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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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ACROSS 110TH STREET (Barry Shear/USA 1972)


"I'll tell you what, motherfuckin' Doc Johnson..."

Across 110th Street (Straße zum Jenseits) ~ USA 1972
Directed By: Barry Shear

Die drei Kleinganoven Jim Harris (Paul Benjamin), Joe Logart (Ed Bernard) und Henry Jackson (Antonio Fargas) erleichtern die New Yorker Mafia bei einem Geldtransfer in Harlem um eine stattliche Geldsumme und legen dabei sieben Menschen um. Fortan sitzen dem Trio nicht nur der bei der 'Familie' um Anerkennung buhlende Nick D'Salvio (Anthony Franciosa), sondern auch die beiden unterschiedlichen Cops Mattelli (Anthony Quinn) und Pope (Yaphet Kotto) im Nacken...

Phantastischer Gangsterthriller aus den frühen Siebzigern, der das noch junge Mafia-Genre mit zeitgenössischen Cop-Filmen sowie einem sanften Blaxploitation-Einschlag kombiniert und seinen Job permanent voll konzentriert, sauspannend und vor allem mit gebührender Intelligenz und Ernsthaftigkeit hinlegt. Bereits angefangen mit dem wunderbaren Titel und dem klassischen Song von Bobby Womack (allerdings in einer deutlich flotteren Version als die heute bekannte) kommt in den neunzig Folgeminuten ein vielschichtiger, grandios gespielter Ensemblefilm zustande, der mittels seiner empathischen Darstellung nicht nur sämtlichen vorgestellten Charakteren einen abgerundeten Background verschafft, sondern sich darüber hinaus durchaus in die Reihen der großen New Yorker Polizeifilme jener Tage einzugliedern weiß. Ein Muss.

9/10

Barry Shear Mafia New York Harlem Blaxploitation


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SPLIT SECOND (Tony Maylam/UK 1992)


"We need to get bigger guns. Big fucking guns."

Split Second ~ UK 1992
Directed By: Tony Maylam

Im Jahre 2008 liegt London unter einer undurchdringlichen Smog-Glocke begraben, ist von gewaltigen Slums durchzogen und wird von einer Rattenplage heimgesucht. Der ausgebrannte, als psychotisch geltende Cop Harley Stone (Rutger Hauer) jagt inmitten dieses präapokalyptischen Szenarios einen monströsen Serienkiller, der es vornehmlich auf die Herzen seiner Opfer abgesehen hat und auf seltsame Art mit Stone in Verbindung zu stehen scheint.

Da "Split Second" sich unzweifelhaft als parodistischer Meta-Genrefilm in der Tradition der "2000 AD"-Comics begreift und seinen selbstreflexiven Habitus teils bis an die Slapstick-Grenzen durchexerziert, kann man ihm trotz diverser formaler Unzulänglichkeiten auch kaum böse sein. Rutger Hauer glänzt durch klug austariertes overacting und befindet sich offensichtlich genau im Bilde über das Comedy-Potenzial des Scripts, ebenso wie sein Film-Buddy Dick Durkin/Neil Duncan, der nach und nach sämtliche Spleens seines heimlichen Mentors übernimmt und selbst eine kleine Entdeckung ist. Das Killermonster schließlich lässt sich als mittelmäßiges Giger-Plagiat bezeichnen, ist für den etwas eigenwillig beleuchteten "Split Second" jedoch als letzten Endes ungewöhnlicher MacGuffin ohnehin bloß von untergeordneter Funktion. Die beispielhaft schlechte, deutsche Synchron-Fassung raubt dem Film beinahe seine komplette Anordnung und sollte unbedingt vermieden werden.

6/10

Tony Maylam Zukunft Ratten Monster Buddy Movie Ian Sharp Serienmord London


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JUDGE DREDD (Danny Cannon/USA 1995)


"I am the law!"

Judge Dredd ~ USA 1995
Directed By: Danny Cannon

Um der überschäumenden Gewalt im postapokalyptischen, fortgeschrittenen dritten Jahrtausend Herr zu werden, wird die Rechtsprechung in den wenigen noch existenten Mega-Cities stark abgekürzt. Hier haben die 'Judges' das Sagen, eine elitäre Polizei-Einheit, deren Mitglieder sämtliche Gewalten in sich vereinen und nach eigenem Gudünken mit Gesetzesbrechern verfahren können. Der Gefürchtetste und Härteste unter ihnen ist Judge Dredd (Sylvester Stallone). Eine von dem machtgierigen Judge Griffin (Jürgen Prochnow) eingeleitete Verschwörung, an der auch Dredds früherer, kriminell gewordener Freund und Kollege Rico (Armand Assante) beteiligt ist, macht Dredd jedoch zur persona non grata. Von seinem ebenfalls abgesetzten Mentor Judge Fargo (Max von Sydow) erfährt Dredd, dass er nicht nur ein Klon, sondern zudem ein Opfer von Griffins Machenschaften geworden ist. Mithilfe der ihm zugetanen Judge Hershey (Diane Lane) macht sich Dredd auf, alles wieder ins (buchstäblich) rechte Licht zu rücken...

Eiserne Fanboy-Puristen waren und sind von Danny Cannons "Judge Dredd"-Adaption eher wenig angetan. Der in den betont karikaturistisch gefärbten Comics stets unhinterfragt agierende Albtraum-Bulle bekam hier eine Vergangenheit, einen Charakter und vor allem ein Gesicht, nämlich das Sylvester Stallones. Während die obere Hälfte seines Antlitz' üblicherweise stets unter dem berühmten Helm verborgen blieb, wurde sie im Film recht früh und unter bombastischem Geläut hervorgezeigt. Zudem ging es darum, eine von der Strip-Manier der Vorlage losgelöste Spielfilm-Geschichte zu erzählen, die ohne personelle Identifikationsbasis bekanntermaßen leicht problematisch werden kann. So bedeutete "Judge Dredd" in vielerlei Hinsicht eine Abkehr von diversen, ungeschriebenen Comic-Gesetzen.
Doch auch auf der Haben-Seite gibt es Einiges zu vermelden: Was seine Äußerlichkeiten, das ausufernde Produktionsdesign, die rasant inszenierte Action, den vorzüglichen Score und die diversen Gadgets und Roboter anbelangt, ist der Film reinster Zucker und spielt noch heute in der oberen Liga. Ferner ist eine hinreißende Besetzung mit von der Partie, die bis auf eine Ausnahme durchweg Erfreuliches bietet und die auch im Film noch subtil durchschimmernde Faschismus-Satire vorzüglich trägt. Es gibt viele Hommages an bekannte cineastische Vorbilder; Dredds Einführung, in der er einen Bürgeraufstand um James Remar niederringt, bildet etwa eine überdeutliche Reminiszenz an seinen filmischen Ahnherrn Marion Cobretti aus "Cobra"; ferner sind ganze Einstellungen der futuristischen urbanen Topographie unverhohlen von "Blade Runner" übernommen worden. Das gliedert sich alles vorzüglich ins Gesamtkonzept. Wer nun allerdings auf die tödliche Idee gekommen ist, Rob Schneiders "Fergee"-Figur als comic relief in das Script hineinzuschreiben, der gehört noch nachträglich gesteinigt. Nicht nur, dass jedwede Szene mit ihr tödlich unwitzig ist, sie unterminiert geradezu die sonstigen Qualitäten des Films und steht vermutlich als widersprüchlichstes, tatsächlich komplett redundantes Element inmitten des Zelluloid-Gewitters da.

7/10

Danny Cannon Dystopie Zukunft Comic Judge Dredd Verschwörung Klone


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TATORT / POLIZEIRUF 110 - UNTER BRÜDERN (Helmut Krätzig/D 1990)


"Sowjetische Besatzungszone? Ich dachte, die kommen aus der DDR."

Tatort / Polizeiruf 110 - Unter Brüdern ~ D 1990
Directed By: Helmut Krätzig

Ein aus Ostberlin stammendes Mordopfer wird aus dem Duisburger Hafenbecken gefischt. Zusammen mit ihren Ost-Kollegen Fuchs (Peter Borgelt) und Grawe (Andreas Schmidt-Schaller) finden Schimanski (Götz George) und Thanner (Eberhard Feik) heraus, dass der Ermordete Kontakte zu einer obskuren Kunstschmuggler-Bande namens 'Gruppe Dürer' hatte. Hinter dieser verbergen sich Ex-Stasi-Mitglieder mit einem ganz speziellen Hang zum politischen Konservativismus, die aus staatlichen Enteignungen stammende Gemälde früherer Zonenbürger in den Westen verscherbeln, um damit ihre Verschwörungsideologie finanzieren zu können. Getarnt als Wessi-Playboys in Berlin-Ost ziehen Schimanski und Thanner bald die Aufmerksamkeit der Gruppe Dürer auf sich.

"Hand in Hand - vier Augen sehen mehr als zwei", singt Klaus Lage unverzagt aus dem Off dieses geradezu rührend um Toleranz bemühten, interdeutschen Krimis und beschreibt damit nicht seinen persönlichen Brillenträgerstatus, sondern dioe Tatsache, dass hier zwei berühmte Ermittlerduos aus Ost und West als Quartett agieren - mit jeweiligem Terrain-Austausch, versteht sich. Zunächst geht man zusammen in die Sauna, dann gibt es ein paar Misstrauensbekundungen und am Ende, nach geklärtem Falle, wird zusammen gutes Ruhrgebiets-Pils gesoffen, dass die Schwarte kracht, wie überhaupt einiges an Gebrautem und Gebranntem in "Unter Brüdern" verkonsumiert wird. In erster Linie bietet Krätzigs durchaus auf üblichem Duisburger "Tatort"-Niveau befindliche Film somit komische Szenen und geht wieder etwas ab von der eklatanten Schwarzfärbung der letzten Schimanski-/Thanner-Beiträge. Dennoch gibt es auch hier wieder deutliche Verbalkritik an systemischen Schwächen aus dem Munde des Hauptkommissars. Großartigst: Ulrich Thein als Polit-Psycho Dörfler.

8/10

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TATORT - SCHIMANSKIS WAFFE (Hans Noever/D 1990)


"War's das wert?"

Tatort - Schimanskis Waffe ~ D 1990
Directed By: Hans Noever

Während Schimanski (Götz George) zusammen mit seiner Freundin Renate (Caroline Schroeder) bei seinem Lieblingsitaliener Giovanni (Remo Remotti) an der Theke sitzt, kommen zwei Gangster (Herb Andress, Nellis Du Biel) in das Lokal. Im Hinterbereich entbrennt kurz darauf eine Schießerei, in die sich Schimanski einklinkt und in deren Gemenge er versehentlich Renate erschießt. Völlig entsetzt über diesen schweren Faux-pas legt er seine Waffe beiseite und versucht, dem Killerduo auf die Spur zu kommen, derweil der beharrlich schweigende Giovanni im Krankenhaus liegt. Als Thanner (Eberhard Feik) schwer verletzt, Giovannis Sohn (Martin Halm) ermordet und auch noch der geistig behinderte Erwin (Klaus J. Behrendt) in die Sache hineingezogen wird, geht Schimanski mit aller verbliebenen Härte gegen die Mafiosi vor...

Schimanskis Fälle gestalten sich gegen Ende der "Tatort"-Beiträge zunehmend von persönlicher Involvierung gefärbt und scheinen bereits auf sanfte Weise anzukündigen, dass der äußere Druck für den tatsächlich sehr sensiblen Polizisten allmählich zu groß zu werden droht. Mit dem in diesem Film traurig zelebrierten Niederlegen seiner Dienstpistole kündigt sich jedenfalls zugleich ein in nicht allzu ferner Zukunft befindliches Quittieren des Polizeidienstes an. Es ist so langsam aber sicher kein Geheimnis mehr - wenngleich Schimmi ein erfolgreicher Bulle ist, ist er keinesfalls für die Grünen gemacht. Schon beim vorherigen Fall war seinen genervten Worten zu entnehmen, dass er es langsam satt hat, für die Staatsgewalt in die Bresche zu bringen; nach seinen Erlebnissen in "Schimanskis Waffe" aber, die ihn seine Lebensabschnittsgefährtin, einen Freund und fast seinen Herzenskollegen kosten, beginnt man bereits um weitere Abenteuer des Gespanns Schimanski/Thanner zu bangen.

8/10

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TATORT - MEDIZINMÄNNER (Peter Carpentier/D 1990)


"Was ist? Kannst du nicht sprechen, oder hast du deine Zunge verschluckt?"

Tatort - Medizinmänner ~ D 1990
Directed By: Peter Carpentier

Schimanski (Götz George) versucht, Walter (Nikolai Bury), den infolge eines Schocks verstummten achtjährigen Sohn des bei einem Angelausflug ermordeten Pharma-Angestellten Jochen Bähr, aufzutauen, um von ihm etwas über die Täter in Erfahrung zu bringen. Als Walter gekidnappt wird, führt die Spur nach Rotterdam, wo Bährs Firma ihren Hauptumschlagplatz hat und Barbiturate nach Schwarzafrika verschifft.

Einer der besten Film der gesamten Reihe, gesegnet mit einem erstklassigen, knackigen Krimi-Buch und sowohl überaus witzigen als auch spannenden Momenten. Seinen dramatischen Höhepunkt erreicht "Medizinmänner" infolge einer halsbrecherischen Flucht Schimmis und seines Schützlings per Schlauchboot von einem Ozeanfrachter in der Nordsee; eine bestimmte Absage an die üblichen Formel-Interna in der deutschen TV-Krimi-Landschaft. Götz George erhält hier eine wunderbare Gelegenheit zu ungewohnt nuanciertem Spiel, das seiner bereits so etablierten Figur einige neue Facetten hinzusetzt. Ferner ist die Finalszene grandios, in der Schimanski sich eine kleine Privatrache erlaubt und den bösen Opiat-Schieber Schatz (Christoph Bantzer) von seinen eigenen Mittelchen kosten lässt. Ein wirklich schöner "Schimanski-Tatort" jedenfalls.

9/10

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TATORT - KATJAS SCHWEIGEN (Hans Noever/BRD 1989)


"I feel good. And you?"

Tatort - Katjas Schweigen ~ BRD 1989
Directed By: Hans Noever

Schimanski (Götz George) trainiert eine aus jugendlichen Outcasts bestehende American-Football-Mannschaft. Gesponsert und betreut wird das Team von dem großspurig auftretenden Bewährungshelfer und Manager Jannek (Ulrich Pleitgen), mit dem Schimmi sich jedoch gut versteht. Als einer von dessen Kollegen bei der Vereitelung eines Einbruchs zu Tode kommt, führt die Spur just zu den Football-Jungs und bald auch zu Schimanskis persönlichem Mündel, dem renitentenTommy Schaaf (Paul Cabanis). Als Tommy bei einem nächtlichen Treffen aus dem Hintergrund erschossen wird, macht man zunächst den armen Thanner (Eberhard Feik) für die Tat verantwortlich. Mithilfe der eher unfreiwilligen Unterstützung von Tommys Schwester Katja (Katja Riemann) findet das Duo jedoch den wahren Schuldigen...

Dass Schimmi als selbst aus dem "Milieu" Stammender ein großes Herz für straffällig gewordene Jugendliche und allgemein für freche juvenile Rotznasen hat, weiß man nicht erst seit diesem Fall. Zudem geht es hier einmal mehr um Persönliches. Sowohl der ermordete Polizist als auch die an der Tat Beteiligten, insbesondere Tommys Familie, als auch der etwas zu glatte Jannek sind gute Freunde von ihm. Als dann auch noch Thanner als möglicher Kindsmörder aus dem Affekt in den Fokus der fallspezifischen Ermittlungen gerät, wird die Sache für Schimanski nopch mehr zu einem emotionalen Spießrutenlauf als sie es ohnehin schon war. Entsprechend nachdenklich und in beinahe schon ungewohnt ratloser Pose begegegnet man dem sonst so souveränen Ruhrpottbullen in "Katjas Schweigen". Die Tatsache, dass Schimanski am Ende sogar dazu übergeht, Beweise zu fälschen um den eigentlichen Übeltäter dingfest machen zu können, gab seiner ja stets etwas kritisch beäugten Figur neuen, kontroversen Zünd- und Treibstoff.

8/10

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TATORT - BLUTSPUR (Werner Masten/BRD 1989)


"Immer ruhig bleiben!" - "Ich bin ruhig. Muss nur mal pissen."

Tatort - Blutspur ~ BRD 1989
Directed By: Werner Masten

Während Schimanski (Götz George) und Thanner (Eberhard Feik) sich tierisch darüber aufregen, dass sie als Mordkommissare irgendeinem windigen "Drachen-Exhibitionisten" hinterherspüren sollen, gerät der als "Schrottpole" bekannte Kleinkriminelle und Polizeispitzel Leszek (Vadim Glowna) in einen mitten im Ruhrgebiet ausgetragenen Konflikt zwischen Palästinensern und radikalen schiitischen Milizen. Leszek hat für die Palästinenser Blutkonservben aus Polen eingeschmuggelt, deren Übergabe ihre Gegner unbedingt verhindern wollen. Inmitten dieser Turbulenzen stoßen die Ermittler noch auf den windigen Ex-Zuhälter Freddie (Rolf Zacher) und dessen früheres "Pferdchen" Ela (Marita Marschall) - jetzt Leszeks Freundin...

Grandiose Auftritte von Zacher und Glowna beinhaltet dieser flott und trotz seines brisanten Themas höchst witzig gestaltete Schimmi-"Tatort" mit der verpflichtenden Seriennummer 222. Thanner gibt sich wie immer als intellektueller Herr der Lage uind faselt ständig etwas vom 'Libanon', derweil er seinem Liebchen, einer von einer noch recht pummligen Veronica Ferres gespielten Döner-Wirtin, mit seinem neuen japanischen Auto imponieren will. Die Schiiten sind derweil ähnlich abstrus dargestellt wie das Araber-Trio in Landis' "Into The Night": Fenster vom Mercedes herunter und mit den Kalshnikovs wild in alle Richtungen geballert, dass es nur so rauscht. Lohnt, wie immer.

8/10

Werner Masten Tatort Schimanski TV-Film Ruhrpott Nahost-Konflikt Prostitution


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LONE STAR (John Sayles/USA 1996)


"Forget the Alamo."

Lone Star ~ USA 1996
Directed By: John Sayles

Sam Deeds (Chris Cooper), sheriff des texanischen Grenzstädtchens Frontera, bekommt es mit der eigenen Familienhistorie zu tun als mitten in der Wüste das Skelett des früheren, von allen gefürchteten Gesetzeshüters Charlie Wade (Kris Kristofferson) gefunden wird. Der einsame Sam, der nach einer langen Zeit außerhalb erst vor Kurzem wieder zurück nach Frontera gekommen ist, muss sich nunmehr dräuenden Fragen betreffs seiner eigenen Vergangenheit und Identität stellen, die noch eine ganze Reihe weiterer Einwohner der Stadt tangieren.

Meisterhaft gescripteter und montierter Ensemblefilm von John Sayles, der sich gleichermaßen als Polizeifilm und Neo-Western begreift, eine südstaatliche Kleinstadt mit all ihren totgeschwiegenen Geheimnissen porträtiert und mittels aller bedurften Gleichmut ein komplexes Beziehungs-Mosaik entwirft. Sayles belegt, dass die alten, geschichtsimmanenten Fragen betreffs Wahrheit und Legende so lange nicht zur Gänze beantwortet werden können, wie alle möglichen kleinen, staubigen Nester im Lande ihre ganz speziellen Pioniersagen um des Fortbestandes Willen benötigen. Somit steht "Lone Star" auch in direkter Ahnenreihe von Fords "The Man Who Shot Liberty Valance", in dem es genau wie in Sayles' Film um Lug, Trug und Vergangenheitsbewältigung in Form bewusster Geschichtsklitterung geht. Darüberhinaus verhandelt der Auteur noch auf höchst integre Art ethnische Platzbestimmungen, die an der Grenze Texas/Mexiko als ein Thema immerwährender Aktualität erscheinen: Indianer, Mexikaner, Weiße, Schwarze und deren Nachkömmlinge, teils längst nicht mehr ohne Weiteres einer Kultur zuzuordnen, finden sich oftmals in einen Frontalzusammenprall mit längst obsoleten Feindbildern involviert. Daraus, dass es neue Hoffnung und Arrangements mit dem Früher geben muss, um weitermachen zu können, macht Sayles keinen Hehl; selbst, wenn dies erst der Bewältigung moralisch höchst prekärer Slalomkurse bedarf.

10/10

John Sayles Grenze Texas Mexiko Ensemblefilm Rassismus Südstaaten ethnics


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FLASHPOINT (William Tannen/USA 1984)


"If you can't fix it, fuck it."

Flashpoint ~ USA 1984
Directed By: William Tannen

Per Zufall entdecken die beiden eng befreundeten texanischen Grenzpolizisten Logan (Kris Kristofferson) und Wyatt (Treat Williams) in der Wüste ein verschüttetes Autowrack, in dem sich eine skelettierte Leiche, ein Sportkoffer nebst Präzisionsgewehr und Angelrute sowie eine Tasche mit 800.000 $ Barem befinden. Während Logan spontan das Geld nehmen und sich absetzen will, ist dem linientreuen Wyatt daran gelegen, die Umstände um den Wagen, der hier offenbar seit rund zwanzig Jahren liegt, aufzudecken. Ihre private Recherche bringt die beiden nicht weiter, dafür wimmelt es in ihrem Büro plötzlich von Anzugträgern des FBI, darunter der mysteriöse Carson (Kurtwood Smith), die angeblich die Funktionsweise eines neuen Scanning-Systems überprüfen sollen. Einige seltsame Vorfälle deuten jedoch an, dass die Agenten etwas ganz anderes im Sinn haben, als sich um banale Grenzübertretungsfälle zu kümmern...

Großartig inszenierter, heute leider praktisch vergessener Copthriller, der primär von seiner frischen Buddy-Kombination Kristofferson/Williams und der übrigen grandiosen Besetzung zehrt sowie von einer sich von der Beiläufig- zur Ungeheuerlichkeit entfaltenden Verschwörungsgeschichte, die im ansonsten eher auf sphärische Flächigkeit oder grelle Komik bedachten Polizeifilm der Achtziger eigentlich eine absolute Rarität repräsentiert. "Flashpoint" führt die kleine, aber feine Phalanx von den von den atmosphärisch ganz ähnlich gestalteten "Borderline", "The Border" (Christopher Leitch) und "The Border" (Tony Richardson) flankierten Grenzcop-Filmen an ihr leider viel zu frühes Ende und offeriert zugleich deren Klimax. Hinter der bildlich zu verstehenden Demarkationslinie, an der Wyatt und Logan hier kratzen, konnte jedoch ohnehin nicht mehr viel kommen - insofern war es vielleicht auch nicht ganz falsch, mit Ausnahme des explosiv-hyperrealistischen "Extreme Prejudice" von Walter Hill nichts Weiteres mehr in dieser Richtung folgen zu lassen. "Flashpoint" jedoch gehört mit seinem brillant entworfenen Szenario unwiderlegbar in eine jede sich vollständig schimpfen wollende Chronik des Achtziger-Polizeifilms!

8/10

William Tannen Grenze Mexiko Texas Verschwörung





Filmtagebuch von...

Funxton

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