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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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YOU ONLY LIVE TWICE (Lewis Gilbert/UK 1967)


"Welcome to Japan, Mr. Bond."

You Only Live Twice (Man lebt nur zweimal) ~ UK 1967
Directed By: Lewis Gilbert

Nachdem James Bond (Sean Connery) offiziell in Hong Kong ermordet und auf See bestattet wurde, kann er halbwegs ungestört seinem neuen Auftrag nachgehen: Von Japan aus wird allenthalben eine Abfangrakete gestartet, die abwechselnd amerikanische und russische Raumkapseln entführt und wieder zur erde bringt. Besonders die starrköpfigen US-Militärs fassen diese Aktionen als Provkation von sowjetischer Seite auf und drohen der anderen Seite im Falle der Nichtunterlassung mit einem Atomkrieg. Tatsächlich steckt hinter der ganzen Sache SPECTRE und dessen für einen ostasiatischen Auftraggeber arbeitender Kopf Ernst Stavro Blofeld (Donald Pleasance), den Bond mithilfe des japanischen Geheimdienstchefs Tiger Tanaka (Tetsurô Tanba) bald ausfindig gemacht hat.

Nach "Thunderball" ging es mit diesem fünften Bond-Film ziemlich rapide bergab. Sean Connery hatte infolge des immer gewaltiger werdenden Rummels um seine Person bereits während der Dreharbeiten angekündigt, dass dies sein letzter Auftritt als James Bond sein werde und er tritt auf, als wolle er dieser Ankündigung Gewicht verleihen. Doch nicht ihm, zumindest nicht primär, ist das qualitative Nachlassen der Reihe anzulasten, sondern dem rundum albernen Script, das mit geradezu kindischen Scherzen, deren Selbstreferenzialismus schlechthin nervt, zu punkten versucht. Dass James Bond zum - auch nicht annähernd glaubwürdigen - Japaner umgemodelt wird, ist, wie manch andere Scherze, einfach nur doof, die Sache mit den Ninjas nicht minder. Zudem hat der Film eine besonders im Vergleich zu den direkten beiden Vorgängern, merkwürdig unsaubere und unelegante Visualität, die anscheinend in direkten Zusammenhang mit dem ansonsten untadeligen, Ted Moore ablösenden Einmal-Bond-dp Freddie Young stand. Gerade so gettet wird "You Only Live Twice" wiederum von anderen Faktoren: Von John Barrys blendendem Score etwa, mitsamt dem grandiosen Titelsong vielleicht der bis dato schönste überhaupt, von Ken Adams langsam ins Maßlose abdriftendem, Aufsehen erregenden set design und natürlich von Blofelds Piranhas in ihrem grünem Sprudelwasser.

6/10

James Bond 007 Lewis Gilbert Japan Hong Kong Kalter Krieg Ninja Roald Dahl Tokio Vulkan Insel undercover car chase


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CASINO ROYALE (Val Guest, Ken Hughes, John Huston, Joseph McGrath, Robert Parrish/UK, USA 1967)


"Afterwards we can run amok. Or if you're too tired, we can walk amok."

Casino Royale ~ UK/USA 1967
Directed By: Val Guest/Ken Hughes/John Huston/Joseph McGrath/Robert Parrish

Geheimdienstchef M (John Huston) plant, den echten Sir James Bond 007 (David Niven), der sich bereits vor vielen Jahren auf sein Anwesen zurückgezogen hat und dessen neuerliche Popularität lediglich einem vulgären Namensvetter zu verdanken ist, in einer Ära der höchsten Krise seine Nachfolge zu übertragen. Bond lehnt zunächst ab, doch Ms gegrabene Grube tut sich nach oben auf und so wird der alte Meisterspion zu seinem Comeback gezwungen. Diese ist auch dringend erforderlich, denn nicht nur der Meisterspieler und Zauberkünstler Le Chiffre (Orson Welles) schickt sich an, für die Organisation SMERSH ein Riesenvermögenbeim Baccarat an Land zu ziehen, auch Bonds Neffe Jimmy (Woody Allen) alias Dr. Noah ist völlig durchgedreht und plant, einen Virus auf die Menschheit loszulassen, der alle Frauen in blendende Schönheiten verwandeln und jeden Mann über 1,52 m auslöschen soll. Mithilfe seiner leider ziemlich gierigen Kollegin Vesper Lynd (Ursula Andress) und seiner unehelichen Tochter Mata (Joanna Pettet) zieht Bond ins Feld.

Zwei Monate vor der Premiere des fünften offiziellen Bond-Abenteuers suchte die Konkurrenz von Columbia mit einer Parodie aufzutrumpfen, die alles in den Schatten stellen sollte, was die regulären Agententhriller jener Zeit und auch ihre diversen mehr oder weniger gelungenen Epigonen auszeichnete, indem sie selbige einfach ad absurdum führte.
Nun, man kann nur mutmaßen, welche Halluzinogene die Kreativköpfe zu diesem zelluloidgewordenen Irrsinn angestiftet haben, aber davon abgesehen, dass man ihn sicherlich als 'interessant' bezeichnen kann, ist "Casino Royale" eine brutale Nervensäge. Der Film zerfasert völlig im Zuge seiner Maßlosigkeit und der unbedingten Prämisse, jede noch so paradoxe Absurdität im nächsten Moment durch eine noch größere abzulösen. Diverse weit ausholende Szenen sind dem faktisch ohnehin kaum vorhandenen Plot in keinster Weise dienlich, sondern völlig selbsträsonistisch geraten. Der alte Spruch von der linken Hand, die nicht weiß, was die rechte tut, traf daher auch selten so sehr auf ein Kinostück zu wie auf dieses. Fünf nominell vertretene Regisseure und mindestens ebenso viele Autoren warfen ihre Ideen in einen Topf und durften diese auch noch wild durcheinander realisieren, so dass am Ende ein völlig durchgedrehtes Pasticcio herauskam, dem man unter Garantie keinerlei vernünftige Produktionsägide anmerkte. Ob James Bond infolge einer schottischen Beerdigung Boule mit massiven Steinkugeln spielen oder seine Tochter aus einem indischen Ashram herausholen muss, ob selbige in Berlin durch expressionistische Stummfilmkulissen wandeln, Woody Allen kleine Zeichentrick-Atomwölkchen hervorrülpsen oder Bebel mehrfach 'Scheiße' rufen muss - "Casino Royale" ist eines der wenigen wahren manifestierten Äquivalente zu blankem Nonsens.

5/10

James Bond 007 Parodie Schottland Berlin London John Huston Robert Parrish Val Guest Ken Hughes Joseph McGrath Woody Allen Frankreich Casino


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THUNDERBALL (Terence Young/UK 1965)


"Do you mind if my friend sits this one out? She's just dead."

Thunderball (Feuerball) ~ UK 1965
Directed By: Terence Young

Mittels eines komplizierten Planes bringt die Terrororganisation SPECTRE zwei Atomraketen aus einem entführten NATO-Bomber an sich und erpresst damit die britische Regierung. Durch einen besonderen Zufall hat James Bond (Sean Connery) während eines Erholungsaufenthalts in einem südenglischen Sanatorium bereits Wind von der Sache bekommen und ahnt, wo SPECTRE die Raketen versteckt halten könnte: Nämlich in der Nähe von Nassau. Hier nimmt Bond Kontakt zu Domino Derval (Claudine Auger), der Schwester des ermordeten Piloten François Derval (Paul Stassino) auf. Sie wiederum steht im Kontakt mit dem einäugigen Gangster Emilio Largo (Adolfo Celi) - SPECTREs Nr. 2.

"Thunderball" war nach dem bereits in diese Richtung weisenden "Goldfinger" so 'over the top', dass für Folgeprojekte scheinbar keine Luft mehr nach oben blieb. Schon die Prä-Titel-Sequenz, in der Bond in Frankreich mit dem SPECTRE-Mann Jacques Bouvar (Bob Simmons) abrechnet und hernach mithilfe eines Jetpacks entflieht, liefert entsprechende Vorgaben. Richtig wild wird es dann bereits in der sich anschließenden Vorstellung der SPECTRE-Zentrale, in der der Kopf der Gruppe, Ernst Stavro Blofeld, sich wieder einmal nur halsabwärts zeigt, natürlich nicht ohne sein Markenzeichen, der permanent gekraulten, weißen Perserkatze. Die Szenen im Sanatorium, in denen Bond sich vornehmlich mit Largos Helfershelfer Graf Lippe (Guy Doleman) kebbelt, sind dann eher witzig und geben Gelegenheit zu einigen Albernheiten. Der Showdown schließlich ist blanker Irrsinn: Eine Unterwasserschlacht zwischen SPECTRE- und CIA-Agenten, in der sich besonders Bond durch diverse Totschläge hervortut. Dass dem Mann nie jemand vorgeworfen hat, ein passionierter Massenmörder zu sein, ist schon erstaunlich. Die Bahamas derweil werden hier so pittoresk ins Bild gesetzt wie kein Handlungsschauplatz zuvor: "Thunderball" ist rein zufällig auch der erste Panavision-Bond.
Eine Randnotiz in eigener Sache: Claudine Auger ist nach meinem Gusto die bis heute aparteste Bond-Freundin und in dieser Hinsicht absolut ungeschlagen und eigentlich auch kaum bedroht. Eine Frau von wahrhaft astronomischer Physis und Eleganz.

10/10

Terence Young James Bond 007 Karibik Bahamas Atombombe Terrorismus Hai


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GOLDFINGER (Guy Hamilton/UK 1964)


"The julep tart enough for you?"

Goldfinger ~ UK 1964
Directed By: Guy Hamilton

James Bond (Sean Connery) soll direkt nach einer Mission in Lateinamerika den Goldsschmuggler Auric Goldfinger (Gert Fröbe) aufs Korn nehmen, dessen nächste geplante Aktivitäten sich offensichtlich auf ein noch wesentlich größeres Unternehmen fixieren als den bloßen illegalen Edelmetallexport. Bond tastet sich langsam an Goldfinger heran und nachdem er ein paarmal um Haaresbreite den Kopf und andere Dinge eingebüßt hat, findet er endlich um Goldfingers wahre Absichten heraus. Mithilfe von dessen Privatsekretärin Pussy Galore (Honor Blackman) kann Bond jenes Vorhaben verhindern.

Eine Aussage darüber, ob "Goldfinger", wie häufig und gern behauptet, tatsächlich der beste Bond-Film ist, möchte ich momentan lieber noch zurückstellen. Er vereint aber womöglich deutlich nachvollziehbarer als die meisten anderen Beiträge all die Qualitäten und Angriffspunkte, die James Bond von jeher ausmachen: Der finale Schritt in den Comic-/Science-Fiction-Bereich ist jetzt nahezu getan, Bonds obilgatorische Unverletzbarkeit durch sein ironisches Vorgehen noch wesentlich signifikanter als in den beiden Vorgängern. Der Agent hat noch mehr Gelegenheit, sich als Mann von Welt und Geschmack zu profilieren als zuvor, etwa, indem er über teuren Brandy referiert, und erweist sich letzten Endes als eine Art Superheld, die ihre größten Erfolge dem Zufall zu verdanken hat. Auch der Sexismus der Figur erreicht hier einen von vielen noch folgenden Höhepunkten: Schlüsselperson im finalen Schachzug gegen Goldfingers Masterplan ist eine schöne, zunächst widerborstig und eigensinnig gezeichnete Frau, die Bond durch eine 'erzwungene Verführung' umdreht. Spermainjektion als Form der Gehirnwäsche - mal etwas ganz anderes. Gert Fröbe war der erste Widersacher, der Sean Connery darstellerisch geradezu grotesk in die Schranken wies und der sich damit als wahre Herz-/Kreislaufmaschine des Films präsentierte, ganz zu schweigen von der weiteren, von nun an fest zum Repertoire zählenden Personalie: Goldfingers Killer Odd-Job, von dem kompakten Hawaiianer Harold Sakata gegeben, machte auch des Bösewichts Leibwächter zur Karikatur.
Schließlich Bonds legendäres Fahrzeug, der mit allerlei Extras ausgestattete Aston Martin DB5, bis heute nicht nur des Spions schickstes, sondern vermutlich auch sein populärstes und beliebtestes Accessoire aus der Abteilung Q-Branch, das, im Gegensatz etwa zu Roger Moores weit weniger zeitlosem Lotus Esprit, immer wieder reaktiviert wurde und wird.

10/10

James Bond 007 Guy Hamilton Florida Kentucky Schweiz Golf Alpen Fort Knox Gold car chase


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FROM RUSSIA WITH LOVE (Terence Young/UK 1963)


"There's a saying in England: Where there's smoke, there's fire."

From Russia With Love (Liebesgrüße aus Moskau) ~ UK 1963
Directed By: Terence Young

Die Verbrecherorganisation SPECTRE plant neues Unheil: Um an eine russische Dechiffriermaschine Marke 'Lector' zu kommen, soll die Ex-Chefin des sowjetischen Geheimdienstes SMERSH, Rosa Klebb (Lotte Lenya), ihre frühere Untergebene Tatjana Romanova (Daniela Bianchi) anstiften, James Bond (Sean Connery) mittels Aktivierung seiner erotischen Instinkte nach Istanbul zu locken und mit ihr zusamen die Lector aus dem russischen Konsulat zu stehlen. Ohne es zu bemerken, stehen dich die beiden Geheimdienste am Bosporus gegenüber und wähnen sich jeweils im Vorteil. Erst als der SPECTRE-Killer Donald Grant (Robert Shaw) im Zug nach Italien einen Zweikampf gegen Bond verliert, wird der Agent sich bewusst, wer wirklich hinter dem Plan steckt...

Die Welt sollte hier zwar noch nicht gerettet werden, selbst die westliche nicht, aber der Kalte Krieg hielt nun endlich auch filmischen Einzug bei James Bond, sogar nominell in Wort und Buch. Außerdem startete "From Russia With Love" die vielgeliebte Prä-Titel-Sequenz, in der der ebenso furchterregende wie sadistische Donald Grant eingeführt wird, als er beim Training ein maskiertes Bond-Double erledigt. Fürderhin lebt dieser zweite, recht flugs hinterdrein geschobene Bond-Film von seinem im Vergleich zu "Dr. No" nochmals deutlich weiterentwickelten Faible für exotische Schauplätze. Istanbul als Dreh- und Angelpunkt für einen Spionage-Schmelztiegel ist eine erstklassige Wahl, wofür besonders der ortskundige Lebemann Kerim Bey (Perdo Armendáriz) als eine Art Touristenführer steht. John Barrys Musik entwickelt sich ebenfalls merklich. Erstmals ist neben der Ur-Melodie von Monty Norman auch das wunderbare Thema "007" zu hören, von jetzt ab fester Bestandteil in etwa jedem zweiten Bond-Film. Auffällig die nicht wenigen Hitchcock-Parallelen: Der Zug als Schauplatz kriminalistischer Intrige, die Verfolgung eines per pedes Flüchtenden mit Fluggerät.
"From Russia With Love" macht mit seiner stark fluktuierenden Story jedenfalls massig Freude und ist ein noch besserer Film als der Vorgänger.

9/10

James Bond 007 Terence Young Peter Hunt Türkei Istanbul Zug Zigeuner Venedig Kalter Krieg


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DR. NO (Terence Young/UK 1962)


"East, West - just points of the compass, each as stupid as the other."

Dr. No (James Bond 007 jagt Dr. No) ~ UK 1962
Directed By: Terence Young

Der halbchinesische Atomwissenschaftler und Superverbrecher Dr. No (Joseph Wiseman) versucht mittels des "Toppling"-Verfahrens, die Raketenstarts von Cape Caneveral zu stören. Seine Basis liegt auf der kleinen Insel Crab Key vor der Küste Jamaicas. Nachdem ein britischer Agent (Tim Moxon) ihm auf die Schliche zu kommen droht und Dr. No diesen ermorden lässt, rückt James Bond (Sean Connery) nach. Nach einigen Schwierigkeiten mit Nos Helfershelfern kann er endlich den Drahtzieher kaltstellen und dessen Hauptquartier in die Luft jagen.

Im schnittigen Stil der frühen Sechziger kam der fleischgewordene Mannes- und Männertraum James Bond daher - trotz denkbar ungesunder Lebensweise und von jedem physischen Laster mit Ausnahme illegaler Drogen vereinnahmt war der Agent nicht nur äußerst viril und attraktiv, er durfte auch im Einsatz töten und nutzte diese Option nicht selten und dazu noch recht unwirsch. Dennoch war er in guter, westlicher, kapitalistisch-imperialistischer Mission unterwegs; ein Chauvinist und Snob, promisk bis zum Abwinken und fernab jedweder politischer Korrektheit. So etablierte sich Bond und so lieben ihn seine Anhänger bis heute. Trotz der Langlebigkeit der Reihe sah sich das Franchise interessanterweise stets davor gefeit, ins Fernsehen abzurutschen oder zu bloßem Serienformat zu schrumpfen; dazu gestalteten sich die Missionen des Helden dann doch zu aufwändig und kosmopolitisch und die stilistischen Eskapaden der Filmemacher und Scriptautoren als zu wenig schablonenkompatibel. Der erste Bond-Regisseur Terence Young war möglicherweise der sicherste Handwerker von allen; ein konzentrierter Genrefilmer, der auf die Tube drückte, wenn es nötig war, seinen Figuren und seiner Geschichte jedoch hinreichend Platz zum Atmen ließ. So lässt sich die Funktion von "Dr. No" vor allem als Messlatte und Stichwortgeber der weiteren Serienbeiträge validieren, dem allgemein die Folgefilme und speziell die Filme mit Sean Connery immens viel verdanken. Auch, wenn hier noch nicht alles in Serie gehen soll: Eine Prä-Titel-Sequenz gibt es noch nicht, Q nennt sich noch Major Boothroyd und wird von einem gewissen Peter Burton gegeben, Bonds Gadgets bestehen aus seiner neuen Walther PPK und einem Geigerzähler. Mehr ist nicht. Dafür gibt es wunderbaren Calypso-Sound und regelrechte Nebencharakter-Evergreens wie den abergläubischen Bootsverleiher Quarrel (John Kitzmiller).

8/10

James Bond 007 Terence Young Peter Hunt Jamaica mad scientist Karibik


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SKYFALL (Sam Mendes/UK, USA 2012)


"I always hated this place."

Skyfall ~ UK/USA 2012
Directed By: Sam Mendes

Nachdem er kurzzeitig als im Einsatz vermisst und möglicherweise tot gilt, muss James Bond (Daniel Craig) seiner Chefin M (Judi Dench) den Rücken decken. Aus deren früheren Einsatzzeiten in Hong Kong kehrt nämlich der mittlerweile wahnsinnig gewordene Ex-Agent Silva (Javier Bardem) zurück und will sich pikanterweise auis denselben Gründen an ihr rächen, deretwegen nunmehr auch Bond gewisse Ressentiments gegen M hegt: Sie hat ihn einst im Stich gelassen, um die zugrunde liegende Mission nicht zu gefährden. Zunächst kann Silva festgesetzt werden, doch ist sewlbst dies bloß Teil seines perfekt ausgeklügelten Plans zu Ms Vernichtung. Bond sieht nur eine Chance gegen den High-Tech- Terroristen: Er verlagert den Kampfschauplatz ins schottische Hochmoor, zu seinem früheren Familiensitz.

Es gibt also doch noch einen Bond-Freund, irgendwo da oben: "Skyfall" markiert, pünktlich zum 50. Kinojahrestag des Agenten, den besten Film der Reihe seit "Licence To Kill" und somit seit immerhin 23 Jahren: Er macht, und das wäre gleich das Wichtigste, die müden bis beliebigen Brosnan-Auftritte vergessen, bringt endlich und (hoffentlich) endgültig Craig auf Kurs und schafft das, was den beiden ersten Beiträgen mit ihm in der Hauptrolle nicht gelungen ist: Einen Brückenschlag zwischen den vermeintlich tradiert-antiquierten Rahmenbedingungen des klassischen Bond-Kosmos und modernem Genrekino, ohne einem von beiden den Vorzug zu geben oder seine Selbsteflexivität bzw. seinen Retrochic zum Selbstzweck verkommen zu lassen, wie es ja mittlerweile Gang und Gäbe ist in entsprechend verwurzelten Werken. Das Produktionsdesign, ganz besonders die von Licht- und Leuchtspielen durchtränkte Kulisse Shanghais, stellt einen hochästhetischen Traum dar, die Damen sind schön wie lang nicht mehr, Bardems Bösewicht ist von bester alter Schule (die Szene, in der er sein Kieferknochensubstitut entfernt, hat wahren Albtraumcharakter) und Szenen wie die mit den Komodo-Waranen im Casino wären sowieso first class.
Das man sich künftig ohnehin wieder bewährter Validität zu befleißigen gedenkt und Bond mit alten Tugenden für die Zukunft einstielt, kann jemanden wie mich nur glücklich machen. Zudem habe ich jetzt endlich wieder, seit vielen Jahren, die Motivation für eine Komplett-Rückschau gewonnen, worin wohl das größte Verdienst dieses tollen Films liegt. Höchst erfreulich!

8/10

James Bond 007 Sam Mendes London Shanghai Istanbul Schottland Terrorismus China Türkei Freundschaft Duell Stuart Baird


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THE VETERAN (Matthew Hope/UK 2011)


"Fear is justification, fear is control, fear is money."

The Veteran ~ UK 2011
Directed By: Matthew Hope

Kaum wieder in seinem alten Südlondoner Viertel angekommen, hat der frischgebackene Irak- und Afghanistan-Veteran Robert Miller (Toby Kebbell) keinerlei Zeit, seinen Kriegstraumata zu begegnen: Sein Nachbar Fahad (Ivanno Jeremiah) klagt über die brutale Regentschaft des Ghettobarons Jones (Ashley Thomas), derweil Miller von einer Regierungsorganisation angeworben wird, in London befindliche, salafistische Terrorzellen auszukundschaften. Als er feststellt, dass er nur ein winziges Zahnrädchen in einem international operierenden Industriegefüge war und ist, greift Miller zur Waffe...

Durchaus interessante Melange aus "Taxi Driver", "The Exterminator", "Harry Brown" und den Verschwörungs-/Paranoia-Thrillern der Siebziger - freilich im postmodernen Gewand der neuen britischen Welle.. Toby Kebbell als ebenso kompromissloser wie psychisch angegriffener Kriegsmassenmörder findet im heimischen Londoner Tagesgeschäft keinen rechten Halt mehr; die Suche nach Alltagsberufen verläuft erfolglos, stattdessen lässt er sich von einer nicht näher definierten Organisation anwerben, um in deren Weisung die Undercover-Agentin Alayna (Adi Bielski) loszueisen und herauszufinden, wie und wo die islamistische Weltbedrohung in London operiert. Damit nicht genug, geht sein Sozialbauviertel immer mehr vor die Hunde: Der Dealer Jones rekrutiert pausenlos Ghettokids um seine Privatarmee zu stärken. In Millers längst von omipräsenter Gewalt okkupiertem Weltverstehen verschmelzen diese beiden Zustände zu einem Korridor des Amoklaufs, der endgültig entfesselt wird, als er die Wahrheit über die moderne globale Kriegsführung erfahren und seine heimliche Liebe Alayna ebenso wie seinen Freund Farad an dessen Wirren verlieren muss. Sein Aufbegehren ist jedoch nur von kurzer Prägnanz und von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Besonders das Finale von "The Veteran" weiß nach manchem narrativen Irrläufer mit seiner kompromisslosen Desillusioniertheit zu beeindrucken, das dann auch nicht mehr die Fantasie zur metarealen Überhöhung aufbringt wie es seine Ahnherren, die Rächerfilme von vor dreißig, vierzig Jahren vermochten. Heute ist keine Zeit mehr für Helden, und mögen sie noch so wahnhaft sein. Heute endet das Aufbegehren des Individuums mit dem Blick in den Lauf einer Handfeuerwaffe, gehalten von einem Zwölfjährigen. Bang, you're dead.

7/10

Terrorismus Verschwörung Matthew Hope London Slum Spionage Rache


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TOTAL RECALL (Len Wiseman/USA, CA 2012)


"The past is just a mental construct."

Total Recall ~ USA/CA 2012
Directed By: Len Wiseman

Gegen Ende des Jahrhunderts sind die meisten Flächen der Erde durch Menschenhand unbewohnbar geworden und die globale Bevölkerung zieht sich auf die britische Insel sowie den australischen Kontinent, nurmehr "Kolonie" genannt, zurück. Lebensraum ist zum wichtigen Kapital- und Handelsgut geworden. Die beiden Landmassen sind durch einen gigantischen, mitten durch den Erdkern laufenden Tunnel miteinander verbunden. Der von einem seltsamen Traum verfolgte Arbeiter Doug Quaid (Colin Farrell) nutzt diesen täglich, um von seiner Wohnung in der Kolonie zu seinem Arbeitsplatz in Britannien zu gelangen. Hier herrscht auch der undurchsichtige Diktator Cohaagen (Bryan Cranston), der zur Sicherung seiner Macht eine synthetische Polizeiarmee einsetzt, an deren Aufbau Quaid mitwirkt. Als dieser sich eines Tages entschließt, zu der Firma Rekall zu gehen, die ihren Kunden künstliche Erinnerungen implantiert, gerät sein Leben aus den Fugen. Ist er wirklich ein Doppelagent Cohaagens und sein zuletzt gelebtes Leben bloß eine Illusion?

Dass Len Wiseman Verhoevens monumentale Adaption der Dick-Geschichte "We Can Remember It For You Wholesale" eifrig studiert hat, um deren Beliebtheit weiß und an jeder Ecke seiner Variation entsprechende Reminiszenzen unterbringt, damit kann man leben. Wie man eigentlich überhaupt mit dem ganzen Film leben kann, der jawohl dem Vernehmen nach in der von mir geschauten Director's-Cut-Fassung deutlich gegenüber dem noch tumberen Kinoschnitt deutlich aufgewertet sein soll. Aber, glücklicherweise, nicht muss. Immerhin werden auch in dieser Version Zweifel an der erlebten Agenten-Realität Quaids gesät, wenngleich die herrlich irreale Atmosphäre des "Originals", nicht zuletzt durch den Schauplatz Mars und den viel pulpigeren und interessanteren Mutanten-Subplot deutlich lebendiger evoziert, zu keinem Zeitpunkt erreicht wird. "Total Recall" 12 verliert auch sonst in jeder Hinsicht gegenüber Verhoevens monolithischem Werk. Nicht zuletzt auch in Bezug auf dessen brachialen Einsatz visueller Gewalt, die hier erwartungsgemäß der stets jugendfrei und steril wirkenden, typisch klinischen Wiseman-Kinetik weichen muss.
Blutleere Neuverfilmungen wie diese taugen wohl vor allem zu einem Zweck: Auf der Habenseite zementieren sie den Status des Vorbildes, ermöglichen neue Bewertungen desselben, veranschaulichen analog dazu jedoch auch die besorgniserregende, immer weiter zunehmende Risikoarmut Hollywoods.

5/10

Len Wiseman Remake Zukunft Dystopie D.C. Philip K. Dick Kurt Wimmer


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ROSEBUD (Otto Preminger/USA 1975)


"Allah! Why did you leave me?"

Rosebud (Unternehmen Rosebud) ~ USA 1975
Directed By: Otto Preminger

Die arabische Terrorgruppe "Schwarzer September" entführt fünf befreundete Töchter (Brigitte Ariel, Isabelle Huppert, Lalla Ward, Kim Cattrall, Debra Berger) international renommierter Wirtschaftsbosse und Politiker von einer Motoryacht im Mittelmeer. Nachdem zwei von ihnen freigelassen wurden, kündigen die Drahtzieher an, dass sie die verbleibenden drei Geiseln erst nach größeren Zeiträumen zu gehen lassen gedenken. Der bereits eingeschaltete Undercover-Agent Larry Martin (Peter O'Toole) zieht alle strategischen Register, um die auf Korsika befindlichen Mädchen herauszupauken.

Dieser eher schlecht beleumundete, um den Nahostkonflikt kreisende Politthriller ist vor allem angesichts der gegenwärtig wieder aufflammenden Krise in Palästina von ungebrochen erschreckender Zeitlosigkeit. Wenn Richard Attenborough als ebenso reicher wie fanatischer West-Oberscheich Edward Sloat den Heiligen Krieg predigt, dann mag man bei aller Trivialität des hier verwandten Stoffes kaum glauben, dass ebenjene Leier nunmehr bereits seit über einem halben Jahrhundert über das internationale Politparkett geistert. Tatsächlich scheint dem damals knapp siebzigjährigen Regisseur, der seine Verbundenheit mit dem Sujet bereits in "Exodus" zum Ausdruck gebracht hatte, hier und da etwas die Puste auszugehen - dennoch ist "Rosebud" als Zeitdokument inmitten thematisch ähnlicher Filme wie "21 Hours At Munich" oder "Black Sunday" nach wie vor interessant zu beobachten. Eine illustre Besetzung, die unter anderem Raf Vallone, Peter Lawford, den späteren Cannon-Standard Joseph Shiloach und Klaus Löwitsch unter einen Deckel bringt, verleiht dem hier und da sicherlich etwas käsig geratenen Film einen Hauch Glamour. Und bei aller Unübersichtlichkeit der teils wildeste Haken schlagenden Geschichte muss man vor allem das clevere Ende hervorheben. Mir hat's gefallen.

7/10

Otto Preminger Berlin Hamburg Paris Libanon Korsika Nahost-Konflikt Terrorismus Kidnapping





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Funxton

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