THE WAR ZONE (Tim Roth/UK, I 1999)
von Funxton ·
30. Januar 2010, 11:03
Kategorie:
Drama
Aufrufe: 1.663
"What're we gonna do now?"
The War Zone ~ UK/I 1999
Directed By: Tim Roth
Nach ihrem Umzug ins raue Devonshire scheint für Toms (Freddie Cunliffe) Familie soweit alles ganz gut zu laufen. Die Mutter (Tilda Swinton) ist schwanger und wird demnächst ein kleines Mädchen zur Welt bringen, der Vater (Ray Winstone) gibt sich recht erfolgreich im Handel mit Antiquitäten. Nur der Fünfzehnjährige selbst ist alles andere als zufrieden mit seinem erzwungenen Leben in der Einöde. Eines Tages entdeckt er dann seine drei Jahre ältere Schwester Jessie (Lara Belmont) zusammen mit dem Vater in der Badewanne. Zur Rede gestellt, winkt diese ab, leugnet, flüchtet aus. Nach einem weiteren heimlich beobachteten Erlebnis in einem Bunker an der Küste ist sich Tom dann sicher, dass Jessie vom Vater missbraucht wird. Als dieser sich dann auch noch an der neugeborenen Alice vergreift, sieht Tom nur einen Ausweg...
Tim Roths bislang einzige Regiearbeit ist ein Höhepunkt des transgressiven Kinos, einem Knüppel zwischen den Beinen gleich, und zählt zum Heftigsten und Unerträglichsten, was ich an Film kenne. Das Missbrauchsthema greift Roth, der sich im Zuge der Dreharbeiten selbst als ehemaliges Opfer geoutet hat, so unerbittlich, schnonungslos und ehrlich auf, wie es eben möglich ist. Vor allem die Sprengung der familiären Grenzen, die verzweifeln machende Offenlegung der absoluten Dysfunktionalität dieses auf wenige Personen begrenzten, an sich so verschworenen Mikrokosmos kehrt "The War Zone" nach außen, ganz zu schweigen von der nur allzu typischen Reaktion des zu Beginn als so nett und patent eingeführten Vaters im Angesicht der Konfrontation mit der Wahrheit. Roths Film verweigert sich schließlich jeder Lösung für seine Beteiligten und lässt sie der inneren und äußeren Leere anheim fallen, die ein sich als guter Patriarch tarnender Zerstörer nur hinterlassen kann, lebend oder tot.
Roth ist einer der wichtigsten, wenn nicht gar der wichtigste Spielfilmbeitrag zum Topos 'sexueller Missbrauch innerhalb der Familie' gelungen. "The War Zone" affektiert in höchstem Maße und fügt mit seiner unnachgiebigen Intensität beinahe physische Schmerzen zu. Mir war nach der Betrachtung dermaßen übel, dass ich mich fast übergeben musste und der an sich geplante Nachfolgefilm musste wegen unvorhergesehener Publikumsüberforderung ausfallen. Werde ich mir frühestens in zehn Jahren wieder ansehen (können). Ehrfurchtgebietend gut.
10/10
Sexueller Missbrauch Inzest England Transgression Tim Roth Familie
The War Zone ~ UK/I 1999
Directed By: Tim Roth
Nach ihrem Umzug ins raue Devonshire scheint für Toms (Freddie Cunliffe) Familie soweit alles ganz gut zu laufen. Die Mutter (Tilda Swinton) ist schwanger und wird demnächst ein kleines Mädchen zur Welt bringen, der Vater (Ray Winstone) gibt sich recht erfolgreich im Handel mit Antiquitäten. Nur der Fünfzehnjährige selbst ist alles andere als zufrieden mit seinem erzwungenen Leben in der Einöde. Eines Tages entdeckt er dann seine drei Jahre ältere Schwester Jessie (Lara Belmont) zusammen mit dem Vater in der Badewanne. Zur Rede gestellt, winkt diese ab, leugnet, flüchtet aus. Nach einem weiteren heimlich beobachteten Erlebnis in einem Bunker an der Küste ist sich Tom dann sicher, dass Jessie vom Vater missbraucht wird. Als dieser sich dann auch noch an der neugeborenen Alice vergreift, sieht Tom nur einen Ausweg...
Tim Roths bislang einzige Regiearbeit ist ein Höhepunkt des transgressiven Kinos, einem Knüppel zwischen den Beinen gleich, und zählt zum Heftigsten und Unerträglichsten, was ich an Film kenne. Das Missbrauchsthema greift Roth, der sich im Zuge der Dreharbeiten selbst als ehemaliges Opfer geoutet hat, so unerbittlich, schnonungslos und ehrlich auf, wie es eben möglich ist. Vor allem die Sprengung der familiären Grenzen, die verzweifeln machende Offenlegung der absoluten Dysfunktionalität dieses auf wenige Personen begrenzten, an sich so verschworenen Mikrokosmos kehrt "The War Zone" nach außen, ganz zu schweigen von der nur allzu typischen Reaktion des zu Beginn als so nett und patent eingeführten Vaters im Angesicht der Konfrontation mit der Wahrheit. Roths Film verweigert sich schließlich jeder Lösung für seine Beteiligten und lässt sie der inneren und äußeren Leere anheim fallen, die ein sich als guter Patriarch tarnender Zerstörer nur hinterlassen kann, lebend oder tot.
Roth ist einer der wichtigsten, wenn nicht gar der wichtigste Spielfilmbeitrag zum Topos 'sexueller Missbrauch innerhalb der Familie' gelungen. "The War Zone" affektiert in höchstem Maße und fügt mit seiner unnachgiebigen Intensität beinahe physische Schmerzen zu. Mir war nach der Betrachtung dermaßen übel, dass ich mich fast übergeben musste und der an sich geplante Nachfolgefilm musste wegen unvorhergesehener Publikumsüberforderung ausfallen. Werde ich mir frühestens in zehn Jahren wieder ansehen (können). Ehrfurchtgebietend gut.
10/10
Sexueller Missbrauch Inzest England Transgression Tim Roth Familie