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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE FIRST GREAT TRAIN ROBBERY (Michael Crichton/UK 1978)


"You look a sight."

The First Great Train Robbery (Der große Eisenbahnraub) ~ UK 1978
Directed By: Michael Crichton

London, 1855. Der gewiefte Halunke Edward Pierce (Sean Connery) plant etwas bisher nie Dagewesenes: Den Überfall auf einen fahrenden Zug. Als Beute soll die Soldkasse für die auf der Krim stationierten Soldaten, die wöchentlich von london abtransportiert wird und stets 25.000 Pfund enthält, herhalten. Zuvor gilt es jedoch, vier voneinander unabhängig aufbewahrte Schlüssel nachzubereiten, um damit den sprengsicheren Tresor öffnen zu können. Mithilfe diverser Komplizen, allen voran seiner Geliebten Miriam (Lesley-Anne Down) und dem Trickbetrüger Agar (Donald Sutherland) arbeitet sich Pierce trotz diverser Unwägbarkeiten immer weiter an das Ziel seiner Bemühungen vor...

Auf seinem eigenen Roman basierend inszenierte Michael Crichton dieses schelmisch grinsende Ganoven-Stück, das sich trotz diverser Spannungsmomente (sowie einer etwas eklektisch wirkenden Szene, in der ein Verräter grausam abgestraft wird) seine Lockerheit und seinen Witz stets bewahrt und die eher fröhlichen Seiten der Viktorianischen Ära hervorkehrt. Eine Art britisches Pendant zu George Roy Hills meisterhaftem "The Sting" ist das Resultat.
In allen erforderlichen, narrativen Nuancen berichtet Crichton von der minutiösen Vorbereitung und Durchführung des Coups, der sich sogar als handfeste Kritik an der Empire-Politik festmachen lässt: Der Aufmarsch gegen die Russen in Osteuropa wird durch den Diebstahl eines kompletten Wochensolds für die königliche Armee finanziell empfindlich geschwächt. Natürlich entspringt all dies Crichtons gewitzter Fabulierkunst; die Tatsache jedoch, dass der Film von der Pike auf ganz sein persönliches Baby ist, lässt sich anhand der runden, charmanten Erscheinung desselben stets deutlich wahrnehmen.

8/10

period piece Michael Crichton London Heist Zug Victorian Age


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ZULU (Cy Endfield/UK 1964)


"Why is it us? Why us?" - "Because we're here, lad. Nobody else. Just us."

Zulu ~ UK 1964
Directed By: Cy Endfield

Nach der vernichtenden Schlacht von Isandhlwana im Januar 1879 rückt eine Abteilung Zulu-Krieger gegen eine kleine Missionsstation bei Rorke's Drift vor, die von knapp 140 Briten, darunter auch Verletzte und Arretierte, gehalten wird. Unter herben Verlusten bewältigen die Soldaten das Unglaubliche: Sie verteidigen das Areal erfolgreich gegen 4000 Zulu, die sich nach rund 36 Stunden Belagerungs- und Stellungskrieg schließlich unter lautstarker Ehrerbietung ihrer Feinde geschlagen geben und zurückziehen.

Der unabhängig produzierte "Zulu" markiert einen großen Meilensrein des britischen Kinos, das sich mit diesem Film in der Tadition der Kordas und der von Powell/Pressburger neuerlich erfolgreich mühte, an Hollywood-Standards zu kratzen und auch einmal abseits von einem David Lean großes und edles Historienkino auf Weltniveau zu kredenzen. In gebührender Breite und mit allem gebotenen Glanz und Gloria berichtet "Zulu" von der Zähigkeit einiger weniger Soldaten, die in einen unerklärten Krieg verwickelt werden, mit dem sie nur insofern zu tun haben, als dass ihre eigene Armee ihn sinnloserweise angezettelt hat und es nunmehr mit den unabwendbaren Konsequenzen zu tun bekommen. Dem strategischen Geschick und der Unerbittlichkeit der im Kampf eigentlich unerfahrenen Offiziere Bromfield (Michael Caine) und Chard (Stanley Baker) ist es letzten Endes zu verdanken, dass die Briten als Sieger aus jenem Scharmützel hervorgehen. Endfield inszeniert die klaustrophobische Spannung, die dieser eigentlich hoffnungslosen Situation auf britischer Seite innewohnen musste, mit allem gebührenden dramaturgischen Geschick, lässt hinreichend Platz für ausführliche Charakterzeichnung und malt seine Bilder in leuchtenden Farben, flankiert von John Barrys famoser Musik.
Gibt nichts, was an diesem Meisterstück zu optimieren wäre; es ist und bleibt in seiner beeindruckenden Form perfekt.

10/10

Cy Endfield Historie period piece Kolonialismus Afrika Südafrika


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ZULU DAWN (Douglas Hickox/UK, SA, NL 1979)


"Bullets run out... and those bloody spears don't."

Zulu Dawn (Die letzte Offensive) ~ UK/SA/NL 1979
Directed By: Douglas Hickox

Im Januar 1879 greifen die Briten von Natal aus die benachbarte Zulunation an, weil sich deren König Cetshwayo (Simon Sabela) beständig weigert, seine bedrohliche Truppenstärke herabzusenken. Der unerklärte Krieg der Imperialmacht findet für die zahlenmäßig völlig unterlegenen Briten mit der Schlacht von Isandhlwana eine vorläufige, pompöse Niederlage, die mit der nahezu ölligen Aufreibung der Garnisonen des arroganten Lord Chelmsford (Peter O'Toole) endet.

Pünktlich zum einhundertsten Geburtstag des Zulu-Kriegs lieferte Douglas Hickox mit "Zulu Dawn" ein spektakuläres Prequel zu Cy Endfields 15 Jahre älterem "Zulu", der die kurz auf Isandhlwana folgende Schlacht bei Rorke's Drift thematisiert hatte. Im Gegensatz zu Endfields Film verfolgt "Zulu Dawn" die Chronik eines irrwitzigen Angriffs, der aus purer kolonialistischer Arroganz heraus geführt wird und mit einem verdienten Debakel für die königliche Armee endet - sofern man den Begriff 'verdient' angesichts der gigantischen Verlustzahlen, die jene Kämpfe mit sich brachten, überhaupt verwenden darf. Immerhin ging mit Chelmsford einer der strategischen Hauptinitiatoren jener militärischen Fehloperation als späterer Sieger nach der siegreichen Schlacht um Ulundi, der Hauptstadt des damaligen Zululandes, hervor. Hickox' prächtiges Epos scheut sich nicht davor, bar jeder Geschichtsklitterung den ungeheuerlichen Hochmut, der das Empire zu weiteren Eroberungen trieb, zu porträtieren und glänzt neben seiner formalen Reife mit einer vorzüglichen Besetzung, die neben dem erwähnten O'Toole auch Burt Lancaster, Simon Ward, Denholm Elliott und Phil Daniels aus "Quadrophenia" präsentiert. Ausgezeichnetes Geschichtskino!

8/10

Douglas Hickox period piece Historie Afrika Südafrika Kolonialismus Prequel


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LA VIA DELLA PROSTITUZIONE (Joe D'Amato/I 1978)


Zitat entfällt.

La Via Della Prostituzione (Sklavenmarkt der weißen Mädchen) ~ I 1978
Directed By: Joe D'Amato

Die knallharte, abgefeimte und jeder Form freier Liebe zugetane Enthüllungsjournalistin Emanuelle (Laura Gemser) plant eine Reportage über die Irrwege illegaler Prostitution. Nach einigen erotischen Abenteuern in Kenia geht es zurück in die Staaten, wo sie sich auf die Spur des Mädchenhändlers Francis Harley (Gabriele Tinti) begibt, der ihr bereits in Nairobi aufgefallen war. Emanuelle tarnt sich als mittelloses Hippie-Mädchen und wird an den Puff der Madame Claude (Gota Gobert) in San Diego weitervermittelt. Wer Madame Claude a den Karren wird, wird wahlweise in irgendwelche Drittweltländer verschleppt oder einer Lobotomie unterzogen - ein gefährliches Pflaster für Emanuelle.

Nach zwei nicht ganz "offiziellen" Beiträgen zur Reihe ("Emanuelle Nera No. 2" mit "Ausnahme"-Schauspielerin Shulamith Lasri und "Suor Emanuelle", in der Laura Gemser eine geile Nonne spielt), lieferte Urvater Joe D'Amato mit "La Via Della Prostituzione" den dritten echten Film um die flotte Reporterin ab, die sich in allen möglichen Teilen der Welt (vorzugsweise aber in Afrika) austobt und neben regelmäßig aufsehenerregenden Schreibanlässen immer auch ordentlich was zu bumsen auftut. Ob Männlein oder Weiblein, jung und attraktiv oder alt und faltig ist dabei Nebensache, Hauptsache, die Chemie funzt - und sie funzt so gut wie immer! Gerade das machte ja auch Laura Gemsers unerreichte, spezifische Erotik aus - selbst bei der nackten Massage eines überreifen Senioren wirkt sie noch höchst vergnügt. Kein noch so niederer Sexualpartner schien dieser milchkaffeebraunen Göttin je unangemessen, im Gegenteil: Anders als im luxuriösen Ambiente einer Sylvia Kristel brauchte man hier also nicht groß zu träumen - Laura Gemser musste man nur wo treffen und die zu erwartende Nummer schien in festen Tüchern. Wie sie am Ende dieses Films eine ganze, ungewaschene Fischkutterbesatzung zum Drüberrutschen einlädt, das hat einfach Chuzpe. Abgesehen von der tatsächlich perfekt gegossenen Gemser hat es natürlich noch Nico Fidencos wie gewohnt coolen Score und D'Amatos fachmännisch inszenierte Voyeurismen. Dazu ist das ganze Ding noch überaus ulkig und als Zeuge goldener Bahnhofskinotage sowieso nur toll.

6/10

Joe DAmato Europloitation Journalismus Afrika Kenia New York San Diego


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THE HORSEMEN (John Frankenheimer/USA 1971)


"What a ram with one horn makes, a man with on leg can make too!"

The Horsemen (Die Steppenreiter) ~ USA 1971
Directed By: John Frankenheimer

Tursen (Jack Palance), Patriarch dreier Hindukusch-Provinzen, entsendet seinen stolzen Sohn Uraz (Omar Sharif) zum vom König ausgerichteten Buzkashi nack Kabul, einem archaischen Wetkkampf, bei dem es gilt, per Pferd eine kopflose Ziege über eine bestimmte Distanz und wieder zurück zu tragen. Gewinnt Uraz den Wettstreit, geht der stolze Schimmel Jihal in seinen Besitz über. Uraz schlägt sich tapfer, stürzt jedoch kurz vor dem Ziel schwer, so dass ein anderer Reiter aus seiner Equipe das Turnier für Tursen gewinnen muss. Um seine Ehre zurückzugewinnen, reitet Uraz, dessen linkes Bein infolge des Sturzes gebrochen ist, mit seinem Stallknecht Mukhi (David de Keyser) über einen gefürchteten, gefahrvollen Bergweg zurück in die Heimat. Wenn Mukhi im beisteht, so verspricht es ihm Ulaz, soll Jiral im Falle seines Todes an den Gehilfen übergehen. Unterwegs schließt sich ihnen die schöne Zareh (Leigh Taylor-Young), ein ehrloses Dorfmädchen, an, das beide Männer begehren, das für Uraz wegen seines adligen Standes jedoch unerreichbar ist. Uraz' Bein entzündet sich und muss amputiert werden. Nach beschwerlichem Weg zurück in der Heimat gelingt es ihm jedoch, alle gemachten Fehler einzusehen und seinen Stolz als Königssohn wiederzuerlangen.

Vielleicht Frankenheimers schönster Film ist "The Horsemen", eine gleichnis- und märchenhafte Erzählung über verschiedene Wege, Identität und Integrität zu erfahren und zu bewahren. Wie "The Gypsy Moths" verharrt auch "The Horsemen" thematisch keinesfalls auf dieser solitären Ebene. Auch die Sektion einer für Westgeborene schwerlich bis kaum nachvollziehbaren Kultur steht im Kern des Films, der, obgleich er in der Gegenwart angesiedelt ist, Bilder entwirft, wie sie ein vergangenes Jahrhundert widerzuspiegeln vermögen. Die 'Chapandaz', ein stolzes afghanisches Reitervolk, pflegen eine ungezählte Generationen zurückreichende Kultur, die kaum zivilisatorische Zeugen kennt. Ein Spiegel in Tursens Behausung etwa, der als kitschig-buntes Relikt wahrscheinlich aus irgendeinem Souvenirs-Laden stammt, wirkt wie ein eklektischer Fremdkörper im sepiafarbenen Dorfleben. Immer wieder gibt es solche Merkwürdigkeiten: Einen weit entfernten Düsenjet hier, einen Jeep dort, die reichen, den westlichen Einflüssen verfallenen Geschäftsleute mit Designer-Anzügen und Papiergeld. Die Chapandaz negieren solche Erscheinungen: Ulaz besteht darauf, dass der ihm im Krankenhaus angepasste Gips verschwinden muss. Stattdessen soll die offene Operationsnarbe mit einer Koransseite beklebt werden, was langfristig zum Verlust des Beines führen wird. Seine Egomanie wird ihm auch sonst mehrfach fast zum Verhängnis: Er verleitet trotz der lehrreichen Parabel eines blinden, alten Schreibers, seinen Diener dazu, ihm Jihal zu rauben, der unheilvolle Einfluss Zarehs tut sein Übriges. Doch ist "The Horsemen" nicht an offensichtlichen Moralpredigten gelegen, sondern daran, zu zeigen, dass schiere Willenskraft auch fernab der Moderne Fruchtbarkeit bedeuten kann: Uraz meistert sämtliche, auch die von ihm selbst forcierten, Widerstände und gewinnt am Ende vielleicht ein höheres Maß an Respekt als es zuvor möglich gewesen wäre. Frankenheimer dabei zuzuschauen, wie er dieses wildromantische, abenteuerliche Szenario entwirft, zuspitzt und auflöst, ist ein unbedingter Hochgenuss.

10/10

John Frankenheimer Joseph Kessel Dalton Trumbo Afghanistan Kabul Reise Vater & Sohn


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INFERNO IN DIRETTA (Ruggero Deodato/I 1985)


Zitat entfällt.

Inferno In Diretta (Cut And Run) ~ I 1985
Directed By: Ruggero Deodato

Die in Miami tätige TV-Journalistin Fran Hudson (Lisa Blount) stößt im Zuge einer ausgedehnten Recherche im Drogendealer-Milieu auf eine Fotografie des totgeglaubten Colonel Brian Horne (Richard Lynch), einst die rechte Hand des berüchtigten Sektenstifters Jim Jones. Sie findet heraus, dass Horne irgendwo in Kolumbien leben muss und allerlei Intrigen spinnt, die sich gegen die von dort aus operierenden Kokainkartelle richten. Weil der Senderchef Allo (Richard Bright) in Hornes Umfeld auch seinen vermissten Sohn Tommy (Willie Aames) vermutet, schickt er Fran und ihren Kameramann Mark Ludman (Leonard Mann) zur Live-Berichterstattung in den Amazonasdschungel. Gleich bei ihrer Ankunft geraten die beiden in den just eskalierenden Drogenkrieg und stoßen bald auch auf den völlig wahnsinnig gewordenen Horne, der mit Hilfe gutgläubiger Indios das Kokainmonopol in Amerika an sich bringen will.

Ein zumindest in der unzensierten Fassung erstklassiger Italoploiter von allerbester Reife. Deodato ist ein saubererer Arbeiter als viele seiner Kollegen und besitzt zuweilen durchaus den Ehrgeiz, Qualität von international konkurrenzfähigem Rang zu liefern, was wohl auch die Mitwirkung der vielen US-Darsteller (neben den erwähnten finden sich noch Eriq La Salle und der stets für einen Scherz gute Michael Berryman als monströser Ober-Indio ein), sowie den Vor-Ort-Dreh an unwirtlichen, eines Werner Herog würdigen Schauplätzen erklärt. Auch zwei europäische Lieblingsgesichter sind dabei, Gabriele Tinti nämlich und John Steiner, die beide herrlich spektakuläre Tode sterben müssen. Besonders Steiners Aufesehen erregendem Ableben, bei dem er von einem sich auseinander ziehenden Flaschenzug in zwei Hälften zerrissen wird, verdankt "Inferno In Diretta" natürlich seinen nachhaltigen Ruf. Doch auch sonst geht es gehörig zur Sache, mehrere Enthauptungen und sonstige Macheteneinsätze sorgen für großes Hallo bei den entsprechenden Liebhabern. Dass Deodato sich freimütig bei Conrads "Heart Of Darkness" bedient und seinen Colonel Horne als unschwer erkennbares Abbild des verrückten Kurtz konstruiert hat, ist eine nette, literarische Randnotiz. Der Versuch allerdings, an die durchgängige Treffsicherheit des großen "Cannibal Holocaust" anzuschließen und eine ähnlich medienkritische Aufbereitung des Themas zu wiederholen, muss als bestenfalls 'halbherzig' umgesetzt durchgewunken werden und geht am Ende tatsächlich sogar nach hinten los. Dennoch: En gros ein prima Reißer mit allem, was da so hineingehört.

7/10

Ruggero Deodato Europloitation Kolumbien Florida Miami Kokain Sekte Drogen Splatter Journalismus Dschungel


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THE ELECTRIC HORSEMAN (Sydney Pollack/USA 1979)


"You're all bent. Are you sick?" - "Nope. Just bent."

The Electric Horseman (Der elektrische Reiter) ~ USA 1979
Directed By: Sydney Pollack

Der frühere Rodeo-Star Sonny Steele (Robert Redford) führt nurmehr eine daueralkoholisierte Existenz als Werbeflaggschiff für den Multi 'Ampco', deren Frühstücksflocken er bewirbt. Seine Einsätze erschöpfen sich in lustlosen Auftritten als Discokugel zu Ross und im Glühlämpchen-Anzug. Bei einer Veranstaltung in Vegas platzt Sonny dann eines Tages der Kragen. Der einstmals stolze Tournierhengst 'Rising Star' wird unter starke Narkotika gesetzt, um seine zerschundene Vorderhand nicht mehr spüren zu müssen und um vor den Zuschauermassen nicht in Panik zu geraten. Kurzerhand entführt Sonny Rising Star, reitet mit ihm in die Wüste hinaus und plant, ihn bei einer Mustangherde in Utah wieder auszuwildern. Die TV-Journalistin Hallie Martin (Jane Fonda) wittert eine große Story und folgt Sonny in die Prärie...

Zu banal für New Hollywood: Pollacks erste Liebäugelei mit dem profanen Mainstreamkino - unter weiestgehender Missachtung großer politischer oder philosophischer Topoi, in vertretbarem Sinne unliterarisch, uramerikanisch, mit Sinn für Herz und Romantik und betont ohne Schwere inszeniert. Fast (aber wirklich nur 'fast') ein Republikaner-Film. Redford darf seiner bekannten Pferdeliebe frönen (die sich später in seinem eigenen "The Horse Whisperer" nochmal richtig breitärschig präsentieren durfte) und als kerniger Herzensbrecher mit Schnorres die robuste Feministin Fonda betören. Das alles markiert natürlich keinen Weltstoff und auch keinen Fall fürs Pantheon großer Kinomythen; es ist wahrscheinlich noch am Ehesten der Versuch eines Filmemachers, sich von gewissen, als einengend empfundenen Zwängen freizustrampeln; Zwängen von Schwere und Bedeutungsfülle, wie sie noch sein vorheriges Meisterwerk "Bobby Deerfield" kennzeichneten. "The Electric Horseman" nimmt sich im Gegensatz zu diesem opulenten, aber wunderschönen Rührstuck so frugal aus wie das Grillen von Dosenwürstchen am Stock überm Lagerfeuer. Der Existenzialismus hält hierin ein Nickerchen unter der Hutkrempe, Redford schnitzt an seinem eigenen, specksteinigen Denkmal als Frauentyp, Willie Nelson intoniert Cowboy-Songs auf der Tonspur und unser Zossen, ein Brauner, stiefelt als lebender McGuffin durch die ockerfarbenen Täler von Nevada und Utah. Zugegeben: Pollack und Redford haben es sich hier verdammt einfach gemacht. Aber mutmaßlich hatten sie auch gar nichts anderes im Sinn.

6/10

Sydney Pollack Rodeo Pferd Las Vegas Nevada Utah Journalismus Neowestern


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THE PURPLE PLAIN (Robert Parrish/UK 1954)


"You know exactly where I belong to."

The Purple Plain (Flammen über Fernost) ~ UK 1954
Directed By: Robert Parrish

Der in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs in Burma stationierte RAF-Pilot Bill Forrester (Gregory Peck) ist todessehnsüchtig, seit er seine Frau in der Heimat noch am Vermählungstag durch einen Fliegerangriff verlor. Der ihm freundschaftlich zugetane Lagerarzt Harris (Bernard Lee) sorgt dafür, dass Forrester die schöne Burmesin Anna (Win Min Than) kennenlernt, die wie er weiß, was Verlust bedeutet. Tatsächlich verlieben sich die beiden ineinander und Forrester überwindet sein Trauma. Seinen neuen (Über-)Lebenswillen kann er bald unter Beweis stellen, als sein Flugzeug über Feindgebiet abstürzt. Zusammen mit dem blasierten Physiker Blore (Maurice Denham) und dem schwerverletzten Carrington (Lyndon Brook) muss sich Forrester durch den Glutofen Burmas zurück zur Zivilisation schleppen.

Ein in wunderschönen Farben gefilmtes Kriegsabenteuer, ausnahmsweise aus britischer Fertigung, jedoch mit einem amerikanischen Star als Gallionsfigur. Gregory Peck, unruhig träumend und schwitzend unter dem Moskitonetz, das kommt mir rückblickend wie ein beinahe schon ikonisches Dramabild dieser Tage vor. Als dem Wahnsinn nahes, schwer traumatisiertes Fliegeras, in dessen Brust natürlich die denkbar größte Heldenseele wohnt, ist Peck einmal mehr phantastisch, zumal ihm die Rolle auf den Leib geschneidert scheint. Selbstredend folgt die Erlösung für ihn auf dem Fuße, überhaupt darum geht es in "The Purple Plain"; um die Rückgewinnung und Erprobung verlorenen Lebensmutes. Davon, dass Parrish ein großartiger, formvollendeter Abenteuerfilm geglückt ist, dessen Bildpracht ihn visuell und auch atmosphärisch sehr nahe an die Arbeiten von Powell und Pressburger rückt, gar nicht zu reden.

9/10

Robert Parrish WWII Pazifikkrieg Burma Fliegerei Trauma period piece


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VAN HELSING (Stephen Sommers/USA 2004)


"Why does it smell like wet dog in here?"

Van Helsing ~ USA 2004
Directed By: Stephen Sommers

Den vom Vatikan beschäftigten Monsterjäger Gabriel Van Helsing (Hugh Jackman) umgibt selbst eine trübe Vergangenheit, der er ständig auf der Spur ist. Zwischendurch legt er zeitgenössische Unholde wie den Amok laufenden Mr. Hyde (Robbie Coltrane) auf Eis und erfreut sich stets neuer Gimmicks, die ihm der klösterliche Waffenschmied Carl (David Wenham) zur Verfügung stellt. Als es sich in Transsylvanien zusammenbraut, schickt man Van Helsing und Carl geradewegs in den Krisenherd: Graf Dracula (Richard Roxburgh), seine drei Vampirbräute, diverse Werwölfe und Frankensteins Monster (Shuler Hensley) bekriegen sich und terrorisieren eine dörfische Gemeinschaft. Zusammen mit der schönen Anna (Kate Beckinsale), deren Bruder (Will Kemp) ebenfalls von einem Werwolf infiziert wurde, findet Van Helsing den Grund für die Unruhe heraus: Dracula hat sich des Schlosses Frankenstein nebst dessen Dienerschaft bemächtigt, um das Geheimnis der Unsterblichkeit zu erlangen. Seine mit seinen Bräuten gezeugte Brut überlebt nämlich immer nur für Minuten und taugt daher nicht viel für eine Invasion. Die Frankenstein-Kreatur jedoch ist der wahre Schlüssel zu Draculas sinistrem Vorhaben...

Was eine Revitalisierung des 'golden age gothic horror' aus dem Hause Universal hätte werden können - oder sollen - (immerhin widmet der Regisseur seinen Film im Abspann hochtrabend seinem Vater) geriet zu einem albernen Disneyland-Fahrgeschäft, einer von Effekteleim notdürftig zusammengehaltenen Halbgarnis, in der der coole Superheld Wolverine und die wehrhafte Amazone aus "Underworld" es mit einem peinlich halbgar interpretierten Dracula (Roxburghs Interpretation ist eine Schande für diese altehrwürdige Figur), Computerwerwölfen und einem wohl nicht ganz zufällig eher nach Peter Boyle denn nach Boris Karloff aussehenden Frankenstein-Monster zu tun bekommen. Flaue Witzchen und nerdige Sprüche begleiten den Weg der kleinen Heldengemeinschaft durch die West-Karpathen und auch eine fein arrangierte, jedoch kläglich inszenierte Polanski-Reminiszenz sowie diverse weitere Behauptungen, bezüglich der Genre-Historie ein firmes Auge zu besitzen, tragen eher zum tosenden Untergang dieses hochbudgetierten, seelenentleerten Hülsenfilms bei. Und welch eine nutzlose Verschwendung von Ressourcen, zumal die kreativen Köpfe hinter der visuellen Gestaltung teils Höchstleistungen vollbrachten: Wunderbar grazil etwa die drei weißen Vampirfauen, wie sie durch die gräuliche Dämmerung flattern, opulent ausgestattet die Budapester Ballszene, hübsch maskiert das ewige Labor-Faktotum Igor (Kevin J. O'Connor) und selbst die vielen CGIs in ihrer comicesken Überzogenheit fand ich noch überwiegend charmant. Doch all das bleibt bloß zur Schau gestellte Makulatur eines letztlich hoffnungslos ausgehöhlten, von übrzogenen Erwartungen getragenen Kinofurzes ohne Blut in den Adern, dessen Nachhall sich in etwa so rasch verliert wie ein Schwefelhauch in der Silvesternacht. Dennoch nicht ganz das noch viel ärgere Volldebakel, dass Sommers zuvor mit seinen erbärmlichen "Mummy"-Filmen vom Stapel ließ.

4/10

Stephen Sommers period piece Hommage Werwolf Vampire Frankenstein Dracula Transsylvanien Rumänien Universal-Monster Crossover


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WAKE OF THE RED WITCH (Edward Ludwig/USA 1948)


"She won't let him loose again..."

Wake Of The Red Witch (Im Banne der Roten Hexe) ~ USA 1948
Directed By: Edward Ludwig

Mitte des 19. Jahrhunderts fährt der undurchsichtige Captain Ralls (John Wayne) wertvolle Schiffsladungen für die holländische 'Batjak'-Company unter Mayrant Sidneye (Luther Adler) quer durch den Südpazifik. Der junge Maat Sam Rosen (Gig Young) schließt sich dem charismatischen Seemann vorbehaltlos an, als dieser die 'Red Witch', einen mit Goldbarren beladenen Schoner, absichtlich kentern lässt. Später findet Rosen, der an Ralls' Seite bleibt, den Grund für dessen Tat heraus: Ralls und Sidneye sind Erzfeinde, seit der habgierige Reeder Ralls einst dessen große Liebe Angelique (Gail Russell) weggeschnappt und geehelicht hat. Als Racheaktion hat Ralls die 'Red Witch' gekapert und in nur ihm selbst bekannten Breiten versenkt. Nun gilt es, das verlorene Gold zu bergen, doch die 'Red Witch' liegt genau über einer Tiefseeklippe...

Zwei filmhistorisch wunderhübsch triviale Anekdötchen umwabern "Wake Of The Red Witch": Zum Einen gab der Name der Handelsgesellschaft im Film, 'Batjak', eine Kombination der Anfangssilben von Batavia und Jakarta, Duke Wayne die Inspiration für seine eigene, 1952 gegründete Produktionsgesellschaft 'Batjac' (mit 'c' statt 'k' am Ende, angeblich ein Tippfehler von Dukes damaliger Sekretärin, der ihm so gut gefiel, dass er ihn unverbessert ließ), die bis heute existiert und von Waynes Tochter gemanagt wird. Zum anderen, und diese Story ist noch viel toller, verfügte der Film über ein grandioses Requsit: Einen mannshohen, motorbetriebenen Gummipolypen, der im Film eine Kiste voller Perlen in einer Lagune bewacht und mit dem Duke sich ein Duell zu liefern hat, um an die wertvollen Kügelchen zu gelangen (dies übrigens bei weitem nicht die einzige Analogie zu DeMilles sechs Jahre zuvor entstandenem, kunterbunten "Reap The Wild Wind"). Ebenjener Oktopus wurde einige Jahre später bei einer Neacht- und Nebel-Aktion von dem legendären Ed Wood und seiner Crew aus einer Lagerhalle der Republic Films gestohlen. Dummerweise vergaß man den Motor, so dass Bela Lugosi in "Bride Of The Monster" allein durch sein grandioses Spiel dem Gummitier "Leben" einhauchen musste. Immerhin feierte der Polyp so einen zweimaligen Filmauftritt.
Nach "Angel And The Badman" fanden Duke und die aparte Gail Russell, die bereits eine inoffizielle Romanze verband, neuerlich zusammen - ihre zweite und letzte Partnerschaft, was relativ eindeutig dekodierbar wäre. Die schöne Schauspielerin starb 1961 mit nur 36 Jahren als schwere Alkoholikerin an Leberversagen.
Ein Hollywoodstück par excellence also, getragen von einem Geschichtendunst, den seine eigentliche Form wohl nicht ganz einzulösen weiß. "Wake Of The Red Witch" hält sich als günstig produzierter, herziger Abenteuerfilm, der vor allem infolge dessen punktet, dass er eindrucksvoll vor Augen führt, dass der Begriff 'Routinement' vor 65 Jahren beim Film und auch für Regisseure wie dem emsigen Auftragsarbeiter Edward Ludwig noch eine ganz andere Bedeutung hatte als es heute der Fall ist.

7/10

Edward Ludwig Seefahrt period piece Südpazifik Duell Rache





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