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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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ALLIGATOR II: THE MUTATION (Jon Hess/USA 1991)


"Do it! I deserve it! We both do!"

Alligator II: The Mutation ~ USA 1991
Directed By: Jon Hess

In einem Kleinstädtchen verschwinden mehrere Menschen, die sich allesamt in der Nähe des zentral gelegenen Sees oder der benachbarten Kanalisation aufgehalten haben. Detective David Hodges (Joseph Bologna), von der Chicano-Bevölkerung liebevoll 'El Solo Lobo' genannt, kann der Sache bald auf den Grund gehen: Ein durch Giftmüll mutierter Alligator frisst sich durch den unvorsichtigen Teil der Einwohner. Gleichzeitig treibt noch ein viel schlimmeres Monster sein Unwesen: der für seine krummen Grundstücksgeschäfte über Leichen gehende Unternehmer Vincent Brown (Steve Railsback).

Eigentlich ein B-Movie nach Maß, angemessen stupid, schnippisch, billig, lustig. Dafür steht die erstklassige Besetzung um Bologna, Railsback, Richard Lynch (ausnahmsweise mal als Sympathieträger) Brock Peters und Dee Wallace Stone, die sich in Cameos durch einige liebe Bekannte ergänzt findet wie Kane Hodder, Professor Toru Tanaka und vor allem - superwitzig - Voyo Goric, der bereits mit uns Winnetou und Old Shatterhand (im Tal der Toten) über die Leinwand geritten war. Insofern alles golden.
Leider, leider gibt es jedoch auch zwei extreme Störfaktoren: Zum einen sind die Alligator-Tricks im Vergleich zu Lewis Teagues zehn Jahre älterem, viel ambitionierterem Original zum Heulen. Zumeist hat man einfach echte Exemplare abgefilmt und für einige wenige Szenen Animatronik benutzt, die sich jedoch in Kopf und Schwanz erschöpft. Dies hat zur Folge, dass die Größe des Untiers permanent variiert, wobei es nie wirklich riesig und somit für ein monster movie allzu unspektakulär ist. Zum anderen ist Hess' Film schlicht zu lang. Wenngleich der Showdown nochmal Manches gut macht, hätte ein geschickterer Regisseur gute zehn Minuten unterm Schneidetisch zurückgelassen. Besonders im letzten Drittel verliert "Alligator II" sukzessive an Fahrt, dass man nicht eben selten verschämt nach dem Zählwerk schielt.

4/10

Jon Hess Sequel Alligator Monster Trash Kleinstadt Tierhorror


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ROBOCOP (José Padilha/USA 2014)


"What have you done to me?"

RoboCop ~ USA 2014
Directed By: José Padilha

Die nahe Zukunft: Die Weltpolizisten USA setzen mittlerweile weltweit Roboterdrohnen als Ersatz für humane Militärkräfte ein. Der Rüstungskonzern OCP unter dem Management des Machtstrategen Raymond Sellars (Michael Keaton) plant, seine mechanischen Killer auch großflächig an die inländische Polizei zu verkaufen, doch es weht ein starker Gegenwind aus der liberalen Politik. Als der Detroiter Cop Alex Murphy (Joel Kinnaman) einer bis in höchste Abteilungskreise reichenden Verschwörung auf die Schliche kommt, jagt man ihn mit einer Autobombe in die Luft. Damit hat Sellars das perfekte populistische Sprungbrett: Einen Milliarden-Dollar-Cyborg zwischen menschlicher Vernunft und automatisiertem Verhaftungsprocedere. Doch selbst mit einem minimalen Rest von altem Fleisch lässt sich Murphy, der fortan als RoboCop in Detroit patroulliert, nicht instrumentalisieren...

Ein überraschend gelungenes, schön comiceskes Remake hat José Padilha da vorgelegt, wenngleich es en tout betrachtet der intellektuell-satirischen Kraft des Originals natürlich nicht die krause Stirn zu bieten vermag. Die Stärken des neuen Films liegen vor allem hinter der wohlweislichen Entscheidung, nicht zu kopieren, sondern zu variieren und die Perspektive auf andere Aspekte zu schwenken. Diesmal ist es weniger eine wohlfeil getarnte, faschistische Militärregierung denn vielmehr das Interesse an der persönlichen Entwicklung Murphys, die den Motor des Gesamtwerks antreibt: Michael Keaton ist kein größenwahnsinniger Kapitalverbrecher wie dereinst Ronny Cox, sondern "lediglich" ein Allerweltsmanager, der wie alle Konzernrepräsentanten vor allem daran interessiert ist, eine möglichst effektive Gewinnmaximierung zu erzielen. Als sein Sprachrohr dient der rechtslastige TV-Populist Pat Novak (Samuel L. Jackson), der leidenschaftlich Reklame für Sellars' Roboter-Exekutive betreibt. Hier ist Alex Murphy außerdem noch weiterhin Herr seiner Sinne und seiner Erinnerungen und muss seine Persönlichkeit nicht erst wiederentdecken. Frau (Abbie Cornish) und Sohnemann (John Paul Ruttan) bleiben ihm treu und gewogen, wenngleich die von Padilha in Betracht gezogene Vorstellung, Murphy als Familienvater zu reinstallieren, etwas ziemlich Lächerliches hat. So übertreibt es der Film hier und da mit seinen Zwangshommages und schlicht unzeitgemäßem Humor, worin sich die Kritik an ihm jedoch zugleich erschöpft. Padilhas "RoboCop" bietet die respektable, keinesfalls stupide Variation eines Klassikers, deren leider erst ganz am Schluss ausgepackte, ätzende Satirekeule etwas prägnanter gern auch schon vorher in Aktion getreten haben mochte.

8/10

José Padilha Zukunft Familie Freundschaft Frankenstein Cyborg Militär Detroit


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EL CUERPO (Oriol Paulo/E 2012)


Zitat entfällt.

El Cuerpo (The Body) ~ E 2012
Directed By: Oriol Paulo

Um mit seiner Freundin hat Álex Ulloa (Hugo Silva) seine herrische, reiche Gattin Mayka (Belén Rueda) ermordet. Indem er ihr ein verzögert wirkendes, pulsverlangsamendes Gift verabreicht und den folgenden Herzstillstand auf Maykas akute Flugangst schiebt, glaubt er sich als Hauptverdächtiger aus dem Schneider. Doch noch in der folgenden Nacht verschwindet Maykas Leiche aus der Gerichtsmedizin. Treibt die vermeintlich Tote aufs Neue ein diabolisches Spiel mit Álex? Der alternde Inspektor Peña (José Coronado) ermittelt.

Regisseur und Autor Oriol Paulo ist dem Vernehmen nach ja mächtig stolz auf die vertrackte Story, um eine "postmortale" Intrige, die er da ersonnen hat, führt das Publikum mit Liebe auf falsche Fährten und lässt am Ende die Schnur platzen, indem er einen großen twist aus dem Sack lässt, den vorher niemand erraten soll. Was richtig ist: "El Cuerpo" bildet einen sehr traditionsbewussten film noir, der als vollwertiges Gesellenstück eines fraglos talentierten Regisseurs Bestand hat und jenen auch zu wahren wissen wird. Möglicherweise werden sich viele Zuschauer auch tatsächlich von Paulo hinters Licht (und wieder zurück) führen lassen. Dabei ist die schlussendliche Auflösung gar nicht schwer zu ermitteln; Paulo flicht etliche Hinweise ein, die bereits offen darauf hindeuten und von dem zentralen, großen Verdächtigungs-Trara noch nichtmal allzu weit abzweigen. Bereits die Ankündigung von Komplexität schärft ja bereits präventiv die Sinne und so ist's denn auch hier. Paulo hat seine Lektionen emsig und bravourös studiert: Hitchcock, De Palma, Singers "The Usual Suspects" scheinen bei ihm permanent durch alle Ritzen und berauben ihn leider ein wenig der Eigenständigkeit. Dennoch ein erfreulich konzentrierter Film im Dickicht des gegenwärtigen Einerlei.

7/10

Barcelona Oriol Paulo Nacht Verhör Ehe neo noir Unfall


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ADIEU L'AMI (Jean Herman/F, I 1968)


Zitat entfällt.

Adieu L'Ami (Bei Bullen "singen" Freunde nicht) ~ F/I 1968
Directed By: Jean Herman

Erst bei ihrer Ankunft in Marseille lernen sich die beiden Algerienkriegsveteranen Dino Barran (Alain Delon) und Franz Propp (Charles Bronson) kennen. Barran ist Arzt und durch die versehentliche Erschießung seines besten Freundes in Depressionen verfallen, Propp indes ein lebenslustiger Gauner, der vor keiner Möglichkeit, schnelles Geld zu machen zurückschreckt. Als Barran die geheimnisvolle Isabelle (Olga Georges-Picot) kennenlernt, veranlasst diese ihn zu einem Bruch bei einem Pariser Multi. Doch anstatt den Safe leerzuräumen, soll Barran zuvor entwendete Dokumente wieder darin platzieren. Während des Jobs taucht plötzlich auch Propp auf und beide werden im Safe eingesperrt. Nachdem ihnen viele Stunden später die Flucht glückt, gerät Propp in die Fänge der Polizei. Doch an ihm hat der ermittelnde Inspektor Méloutis (Bernard Fresson) eine harte Nuss zu knacken...

Bronson in Europa, Bronson in Frankreich. Hier hat der polnischstämmige US-Akteur einige seiner schönsten und stilvollsten Filme hinterlassen, die einerseits Wegbereiter für sein späteres Hartarsch-Image abgaben, andererseits jedoch in formal krassem Gegensatz im Besonderen zu seinem darstellerischen Werk in den Achtzigern stehen. In "Adieu L'Ami" ist er ein Sonnyboy, der als unwesentlich mehr denn als Stichwortgeber für den damals weitaus größeren Star Alain Delon fungiert. Die beiden als buddies zu besetzen, die sich, wie es sih ziemt, zunächst an die Kehle gehen, um dann höchsten Respekt und Vertrauen gegenüber dem jeweils Anderen zu entwickeln, zeugt jedoch von einigem Gespür. Der robuste, rustikale Bronson und der charmante gentilhomme Delon formulieren reizende Gegensätze, die ihre unfreiwillig beginnende Partnerschaft umso glaubwürdiger erscheinen lassen.
Dem gegenüber stehen einige mitunter seltsam anmutende Volten, die Script und Inszenierung vollziehen und aus denen ich nicht immer schlau werde. Die Schlusseinstellung etwa repräsentiert dies vorzüglich. Jene vermögen jedoch den positiven Gesamteindruck, den "Adieu L'Ami" resümierend hinterlässt, nicht wesentlich zu trüben.

7/10

Jean Herman Marseille Paris Buddy Movie Heist femme fatale Fremdenlegion


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SQUADRA VOLANTE (Stelvio Massi/I 1974)


Zitat entfällt.

Squadra Volante (Die gnadenlose Jagd) ~ I 1974
Directed By: Stelvio Massi

Der unkonventionelle Interpol-Ermittler Tomas Ravelli (Tomas Milian) kennt nur noch ein Ziel: Den Mörder seiner Frau zu fassen, einen französischen Bankräuber namens Marseille (Gastone Moschin), der einst im Zuge einer Fluchtaktion ein paar Querschläger auf Ravellis Gattin abgab. Marseille, der gerade wieder ein großes Ding in Multimillionenhöhe durchgezogen hat und bereits im Vorhinein insgeheim plant, seine Komplizen abzuservieren, tritt nun erneut in Erscheinung. Daraufhin verbeißt Ravelli sich gnadenlos in dessen Verfolgung.

Tomas Milian in einer Vorstudie für Nico Giraldi - zwar noch ohne dessen loses Mundwerk und exaltierte Gestik, dafür jedoch bereits mit unverwechselbaren Kennzeichen wie Baskenmütze und abgebranntem Zigarrenstummel im Mundwinkel zu Werke gehend. Doch egal wie und wodurch, der Mann ist sowieso stets eine Bank. Der markant bekieferte Gastone Moschin, den man noch aus Di Leos "Milano Calibro 9" in allerbester Erinnerung hat, markiert einen tollen Antagonisten für Milian. Leider gibt sich die schnittige Stefania Cassini als Moschins gieriges Liebchen hier etwas zugeknöpft, dafür hält Massi andernorts nicht hinterm Berg. Ich bin unglücklicherweise noch nicht mit so vielen seiner Werke vertraut, der mit allen Mitteln eines sauberen Poliziescho operierende "Squadra Volante" zumindest ist mir eines der bisher liebsten.

7/10

Stelvio Massi Duell Jagd Rache Poliziottesco


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MÖRDERSPIEL (Helmut Ashley/BRD, F 1961)


"Die Fragen zu stellen überlassen Sie bitte mir!"

Mörderspiel ~ BRD/F 1961
Directed By: Helmut Ashley

Der erfolgreiche Modedesigner Klaus Troger (Harry Meyen) ist zugleich ein triebhafter Frauenmörder, der in seine Opfer das zutiefst verhasste Bild seiner Ehefrau Eva (Magali Noël) projiziert. Als er gerade vom Tatort seines bereits fünften Mordes verschwinden will, trifft er den jungen Heinz Kersten (Götz George), der gerade auf dem Weg zu einer mondänen Party bei der reichen Familier Hauser ist. Troger macht gute Miene zum bösen Spiel und begleitet Kersten kurzerhand zu den Hausers, wo sich auch Eva mit ihrem Galan Dahlberg (Georges Rivière) befindet. Um den Abend aufzupeppen, schlägt Kersten schließlich das altbewährte 'Mörderspiel' vor, bei dem ein per Karte gezogener 'Detektiv' einen ebenso ausgelosten 'Mörder' herausfinden soll. Schon in der zweiten Runde gibt es einen wirklichen Toten: Dahlberg. Die heranrückende Polizei hat allerlei Mühe, Mörder und Motiv auszukundschaften, doch es zeichnet sich eine Lösung ab...

Das beste an diesem ansonsten schön trivialen kleinen Kriminalspiel ist Sven Nykvists einfallsreiche Photographie, die die Erzählperspektive des zwar pathologischen, aber dennoch zu schärfster Deduktion fähigen Serienmörders Troger einnimmt und mitunter sogar in die Subjektive geht. Dabei kommen durchaus kunstvolle Einstellungen und Bilder zustande. Ansonsten vermag "Mörderspiel" durch seine reduzierte, narrative Akribie zu vereinnahmen - der eigentliche, immerhin eindeutig das filmische Zentrum einnehmende Plot wirkt teils arg konstruiert und durch merkwürdige "Wendungen", die nie recht zum Grundstamm der Erzählung passen wollen, vorangetrieben. Immerhin: Das Script ist geschickt genug, das Publikum zum Komplizen des Gewaltverbrechers zu machen und mit ihm sozusagen als amoralische Unterstützung aus dem Off auf ein Entkommen zu hoffen. Ein solches gelingt sogar um Haaresbreite, doch - man kennt das - am Ende gewinnt doch wieder der altbewährte Kinocode vom Sieg der Gerechtigkeit. Schade.

6/10

Helmut Ashley Serienmord München


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G MEN (William Keighley/USA 1935)


"A very funny remark."

G-Men (Der FBI-Agent) ~ USA 1935
Directed By: William Keighley

Als sein freund Eddie Buchanan (Regis Toomey) erschossen wird, entschließt sich der nicht sonderlich erfolgreiche, weil immens idealistische New Yorker Anwalt Brick Davis (James Cagney), sich als G-Man beim FBI zu bewerben. Brick erweist sich für die Behörde bald als sehr nützlicher Neuzugang, denn durch seine früheren Kontakte in die Unterwelt legt er einige wertvolle Spuren offen, unter anderem die zu dem berüchtigten Bankräuber Danny Leggett (Edward Pawley).

Nachdem die klassischen Gangsterfilme um Cagney, Robinson und Muni während der Depressionsjahre ein Massenpublikum erobert hatten, stieg die Besorgnis der Zensoren bezüglich der falschen Leinwand-Ideale. Die Darstellung organisierten Verbrechens als Eskapismusfaktor im Kino und die erbarmungslose Realität der schweren Rezession vermochten, so schlussfolgerte man wohlweislich im Breen Office, verhängnisvolle Kausal-Zusammenhänge hervorrufen. Daher wurde aus dem "öffentlichen Feind" James Cagney ein aufrechter FBI-Mann, ein ebenso vorbildlich agierender wie romantischer Streiter gegen jene Elemente, die er zuvor (und später dann wieder) im Film verkörpert hatte. Seinen Brick Davis legte Cagney als liebenswerten Strahlemann an, für den Unbestechlichkeit und Integrität die obersten Maximen darstellten, der allerdings auch in zwischenmenschlicher Hinsicht ein feiner Kerl war; ganz anders eben als brutale Opportunisten und Emporkömmlinge wie Tom Powers, deren Verschlagenheit und latente Aggressivität Cagney wundersamerweise ebenso authentisch zu geben wusste wie die Liebenswürdigkeit des hier debütierenden Helden.
Dennoch funktionierte "G Men" nach wie vor nach den etablierten Schemata des Warner-Gangster-Movie, es ratterten die Thompsons und moralisch Aufrechte wie Gebeugte starben in deren Feuer. Bis auf einen leichten Perspektivwechsel konnte also das bewährte Produkt auch weiterhin an den Mann gebracht werden.

7/10

William Keighley New York Chicago FBI


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00 SCHNEIDER - IM WENDEKREIS DER EIDECHSE (Helge Schneider/D 2013)


"Zigaretten sind dat Beste."

00 Schneider - Im Wendekreis der Eidechse ~ BRD 2013
Directed By: Helge Schneider

Kommissar Roy "00" Schneider (Helge Schneider) arbeitet als Allround-Polizist bei der Mülheimer Police. Nachdem er unerwarteten Besuch seiner nebulösen Tante Tyree (Tyree Glenn) aus Amerika erhält, die gern viel isst und Helges Roys Hemd waschen will, hört er, dass der gefährliche Verbrecher Jean-Claude Pillemann (Rocko Scamoni), genannt "die Eidechse", aus seinem Gefängnis in Marseille entkommen ist. Pillemann raucht sehr viel und kann im Verteidigungsfall eine strinkende Substanz auf seine Opfer spucken. Auch andere kriminelle Elemente machen dem Kommissar das Leben schwer, zum Beispiel ein kindlicher Bankräuber (Henry Wulf). Dann läuft ihm sein Hund Zorro (Zorro) weg. Doch er taucht bald wieder auf. Dann kann der Kommissar den Amok laufenden Pillemann dingfest machen und in den verdienten Urlaub gehen.

Gewohnte Irrsinns-Qualität des Mülheimer Urgesteins. Trotz des verfänglichen Titels kein Sequel des nunmehr auch schon bald zwanzig Jahre alten, großen Meisterwerks "00 Schneider - Jagd auf Nihil Baxter", das konnte und hätte "Wendekreis" auch gar nicht werden können oder sein wollen. Viele der eigentlich unverzichtbaren Mitstreiter sind dahin: Helmut Körschgen, Andreas Kunze, Charly Weiss, Werner Abrolat. Was ist ein 00 Schneider eigentlich ohne die? Überhaupt sind kaum mehr alte Mitstreiter zu finden: Peter Thoms noch, Sergej Gleitmann und Carlos Boes. Viel mehr is nich, dafür kommen eine Menge Jazz-Musiker aufs Tapet. Stilistisch geht Schneider konsequent den mit "Praxis Dr. Hasenbein" und "Jazzclub - Der frühe Vogel fängt den Wurm" eingeschlagenen Weg weiter, in denen sich zu der alles überlagernden Absurdität bereits altersmelancholische Untertöne mischten, Beschwörungen unschuldigerer Tage zwischen Nierentisch und Corbusier-Kugelsessel, die sich mit der multimedialen Überladenheit der Moderne nicht mehr vertragen wollen. Die filmische Metaebene zielt diesmal auf den nicht nachlassenden Hommage-Wahn aus der Ecke Tarantino, Rodriguez und Konsorten ab, denen Schneider nicht zuletzt deshalb eine zwischen kollegial und höhnisch pendelnde Nase dreht, indem er auch mal was in Alméria filmt. Von einer Anbiederung an gewohnte Schemata oder gar antipierte Publikumsfraktionen ist er freilich wieder so weit entfernt wie eh und je, wenn er sich auch hier und da die gewohnten paar Insider-Selbstzitate bezüglich seiner alten Hörspiele leistet.
Sei's drum, wie alle (filmischen) Werke dieses großen Komödianten wird auch dieses sich seinen Platz erobern und hoffentlich einen liebevoll breitgetretenen Zitatfundus hergeben.

8/10

Helge Schneider Groteske Surrealismus Satire Ruhrpott Hund


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LAST MAN STANDING (Joseph Merhi/USA 1995)


"I got 100 Dollars here!"

Last Man Standing ~ USA 1995
Directed By: Joseph Merhi

Detective Bellmore (Jeff Wincott) vom LAPD nimmt den Bankräuber Snake Underwood hops und wundert sich, dass dieser nach nur wenigen Stunden wieder ungefilterte Luft schnuppern kann. Bellmore wittert Korruption in der Chefetage, nominell bei seinen Vorgesetzten Seagrove (Steve Eastin) und Demayo (Michael Greene). Nicht zu Unrecht - eine öffentlich geäußerte Anschuldigung später verursacht Seagrove den Tod von Bellmores Partner Doc (Jonathan Banks) und auch Bellmore selbst steht plötzlich auf der Abschussliste. Zusammen mit seiner kaum minder waffenaffinen Frau Annabella (Jillian McWither) taucht Bellmore zunächst unter und arbeitet dann die gegnerische Seite Mann für Mann ab...

Pepin-Merhi waren und sind seit jeher eines meiner großen Versäumnisse, darum wollte ich wenigstens mal eines ihrer sagenumwobenen Werke beschauen Wie es aussieht, habe ich da mit der DTV-Produktion "Last Man Standing" sogleich einen überragenden Glücksgriff getan, denn Joseph Merhis Film offenbarte sich mir als mehr denn solides Genrestück, das eigentlich viel zu lang auf mich warten musste. Warum kann man "Last Man Standing" mögen, wenn nicht gar lieben? Nun, dafür gibt es mehrere Gründe; etwa den, dass der schlangenlederstiefelbewährte Jeff Wincott, untypisch für einen geschniegelt-definierten Action-Heros Mitte der Neunziger, in jeder dramaturgischen Ruhepause eine Kippe raucht. Dann ist da ein vortrefflicher Sinn für Humor, der, ob frei- oder unfreiwillig, immer wieder ins Schwarze trifft. Merhi schien zudem der Pennergilde von L.A. ein kleines Denkmal bereiten zu wollen, denn in gleich zwei Szenen hat einer von ihnen (mutmaßlich ein authentischer) einen irrwitzigen Auftritt. Die Actionszenen sind mit diversen Explosionen und Auto-Crashs recht spektakulär ausgefallen, an der Montage hätte man allerdings noch arbeiten können. Nichtsdestotrotz ein wie erwähnt schnuckeliger Nineties-Actioner, der sogar zum Dekaden-Kanon gezählt werden müsste; hinreichend brutal, verschmitzt und nicht mal unintelligent.

7/10

Joseph Merhi Pepin-Merhi DTV Los Angeles Verschwörung Korruption Rache


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UN CONDÉ (Yves Boisset/F, I 1970)


Zitat entfällt.

Un Condé (Ein Bulle sieht rot) ~ F/I 1970
Directed By: Yves Boisset

Eine Spirale der Rache und der wechselseitigen Gewalt entbrennt in Paris: Nachdem der Gangsterboss Tavernier (Francis Cosne) den Konkurrenten Dassa (Pierre Massimi) ermorden lässt und dessen Schwester (Françoise Fabian) bedroht, tritt Dassas bester Freund Dan Rover (Gianni Garko) auf den Plan. Bei der folgenden Racheaktion erschießt Dassas Partner Viletti (Michel Constantin) den Polizisten Barnero (Bernard Fresson), was wiederum dessen Freund Favenin (Michel Bouquet) nicht ungesühnt lassen kann...

Wenn der Krieg zwischen Unterwelt und Polizei sich verselbstständigt und für die Beteiligten zur Privatfehde gerät, so "Un Condé", dann geraten selbst althergebrachte, natürliche Konfliktstrukturen in Bedrängnis: Durch den alternden, verbissenen und systemmüden Flic Favenin, der irgendwann erkennen muss, wie sinnlos seine Vendetta ist und das er dadurch mehr Schaden anrichtet denn repariert, gerät das traditionelle Gleichgewicht zwischen Recht und Verbrechen in eine geradezu gefährliche Unwucht. Boisset illustriert dabei wunderhübsch die Differenz zwischen französischer und italienischer Genrekost: Im Vergleich zu den östlich lebenden Polizotti-Anrainern gehen die Pariser Condés sehr viel biederer, leiser, verächtlicher, vielleicht sogar bedrohlicher zu Werke. So ist Boisset vielleicht kein Melville, für einen knackigen, harten Polizeifilm klassischer Koloratur jedoch langt es allemal.

8/10

Yves Boisset Paris Rache Mafia





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

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