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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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ELEPHANT WALK (William Dieterle/USA 1954)


"It's just all about Wiley Sr.!"

Elephant Walk (Elefantenpfad) ~ USA 1954
Directed By: William Dieterle

Die junge Londoner Buchhändlerin Ruth (Elizabeth Taylor) lernt den auf Ceylon beheimateten Teepflanzer John Wiley (Peter Finch) kennen, begeht eine Blitzhochzeit mit ihm und zieht mit ihm auf dessen gewaltige Plantage 'Elefantenpfad'. Nachdem Ruth von dem dort vorherrschenden Luxus überwältigt wurde, erkennt sie, dass hier keineswegs alles dem schönen Schein gerecht wird: John ist von dem patriarchalischen Geist seines verstorbenen Vaters besessen, der stets Herrengesellschaften gab und seine imperialistischen Ideale so weit trieb, dass er sogar die einheimischen Elefanten gegen sich aufbrachte. Allerdings scheint nicht nur Johns Unterwerfung grenzenlos; auch seine Geschäftspartner und das Hauspersonal, allen voran der erwürdige Appuhamy (Abraham Sofaer) sehen in ihm eine pure Reinkarnation des Seniors. Johns Vorarbeiter Carver (Dana Andrews) macht Ruth derweil schöne Augen und tatsächlich liebäugelt sie mit einer Trennung von John. Da bricht die Cholera aus...

Mit immerhin 60 Jahren nahm sich Dieterle dieses Standish-Romans an, der ihm die Möglichkeit bot, prächtige Technicolor-Bilder vor Ort in Ceylon einzufangen und mit einem einmaligen Darstellertrio zu arbeiten. "Elephant Walk" transportiert zugleich viel von Daphne Du Mauriers "Rebecca" oder Anya Setons "Dragonwyck", in denen sich jeweils junge, naive Damen durch überstürzte Hochzeiten mit reichen Neurotikern ins Unglück stürzen. Ein klassisches Thema in der Frauenliteratur demnach, das Dieterle jedoch mit sehr viel formaler Akribie und dräuender Mystik neu entpackt. Auch hier gilt wieder: Um dem alten Filz zu entrinnen, muss dieser ersteinmal niedergetrampelt werden; es müssen Einsichten geschaffen werden, die einen Neuanfang ermöglichen. Die Elefantenherde bzw. ihr alter, wütender Bulle, denen Wiley Sr. einst den jahrtausendealten Weg zur Tränke verbaute, stehen dabei als überdeutliche Symbole eines kolonisierungsfeindlichen Landstrichs, dem auch abendländische Arroganz nicht standhält.
Elizabeth Taylor übte hier sozusagen schon einmal für ihre zwei Jahre darauf folgende Rolle der Leslie Benedict in der Ferber-Adaption "Giant", die nichts anderes als eine noch sorgfältigere Konturierung der im Prinzip selben Figur darstellen sollte. Womit sich ein weiterer Motivkreis schließt.

8/10

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JUAREZ (William Dieterle/USA 1939)


"Democracy... government of the cattle, by the cattle, for the cattle!"

Juarez ~ USA 1939
Directed By: William Dieterle

Mexiko, 1864: Während nördlich des Rio Grande der Bürgerkrieg tobt, sieht der mit den Südstaatlern sympathisierende Kaiser Napoleon III (Claude Rains) jenseits des Atlantik seine Machtfelle davon schwimmen. Um sich eine dauerhafte Position zu sichern, setzt er den Österreicher Maximilian von Habsburg (Brian Aherne) vor Ort als Marionettenkaiser ein. Maximilian, der selbst zum Opfer eines gigantischen Schwindels wird, weil er die institutionalisierte Monarchie in Mexiko als allgemeines Volksbegehr verkauft bekommt, steht gegen den gewählten Landespräsidenten Benito Juárez (Paul Muni) und dessen Gefolgschaft. Immer wieder kommt es zu Scharmützeln und Verrat auf beiden Seiten, bis die Konföderierten im Norden schließlich kapitulieren. Damit wird auch die französische Präsenz aus Mexiko vertrieben und Maximilian entmachtet. Am 19. Juni 1867 lässt Juárez ihn standrechtlich erschießen und mit allen gebotenen Ehren beisetzen.

Grandioses Geschichtskino, von William Dieterle als eines seiner zahlreichen Biopics inszeniert und unter jenen in vorderster Qualitätsfront angesiedelt. Dabei trägt der Film doch eigentlich den falschen Titel, ist seine Porträtierung des Erzherzogs Maximilian doch deutlich konkreter und konturenreicher als die der Grauen Eminenz Juárez. Jener, von Paul Muni als großer Lincoln-Verehrer mit Zylinder, der seine Politik des Intellektuellen vornehmlich aus dem Hintergrund heraus betreibt, mit der gewohnten Präsenz interpretiert, verkörpert vielmehr eine Grundidee: Die der Demokratie nämlich, der Bildung, der Zivilisation und Vernunft und stellt den altweltlichen Monarchen somit auf progressive Weise in den Schatten. Es geht in Juárez insgesamt weniger um Figuren als um Ideologien; der altehrwürdige, blaublütige Filz des alten Europa vs. das unaufhaltsame Fortschrittsdenken des nordamerikanischen Kontinents. Dass dies vor 75 Jahren auf eine deutlich intelligentere, subtilere Beschwörung des Freiheitsgedankens hin inszeniert wurde als es die allermeisten themenverwandten, zeitgenössischen Film vermögen, spricht wenig schmeichlerische Bände über die Entwicklung des Kinos.

9/10

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TRACK OF THE CAT (William A. Wellman/USA 1954)


"Them damned thieving women..."

Track Of The Cat (Spur in den Bergen) ~ USA 1954
Directed By: William A. Wellman

Während des harten Winters in den Rocky Mountains werden einige Rinder auf der Ranch der Familie Bridges zum Opfer eines marodierenden Pumas. Die beiden grundverschiedenen, älteren Brüder Arthur (William Hopper) und Curt (Robert Mitchum) machen sich auf, das Tier zu erlegen, derweil der Jüngste, Harold (Tab Hunter), dessen Braut Gwen (Diana Lynn) bei den Bridges' zu Gast ist, im Hause bleibt. Arthur wird von dem Puma getötet, Curt sucht alleine nach der Bestie weiter und findet selbst den Tod. Nun ist es an dem ängstlichen Harold, sich gegen das Tier - und gegen seine Familie - zu behaupten.

Wie "The Ox-Bow Incident" basiert auch "Track Of The Cat" auf einer Romanvorlage des Westernautors Walter Van Tilburg Clark. Im Gegensatz zu dem sujetbedingt sehr konzentriert gesponnenen Ersteren ist der von Duke Waynes 'Batjac' produzierte "Track Of The Cat" jedoch ein vielschichtiges Familienkaleidoskop, das deutlich mehr mit den großen amerikanischen Dramaturgen des vergangenen Jahrhunderts zu tun hat denn mit einer ordinären Jagdgeschichte. Wellmans Film, ein im positivsten Wortsinne wahrlich 'schwerer Brocken', steckt voller Symbolik und großer CinemaScope-Bilder, die man rein gewohnheitsbedingt eher von einem Elia Kazan oder Richard Brooks inszeniert glauben würde. Und doch stemmt der große alte Routinier sein Paket auf bewundernswert involvierende Weise, verleiht jeder einzelnen Figur eine lückenlose Charakteristik und findet zwischendurch immer wieder Zeit für eine unikale Filmsprache, die garantiert beispiellos ist. Es geht unter anderem, knapp resümiert, - eine umfassende Analyse mag Telefonbuchstärke erreichen - um unangemessene, matriarchalische Gewalt, Bigotterie, Geschwisterhass, Alkoholismus, Natursymbolik, Landnahme, Bildung und vor allem um Emanzipation.
Mitchums Sterbeszene spricht Bände: Um sich vor der Kälte zu schützen, will der Verirrte nächtens unter einem Baum ein Feuer entzünden, doch kurze Windstöße löschen jedes Streichholz. Da kommt er auf die Idee, einen bei der Leiche seines Bruders gefundenen Gedichtband von Keats zu zerreißen, um damit die Flamme zu schüren. Es löst sich jedoch eine Schneemasse von einem Ast über ihm und erstickt auch dieses Feuer. Da sieht er die Signalflamme, die Harold bereits daheim für ihn angesteckt hat und läuft kopflos darauf zu, nur um dann einen Abhang herunterzurutschen und eine Schlucht hinabzustürzen. Ein paar Minuten erzählter Zeit, die bereits Wesentlichstes über Wellmans Film, ein großes Meisterwerk im Übrigen, berichten.

9/10

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DJANGO IL BASTARDO (Sergio Garrone/I 1969)


Zitat entfällt.

Django Il Bastardo (Django und die Bande der Bluthunde) ~ I 1969
Directed By: Sergio Garrone

Viele Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs kommt der frühere Konföderierten-Soldat Django (Anthony Steffen) in eine kleine Stadt, um sich seinen damaligen Offizieren zu retten. Diese hatten ihn und den Rest der Garnison an die Nordstaatler verraten und erschießen lassen. Auch Django glaubte man tot, doch ist dieser nun zurück, um gewissenhaft Holzkreuze mit dem Namen des künftigen Opfers nebst Todesdatum vor den Häusern seiner alten Feinde zu platzieren. Und niemand entkommt ihm...

Ein Mystik-Western aus italienischer Fertigung, der ein wenig wie ein Verbundsfilm von Margheritis kurz darauf gestartetem "E Dio Disse A Caino" daherkommt und ganz nebenbei noch Eastwoods "High Plains Drifter" antizipiert. Der Fremde besitzt hier allerdings einen Namen, und der verpflichtet. Tatsächlich ist dies auch im Mediterranen ein "Django"-Film, der sich mit dem Original zudem die Veteranenbasis der Titelfigur teilt. Anthony Steffen kann sogar als ein ziemlich toller Django reüssieren, der mit zusammengekniffenen Augen und schwarzem Poncho (der stets manieristisch über die linke Schulter geworfen wird, bevor es Tote gibt - auch diese ikonische Bewegung kennt man aus "Per Un Pugno Di Dollari") seine Vernichtungsschneise durch die kleine, lokalitätsstiftende Stadt pflügt. Zudem gibt es mit dem irren Luciano Rossi einen (unter mehreren) sehr markanten Bösewicht, dessen albinohaftes Äußeres neben seinem auch im Film exponierten Irrsinn für denkwürdige Momente sorgt. Nicht nur aufgrund dieser vermag es "der fünfte Sergio" Garroni in seinem dem Vernehmen nach besten Film eine eigentümlich finstere Atmosphäre zu kreieren, die "Django Il Bastardo" als eines der hervorhebenswertesten Django-Rip-Offs Bestand verleihen.

7/10

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SUPERSTITION (James W. Roberson/CAN 1982)


"Leave the cellar right now or I'm gonna kick you out!"

Superstition (The Witch) ~ CAN 1982
Directed By: James W. Roberson

Der untote Geist der vor rund drei Jahrhunderten hingerichteten Hexe Elvira Sharack (Jacquelyn Hyde) treibt auf dem Areal der damaligen Ereignisse noch immer sein Unwesen - wer zu neugierig ist oder zu lange verweilt, muss eines grausamen Todes sterben. Ausgerechnet der dem Suff verfallene Geistliche George Leahy (Larry Pennell) soll nun mit seiner Familie die auf Elviras Land stehende Villa beziehen - ganz zum Unbehagen des bereits in mehreren hiesigen Mordfällen ermittelnden Inspector Sturgess (Albert Salmi). Der junge Pfarrer Thompson (James Houghton) spürt derweil der Legende um Elvira Sharack nach und stößt auf böse Waherheiten...

Ein feiner, kleiner Genrefilm ist James W. Roberson mit "Superstition" geglückt, der den noch immer präsenten Okkultismus-Horror der Vorgängerdekade mit dem zeitgenössischen Naturalismus des Splatterfilms kombinierte und so einen Miniklassiker hervorbrachte, der heuer leider weitgehend der Vergessenheit anheim gefallen ist. Ich selbst habe von ihm im Zuge einer Unterhaltung mit der irischstämmigen Frau eines Freundes erfahren, in der es um frühe Erinnerungen an Horrorfilme ging. Sie erzählte mir von "Superstitition", den sie als Kind in Kanada gesehen und der nachhaltigen Eindruck bei ihr hinterlassen hatte. Ich versprach ihr, den Film nachzuholen - das seit knapp einem Jahr erhältliche, sehr empfehlenswerte, deutsche DVD-Release bot sich hierfür an - und bin nun selbst mittelschwer angetan.
"Superstition" beherbergt subsummierend alles, was der Aficionado wünscht: Eine gepflegt-abseitige Atmosphäre, Satansspuk, harten Splatter und den einen oder anderen wirklichen Gruseleffekt, der etwa dadurch geschickt evoziert wird, dass man von der dämonisierten Elvira Sharack nie die Gesamterscheinung, sondern mit Ausnahme der Klauenhände lediglich die schreckenverheißende Silhouette zu sehen bekommt.
Vielleicht ist Robersons Werk in seiner Gesamtheit dann doch zu unangepasst und eigensinnig, um zwischen "The Sentinel" und "Poltergeist" seinen ihm genealogisch gebührenden Platz einzunehmen; nichtsdestotrotz lohnt es, sich ihm zu widmen.

7/10

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NIGHT OF THE DEMON (James C. Wasson/USA 1980)


"Feeling better now?"

Night Of The Demon (Der Teufel tanzt weiter) ~ USA 1980
Directed By: James C. Wasson

Als einziger Überlebender einer Gebirgsexkursion wird Professor Nugent (Michael Cutt) mit schweren Gesichtsverbrennungen ins Krankenhaus eingeliefert. Die Geschichte, die er den ermittelnden Polizisten und seinen Ärzten erzählt, ist haarsträubend: In den Bergen sind Nugent und seine Studenten angeblich auf einen Eremiten, einen Satanskult und eine die verwaiste, junge Einsiedlerin Wanda (Melanie Graham) getroffen sowie ein haariges Ungetüm, das die gesamte Gruppe dezimierte und mit Wanda offenbar in unheilvoller Verbindung steht...

Viel gibt es nicht zu berichten über diesen kleinen Monsterstreifen, der primär durch einige derbe Gekröseszenen im Gedächtnis bleibt, ansonsten jedoch minimal oberhalb der Amateurfilmgrenze entlangschrappt und dessen krude Story augenscheinlich täglich vor Ort weitergesponnen wurde. Der sich erst in den letzten Minuten (und in vollkommen unmotivierter Zeitlupe wütende) Bigfoot sieht denn auch eher aus wie ein hochgewachsener Troglodyt mit besonders starker Rückenbehaarung.
Immerhin ist "Night Of The Demon" von höchster unfreiwilliger Komik und nicht zuletzt eben auch einer jener kleinen Schätze, die ganz besonders durch ihre bunte, internationale Zensurgeschichte auf sich aufmerksam machen.

4/10

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THE COLLECTION (Marcus Dunstan/USA 2012)


"Are you here to kill me?"

The Collection ~ USA 2012
Directed By: Marcus Dunstan

Arkin O'Brien (Josh Stewart), der nach einem harten Duell doch noch vom Collector (Randall Archer) gefangen und verschleppt wurde, soll nun, wie es die Tradition vorgibt, Zeuge des neuesten Streichs des wahnsinnigen Killers werden. Diesmal hat jener sich eine komplette Underground-Disco als Wirkungsstätte ausgesucht, in der er ein umfangreiches Massaker anrichtet. Einzige Überlebende - und somit neuestes Sammlestück des Collector - ist die Millionärstochter Elena Peters (Emma Fitzpatrick). Arkin jedoch kann diesmal entkommen, nicht allerdings, ohne bald darauf eine perfide Genesungskarte des Collector zu erhalten. Grund genug für Arkin, sich einem Eliteteam anzuschließen, das Elenas Vater (Christopher McDonald) kurzerhand zusammengestellt hat. Dieses will sich von Arkin zum Versteck des Killers führen lassen, um diesen endlich dingfest zu machen und Elena zu befreien. Doch das Domizil des Collector ist eine Menagerie des Todes, aus der ohne Weiteres niemand mehr entkommen kann.

Der Serienmörder als Massenmörder, auch das eine von vielen Parallelen zum "Saw"-Franchise, gibt sich zu Beginn des bereits titulär vielsagenden "Collector"-Sequels "The Collection" die blutrünstige Ehre. Eine riesige Dreschmaschine fährt auf Hüfthöhe mitten durch eine Gruppe ausgelassen feiernder, junger Menschen, um selbige in ihre Atome zu zerlegen. Diese, natürlich nicht bierernst zu nehmende, Ausgangssequenz gibt exakt die Richtung dieser doch um Einiges ungelenkeren Fortsetzung vor. Wie versprochen erhalten wir diesmal Einblick in die Sammlung des Sammlers, welche da multiple Psychosen vermuten, und, ein weiteres Sequel bereits antizipierend, eigentlich eine ganze Sammler-Schar hinter all den morbiden Kunstwerken vermuten lässt. Das, was der Geistesgestörte hier zusammenträgt, ist jedenfalls eine Art gesammelter Werke diverser Kino-Killer der letzten Dekaden - des Collectors Galerien wecken Erinnerungen an "Maniac", "Resurrection", "The Bone Collector" oder auch das "TCM"-Mobiliar und bestimmt noch zig andere, die mir gerade nicht einfallen oder die ich nicht kenne. Die Idee mit dem nach und nach dezimierten 'Platoon' war erst kürzlich noch im ersten "Hatchet"-Sequel nachzulesen. Man kann Marcus Dunstan angesichts soviel Reminiszenz-Gewese sicherlich vieles andichten - Innovativität zählt nicht dazu. Was bleibt, ist eine filmische Abrissbirne, ein großer, fetter Schaschlik-Spieß, der auf eher ungesunde Art völlt.

5/10

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THE COLLECTOR (Marcus Dunstan/USA 2009)


"What's the time?"

The Collector ~ USA 2009
Directed By: Marcus Dunstan

Arkin O'Brien (Josh Stewart) renoviert als einer von vielen Handwerkern die rural gelegene Villa der Familie Chase. Was die Chases nicht ahnen: Der freundliche Arbeiter ist ein Ex-Knacki, dessen Frau Lisa (Daniella Alonso) einen riesigen Schuldenberg abzutragen hat. Also hat Arkin bereits den kompletten Hausgrundriss ausbaldowert, um in der folgenden Nacht - die Chases sind angeblich außer Haus - einen kleinen Bruch zu machen und den Tresor zu leeren. Leider jedoch ist Arkin nicht der einzige nächtliche Besucher. Zeitgleich mit ihm ist der 'Collector' zu Gast im Hause Chase - ein berüchtigter Serienmörder, der immer nur ein einziges Opfer am Leben lässt und dieses am Ende mit sich nimmt. Der Collector hat bereits das gesamte Haus mit tödlichen Fallen versehen und die Eltern Chase (Michael Reilly Burke, Andrea Roth) in seiner Gewalt. Nun ist der Einbrecher Arkin der einzige, unfreiwillige Verbündete der Chases. Ein tödliches Duell zwischen ihm und dem Collector entbrennt.

Marcus Dunstan, ein feister, freundlicher Herr Ende 30, der ein bisschen aussieht wie der dickere Zwillingsbuder von Eddie Vedder, hat bereits eifrig an den letzten vier "Saw"-Filmen mitgewerkelt, was bereits unzweideutige Hinweise auf seine Vorlieben offenbart. Tatsächlich schlummern fiesesete Ideen in dem Mann, der sich immer dann am wohlsten zu fühlen scheint, wenn er sich, stellvertretend für seine restlos abartig veranlagten Kinomörder, sadistische Fallen ausdenken kann, die ihre ahnungslosen Opfer in tausend Teile zerfetzen. Auch "The Collector" funktioniert nach diesem Schema: Ein verrückter Maskenmann (dessen Sackdesign ein wenig an das von Cronenberg in "Nightbreed" erinnert), der nicht nur über außerordentliche Intelligenz, sondern auch über eine extrem pathologische Kreativität verfügt, ver"mint" eine komplette Villa mit diversen Klingen, Bärenfallen und Spießen, um hernach die Einwohner mittendurch zu jagen. Wer sich am gescheitesten anstellt, wandert später in die Sammlung, denn natürlich hat der Collector, wie weiland sein literarischer Ahnherr Freddie Clegg, ein Faible für seltene Exemplare vom Schmetterling bis hin zum Zweibeiner.
Ähnlich sehenswert wie die meisten jüngeren "Home-Invasion"-Schocker zeugt auch Dunstans Werk von einigem Geschick und großer technischer Versiertheit, die sich im ziemlich ansehnlichen Stil des Films, der bei allem Herumgematsche höchsten ästhetischen Ansprüchen genügt, niederschlägt.

7/10

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TRAIN (Gideon Raff/USA 2008)


"If you do this, you're not better than us." - "Perhaps I'm not."

Train ~ USA 2008
Directed By: Gideon Raff

Sechs Mitglieder der in Russland antretenden US-Ringer-Mannschaft, darunter die eher mittelmäßig motivierte Alex (Thora Birch) und ihr Freund Todd (Derek Magyar), nehmen einen außerplanmäßigen Zug Richtung Odessa. Wie sich bald herausstellt, sind sie alle in die Fänge einer lokal operierenden Organmafia gegangen, die mit diesem Zug große Metropolen in Osteuropa anfährt und ahnungslose Touristen verschleppt, um ihnen im letzten Wagon bei lebendigem Leibe die benötigten Körperteile zu extrahieren. Als man sich sämtlicher von Alex' Freunden "angenommen" hat und nurmehr sie selbst übrig ist, entschließt sie sich endlich zu entschiedener Gegenwehr.

"Train" gehört zu jenen Filmen, denen ich im Prinzip lediglich deshalb mein gehobenes Augenmerk widme(te), weil sie (in ungekürzter Form) in Deutschland nach §131 StGb beschlagnahmt und damit für den hiesig sesshaften Gore-Enthusiasten gewissermaßen von besonders funkelndem Interesse sind. Ansonsten wüsste ich vermutlich nicht einmal von seiner Existenz.
Nun, die Sadismen und fiesen Ideen, die Gideon Raff in seinem zweiten und bis dato letzten - mittlerweile scheint er sich nurmehr auf das etwas gewinnversprechendere Fernsehen zu kaprizieren - Langfilm vorlegt, entsprechen, zumal in ihrem stereotyp formulierten Kontext, sicherlich schon dem, was den einen oder anderen selbsternannten Sittenwächter auf die Protestbarrikaden treibt. Doch bei allem Brimborium: Unwesentlich anderes als eine "Hostel"-Variante im Zug bietet "Train" nicht. Das Organhandel-Motiv kennt man noch aus "Turistas", mit Thora Birch konnte immerhin eine vormals renommierte Aktrice als 'final girl' gewonnen werden. Und die Slawen, die, das weiß man aus anderen Genrevertretern, ihre neugewonnene Freiheit vor allem gezielt dazu nutzen, ahnungslose Westtouristen (im wahrsten Wortsinne) auszunehmen, repräsentieren einmal mehr dankbare Feindbilder. An manchen Enden spürt man schon, dass "Train" formal gegen sein spekulatives Foltergewand zu arbeiten versucht; sich gar etwas mehr Würde, Konsumierbarkeit und Eleganz verleihen möchte, als es seinem Sujet gemeinhin zusteht. Das wirkt dann bestimmt possierlich, am Ende jedoch zwecklos: Ich kann nicht allen Ernstes in einer Sekunde eine offene Wirbelsäule zermeißeln lassen, um dann in der nächsten auf der Soundspur zu klingen wie Hans Zimmer und von den Zuschauern erwarten, dass sie das kommentarlos fressen.
Wie gehabt also: Anschaulicher, nicht allzu inflationär vorgetragener Splatter für Zeitgenossen, die genau dies wünschen.

6/10

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QUELQU'UN DERRIÈRE LA PORTE (Nicolas Gessner/F 1971)


"Why would you want to help me?" - "Because I'm your doctor."

Quelqu'Un Derrière La Porte (Der Mörder hinter der Tür) ~ F 1971
Directed By: Nicolas Gessner

Der Gehirnchirurg Laurence Jeffries (Anthony Perkins) ist besessen von seiner Arbeit und vernachlässigt seine Frau Frances (Jill Ireland), die sich demzufolhe auf der anderen Kanalseite einen französischen Liebhaber (Henri Garcin) hält, mit dem sie sich unter Vorwänden regelmäßig trifft. Jeffries weiß davon, vermag jedoch nicht, gegen Frances aufzubegehren. Als eines Abends ein amnesischer Patient (Charles Bronson) in seine Klinik eingeliefert wird, fasst Jeffries kurzerhand einen teuflischen Plan: Er dichtet dem Mann, den er mit zu sich nach Hause nimmt, seine eigene Vergangenheit an, erzählt ihm, Frances wäre seine Ehefrau und würde Ihm Hörner aufsetzen. Der labile Fremde nimmt Jeffries seine Geschichte tatsächlich ab und identifiziert sich mit seiner aufoktroyierten Rolle. Doch der sich so brillant wähnende Arzt ahnt nicht, um wen es sich bei seinem Hausgast wirklich handelt...

Mit "Qulqu'Un Derrière La Porte" näherte sich Bronsons Euro-Engagement langsam aber sicher seinem Schwanengesang. Eine schleichende Übergangsphase erfolgte nun, die den gemeißelten Mimen nach ein paar internationalen Coproduktionen mit Richard Fleischers "Mr. Majestyk" engültig in die USA zurück führte. In Gessners beeindruckendem Kammerspiel, dass sich aufgrund seiner räumlichen Verdichtung im Übrigen exzellent als Bühnenstück adaptieren ließe, spielt Bronson vielleicht eine seiner ehrlichsten Rollen: Als entflohener Geisteskranker, Vergewaltiger und Mörder ohne Gedächtnis ist er trotz all der Jahre späteren Vigilantentums noch immer grandios vorstellbar. Auch darstellerisch straft er hierin so manchen inkompetenten Kritiker Lügen. Sein häufig verwirrtes, fragendes Gesicht mitsamt traurigem Augenpaar, dessen Unterbewusstsein natürlich all seine Schandtaten gespeichert hat, zeugt von einer Spielqualität, die später leider redundant wurde und damit zwangsläufig brachzuliegen hatte. Und sein herzzereißender Suizid am Ende, als er sich, vielleicht doch noch ein letztes Mal Herr aller seiner Sinne, der neuerlich drohenden Gefangennahme sowie der quälenden Gewissheit auf die einzig denkbare Art entzieht.

8/10

Nicolas Gessner England Norfolk Amnesie Madness





Filmtagebuch von...

Funxton

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