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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DE LA PART DES COPAINS (Terence Young/F, I, B 1970)


"Killing him wouldn't be murder. It would be like cleaning a cesspool."

De La Part Des Copains (Kalter Schweiß) ~ F/I/B 1970
Directed By: Terence Young

Der Indochina-Veteran und entflohene Ex-Knacki Joe Martin (Charles Bronson) hat sich bereits vor längerem mit Frau Fabienne (Liv Ullman) und Stieftochter Michèle (Yanick Delulle) an der Côte D'Azur niedergelassen, wo er mit einigem Erfolg reichen Amateurkapitänen das Navigieren auf See beibringt. Eines Tages tauchen jedoch seine vier früheren Mitgefangenen Katanga (Jean Topart), Ross (James Mason), Gelardi (Luigi Pistilli) und Whitey (Michel Constantin) nebst dem Gangsterblondchen Moira (Jill Ireland) auf. Joe hatte sie einst während des Ausbruchs in dem deutschen Militärgefängnis zurücklassen und ohne sie türmen müssen. Nun folgt die Abrechnung: Nachdem Joe den Vorboten Whitey erledigen kann, nehmen die verbleibenden Finsterlinge Fabienne und Michèle als Geiseln. Joe soll die Gangster mit seinem Boot in die Ägäis bringen. Doch der wehrhafte Familienvater lässt sich nicht beugen.

Schnörkelloser Eurokrimi, der eine frühe Paraderolle für Bronson transportiert und von Terence Young pointiert inszeniert wurde. Weg vom noch künstlerisch beflisseneren Genrekino der letzten Jahre silhouettiert "De La Part Des Copains" bereits Bronsons kommenden Archetypus - den des unerbittlichen, kantigen Helden, der sich mit wenigen Worten seinen Weg bahnt und der Bedrohungen der eigenen Person und vor allem der Familie mit doppelter Münze vergilt. Dem vorausgeschickten Whitey bricht Joe nach einem Zweikampf das Genick, den besonders boshaft (da misogyn, pädophil, und egozentrisch) charakterisierten Katanga setzt er am Schluss in Flammen. Dass Young an existenzialistischer Schwere nicht explizit interessiert ist, zeigen andererseits vergleichsweise versöhnliche Momente: Die zurückkehrende Besonnenheit des verblutenden James Mason angesichts des nahenden Todes etwa, der sich doch noch gegen seine Kumpane stellt oder die Schlussminute, die dem besorgten Zuschauer gewissermaßen garantieren soll, dass den Martins trotz der schweren Stunden zuvor ein untraumatisiertes, glückliches Weiterleben garantiert ist. Brosons privates Rennen gegen die Zeit und zwei Motorrad-Flics in einem roten Granada-Cabrio über die Provinz-Serpentinen ist ein kleines Meisterstück zeitgenössischen Actionkinos.

7/10

Terence Young Familie Kidnapping Côte dAzur car chase


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EL CUERPO (Oriol Paulo/E 2012)


Zitat entfällt.

El Cuerpo (The Body) ~ E 2012
Directed By: Oriol Paulo

Um mit seiner Freundin hat Álex Ulloa (Hugo Silva) seine herrische, reiche Gattin Mayka (Belén Rueda) ermordet. Indem er ihr ein verzögert wirkendes, pulsverlangsamendes Gift verabreicht und den folgenden Herzstillstand auf Maykas akute Flugangst schiebt, glaubt er sich als Hauptverdächtiger aus dem Schneider. Doch noch in der folgenden Nacht verschwindet Maykas Leiche aus der Gerichtsmedizin. Treibt die vermeintlich Tote aufs Neue ein diabolisches Spiel mit Álex? Der alternde Inspektor Peña (José Coronado) ermittelt.

Regisseur und Autor Oriol Paulo ist dem Vernehmen nach ja mächtig stolz auf die vertrackte Story, um eine "postmortale" Intrige, die er da ersonnen hat, führt das Publikum mit Liebe auf falsche Fährten und lässt am Ende die Schnur platzen, indem er einen großen twist aus dem Sack lässt, den vorher niemand erraten soll. Was richtig ist: "El Cuerpo" bildet einen sehr traditionsbewussten film noir, der als vollwertiges Gesellenstück eines fraglos talentierten Regisseurs Bestand hat und jenen auch zu wahren wissen wird. Möglicherweise werden sich viele Zuschauer auch tatsächlich von Paulo hinters Licht (und wieder zurück) führen lassen. Dabei ist die schlussendliche Auflösung gar nicht schwer zu ermitteln; Paulo flicht etliche Hinweise ein, die bereits offen darauf hindeuten und von dem zentralen, großen Verdächtigungs-Trara noch nichtmal allzu weit abzweigen. Bereits die Ankündigung von Komplexität schärft ja bereits präventiv die Sinne und so ist's denn auch hier. Paulo hat seine Lektionen emsig und bravourös studiert: Hitchcock, De Palma, Singers "The Usual Suspects" scheinen bei ihm permanent durch alle Ritzen und berauben ihn leider ein wenig der Eigenständigkeit. Dennoch ein erfreulich konzentrierter Film im Dickicht des gegenwärtigen Einerlei.

7/10

Barcelona Oriol Paulo Nacht Verhör Ehe neo noir Unfall


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LE PASSAGER DE LA PLUIE (René Clement/F, I 1970)


Zitat entfällt.

Le Passager De La Pluie (Der aus dem Regen kam) ~ F/I 1970
Directed By: René Clement,

Ein stummer Fremder (Marc Mazza) steigt aus dem Bus, verfolgt und vergewaltigt die junge Mélancolie 'Mellie' Mau (Marlène Jobert), deren Ehemann Tony (Gabriele Tinti) als Pilot arbeitet und außer Haus ist. Es gelint Mellie, den Fremden in ihrem Keller zu stellen und zu erschießen. Aus Scham und Angst hält sie die Affäre geheim und lässt die Leiche verschwinden. Bereits am nächsten Tag macht sie die Bekanntschaft des Amerikaners Harry Dobbs (Charles Bronson), der sich zunächst charmant gibt, ihr jedoch schon bald das Leben schwer macht. Dobbs ist nämlich auf der Suche nach ebenjenem Fremden, den Mellie erschossen hat und fahndet darüber hinaus nach einer Flugtaschen, in der sich ein Haufen Geld befindet. Trotz der folgenden Verhörduelle können beide eine gewisse wechselseitige Anziehung nicht leugnen...

Besonders als verquere Romanze finde ich "Le Passager De La Pluie", der schon aufgrund seines Schauplatzes, des Var-Territoriums, wesentlch sonniger daherkommt als sein Titel vermuten lässt, so schön. Obschon Bronsons schöne Gattin Jill Ireland in einer Nebenrolle als Freundin Mellies auftritt, geht die chemische Saat zwischen ihm und der aparten Marlène Jobert auf wundersame Weise auf: Wie die beiden sich küssen, schlagen und hier und da auch mal fast umbringen, das zeichnet Cléments Film, ganz unabhängig von dem zu luxuriöser Marginalität degradierten Krimiplot, in erster Instanz aus. Das Urteil darüber, ob dies Bronsons romantischste Rolle ist, will ich aufgrund momentan mangelhaften Überblicks einmal hintenanstellen; eine heiße Anwärterin wäre sie in jedem Fall.

8/10

René Clement Vergewaltigung Côte dAzur


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ADIEU L'AMI (Jean Herman/F, I 1968)


Zitat entfällt.

Adieu L'Ami (Bei Bullen "singen" Freunde nicht) ~ F/I 1968
Directed By: Jean Herman

Erst bei ihrer Ankunft in Marseille lernen sich die beiden Algerienkriegsveteranen Dino Barran (Alain Delon) und Franz Propp (Charles Bronson) kennen. Barran ist Arzt und durch die versehentliche Erschießung seines besten Freundes in Depressionen verfallen, Propp indes ein lebenslustiger Gauner, der vor keiner Möglichkeit, schnelles Geld zu machen zurückschreckt. Als Barran die geheimnisvolle Isabelle (Olga Georges-Picot) kennenlernt, veranlasst diese ihn zu einem Bruch bei einem Pariser Multi. Doch anstatt den Safe leerzuräumen, soll Barran zuvor entwendete Dokumente wieder darin platzieren. Während des Jobs taucht plötzlich auch Propp auf und beide werden im Safe eingesperrt. Nachdem ihnen viele Stunden später die Flucht glückt, gerät Propp in die Fänge der Polizei. Doch an ihm hat der ermittelnde Inspektor Méloutis (Bernard Fresson) eine harte Nuss zu knacken...

Bronson in Europa, Bronson in Frankreich. Hier hat der polnischstämmige US-Akteur einige seiner schönsten und stilvollsten Filme hinterlassen, die einerseits Wegbereiter für sein späteres Hartarsch-Image abgaben, andererseits jedoch in formal krassem Gegensatz im Besonderen zu seinem darstellerischen Werk in den Achtzigern stehen. In "Adieu L'Ami" ist er ein Sonnyboy, der als unwesentlich mehr denn als Stichwortgeber für den damals weitaus größeren Star Alain Delon fungiert. Die beiden als buddies zu besetzen, die sich, wie es sih ziemt, zunächst an die Kehle gehen, um dann höchsten Respekt und Vertrauen gegenüber dem jeweils Anderen zu entwickeln, zeugt jedoch von einigem Gespür. Der robuste, rustikale Bronson und der charmante gentilhomme Delon formulieren reizende Gegensätze, die ihre unfreiwillig beginnende Partnerschaft umso glaubwürdiger erscheinen lassen.
Dem gegenüber stehen einige mitunter seltsam anmutende Volten, die Script und Inszenierung vollziehen und aus denen ich nicht immer schlau werde. Die Schlusseinstellung etwa repräsentiert dies vorzüglich. Jene vermögen jedoch den positiven Gesamteindruck, den "Adieu L'Ami" resümierend hinterlässt, nicht wesentlich zu trüben.

7/10

Jean Herman Marseille Paris Buddy Movie Heist femme fatale Fremdenlegion


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ANCHORMAN 2: THE LEGEND CONTINUES (Adam McKay/USA 2013)


"By the hymen of Olivia Newton-John!"

Anchorman 2: The Legend Continues (Anchorman - Die Legende kehrt zurück) ~ USA 2013
Directed By: Adam McKay

Ende der Siebziger lebt Ron Burgundy (Will Ferrell) mittlerweile glücklich mit seiner Gattin Veronica (Christina Applegate) und ihrem sechsjährigen Filius Walter (Judah Nelson) in New York. Als Veronica das Angebot erhält, die Prime-Time-News zu lesen, derweil Ron im Gegenzug gefeuert wird, ist der Anchorman neuerlich in seiner Ehre gekränkt, trennt sich von seiner Familie, um in San Diego volltrunken eine Delfin-Show zu hosten. Doch das rettende Angebot kommt: Der neue New Yorker Sender GNN verfolgt das von allen belächelte Konzept, 24 Stunden Nonstop-News zu bringen. Ron steigt ein, natürlich mit seinam bewährten Team Brian Fantana (Paul Rudd), Champ Kind (David Koechner) und Brick Tamland (Steve Carrell) und reüssiert bald nicht nur gegen seinen größten Konkurrenten Jack Lime (James Marsden), sondern auch gegen Veronica. Der tiefe Fall folgt allerdings auf dem Fuße: Eine vorübergehende Erblindung, gekoppelt mit unendlichem Selbstmitleid haut Ron ein weiteres Mal aus der Bahn. Jetzt kann ihm nur noch seine Familie helfen...

Das Konzept ist bekannt, der Film selbst letztlich nicht mehr als ein Remake des Vorgängers mit ein paar neuen und vieln variierten Gags. Da dies jedoch, konzentrisch heruntergebrochen, auf jede Ferrell-Komödie zutrifft, ist großflächige Kritik an "Anchorman 2" letzten Endes ungültig. Steve Carrell, der in den knapp zehn Jahren seit "Anchorman" ja doch deutlich an Popularität zugelegt hat, wird am meisten neue Fläche zugeteilt - vielleicht ist Brick Tamland als Mischung zwischen gepflegtem Autist und imbezilem Vollidiot ja auch die netteste Nebenfigur aus Rons Newsteam (ich persönlich hatte ja immer mehr ein Faible für Koechners Champ Kind. Whammy!), so dass ihm eine Romanze angedichtet wurde und er einige schöne Gags abbekommt. Alles in allem stehen die aus dem ersten Teil bekannten, gepflegten Flachheiten der nicht minder altbekannten Sozialsatire dümmlich-amerikanischen Narzissmus' gegenüber, den Ron Burgundy ja symbolisiert wie kaum ein Zweiter. Und dann gibt es da noch die vorzüglichen, Pemium-Fremdschäm-Szenen, wie die, in der Ron bei der Familie seines afroamerikaischen part time lovers Linda Jackson (Meagan Good) dinniert und sich, "zu Assimilationszwecken", aufführt wie der schlimmste Klischeeneger. Da brechen dann doch wieder alle Dämme und überlebensgroße Ferrell-Kunst verschafft sich Raum.

7/10

Adam McKay Will Ferrell period piece Fernsehen Journalismus Ehe Familie Freundschaft Vater & Sohn Satire Groteske


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RESURRECTION MAN (Marc Evans/UK 1998)


"My Victor was a good boy. Write that in your paper!"

Resurrection Man ~ UK 1998
Directed By: Marc Evans

Belfast, 70er Jahre: Eine Gruppe protestantischer Gewaltverbrecher, die sich selbst 'Resurrection Man' nennt, macht die ohnehin krisengeschüttelte Stadt noch unsicherer. Willkürlich greift man sich vornehmlich männliche, alternde katholische Bürger und quält sie zu Tode. Als inoffizielles Aushängeschild von Resurrection Man fungiert der junge Protestant Victor Kelly (Stuart Townsend), ein von ödipalen Komplexen zerfressener, sadistischer Psychopath. Der selbst unter psychischen Problemen leidende Journalist Ryan (James Nesbitt) setzt sich auf die Spur Kellys und verfolgt dessen letzten Lebensabschnitt.

Basierend auf den Gräueltaten der damals tatsächlich existenten 'Shankill Butchers', einer protestantisch geprägten Terrorgruppe, die in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts Nordirland unsicher machte, entstand zunächst Eoin McNamees Roman "Resurrection Man", aus dem der Autor dann das Script für Evans' Film destillierte. Vornehmlich bietet dieser die Chronik des inoffiziell ausgetragenen Duells zwischen Kelly und Ryan, zweier gleichermaßen sozial inkompatibler Individuen, die ihre desolaten psychischen Zustände auf ihre jeweils spezielle Weise ausleben oder kontrollieren. Nur einmal begegnet man sich; die Fronten werden geklärt, alles weitere geschieht einfach.
"Resurrection Man" macht es seinem Publikum nicht leicht - sein Personal besteht ausschließlich aus Typen, von denen man sich im wahren Leben despektierlich fernhielte, allen voran natürlich der asoziale, gemeingefährliche Victor Kelly, der auf seinen Mordzügen gezielt nach Stellvertretern für seinen unbändigen Vaterhass sucht. Stuart Townsend hat für die Interpretation dieses Menschenmonsters offenbar sehr akribisch Vincent D'Onofrios Prä-Suizid-Szene aus "Full Metal Jacket" studiert; zumindest bemüht er sich um eine entsprechende Mimik.
In jedem Falle sehenswert, insbesondere für Liebhaber des britischen period gangster movie, muss man sich allerdings darauf entstellen, mit Evans' Werk eines sehr kalten, emotionsentleerten Filmes ansichtig zu werden, an dessen fröstelnde, unbeteilte Objektivität im Hinblick auf das Dargestellte man sich erst einmal gewöhnen muss.

7/10

Marc Evans Belfast Historie Nordirland Familie Mutter & Sohn Journalismus period piece Serienmord Kokain


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DELIRIO CALDO (Renato Polselli/I 1972)


Zitat entfällt.

Delirio Caldo (Das Grauen kommt nachts) ~ I 1972
Directed By: Renato Polselli

Der sich für die Polizei als Profiler betätigende Psychologe Dr. Herbert Lyutak (Mickey Hargitay) leidet selbst unter schweren Störungen: Er ist impotent, sadistisch veranlagt, hat hyänenhafte Sexual-Halluzinationen und wird bisweilen zum - Frauenmörder! Seine eigene Gattin Marzia (Rita Calderoni) ahnt um die Anwandlungen ihres Mannes und betätigt sich selbst als Gewaltverbrecherin, um ihn zu decken. Welche Pläne jedoch verfolgt die Nichte der beiden, die flotte Joaquine (Christa Barrymore)? Und sind die ermittelnden Polizisten betreffs ihrer Garderobenwahl wirklich so geschmacksgeschädigt, wie wir mutmaßen müssen?

Kein Belatschern - Renato Polsellis "Delirio Caldo" gehört zu den blühendsten Auswüchsen psychotronischem Filmschaffens, derer man die auserwählte Ehre hat ansichtig zu werden. Von der ersten Sekunde an nimmt dieser entrückte Streifen einen mit auf eine Reise in die Bereiche des unmöglich Geglaubten und vermag es immer noch wieder, einen draufzusetzen, ohne Rücksicht auf Verluste sozusagen. Dabei gibt es ganz unterschiedliche Schnittfassungen, so unter anderem eine, in der Dr. Lyutaks neurotische Anwandlungen auf ein Vietnam-Trauma geschoben werden. Doch bereits die herkömmliche - so man eine solch ordinäre Kategorisierung im Zusammenhang mit "Delirio Caldo" überhaupt verwenden darf - tut vortrefflich ihre unheilvolle, hiernzersetzende Wirkung beim Rezipienten; vorausgesetzt natürlich, man bedient sich der ohnehin verpflichtenden, deutschen Sychronisation, die aus der berühmten Münchener Schier-Fabrikation (nach dem Dialogautor Heinz G. Schier benannt) stammt, allerdings erst zu frühen Achtziger-VHS-Zeiten erstellt wurde und voll poetischer Strahlkraft ist. Letzteres nicht zuletzt wegen des wunderbaren Christian Marschall auf Mickey Hargitay, der noch jede semantische Absonderlichkeit seriös klingen lassen konnte. Fraglos kommt man in diesem Zusammhang nicht umhin, die zwei berühmtesten Bonmots zu zitieren: "Ich bin's, der Kartoffel" sowie "Ich habe einen instinktiven Verdacht metaphysischen Charakters". Doch auch seltener Hervorgehebene Fäkalanalogien wie "Jetzt drückt er" oder "Ich habe sie erst gesehen, als ich mich von meinem Schiss erhob" lassen Nonsensträume wahr werden, von all den anderen, paradoxen Basisambitionen, wie die, Italien unbedingt nach London ausschauen zu lassen und damit völlig auf die Schnauze zu fallen, gar nicht zu reden. Soviel Stuss unter einem Zylinder, das kann doch nur große Kunst sein.

6/10

Serienmord Madness Psychiatrie Renato Polselli Europloitation Trash Giallo Profiling


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THE MOUSE THAT ROARED (Jack Arnold/UK 1959)


"Just don't talk!" - "Can we scream a little?"

The Mouse That Roared (Die Maus, die brüllte) ~ UK 1959
Directed By: Jack Arnold

Dem Herzogtum Groß-Fenwick, dem kleinstem Staat der Welt, geht es wirtschaftlich schlecht, seit ein kalifornischer Winzer seinen einzig nennenswerten Exportartikel, den hauseigenen Rotwein, plagiiert. Für den findigen Premierminister Rupert von Mountjoy (Peter Sellers) gibt es nur einen Ausweg aus der Misere: Einen von vornherein zum Scheitern verurteilten Angriff auf die USA, den diese mit fürsorglichen Reparationen entgelten sollen. Der mit der Attacke beauftragte Förster Tulley Bascombe (Peter Sellers) jedoch nimmt die ganze Sache ernster als vermutet und hat zudem mehr Glück als Verstand. So gelingt es ihm, Professor Kokintz (David Kossoff), den Erfinder der furchtbarsten Waffe der Welt, der "Q-Bombe", mitsamt seinem scharfen Vernichtungsapparat und seiner Tochter Helen (Jean Seberg) zu kidnappen. Die USA geben sich Groß-Fenwick geschlagen, die Q-Bombe entpuppt sich als Blindgänger und für Tulley und Helen läuten bald die Hochzeitsglocken.

Jack Arnolds Liebäugelei mit der schwarzhumorigen, britischen Komödie ist eine unmittelbare Vorwegnahme der Weltuntergangs-Satire "Dr. Strangelove" - nicht allein wegen Peter Sellers' berühmtem multi-part-acting. In "The Mouse That Roared" übernahm der Meisterkomiker drei Rollen - die erwähnten des Premierministers und seines über sich hinauswachsenden, unfreiwilligen Handlangers sowie die der Erzherzogin Gloriana, Staatsoberhaupt von Groß-Fenwick. Als jene formuliert Sellers zugleich einige der schönsten Zitate des Films, die zumeist darauf abzielen, dass der beabsichtigte Angriff auf die Großmacht doch bitte schön möglichst nachhaltig und ohne Aggression von Statten gehen möchte. Auch sonst steckt Arnolds lustiger kleiner Film voller liebenswerter Seitenhiebe auf die unmögliche Weltsituation jener Tage, der ihre schlimmsten Prüfungen eigentlich doch erst noch bevorstanden, die sich hier jedoch bereits mit wohlweislichem Blick analysiert und persifliert fand. Vielleicht nicht so unerbittlich, scharfkantig und wirkmächtig wie das bald nachfolgende Meisterwerk Kubricks, dafür aber von leichterer, weil unbedarfterer Hand gewebt.

8/10

Jack Arnold Satire Kalter Krieg Atombombe


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MAN HUNT (Fritz Lang/USA 1941)


"May you never lodge it in the wrong heart."

Man Hunt (Menschenjagd) ~ USA 1941
Directed By: Fritz Lang

Der arrivierte englische Großwild-Jäger Alan Thorndike (Walter Pidgeon) testet in der Praxis, ob ein Attentat gegen Adolf Hitler (Carl Ekberg) durchführbar wäre. Bevor er jedoch vor Ort eine echte Patrone ins Ziel feuern kann, erwischen ihn die Schergen des Führers. Der Gestapo-Oberst Quive-Smith (George Sanders) will Thorndike nötigen, ein Geständnis zu unterschreiben, demzufolge er zugibt, im Auftrag der britischen Regierung gehandelt zu haben, um Hitler somit einen öffentlichen Grund zu liefern, gegen England ins Feld zu ziehen. Thorndike weigert sich jedoch beständig und es gelingt ihm schließlich die Flucht zurück zur Insel, Quive-Smith und seine Leute stets dicht auf den Fersen. Schutz und Unterstützung findet Thorndike bei dem hübschen, naiven Arbeitermädchen Jerry (Joan Bennett), dessen Involvierung in seine Affäre er jedoch bald zutiefst bereut...

Einer der ersten echten Propagandafilme aus Hollywood, sozusagen als präventives Werk für die kurz darauf folgende Atlantik-Charta und das US-Engagement im Zweiten Weltkrieg. Mit der Verfolgung Unschuldiger durch Übermächte hatte Lang bereits vormals geliebäugelt; in "Fury" oder "You Only Live Once". "Man Hunt" jedoch setzte diesen verzweifelten Topos in einen noch weitaus kosmopolitischeren Zusammenhang: Hier kamen die Nazis ins Spiel, das damalige Reich des Bösen, das seit kurzem die Welt ins Chaos stürzte. Basierend auf dem erst kurz zuvor erschienenen Roman "Rogue Male" des britischen Autoren Geoffrey Household, ging alles ganz schnell: Die Fox erhielt die Rechte und binnen kürzester Zeit wurde "Man Hunt", ursprünglich als Projekt für John Ford vorgesehen, der parallel jedoch an "The Grapes Of Wrath" arbeitete, von dem eilends hinzugezogenen Fritz Lang inszeniert. Als dessen Projekt eignete sich "Man Hunt" ohnedies in idealer Weise: Lang konnte erstmals im Kino mit dem ihm zutiefst verhassten Nationalsozialismus abrechnen und sein oben erwähntes, bevorzugtes Thema der Jagd auf das Individuum neuerlich kultivieren. Dabei geht er besonders gegen Ende mit wütender Entschlossenheit zur Sache: Die, wie dem Protagonisten Thorndike jedem Rezipienten zuvor eingehend ans Herz geheftete, bezaubernde Jerry wird zum Opfer der Nazis und damit zum Grund für Thorndikes erbitterte Rachsucht. Nachdem er sich mitsamt Präzisionsgewehr von der Truppe verabschiedet hat und auf eigene Faust nach Hitler sucht,hält "Man Hunt" am Schluss beschwörend fest, dass die braune Brut in ihm nur einen von vielen erbitterten Gegnern hätten, vor denen man auf der Hut sein sollte. Nehmt euch in Acht, ihr Nazis! Hier kommt Amerika!

9/10

Nationalsozialismus Deutschland England London WWII Fritz Lang Flucht Propaganda


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HAUNTER (Vincenzo Natali/CAN, F 2013)


"How can sleep when we're... dead?"

Haunter ~ CAN/F 2013
Directed By: Vincenzo Natali

Die junge Lisa (Abigail Breslin) stellt nicht nur fest, dass sie den Tag vor ihrem 16. Geburtstag immer wieder erlebt; sie muss zugleich auch einsehen, dass sie und ihre Familie bereits lange tot und in einer zwischenweltlichen Spirale gefangen sind. Ihre nunmehr angestellten Nachforschungen zeigen Lisa, dass sie, ebenso wie viele andere Mädchen in ihrem Alter, Opfer eines diabolischen Serienkillers namens Edgar (Stephen McHattie) geworden sind, der auch noch nach seinem Tod sein Unwesen treibt, indem er eigentlich brave Familienväter als Wirt für sein böses Geschäft benutzt. Zusammen mit ihren Leidensgenossinnen aus einem halben Jahrhundert nimmt Lisa den Kampf gegen Edgar auf.

Dafür, dass der kanadische Regisseur Vincenzo Natali nur so selten Neues von sich hören lässt, scheint mir sein jüngstes Werk "Haunter" etwas uninspiriert und außerdem recht ordinärgewachsen. Seine gewohnt elegante Form der Inszenierung pflegt Natali auch weiterhin, doch wo einst doppelbödige, innovativ ersonnene stories und settings sein filmisches Universum bestimmten, kommt er just mit einem doch eher konventionellen, an diversen, wohlbekannten Vorbildern orientierten, zudem nicht vorhandene Komplexität heuchelnden Geisterplot um die Ecke. Dies verwundert eben insbesondere angesichts dieses Filmemachers, den ich in "Haunter" niemal wiedererkannt, geschweige denn hinter dem Film vermutet hätte, die Mitwirkung seines standards David Thewlis einmal außen vor gelassen. Abseits dieses nicht unwesentlichen Dämpfers erhält man eine zumindest gepflegt unterhaltende Jenseitsgeschichte, die niemandem weh tun will. Brav, Vincenzo.

6/10

Vincenzo Natali Jenseits Dämon Geister Duell Zeitschleife Serienmord





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