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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE ADVENTURES OF BARON MUNCHHAUSEN (Terry Gilliam/UK/BRD 1988)


"It's all logic and reason now. Science, progress, laws of hydraulics, laws of social dynamics, laws of this, that, and the other. No place for three-legged cyclops in the South Seas. No place for cucumber trees and oceans of wine. No place for me."

The Adventures Of Baron Munchhausen (Die Abenteuer des Baron Münchhausen) ~ UK/BRD 1988
Directed By: Terry Gilliam


Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, zur Zeit der Aufklärung: Eine nicht näher bezeichnete, mitteleuropäische Küstenstadt wird von einem aufgebrachten türkischen Sultan (Peter Jeffrey) und dessen Armee belagert. Zur gleichen Zeit gastiert innerhalb der Stadtmauern der Theaterimpresario Henry Salt (Bill Paterson) und lenkt die Bewohner mittels leichter Unterhaltung von den Gedanken an ihr unvermeidliches Ende ab. Eine seiner Komödien dreht sich um den Lügenbaron Münchhausen und dessen Abenteuer. Eines Abends platzt der Baron (John Neville) persönlich in eine von Salts Vorstellungen, empört sich über deren vermeintlichen Realitätsverdrehungen und erzählt eine angeblich wahre Geschichte, die zufällig davon handelt, wie eine von einem türkischen Sultan belagerte Stadt von ihm und seinen Freunden (Eric Idle, Charles McKeown, Jack Purvis, Winston Dennis) befreit wurde...

Gilliams "Brazil"-Nachfolger verbuchte seinen nachhaltigen Bekanntheitsgrad vor allem als legendärer Budgetsprenger. Wie schon nach der Fertigstellung der letzten Arbeit musste das Ex-Python-Mitglied zermürbende Grabenkämpfe betreffs seiner künstlerischen Vision mit Verleihern und Produzenten austragen; diesmal legte ihm neben den studio executives, dem frühzeitig abgesprungenen Arnon Milchan sowie einer sich verprellt fühlenden britischen Filmversicherungsgesellschaft der Karlsruher Finanzmeister Thomas Schühly diverse Steine in den Weg. Schühly trieb es soweit, dass er am Ende zu Erpressungszwecken die Filmdosen stahl, um von Columbia seine Gage zu erhalten. Die wiederum bösen Rivalitäten führten dazu, dass "Münchhausen" nur sehr unzureichend promotet wurde und bei einem für damalige Verhältnisse riesigen Budget an den Kassen unterging wie das Seeungeheuer, aus dessen Bauch Münchausen und seine Mitstreiter sich mittels einer Prise Schnupftabak befreien. Das alles einem unzureichend gestalteten viralen Marketing zuzuschreiben wäre jedoch verlogen; Gilliam macht schlicht keine Filme für die breite Masse und im Grunde war (und ist) es aus rein kommerzieller Warte Wahnsinn, den Mann zur Verwirklichung seiner überbordernden Visionen knappe 40 Millionen Dollar verpulvern zu lassen. Für Gilliam-Freunde ist "Münchhausen", wie auch "Time Bandits" und "Brazil" eine große Fabel über den Wert geistiger Freiheit in Zeiten strenger Logik, ein Hochgenuss, ein manchmal infernalisches, schwarzes Märchen, das trotz seiner vordergründig kindlichen Aufmachung auch bizarre und finstere Motive wie einen schwarzen Todesengel (der auf der Jagd ist nach Münchhausens 'spirit' und damit nach der Essenz aller Märchen und Geschichten), ein verrücktes Mondehepaar oder rollende Sarazenenköpfe nicht ausspart. Physikalische Gesetzmäßigkeiten interessieren Gilliam indes genausowenig wie seine Titelfigur - wenn unser Erdtrabant von hier aus wie eine Sichel ausschaut, dann muss er wohl auch eine sein.
Eigentlich ist es doch so: Gilliam und Münchhausen sind ein- und desselben Geistes Kinder, große Geschichtenerzähler und Unterhalter, Könige ihrer eigenen Welten.

9/10

Kinder Groteske Parabel Maerchen Terry Gilliam Historie Megaflop


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POPEYE (Robert Altman/USA 1980)


"Eat that spinach!"

Popeye ~ USA 1980
Directed By: Robert Altman


Der schlagkräftige Matrose Popeye (Robin Williams) kommt in das kleine Städtchen Sweethaven, wo er die staksige Olive Oyl (Shelley Duvall) und den üblen Gauner Bluto (Paul L. Smith) kennenlernt, überraschend zum Papa eines Findelkinds wird un endlich seinen lang gesuchten Vater Poopdeck Pappy (Ray Walston) wiederfindet.

Starke Nerven sind gefragt für jene wagemutigen Zuschauer, die sich unerschocken an diesen gewagten Hybrid aus Mainstream- und Experimantalkino zu wagen trachten. Sind schon die alten King Features-Cartoons um den naserümpfenden Spinatgenießer Popeye und seine bescheuerte Bagage kein ausgesprochenes Hirnfutter, so hält Altmans Film noch einige zusätzliche Absonderlichkeiten bereit, die sich in einigen bizarren Musicalnummern und den gleichfalls ungewöhnlichen und malerisch schönen maltesischen set pieces ausdrücken. Manchmal ist der ganze Blödsinn sogar richtig lustig. Und trotz des für ihn halsbrecherisch scheinenden Sujets verzichtet Altman nie auf seine üblichen Erkenneungsmerkmale wie lange Weitwinkelschwenks und garantiert so, dass dieses ansonsten jeder rationalen Einordnung a priori spottende Stück Kino stets gut als das seine erkennbar bleibt.

6/10

Comic Groteske Farce Robert Altman Megaflop


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LAND OF THE PHARAOHS (Howard Hawks/USA 1955)


"You prepare the fastest camels. I ride for Luxor tonight."

Land Of The Pharaohs (Land der Pharaonen) ~ USA 1955
Directed By: Howard Hawks


Ägypten, vor etwa viereinhalbtausend Jahren: Pharao Khufu (Jack Hawkins), beeindruckt von der Konstruktion der Verteidigungsbarrieren auf seinem letzten Feldzug, wünscht, dass der nunmehr von ihm versklavte Architekt Vashtar (James Robertson Justice) ein repräsentatives Pharaonengrabmal konstruiere, das vor Grabräubern absolut sicher ist. Im Gegenzug ließe Khufu Vashtars Volk heimkehren. Einige Jahre später, die gigantische Pyramide befindet sich bereits seit langem im Bau, bietet sich dem Pharao die junge Prinzessin Nellifer von Zypern (Joan Collins) selbst im Austausch für einen nicht zu entrichtenden Naturalienbtribut an. Khufu lässt sich von der Wildheit und Unbeugsamkeit der Schönen blenden und übersieht neben ihrer charakterlichen Falschheit, dass sie ebenso gierig nach Gold und Reichtümern ist wie er selbst. Schließlich findet er sein Verderben durch ihren Verrat.

Auch wenn sich Henri Langlois von Hawks' einzigem Monumentalfilm sehr angetan zeigte - der Regisseur konnte und mochte auch im Nachhinein nicht verhehlen, dass dies schlichterdings nicht sein Metier war. "Land Of The Pharaohs", ein fast schon obszön pompöses Werk, für das Hawks in einer Szene 12.000 Statisten aufmarschieren ließ (engagierte muss man dazu sagen, für russische Produktionen drapierte man teilweise sogar doppelt so viele Komparsen im Bild, die sich dann allerdings auch aus der staatlichen Armee rekrutierten), sieht zwar blendend aus, lässt es aber an der kindlichen Überzeugungskraft fehlen, die die großen Konkurrenzwerke mit oftmals biblischem Unterbau (auch dieser fehlt ja hier) ausstrahlten. Nicht umsonst bezeichnet man das Sandalenepos heute gern als 'campy', eine Kategorisierung, der sich ein Hawks-Film normalerweise bereits prinzipiell entzieht, die zu "Land Of The Pharaohs" jedoch passt wie gespuckt. Der Dialog gibt sich ganz unverhohlen ominös und lässt die Schauspieler durch ihre Szenerien stapfen wie Schmierenakteure; das geschichtsmoralische Fundament vom Hochmut der antiken Weltreiche, die später allesamt umso tiefer fallen sollten, ist regulärer Bestandteil des Monumentalepos, wurde im Film ansonsten jedoch höchstens noch in italienischen Billigproduktionen auf so dummdreiste Weise veräußert.
"Land Of The Pharaohs" ist somit dann doch wieder etwas Besonderes, ein Trashepos in feinster Hollywood-Studio-Gewandung nämlich, saumäßig unterhaltsam und zugleich pappendämlich. Ein lohnenswerter Spaß!

7/10

Howard Hawks Historie Aegypten period piece


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AIR FORCE (Howard Hawks/USA 1943)


"Tell the crew they can sleep in the next world."

Air Force ~ USA 1943
Directed By: Howard Hawks


Eine B-17-Staffel wird ausgerechnet am 6.12.1941 - dem Vortag des Pearl-Harbor-Überfalls - von San Francisco nach Honolulu beordert. Die tapfer zusammenhaltende Besatzung eines der Bomber, von seiner Mannschaft gern als "Mary Ann" und "flying fortress" bezeichnet, bekommt den Befehl, im Angesicht des Eintritts in den Pazifikkrieg von Hawaii aus weiterzufliegen bis nach Manila. Dort kommt es wiederum zu schweren Zusammenstößen mit der japanischen Armee, die u.a. das Leben von Captain Quincannon (John Ridgely) fordern, dem Piloten der Mary Ann. Schließlich wartet die größte Bewährungsprobe auf die Besatzung, als sie vor den Philippinen eine feindliche Seeflotte ausfindig macht.

Zwei Jahre nach "Sergeant York", dessen Propagandismus noch vergleichsweise verhaltener ausfiel, führte Hawks auf das Drängen eines befreundeten, hochrangigen Offiziers Regie bei diesem von den Warners produzierten Reklame-Spielfilm für die amerikanische Luftwaffe. Technisch und formal betrachtet bewegt sich "Air Force" auf höchstem Niveau, zeigt rasante, beachtliche Actionszenen und bedient sich einmal mehr des hawks'schen Leitmotivs einer verschworenen Gruppe von Profis, die jeder äußeren Bedrohung standhalten und ihre Mission bzw. Bestimmung leidenschaftlich verfolgen. Sich im Jetzt noch über die undifferenzierte bis rassistische Darstellung der Japaner zu ereifern, die aufgrund ihrer Attacke auf Pearl Harbor als größte und feigste Kriegsverbrecher der Geschichte bezeichnet werden sowie als brutale, gesichtslose Mörder und einfach tot umfallen, wo die Amerikaner einen pathetisch aufgeladenen Heldentod sterben, lohnt nicht. "Air Force" ist, wie etliche der während dieser Zeit entstandene Filme, unverhohlene Kriegspropaganda mit tendenziösem Heldenbild, punktum. Sehr viel interessanter sind da schon die Mechanismen, mittels derer Hawks besagtes Bild ausfüllt und zugleich seine eigene Idee heroischer Tugendhaftigkeit transportiert. Der Bomber ist im Grunde bloß ein austauschbares Vehikel, das fraglos als heimlicher Hauptdarsteller fungieren sollte, für Hawks, dessen Hauptaugenmerk auf der geballten Menschlichkeit innerhalb der Metallhülle liegt, jedoch zum Mittel zum Zwecke wird. Eine eindeutige Regieleistung und ein klares Indiz dafür, wie sehr, und das ist hier durchaus positiv konnotiert, Inszenierung über bloße Inhalte triumphieren kann.

8/10

WWII Howard Hawks Pearl Harbor Propaganda Pazifikkrieg


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TIME BANDITS (Terry Gilliam/UK 1981)


"So that's what an invisible barrier looks like."

Time Bandits ~ UK 1981
Directed By: Terry Gilliam


Der kleine Kevin (Craig Warnock) gerät eines Abends von seinem Bett aus in die Gesellschaft von sechs Zwergen (David Rappaport, Kenny Baker, Malcolm Dixon, Mike Edmonds, Jack Purvis, Tiny Ross), die von ihrem Arbeitgeber, dem "Obersten Wesen" (Ralph Richardson), eine Karte gestohlen haben, welche Unregelmäßigkeiten in der Schöpfung dokumentiert. Diese Unregelmäßigkeiten gestalten sich als Löcher im Zeitgefüge. Die Zwerge wollen ebendiese Löcher nutzen, um reiche Beute zu machen, stellen sich dabei jedoch ziemlich unbeholfen an. Stets verfolgt von ihrem Boss und dem "Absolut Bösen" (David Warner), landen die sieben Freunde nacheinander bei Napoleon (Ian Holm), Robin Hood (John Cleese), Agamemnon (Sean Connery) (der sich sogar als Adoptivvater für Kevin anbietet), auf der Titanic kurz vor ihrem Untergang und schließlich in der Parallelwelt der Legenden, wo das Absolut Böse sich ihrer zu entledigen plant.

Everything is dream beim Filmauteur Terry Gilliam, der mit "Time Bandits" endgültig seine weitere Identität als Regisseur definierte. Das relativ kostengünstig hergestellte, seine endgültige Veröffentlichung wie viele andere britische Produktionen dieser Zeit primär dem großen George Harrison (respektive dessen Unternehmen 'Handmade Films') verdankende Zeitreiseabenteuer exponierte Gilliam für alle, die es bis dahin noch nicht verstanden hatten, als Geschichtenerzähler, der die Grenzen der Konvention missachtete und alle störenden physikalischen Gesetzmäßigkeiten kurzerhand aushebelte, um seine bisweilen höllischen Visionen in eine halbwegs massenkompatible Form zu bringen. Gilliam ist ein im besten Sinne "literarischer Filmemacher", der seiner Rezipientenschaft trotz aller von ihm erschaffenen audiovisuellen Vorgaben noch immer großzügigen Platz für die eigene Imagination lässt. Sein bereits zu Monty-Python- Zeiten unverwechselbarer, greller Stil ist mit Ausnahme der für seine Verhältnisse luziden Auftragsarbeit "The Brothers Grimm" stets unverwechselbar geblieben. "Time Bandits" mag im Nachhinein als erster Teil einer Träumer-Trilogie betrachtet werden, die mit "Brazil" (Dystopie) und "The Adventures Of Baron Munchhausen" (umgeschriebene Geschichte) in der Dritt- und Erstgeneration fortgeführt wurde.
Der aus mittleren englischen Verhältnissen stammende Kevin wächst in einem Elternhaus auf, dessen existenzielle Erfüllung im Erwerb praktischer Küchenmaschinen und im Konsum stupider Gameshows im Fernsehen besteht. Der Junge träumt sich fort aus diesem grauen Alltag, um mit seinen Zwergenfreunden bzw. ihrer Karte als Medium den historischen Helden seiner Phantasie begegnen zu können, die sich dann freilich allesamt selbst demontieren: Napoleon entpuppt sich als grenzwahnsinniger, unter seinem Kleinwuchs leidender Profilneurotiker, Robin Hood als tuckiger Pseudoheld, dessen Almosen an die Armen nach ihrer Schenkung sogleich wieder an ihn selbst abgeführt werden und Agamemnon als einsamer, zuneigungsentwöhnter Diktator, der sein kleines Seelenheil in billigen Taschenspielertricks findet.
Für den Kinderfilm, der er eigentlich sein soll, ist "Time Bandits" wohl eine Spur zu finster, vielleicht auch zu abstrakt geraten. Als Parabel über die Freiheit der Träume und über altersunabhängige Selbstbestimmung hingegen erweist er sich - sei dies als gilliam'sche Maßlosigkeit zu verstehen - als unendlich wertvoll.

9/10

Napoleon Agamemnon Mittelalter Robin Hood Satan Historie Antike Terry Gilliam Zwerg Zeitreise Kinder


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LAND OF THE LOST (Brad Silberling/USA 2009)


"Captain Kirk's nipples!"

Land Of The Lost (Die fast vergessene Welt) ~ USA 2009
Directed By: Brad Silberling


Der von allen Seiten belächelte, selbsternannte Quantenpaläontolge Dr. Marshall (Will Ferrell) entwickelt einen Teilchenbeschleuniger, der seinen Benutzer an einen paralleldimensionalen Ort führt, an dem sich die Zeitströme treffen. Zusammen mit seiner Assistentin Holly (Anna Friel) und dem Wüstennepper Will (Danny McBride) gerät Marshall per Unfall in ebenjene Parallelwelt, in der Dinosaurier, Urmenschen und sogar Außerirdische ihr Unwesen treiben. Unterstützt von dem haarigen Priaten Chaka (Jorma Taccone) erlebt das Trio einige haarsträubende Abenteuer.

Der letztjährige Ferrell-Nonsens fällt gegenüber seinen Vorgängern etwas ab; dem auf einer alten TV-Serie basierenden "Land Of The Lost" fehlt ganz offensichtlich ein wirklich dominanter Regisseur, sowie ein Ferrell ebenbürtiger Quatschmacher wie etwa John C. Reilly. Dennoch gibt es versöhnlicherdings noch immer hinreichend zu lachen, um mehr recht als schlecht über die Runden zu kommen. Einige spezielle humoristische Feinheiten ergeben sich etwa durch Dr. Marshalls hanebüchene Einfälle, darunter der, sich mit Saurierpisse einzureiben, um den fortwährenden Attacken eines hochintelligenten Tyrannosaurus Rex zu entgehen, mit dem Marshall bald nach seiner Ankunft eine besondere Intimfeindschaft verbindet. Der ewig hungrige, überkandidelte Akademiker macht sich in einem Anfall zivilisatorischer und intellektueller Arroganz außerdem nicht nur den Urmenschen Chaka zu seinem persönlichen Diener, sondern vertraut seinem selbstgefilmten Handytagebuch im Geheimen auch gleich an, ihn bei Nahrungsknappheit unbedingt verspeisen zu wollen ("We WILL cook and eat Chaka"). Der heimliche Höhepunkt des Films präsentiert sich schließlich in einem Mezcalrausch, der auf einer von Chaka geernteten Flüssigkeit aus einer Art vorsintflutlicher Agave basiert. Das gibt dann endlich die wohlfeil genutzte Gelegenheit zu einer echt formidablen Ferrell-Szene ("Marco"..."Polo").
Doch, "Land Of The Lost" ist bei Licht betrachtet schon ziemlich lustig, zumindest für Ferrell-Fans.

6/10

Will Ferrell Brad Silberling Drogen Nonsens Dinosaurier


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TO HAVE AND HAVE NOT (Howard Hawks/USA 1944)


"Where do your sympathies lie?" - "Minding my own business."

To Have And Have Not (Haben und Nichthaben) ~ USA 1944
Directed By: Howard Hawks


Zusammen mit dem alten Säufer Eddie (Walter Brennan) bewirtschaftet der knorrige Harry Morgan (Humphrey Bogart) ein Fischerboot auf der Karibikinsel Martinique. Die Vichy-Regierung streckt ihre Klauen selbst bis hierher aus; die hiesige Kommandantur unter Captain Renard (Dan Seymour) verfolgt unerbittlich jeden Gaullisten, dessen sie fündig wird. Eines Tages lernt Harry die schöne Taschendiebin Marie (Lauren Bacall) kennen, die ohne Geld auf Martinique festsitzt und bekommt zu selben Zeit von ein paar Résistance-Leuten das Angebot, einen ihrer Männer (Walter Szurovy) von einer der Nachbarinseln herüberzuschippern. Obwohl er stets betont, sich aus allem rauszuhalten, übernimmt Harry den Auftrag, um Marie die Weiterreise finanzieren zu können. Doch am Ende kommt alles ganz anders.

Hawks versicherte seinem Freund Hemingway infolge einer Wette, selbst aus dessen unbrauchbarster Vorlage noch einen guten Film machen zu können. Auf die augenzwinkernde Gegenfrage des großen Literaten, welches denn sein miesestes Stück Literatur sei, antwortete Hawks: "That piece of crap called 'To Have And Have Not'". Hawks gewann die Wette natürlich, allerdings auf eine etwas verruchte Weise: Er krempelte den Inhalt der Romanvorlage kurzerhand völlig um und ließ das Script danach von William Faulkner finalisieren. Das Resultat war eine dicht an "Casablanca" angelehnte Abenteuergeschichte, in der ein selbstsicherer Opportunist mit trüber Vergangenheit vor exotischer Kulisse, angeregt durch die Liebe zu einer Frau, eine späte Heldenkarriere antritt. Selbst das Motiv der so verachtenswerten Kollaborationsregierung Vichy wurde wiederaufgenommen. An sein großes Vorbild reicht "To Have And Have Not" allerdings nicht ganz heran, dafür sorgt schon Bogeys hässliche Kapitänsmütze. Andererseits ist dies der Film, der ihn mit Lauren Bacall - 25 Jahre jünger - zusammenbrachte. Seine bis zu Bogarts dreizehn Jahre späterem Tod anhaltende Romanze verdankte das Paar letztlich Hawks, der nach Intervention seiner Frau Nancy das Model Betty Perske aus New York nach Hollywood geholt und zu der flamboyanten Filmschauspielerin Lauren Bacall gemacht hatte. Der große Regisseur beäugte die Beziehung der beiden zu deren Beginn allerdings voller Argwohn und Eifersucht.
Der "To Have And Have Not" umwabernde Anekdotenreichtum übersteigt - das muss man wohl zugeben - seine filmische Relevanz. Der Film hängt sich nicht nur an "Casablanca", sondern in der Entwicklung der Protagonistenbeziehung auch deutlich an Hawks' eigenen "Only Angels Have Wings" und erscheint wie dieser zu großen Teilen, als spiele er sich auf einer Theaterbühne ab. Eigentlich ist es primär jenes vielbeschworene, große Knistern zwischen Bogart und Bacall, das "To Have And Have Not" dann doch so denkwürdig macht.

8/10

Karibik Howard Hawks Ernest Hemingway WWII Widerstand


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ONLY ANGELS HAVE WINGS (Howard Hawks/USA 1939)


"Heads you stay, tails you go."

Only Angels Have Wings (SOS Feuer an Bord) ~ USA 1939
Directed By: Hoiward Hawks


Die Unterhaltungskünstlerin Bonnie Lee (Jean Arthur) landet in dem südamerikanischen Nest Barranca, wo der draufgängerische Pilot Geoff Carter (Cary Grant) eine kleine Fluglinie leitet. Der Beruf des Piloten, so erfährt Bonnie bald ziemlich unumwunden, ist dabei ein oftmals tödlicher. Dennoch verliebt sie sich in Carter, der allerdings keine Frau mehr an sich heranlässt, seitdem er einmal sitzengelassen wurde. Dennoch kann auch er seine Gefühle für Bonnie nicht lange verbergen. Als der Pilot MacPherson (Richard Barthelmess) und seine Gattin (Rita Hayworth) nach Barranca kommen, sieht sich die ruppige Idylle noch mehr gestört als ohnehin schon.

Eine von Hawks' Spezialitäten war es, vor zumeist exotischem Hintergrund einen Mikrokosmos mit einer ganzen Phalanx so knarziger wie herziger Typen zu entwickeln und in Verbindung damit eine bestenfalls als loses Gerüst vorhandene, episodenhafte Geschichte abzuspulen, die kaum mehr als eine Alibifunktion besaß. Eines der besten Beispiele dafür ist sein später Film "Hatari!", gewissermaßen ein jüngerer "Only Angels Have Wings". Die Coolness und komödiantische Leichtigkeit des bunten Afrika-Abenteuers geht der in den Ateliers der Columbia gefilmten Fliegerstory noch ab; die Grundfesten jedoch sind eindeutig dieselben: Cary Grant in einer seiner ersten ernsten Rollen gibt den von keiner Ungelegenheit leicht zu beeindruckenden Luft-Superhelden, dessen betont maskuline Kraft natürlich nur solange vorhält, wie ihm keine passende Frau unter die nach Zärtlichkeit gierenden Finger gerät; dazu kommen Barthelmess und Thomas Mitchell in eigentlich wesentlich dankbareren Rollen als tief verwurzelte Todfeinde, die sich später auf rührende Weise aussöhnen sowie ein gutes halbes Dutzend weiterer Charakterköpfe, die gerade soweit vorgestellt und eingeführt werden, dass der Zuschauer das Gefühl hat, sie bereits seit Äonen zu kennen und selbst zum kurzzeitigen Einwohner Barrancas zu werden. Diese heimelig-familiäre, beileibe nur vorgeblich so naive Atmosphäre konnte niemand anderes so kreieren wie der Meister.

8/10

Howard Hawks Suedamerika Fliegerei





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Funxton

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