THE FOUR HORSEMEN OF THE APOCALYPSE (Vincente Minnelli/USA 1962)
von Funxton ·
05. August 2014, 08:46
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"I'm doing what you wanted me to, father. See?"
The Four Horsemen Of The Apocalypse (Die vier apokalyptischen Reiter) ~ USA 1962
Directed By: Vincente Minnelli
Argentinien in den dreißiger Jahren: Der lebenslustige alte Patriarch Madariaga (Lee J. Cobb) ist Großvater zweier vervetterter Enkel, auf die er jeweils besonders stolz ist: Julio Desnoyers (Glenn Ford), dessen Vater Marcelo (Charles Boyer) gebürtiger Franzose ist und Heinrich von Hartrott (Karlheinz Böhm) mit seinem deutschstämmigen Vater Karl (Paul Lukas). Die politische Situation in Europa zerbricht die Familie und führt den Kummertod des Großvaters herbei: Die von Hartrotts bekennen sich als deren unumwunden rekrutierte Mitglieder zu den Nazis, während die Desnoyers nach Paris gehen. Heinrich wird Offizier bei der Waffen-SS, Karl geht zur Wehrmacht. Nach der Besetzung trifft man sich in Paris wieder. Hier lernt Julio auch Marguerite (Ingrid Thulin) kennen, die Gattin des linken Aktivisten Etienne Laurier (Paul Henreid). Als Etienne zur Front gezogen wird, ist der Weg zu Marguerite frei. Julios kleine Schwester Chi Chi (Yvette Mimieux) schließt sich derweil der Résistance an und bezahlt ihr Engagement mit dem Leben. Der wiedergekehrte Etienne erfährt von der Affäre Julios und Marguerites, leitet jedoch trotzdem den Pariser Widerstand. Der sich stets neutral gebende Julio kann bald nicht mehr anders als selbst zur Résistance zu gehen, was den Nazis und auch Vetter und Onkel bald gewahr wird. Julios letzter Auftrag führt ihn zu Heinrich und geradewegs in den Märtyrertod.
Ibáñezs berühmter, 1916 erschienener Roman spielt eigentlich vor dem historischen Hintergrund des Ersten Weltkriegs und verortet auch die personelle Struktur geflissentlich anders. Für diese bereits zweite Verfilmung (nach einer ersten, zeitgenössischen von Rex Ingram) wurde die Geschichte der zersplitternden Familie variiert und dem in dramatischer Hinsicht vielleicht dankbareren Szenario des Zweiten Weltkriegs anheim gestellt. "The Four Horsemen Of The Apocalypse" wird dabei zu einer Art episierter "Casablanca"-Variation mit erstaunlichen Parallelen: Es gibt den Opportunisten und Lebemann, der sich mit der Weltlage abfindet und zum eigenen Vorteil unter Umständen auch mit den Nazis kollaborieren würde, bis er seine wahre Bestimmung entdeckt; es gibt den unerschütterlichen, emotional jedoch weichen Widerständler, dessen Aktivitäten auf grundsolidem Idealismus fußen und dem Feind empfindliche Schlappen zufügen und es gibt schließlich die Frau, die beide lieben, die intellektuell von den humanistischen Werten des Einen eingenommen ist, erotisch jedoch dem eher schurkisch gezeichneten Libertin verfällt. Nicht zuletzt der doppelte Einsatz von Paul Henreid, der seine zwanzig Jahre zuvor gespielte Rolle hier nochmal revisioniert, lässt dem Zuschauer die inhaltliche Nähe beider Filme unumwunden aufleuchten; rein zufällig wird die Herzensdame auch gleich nocheinmal von einer schwedischen Kino-Schönheit gespielt.
Natürlich ist Minnellis der breitere, Aufsehen erregendere, opulentere. Von MGM ganz offensichtlich als großes Prestige-Projekt mit deutlichem Augenzwinkern zur Kritiker- und Preissektion hin angelegt, gibt es fantastische Bilder von Paris, dem Bürger-Exodus, als bekannt wird, dass die Nazis auf dem Vormarsch sind und auch von der Okkupation selbst. Hier leistet der Film geradezu Meisterliches. Die Familien- und Liebesgeschichte sowie auch Julios Wandlung hin zum Vorkämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit entbehren dann nicht einer klaren Camp-Note. In diesen intimeren Szenen erweist sich Minnelli als durchaus vernunftbegabter Regisseur, wenn er sich unmissverständlich darüber klar zu sein scheint, dass Script und Besatzung gewisse Klischees geradezu provozieren. Ergo inszeniert er sie gerade so, wie es eben angemessen ist. Ingrid Thulin ist atemberaubend und mit all ihrer Grandezza das größte darstellerische Plus des Films. Der Rest der Besetzung, mit Ausnahme von Böhm und Mimieux, ist deutlich zu alt für ihre Rollen. Glenn Ford, damals bereits stolze 46, als jungenhaften, politisch ungeprägten latin lover einzusetzen muss das Resultat einer verlorenen Wette gewesen sein; Paul Henreid mit noch steileren 54 wäre von jeder Front als Methusalixchen gleich wieder heimgeschickt worden, Paul Lukas schließlich, rekorverdächtige 71, ist selbst für einen silbermellierten Wehrmachtsoffizier zwei, drei Wochen zu betagt. Doch was soll's - Minnellis Film macht Freude, er ist schön, ausschweifend und scheitert auf eine mehr als charmante Art in seinem Bestreben, großes Weltdrama zu präsentieren.
6/10
Vincente Minnelli Argentinien Frankreich Paris Familie WWII Widerstand Vicente Blasco Ibáñez period piece Vichy-Frankreich
The Four Horsemen Of The Apocalypse (Die vier apokalyptischen Reiter) ~ USA 1962
Directed By: Vincente Minnelli
Argentinien in den dreißiger Jahren: Der lebenslustige alte Patriarch Madariaga (Lee J. Cobb) ist Großvater zweier vervetterter Enkel, auf die er jeweils besonders stolz ist: Julio Desnoyers (Glenn Ford), dessen Vater Marcelo (Charles Boyer) gebürtiger Franzose ist und Heinrich von Hartrott (Karlheinz Böhm) mit seinem deutschstämmigen Vater Karl (Paul Lukas). Die politische Situation in Europa zerbricht die Familie und führt den Kummertod des Großvaters herbei: Die von Hartrotts bekennen sich als deren unumwunden rekrutierte Mitglieder zu den Nazis, während die Desnoyers nach Paris gehen. Heinrich wird Offizier bei der Waffen-SS, Karl geht zur Wehrmacht. Nach der Besetzung trifft man sich in Paris wieder. Hier lernt Julio auch Marguerite (Ingrid Thulin) kennen, die Gattin des linken Aktivisten Etienne Laurier (Paul Henreid). Als Etienne zur Front gezogen wird, ist der Weg zu Marguerite frei. Julios kleine Schwester Chi Chi (Yvette Mimieux) schließt sich derweil der Résistance an und bezahlt ihr Engagement mit dem Leben. Der wiedergekehrte Etienne erfährt von der Affäre Julios und Marguerites, leitet jedoch trotzdem den Pariser Widerstand. Der sich stets neutral gebende Julio kann bald nicht mehr anders als selbst zur Résistance zu gehen, was den Nazis und auch Vetter und Onkel bald gewahr wird. Julios letzter Auftrag führt ihn zu Heinrich und geradewegs in den Märtyrertod.
Ibáñezs berühmter, 1916 erschienener Roman spielt eigentlich vor dem historischen Hintergrund des Ersten Weltkriegs und verortet auch die personelle Struktur geflissentlich anders. Für diese bereits zweite Verfilmung (nach einer ersten, zeitgenössischen von Rex Ingram) wurde die Geschichte der zersplitternden Familie variiert und dem in dramatischer Hinsicht vielleicht dankbareren Szenario des Zweiten Weltkriegs anheim gestellt. "The Four Horsemen Of The Apocalypse" wird dabei zu einer Art episierter "Casablanca"-Variation mit erstaunlichen Parallelen: Es gibt den Opportunisten und Lebemann, der sich mit der Weltlage abfindet und zum eigenen Vorteil unter Umständen auch mit den Nazis kollaborieren würde, bis er seine wahre Bestimmung entdeckt; es gibt den unerschütterlichen, emotional jedoch weichen Widerständler, dessen Aktivitäten auf grundsolidem Idealismus fußen und dem Feind empfindliche Schlappen zufügen und es gibt schließlich die Frau, die beide lieben, die intellektuell von den humanistischen Werten des Einen eingenommen ist, erotisch jedoch dem eher schurkisch gezeichneten Libertin verfällt. Nicht zuletzt der doppelte Einsatz von Paul Henreid, der seine zwanzig Jahre zuvor gespielte Rolle hier nochmal revisioniert, lässt dem Zuschauer die inhaltliche Nähe beider Filme unumwunden aufleuchten; rein zufällig wird die Herzensdame auch gleich nocheinmal von einer schwedischen Kino-Schönheit gespielt.
Natürlich ist Minnellis der breitere, Aufsehen erregendere, opulentere. Von MGM ganz offensichtlich als großes Prestige-Projekt mit deutlichem Augenzwinkern zur Kritiker- und Preissektion hin angelegt, gibt es fantastische Bilder von Paris, dem Bürger-Exodus, als bekannt wird, dass die Nazis auf dem Vormarsch sind und auch von der Okkupation selbst. Hier leistet der Film geradezu Meisterliches. Die Familien- und Liebesgeschichte sowie auch Julios Wandlung hin zum Vorkämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit entbehren dann nicht einer klaren Camp-Note. In diesen intimeren Szenen erweist sich Minnelli als durchaus vernunftbegabter Regisseur, wenn er sich unmissverständlich darüber klar zu sein scheint, dass Script und Besatzung gewisse Klischees geradezu provozieren. Ergo inszeniert er sie gerade so, wie es eben angemessen ist. Ingrid Thulin ist atemberaubend und mit all ihrer Grandezza das größte darstellerische Plus des Films. Der Rest der Besetzung, mit Ausnahme von Böhm und Mimieux, ist deutlich zu alt für ihre Rollen. Glenn Ford, damals bereits stolze 46, als jungenhaften, politisch ungeprägten latin lover einzusetzen muss das Resultat einer verlorenen Wette gewesen sein; Paul Henreid mit noch steileren 54 wäre von jeder Front als Methusalixchen gleich wieder heimgeschickt worden, Paul Lukas schließlich, rekorverdächtige 71, ist selbst für einen silbermellierten Wehrmachtsoffizier zwei, drei Wochen zu betagt. Doch was soll's - Minnellis Film macht Freude, er ist schön, ausschweifend und scheitert auf eine mehr als charmante Art in seinem Bestreben, großes Weltdrama zu präsentieren.
6/10
Vincente Minnelli Argentinien Frankreich Paris Familie WWII Widerstand Vicente Blasco Ibáñez period piece Vichy-Frankreich