt sich Cleve zu erkennen. Meechum glaubt seinem Gegenbüber zunächst nicht, diverse in der Folge erbrachte Indizien für frühere Jobs überzeugen den bärbeißigen Cop jedoch bald vomn Gegenteil. Problematisch wird es, als Cleves früherer Auftraggeber Madlock (Paul Shenar), nunmehr Großindustrieller, von dem geplanten Buch erfährt. Denn über ihn würden darin einige unbequeme Wahrheiten auftauchen...

Im Gegensatz zum zehn Jahre früher entstandenen "Rolling Thunder" hinterlässt "Best Seller" einen etwas luftleeren Eindruck. Er wirkt wie einer jener typischen, eingemeindeten 80er-Jahre-Thriller, die allesamt zwar sehr unterhaltsam sind, im Endeffekt jedoch an einer verbal nur schwierig zu umreißenden, dramaturgischen Uniformität kranken. Abgesehen von einer langweiligen formalen Glätte sind die Geschichte und ihre Entwicklung häufig vorhersehbar und bleiben stets in einem klar definierten, konventionellen Rahmen. Dabei ist die von Woods sehr trefflich gespielte Figur des eitlen, zwischen geckenhaft und psychotisch pendelnden Berufsmörders eine durchaus interessante; spätestens als klar wird, dass ihre moralische Entwicklung jedoch gleichbleibend verwerflich ist, muss als Parallelerkenntnis auch ihr finaler (Helden-)Tod beschlossene Sache sein. Und dies ist nur eines von vielen Beispielen für die eng gefasste Konventionalität dieses Films. Wahrscheinlich bedarf es doch eines Autors wie Paul Schrader, um einen Regisseur wie Flynn zu Hochleistungen zu treiben. Die Vorgehensweise des für "Best Seller" tätigen Larry Cohen jedenfalls ist allzu schematisch.

5/10

Larry Cohen Los Angeles John Flynn Literatur Profikiller


Foto

IM ANGESICHT DES VERBRECHENS (Domink Graf/D 2010)


"Jeder bekommt, was ihm zusteht."

Im Angesicht des Verbrechens ~ D 2010
Directed By: Dominik Graf

Ein vermeintlicher Routineeinsatz führt die beiden Berliner SEK-Beamten Marek Gorsky (Max Riemelt) und Sven Lottner (Roland Zehrfeld) in einen Sumpf aus Verbrechen, Korruption und tief verwurzelten Traumata. Besonders für Marek, deutsch-russischer Jude, wird der folgende Großeinsatz gegen die Ostblockmafia und einen von ihr groß angelegten Zigareteenschmuggel zu einer Reise in die eigene Identität und Vergangenheit.

Domink Grafs vom WDR coproduzierte, zehnteilige Miniserie weist, von ein paar TV-typischen Unerlässlichkeiten abgesehen, genau jene Qualität auf, die die großen "Cops-vs.-Gangsters"-Movies des Kinos von Walsh über Melville und Friedkin bis hin zu Mann seit jeher auszeichnen. Mittels epischer formaler und inhaltlicher Anlagen entwerfen Graf und sein Autor Rolf Basedow, die zusammen bereits die Fernsehfilme "Hotte im Paradies" und "Eine Stadt wird erpresst" entwickelt haben, ein großes Charakter-Kaleidoskop, in dessen Zuge neben den Prota- und Antagonisten noch zahlreiche Nebencharaktere Platz finden. Neben der Weiterentwicklung des narrativen Hauptstrangs, der sich mit Mareks und Svens Polizeiarbeit befasst, widmet sich jede Episode noch einer schicksalhaften Fügung in der Vita einer der weiteren Figuren, seien es Mareks Schwester Stella (Marie Bäumer) und ihr höchstselbst im Milieu verankerter Ehemann Mischa (Misel Maticevic), der russische Killer Sokolov (Georgii Povolotskyi), Mischas Konkurrent Joska (Marko Mandic), der moralisch zutiefst verkommene Unternehmer Lenz (Bernd Stegemann) oder der korrupte Kollege Hollmann (Uwe Preuss). Die Geschichte jedes einzelnen dieser Charaktere findet sich sorgfältig und detailliert ausgearbeitet in einer erzählerischen Breite, die Kino eben in der Regel nicht zu leisten vermag. Wer mich kennt, weiß, dass ich von Fernsehserien in der Regel Abstand halte - im Falle einer einem einzelnen auteur vorbehaltenen, von Anbeginn so kompakt angelegten, wohlstrukturierten und vor allem in einem luziden erzählzeitlichen Rahmen situierten Reihe bin ich jedoch gern bereit, Ausnahmen zuzulassen. Mit gar wohltuendem Effekt, wie sich erwies.

9/10

TV-Serie Russenmafia Kiez Kokain Berlin Dominik Graf Prostitution Menschenhandel


Foto

UN DELITTO POCO COMUNE (Ruggero Deodato/ I 1988)


Zitat entfällt.

Un Delitto Poco Comune (Off Balance - Der Tod wartet in Venedig) ~ I 1988
Directed By: Ruggero Deodato


Der erst im Erwachsenenalter an der seltenen Krankheit Progerie erkrankte Pianist Robert Dominici (Michael York) dreht infolge der Diagnose plötzlich durch und wird zum serienkillenden Frauenmörder. Nebenbei neckt er den verzweifelten Inspettore Datti (Donald Pleasence) mit dessen vermeintlicher Unfähigkeit. Als Dominicis Geliebte Hélène (Edwige Fenech) ein Kind von ihm erwartet, will er seinen letzten Schlag landen: Ein Monster wie ihn darf es kein zweites Mal geben.

Bei Ferrara und De Palma klauender Spätgiallo, der gern die Qualitäten eines Argento aufwiese, leider jedoch mit einem allzu verkrampften Script und einem schlecht aufgelegten Deodato zu kämpfen hat. Wirklich gelungen ist eigentlich nur Michael Yorks Maske, die mit einer schön ekligen, gelben Zahnprothese ein wenig an seine Tierverwandlung in "The Island Of Dr. Moreau" erinnert, sowie Pino Donaggios untadelige Musik. Ansonsten steckt aber nicht sehr viel drin in diesem "Ungewöhnlichen Verbrechen". York gibt sich spürbar Mühe, sein schlicht gezeichnetes psychologisches Profil auszubauen, wird aber durch einen sehr müde wirkenden Pleasence geradezu ausgebremst und die Fenech hat einfach zu wenige Szenen, als dass man am Ende wirklich um sie fürchten würde.
Kann man ansehen, kann man auch lassen.

5/10

Madness Giallo Venedig Ruggero Deodato Serienmord


Foto

TATORT - GEBROCHENE BLÜTEN (Hajo Gies/BRD 1988)


"Der Verdächtige ist verstorben." - "Wie?! 'Verstorben' wie 'tot'?"

Tatort - Gebrochene Blüten ~ BRD 1988
Directed By: Hajo Gies


Schimanski (Götz George) und Thanner untersuchen einen vermeintlichen Amokläufer-Mord an dem Tanzschulenbesitzer Prinz. Bei dem Täter handelte es sich offenbar um einen Ostasiaten. Als dieser dann auch noch ermordet aufgefunden wird, wird den Ermittlern schnell klar, dass hinter Prinz' Tod wesentlich mehr steckt als ein unfälliger Totschlag. Schimanski wird das Gefühl nicht los, dass die Witwe (Renate Krößner) von Prinz wesentlich mehr weiß als sie sagt...

Einer der besten "Tatort"-Filme mit Schimanski und Thanner, trotz seines unsäglichen, von Dieter Bohlen komponierten und von Chris Norman geträllerten Titelsongs ("Broken Heroes") immer wieder gern gesehen, wegen seines witzigen Untertons, wunderbarer Szenen wie einer Großrazzia im Rotlicht-Milieu mit anschließenden, völlig chaotischen Verhören an Prostituierten aller Kuleur, einem zeitweilig hoffnungslos überforderten Thanner (hier erkennt man ganz prägnant, warum dies Feiks Lebensrolle war), der nicht schlecht staunt, als ein flotter Hüpfer sich mit bürgerlichem Namen als "Theo" vorstellt, einem verdatterten Schimmi samt Filmriss nach durchzechter und durchvögelter Nacht und einem ganz großen Brüller: Während einer Beschattungsaktion quatscht Schimanski Thanner über Umwege dessen Fritten ab. Selten wurde die herzige Hassliebe zwischen den beiden knuffigen Kommissaren so pointiert dargestellt. Herrlich.

8/10

Ruhrpott Hajo Gies Schimanski TV-Film Tatort


Foto

RED HILL (Patrick Hughes/AU 2010)


"Did I miss something?"

Red Hill ~ AU 2010
Directed By: Patrick Hughes


Der junge Polizist Shane Cooper (Ryan Kwanten) will die bevorstehende Geburt seines Babys nicht gefährden und nimmt daher, auch seiner hochschwangeren Frau (Claire van der Boom) zuliebe, einen vermeintlich ruhigen Provinzposten im kleinen Städtchen Red Hill an. Doch gleich sein erster Tag gestaltet sich zum Spießrutenlauf: Der einst wegen Mordes an seiner Frau verurteilte Aborigine Jimmy Conway (Tommy Lewis) hat in Red Hill offenbar noch diverse Rechnungen offen und bewegt sich genau dort hin - was die Stadtmächtigen zu ungewöhnlicher Sorge treibt...

Der australische (Quasi-)Western hat bereits eine längere Tradition, die unter anderem Moras "Mad Dog Morgan", Millers "The Man From Snowy River", Wincers "Quigley Down Under" und natürlich Hillcoats "The Proposition" in sich vereint. "Red Hill" gestaltet sich, obgleich zeitlich in der Gegenwart angesiedelt, nun auch ganz als eigentlich vollkommen luzider Genrefilm. Setting, Figuren, Atmosphäre und Geschichte entsprechen den typischen Merkmalen des US-Western und als unzweideutige Hommage an denselben wird er auch gemeint sein. Sogar die Landschaft sieht mehr nach New Mexico aus als es manch eingefleischtem Australier lieb sein mag. Ansonsten sehe ich "Red Hill" ganz als typischen Auftaktfilm eines Jungfilmers und Feature-Debütanten, der seine Hausaufgaben hübsch regelmäßig gemacht hat: ein überaus solides (der Terminus 'routiniert' wäre in so einem Fall jawohl unpassend), brauchbares und unterhaltsames Werk, mit Gespür für Atmosphäre, wenn auch etwas unsubtiler Kleckersymbolik inszeniert. Einer gewissen, dem angepassten Schablonenhaftigkeit kann "Red Hill" sich nicht entledigen, weshalb man, gerade, wenn man mit den Vorbildern hinreichend vertraut ist, seine Erwartungen an ihn in moderatem Maße halten sollte. Dann wird man sicher auch nicht enttäuscht.

7/10

Australien Patrick Hughes


Foto

THE CHASE (Arthur Penn/USA 1966)


"Did you hear...? Bubber Reeves escaped!"

The Chase (Ein Mann wird gejagt) ~ USA 1966
Directed By: Arthur Penn


Eine kleine Stadt irgendwo im Süden. Der Filz der Jahrhunderte lässt sich, diverser Strampeleien der Einwohner zum Trotze, nicht abschütteln. Der reiche Bankier Val Rogers (E.G. Marshall) ist der ungekrönte König der Gegend und hat, auch wenn dieser es nie zugeben würde, selbst den ansonsten vorbildlichen Sheriff Calder (Marlon Brando) in der Tasche. Der hiesige, traditionelle Rassismus schwankt zwischen latent und offensiv, die Idee der sexuellen Revolution wird derweil brutal missverstanden und die Zeit vertreibt man sich mit feucht-fröhlichen Wochenend-Gelagen. In diese explosive Stimmung platzt die Nachricht, dass der junge Tunichtgut Bubber Reeves (Robert Redford) mal wieder aus dem Gefängnis ausgebrochen und möglicherweise auf dem Wege Richtung Heimat ist. Und eine kleine Lynch-Party ist genau das, was den Stadtbewohnern zum ultimativen Amüsement noch fehlt...

Eines der trefflichsten und zugleich erschütterndsten filmischen Porträts über den Süden der USA, auf Augenhöhe mit den Gesellschaftsdramen von Williams. Dekadenz und Neureichtum übermannen hier jede menschliche Regung, die Menschen sind fast durchweg hassens-, um nicht zu sagen verabscheuenswert in ihrer bequemen Kleingeistigkeit. Penn entwickelt für seine zwischen Burleske und bierernstem Drama angesiedelte Theateradaption eine rein ästhetisch betrachtet verführerische Bildsprache mit Scope und leuchtenden Farben, die den oberflächlichen Glanz jener mittelalterlichen Gesellschaft perfekt einfängt und es dem Rezipienten zumindest zu Beginn ein wenig erschwert, sich einen Begriff von jenem sozialen Mikrokosmos zu machen. Auf topographische Angaben verzichtet "The Chase" bewusst, um seine kritische Allgemeingültigkeit nicht zu verspielen. Dem US-Publikum und auch der Kritik ist Penns Film wie viele selbstkritische Werke der Kinogeschichte (ewiges Musterbeispiel: "Heaven's Gate") bis heute verhasst, dabei handelt es sich um eine seiner brillantesten Arbeiten.

9/10

based on play Menschenjagd Arthur Penn Lynchjustiz Suedstaaten Rassismus


Foto

TATORT - DER POTT (Karin Hercher/BRD 1989)


"So nich!"

Tatort - Der Pott ~ BRD 1989
Directed By: Karin Hercher


Kommissar Schimanski (Götz George) ist bald nur noch ein halber Ermittler: Thanner (Eberhard Feik) hat sich vom BKA abwerben lassen und geht nach Bonn, um an einem Krisenprojekt zum Polizeiverhalten bei Großkundgebungen teilzunehmen. Derweil wird ein über eine halbe Million Mark schwerer Klingelbeutel von Hochfelder Stahlgewerkschaftern geraubt und kurz darauf ein Vorstandsmitglied der Gewerkschaft ermordet aufgefunden. Als Zeitpartner nimmt sich Schimanski den ortskundigen Jo Wilms (Thomas Rech), dem bisweilen allerdings mehr am Erhalt seines Stadtteils als an der Polizeiarbeit zu liegen scheint.

Für mich ganz persönlich ist dieser "Tatort" besonders interessant, weil viele der Drehorte, wenn überhaupt, bloß einen Steinwurf von meiner Arbeitsstätte entfernt liegen und die grau verputzten Hausfassaden trotz zwanzig Jahren zeitlichem Abstand und trotz der Massen an im Film zu sehenden Transparenten unverwechselbar als "Hochfelder Barock" identifizierbar sind. Wenn "Der Pott" als Kriminalfilm auch wenig mehr denn business as usual abgibt - einer der betreffs seines sozialen Erbes beseeltesten Ruhrgebiets-Tatorte, wie der bewusst zweideutig gewählte Titel bereits verrät, ist er ganz bestimmt. Zahlreiche Schauspielurgesteine aus der Region, darunter Willi Thomcyk, Michael Brandner, Ludger Pistor und Jochen Nickel geben sich in kleinen bis größeren Nebenparts ein Stelldichein; Rio Reiser, wenn auch fern von Berlin, tritt als Gast und Arbeitersoli an, um ein paar Songs zum Besten zu geben. Das repräsentiert natürlich ein um Einiges hochklassigeres Songwriting als etwa das von und zu Westernhagen oder Chris Norman.

7/10

Ruhrpott Karin Hercher Schimanski TV-Film Tatort





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare