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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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FURANKENSHUTAIN NO KAIJÛ: SANDA TAI GAIRA (Ishirô Honda/J 1966)


Zitat entfällt.

Furankenshutain No Kaijû: Sanda Tai Gaira (Frankenstein - Zweikampf der Giganten) ~ J 1966
Directed By: Ishirô Honda

Ein grünes, menschenfressendes Riesenmonster erscheint vor der Küste Japans - für die beiden Wissenschaftler Dr. Kitai (Russ Tamblyn), Majida (Kenji Sahara) und ihre Assisatentin Akemi (Kumi Mizuno) ein Rätsel, scheint es sich doch um den einst von ihnen gehegten und später verschwundenen Frankenstein zu handeln, der jedoch Vegetarier ist und eigentlich versteckt in den Bergen hausen sollte. Das Militär fackelt nicht lang und greift den grünen Giganten an - da taucht der originale Frankenstein mit braunem Fell auf und hilft seinem Artgenossen zu fliehen. Man findet heraus, dass der grüne Frankenstein ein Zellableger des ursprünglichen, braunen Monsters ist - leider mit komplett anderen Verhaltensmustern ausgestattet. Als der Braune herausfindet, dass sein grüner Kumpel zutiefst vefressen und böse ist, geht er zum Angriff über. Ihr Zweikampf setzt sich bis in eine Bucht vor Tokio fort, wo urplötzlich ein unterseeischer Vulkan ausbricht und beide Monster vernichtet.

Diesen sehr schöne Monsterschinken, der ausnahmsweise mal weniger für ein Kinderpublikum geschaffen wurde, habe ich bereits als kleiner Steppke im TV schauen dürfen, wo er irgendwann im frühen Dienstagabend-Programm des ZDF ausgestrahlt wurde. Damals hat mich der Streifen durchaus fesseln können, da er ja zum einen einer überaus schlicht gestrickten Story folgt und zum anderen mit viel Fantasie und, was ihn für mich noch heute zur erfreulichen Ausnahme-Erscheinung macht, weder mit Gummiechsen- noch mit Roboteranzügen um die Ecke kommt. Stattdessen gibt es schön äffisch-humanoide Felldresses, was der Illusion von Riesenmonstern durchaus zu Gute kommt. Die Rückprojektionen sind zumeist ausnehmend gut gelungen wie auch die ein oder andere "King Kong"-Hommage von Reiz ist. Ich bin zwar kein ausgesprochener Kaijû-Experte, möchte aber behaupten, dass Honda mit dem zweiten "Furankenshutain"-Film einer seiner besseren Beiträge zum japanoschen Monsterkino geglückt ist.
Mit Russ Tamblyn tritt diesmal ein noch renommierterer US-Darsteller an, der in fünf Jahren Post - "West Side Story" allerdings sichtlich zugelegt hat und sichtlich erfreut war, ausnahmsweise einmal nicht in langweiligen Episoden x-beliebiger TV-Serials auftreten zu müssen.

7/10

Ishirô Honda Frankenstein Duell Japan Tokio Monster Sequel


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FURANKENSHUTAIN TAI CHITEI KAIJÛ BARAGON (Ishirô Honda/J 1965)


Zitat entfällt.

Furankenshutain Tai Chitei Kaijû Baragon (Frankenstein - Der Schrecken mit dem Affengesicht) ~ J 1965
Directed By: Ishirô Honda

In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs gelingt es der kaiserlich-japanischen Flotte, das unsterbliche Herz des Frankenstein-Monsters zu bergen. Dieses gelangt bis nach Hiroshima, wo nach dem Atombomben-Abwurf neues Leben aus ihm ersteht in Form eines verwegen aussehenden Jungen, der unerkannt auf der Straße lebt. Die drei Wissenschaftler Bowen (Nick Adams), Kawaji (Tadao Takashima) und Togami (Kumi Mizuno) nehmen sich der Kreatur an und entschlüsseln ihr Geheimnis. Binnen kürzester Zeit wächst das Kind zu einem haushohen Giganten (Kôji Furuhata) mit monströsen Manieren heran, dem bald die Flucht in die Wildnis gelingt. Dort trifft es auf die riesige Urweltechse Baragon, mit der es sich ein Duell auf Leben und Tod liefert.

Der erste von zwei namentlich "echten" Frankenstein-Filmen der Toho, die diese in Kooperation mit der US-Produktionsfirma UPA herstellte. Hier beging man den schon als 'klassisch' zu bezeichnenden Faux-pas, dem Monster den Namen seines Schöpfers angedeihen zu lassen, was im Sequel zu noch lustigeren Kapriolen führen sollte. Der Riese mit Wasserkopf und Überbiss heißt also kurzerhand 'Frankenstein' und legte, neben der Tatsache, dass er infolge der radioaktiven Strahlung das Zehnfache seiner ursprünglichen Größe erreichte, urplötzlich auch ein orientalisches Aussehen an den Tag. Die berühmten Elektroden und Nähte allerdings waren nunmehr, bei aller übrigen Ähnlichkeit, verschwunden. Da den Japanern (und in diesem Fall auch den Amerikanern) ein Monster selten genügte, holte man kurzerhand noch den schildkrötenartigen Baragon dazu, der wie Godzilla Strahlen speien kann und putzige Kulleraugen hat. Müßig zu erwähnen, dass Frankenstein den Kampf gegen Baragon für sich entscheidet, am Ende jedoch gemeinsam mit dem Besiegten in einer Erdspalte verschwindet. "Für die Welt ist es das Beste", wie uns etwas traurigen Monsterliebhabern das tapfere Wissenschaftlertrio tröstend versichert.
In der ursprünglichen, japanischen Fassung hat Frankenstein nach dem Sieg über Baragon auch noch gegen einen Riesenkraken anzutreten, der urplötzlich hinter einem Felsen hervorgekrabbelt kommt und seinen Gegner schließlich mit ins Meer zieht. Bleibt finalerweise nur die Frage zu beantworten, wer den nun eigentlich "Der Schrecken mit dem Affengesicht" sein mag - der US-Schauspieler Nick Adams möglicherweise? Man wird es nie erfahren...

6/10

Ishirô Honda Kaiju Japan Tokio Monster Frankenstein Duell WWII Hiroshima Atombombe mad scientist


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THE COUNSELOR (Ridley Scott/USA, UK 2013)


"Why wasn't Jesus Christ born in Mexico? Because you couldn't find three wise men or a virgin there."

The Counselor ~ USA/UK 2013
Directed By: Ridley Scott

Der Berater und Anwalt (Michael Fassbender) des Großdealers Reiner (Javier Bardem) gerät in eine empfindliche Situation, als man ihn verdächtigt, eine gewaltige Lieferung Kokain aus Mexiko gestohlen zu haben. Der Anwalt hatte den Deal nach Beratung mit Reiner und unter Vermittlung des hintergründigen Westray (Brad Pitt) eingefädelt, um sich noch mehr Luxus gönnen und mit seiner schönen Verlobten Laura (Penélope Cruz) in Reichtum schwelgen zu können. Er ahnt nicht, dass er einem eiskalt ersonnenen Plan von Reiners Liebchen Malkina (Cameron Diaz) aufsitzt, die tatsächlich hinter dem Kokaindiebstahl steckt und damit die Ermordung sämtlicher Beteiligten durch die rachsüchtigen Mexikaner nicht nur in Kauf nimmt, sondern ausdrücklich herbeiführt.

Vielleicht könnte man "The Counselor" in Scotts Gesamtwerk etwa jene Stellung zuordnen, die "Showgirls" in Paul Verhoevens Œuvre innehat: Eine mehr oder weniger freiwillige Liebäugelung mit Camp und Sleaze, die unter Inkaufnahme einer geradezu offensiven Exaltiertheit mit Sex und Amoral hausieren geht und die Schlechtigkeit der Welt ausstellt in einer Form, die wohl vornehmlich dazu angetan ist, ein eher bürgerliches Publikum zu schockieren; dem in Genrebelangen "erfahreneren" Betrachter - und dies dürften, davon gehe ich einfach mal aus - ohnehin die meisten sein, die sich "The Counseor" widmen, allerdings lediglich eine Variation altbekannter Themen kredenzt. "Scarface", "Traffic", "Blow", "Savages", "Spring Breakers" stehen in der Ahnenreihe dieses mit verlockenden Bildern protzenden Epos, in dem sogar Ströme von Jauche noch toll aussiehen: Leg' dich nicht mit Latino-Gangstern an, die sind nämlich die härtesten, kranksten und brutalsten Bastarde der Welt, die Föten und Schlimmeres zum Frühstück verspeisen! Wesentlich mehr sitzt eigentlich nicht drin in Scotts wie mit einem riesigen Nudelholz ausgewalzten Geschichte eines Niedergangs, die mir allerdings trotzdem prima gefallen hat, weil ich seit eh und je auf des Regisseurs selbstherrliches, schwelgerisches Stilgewichse abfahre und mich mit selbigem stets hinreichend wohl gefühlt habe. Hervorragende Darsteller, schöne Menschen, die, mit Ausnahme der armen Penélope Cruz (die es ausgerechnet am härtesten erwischt), kriegen, was sie verdienen und am Ende aber auch gar nichts mitnehmen können von Dolce oder Gabana, das kann auch mal schön sein. Und dann der mir omnipräsent scheinende Michael Fassbender. Mir fast schon unheimlich, dass ich, ganz unbewusst, schon so Vieles mit ihm angeschaut habe (ich zählte überraschterdings just ganze zwölf Filme, with many more to come). Ist aber auch echt okay, der Junge.

8/10

Ridley Scott Mexiko Arizona Drogen femme fatale


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THUNDER III (Fabrizio De Angelis/I 1988)


Zitat entfällt.

Thunder III ~ I 1988
Directed By: Fabrizio De Angelis

Dem armen Thunder (Mark Gregory), vormals Navajo, jetzt Cheyenne (Larry Ludman macht's möglich), ist einfach keine Ruhe vergönnt: Eine Gruppe asozialer Wochenendsoldaten, in ihrem Alltagsleben durchweg unbescholtene Geschäftsleute einer nahegelegenen Kleinstadt, knallen zwei Pferde (eines davon ein Fohlen) ab, schießen Tunders Wohnwagen-Siedlung zu Klump und töten um ein Haar sogar Thunders Freund, den 'Kleinen Raben' (Jeffrey Domo). Das kann der nach wie vor edle Krieger nicht auf sich beruhen lassen und fordert Schadenersatz bei den Übeltätern. Diese verspotten ihn jedoch ganz nach alter Tradition, was Thunder mit Feuer und Explosionen vergilt.

Der dritte und letzte Beitrag zur "Thunder"-Reihe, die De Angelis unter seinem lustigen Leib-Pseudonym 'Larry Ludman' in die Welt entließ, besitzt noch denselben, unwiderstehlichen Charme der beiden Vorgänger; ist allerdings, das muss man einräumen, nochmals deutlich billiger produziert und sogar noch etwas einfältiger gescriptet. Der alten Maxime, dass Thunder zwar alles Mögliche in die Luft jagt, aber niemanden über die Klinge springen lässt, bleibt auch "Thunder III" treu, weshalb er, abgesehen von seinem ansonsten schön schmierigen Gestus vielleicht, als durchaus familientauglich durchgeht. Anstelle von Harmstorf hat es diesmal Werner Pochath und John Phillip Law löst Bo Svenson als Kleinstadt-Sheriff ab. Hinzu kommt noch der in erster Linie als Synchronsprecher bekannte Horst Schön, dessen Stimme einst Leslie Nielsen, Robert Loggia und Richard Burton ihr unverwechselbares deutsches Timbre spendierte. Hier ist er en persona als ein gewisser 'Colonel Bill Magnum' zu sehen, der aus der Armee ausgestoßen wurde und nun auf dem Lande den dicken Max markiert. Natürlich synchronisiert er sich selbst, wie überhaupt einmal mehr erst die hiesige Vertonung "Thunder III" erst richtig goutierbar macht - neben den effektiv in Brand gesteckten Miniaturbauten freilich, deren spektakulär eingefangenes Lodern immer wieder ein verklärtes Grinsen auf des Zuschauers Antlitz zaubert. Sowas konnte man anno 88 eben noch verkaufen. Superwitziges Ding.

5/10

Fabrizio De Angelis Selbstjustiz Arizona Indianer Rache Europloitation Trash Neowestern


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THE WRECK OF THE MARY DEARE (Michael Anderson/UK, USA 1959)


"I'm asking you to do something for me as one man to another."

The Wreck Of The Mary Deare (Die den Tod nicht fürchten) ~ UK/USA 1959
Directed By: Michael Anderson

Vor der bretonischen Küste stößt John Sands (Charlton Heston), Skipper eines kleinen Schleppers, bei stürmischer See auf einen scheinbar verlassenen Frachter, die "Mary Deare". Als Sands das vermeintliche Geisterschiff betritt, muss er feststellen, dass er mitnichten allein ist: Der sich ihm als Kapitän vorstellende Gideon Patch (Gary Cooper) ist die letzte lebende Person an Bord. Über die Ereignisse der letzten Tage schweigt sich Patch zunächst aus. Nachdem er die "Mary Deare" mit Absicht auf ein Riff gesteuert hat, bittet Patch Sands, ihn vor dem Seegericht zu unterstützen. Denn nicht nur, dass Patch eine höchst unsaubere Biographie vorweist, vertritt er auch noch eine recht ominös scheinende Theorie um einen geplanten Versicherungsbetrug...

Die Besonderheit um Andersons Film, der sich ein wenig ausnimmt wie ein leicht aus der Art geschlagenes Hitchcock-Werk, liegt in der Erzählperspektive: Berichtet wird das Ganze zu rund drei Vierteln aus der Sicht des ebenso wie der Rezipient völlig unbeschlagenen Seemannes John Sands, der Gideon Patch als einen mysteriösen, möglicherweise sogar gefährlich überkandidelten Zeitgenossen erlebt. Dem Zuschaur wird sogar noch mehr Bange gemacht, denn Patch hat, das offenbart man uns, mindestens eine Leiche im (Kohlen-)Keller. Die einzige Sicherheit betreffs dieser Figur ergibt sich durch ihren Interpreten Gary Cooper, der, soviel weiß man, stets integre Charaktere darbietet. Um einen solchen handelt es sich natürlich auch bei Gideon Patch, eine Art Will Kane auf hoher See, der als humanes Abschreibungsobjekt zum Opfer einer Verschwörung wird und sich verzweifelt Hilfe sucht, um seiner Bredouille zu entkommen. Anderson inszeniert dieses Zusammentreffen zweier Stars mit britischem understatement, dem auch die diversen Insel-Darsteller, darunter Richard Harris als gemeiner Hundsfott, Rechnung tragen. Trotz seines nach wie vor sehenswerten Prädikats haftet "The Wreck Of The Mary Deare" allerdings eine gewisse, unleugbare Patina an, die sich vor allem in Form der hier und da allzu gemächlich ausfallenden Narration bemerkbar macht.

7/10

Eric Ambler Michael Anderson Atlantik Schiff Seefahrt Verschwörung Courtroom


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NIGHT TRAIN TO LISBON (Bille August/D, CH, P 2013)


"Did you mind my cigarettes?"

Night Train To Lisbon (Nachtzug nach Lissabon) ~ D/CH/P 2013
Directed By: Bille August

Der alternde Berner Gymnasiallehrer Raimund Gregorius (Jeremy Irons), einsam und zerstreut, rettet eines Morgens eine junge Frau (Sarah Bühlmann) vor dem beabsichtigten Suizid. Die Dame verschwindet alsbald und hinterlässt lediglich ihren Mantel, in dem sich das Buch "Ein Goldschmieed der Worte" eines portugiesischen Autors namens Amadeu de Prado (Jack Huston) sowie eine Zugfahrkarten nach Lissabon befinden. Hals über Kopf bricht Gregorius nach Portugal auf, in der vagen Hoffnung, wahlweise die Unbekannte dort zu finden oder auch den Literaten des von Gregorius bereits nach erster Lektüre heiß verehrten Buches. Gregorius' Recherchen vor Ort ergeben, dass Amadeu De Prado zu Zeiten des späten Estado Novo als Arzt und Widerständler in Lissabon lebte und an einem Aneurysma gestorben ist. Seine einstigen Freunde João (Tom Courtenay) und Jorge (Bruno Ganz) jedoch leben noch und schildern Gregorius die Umstände von Amadeus Leben und Sterben nebst einer bittersüßen Liebesgeschichte. Auch für den in seinem präzisen Schweizer Alltag gefangenen Gregorius offenbaren sich dadurch neue Perspektiven.

Filme wie "Night Train To Lisbon" sind ja mit Regelmäßigkeit zu einem bedauernswert determinierten Dasein als stiefmütterliches Kulturartefakt verdammt: Man ahnt, wie etwas spießige Herrschaften und Dämlichkeiten jenseits der 50 sich dafür in Richtung Programmkino aufmachen, um dann beim nächsten Salontalk in gepflegter Runde bei einem Glas Rotwein und unter gemäßigter Begeisterung davon Kunde zu tun. Verdient hat zumindest Augusts Jüngster diese Monokelexistenz mitnichten, denn er ist schön, entspannt und rührend.
Bille August hat bekanntlich so seine Erfahrungen mit der Adaption von Weltliteratur und stellt seit nunmehr 35 Jahren international verbundenes Qualitätskino her. Mit Jeremy Irons findet er zwei Dekaden nach der Allende-Verfilmung "House Of The Spirits" wieder zusammen, wiederum in einer Aufarbeitung von Diktatur gespaltener Biographien. Witzigerweise sieht Irons mittlerweile wirklich aus wie sein damals auf alt geschminkter Protagonist und spielt nach wie vor auf denkbar höchstem Niveau. Hier und da dickfällig eingeflochtene Symbolismen wie eine neue Brille als Metapher für neue Lebensperspektiven scheinen verzichtbar, wenngleich sie auch kaum weiter stören. Lieber sollte man das formidabel bebilderte Stadtporträt genießen sowie die Tatsache, mit "Night Train To Lisbon" einen verhältnismäßig raren Film über die Landeshistorie sehen zu können.

8/10

Bille August Biopic period piece Bern Lissabon Portugal Historie Pascal Mercier Lehrer


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12 YEARS A SLAVE (Steve McQueen/USA, UK 2013)


"I will take the ones Platt and Eliza."

12 Years A Slave ~ USA/UK 2013
Directed By: Steve McQueen

New York in den frühen 1840ern: Der farbige Solomon Northup (Chiwetel Eijofor) lebt als gebildeter, freier Bürger und anerkannter Violinist ein geordnetes Familienleben, bis ihn ein paar Schlepper unter dem Vorwand eines musikalischen Engagements nach Washington locken, von wo aus er als angeblich entflohener Sklave Platt nach Louisiana verschifft und dort verkauft wird. Solomon kommt zunächst auf die Plantage des relativ freigiebigen Plantagenbesitzers Ford (Benedict Cumberbatch), wo er zunehmend häufg mit dem unterbelichteten Aufseher Tibeats (Paul Dano) aneinandergerät. Dies kostet ihn beinahe das Leben. Schließlich ist Ford gezwungen, Solomon als Schuldtilgung an den Baumwollpflanzer Epps (Michael Fassbender) weiterzureichen, einen sadistischen, bigotten Menschen, der seine Sklaven, allen voran die von ihm insgeheim geliebte Patsey (Lupita Nyong'o), schwer misshandelt. Der umherreisende Arbeiter Bass (Brad Pitt) ermöglicht Solomon schließlich, nach zwölf Jahren der Versklavung, die Rückkehr zu seiner Familie.

Schriften, Filme und TV-Serien über das dunkle Kapitel der Sklaverei im US-Süden gibt es ja zuhauf, was nicht bedeutet, dass jedwede neuerliche Bearbeitung dieses Themas jemals überflüssig sein könnte. Mit Tarantinos "Django Unchained" erfolgte erst letzthin eine - hier und da vielleicht etwas zu - geschmäcklerische Aufbereitung im dem Regisseur typischen Retrostil, der ausnahmsweise eine überfällige Abrechnung mit dem rassistischen Abschaum ermöglichte - eine solche ist in dem auf einer authentischen Zusammenfassung der Solomon Northup zugestoßenen Ereignisse nicht zu erwarten. Anders als gewohnt wird der Hauptcharakter hier nicht aus Afrika angeschleppt oder bereits in der Sklaverei geboren - bei ihm handelt es sich um einen sensiblen, hochkultivierten und vor allem gesellschaftlich etablierten Zeitgenossen, der dazu neigt, die unterwürfigen Hausfaktoten seiner Hautfarbe selbst mit einer gewissen Hochnäsigkeit zu beäugen und dabei nicht erkennen will, dass er für viele Weiße des Nordens auch bloß als 'exotisches Exemplar seiner Gattung' von Interesse ist. Die zwölf Jahre als Sklave setzen somit für Solomon auch Lernprozesse in Gang; über die Individualität jedes Einzelnen, über Identitätsfindung und wahre Zugehörigkeit. McQueen zeichnet derweil seine subtil gehaltene, paradox-ästhetische Bildsprache aus und dass er sich seinem Publikum als einer der wenigen Filmemacher der Gegenwart auch Einstellungen zuzumuten getraut, die die Dauer von drei Sekunden übersteigen.

9/10

Sklaverei Historie period piece Biopic New York Südstaaten Louisiana New Orleans Best Picture ethnics Steve McQueen (D.)


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SORORITY BABES IN THE SLIMEBALL BOWL-O-RAMA (David DeCocteau/USA 1988)


"This is the most stupid, sappiest story I ever heard!"

Sorority Babes In The Slimeball Bowl-O-Rama (Beast You!) ~ USA 1988
Directed By: David DeCocteau

Die drei College-Nerds Calvin (Andras Jones), Jimmie (Hal Havins) und Keith (John Stuart Wildman) platzen mitten in die Aufnahmezeremonie zweier Mädels (Brinkie Stevens, Michelle Bauer) in die Schwesternschaft "Triple-Delta". Zur Strafe müssen nun alle Fünf nächtens eine Trophäe aus der hauseigenen Bowlingbahn des nahegelegenen Einkaufszentrums klauen. Dort begegnet man jedoch nicht nur der knallharten Einbrecherin Spider (Linnea Quigley), in die Calvin sich prompt verkuckt, sondern auch dem dreißig Jahre lang in einem Pokal eingesperrten 'Imp', einem Wunsch-Dämon mit schwarzmagischen Kräften, welcher sich mit den armen Studies gar finstere Scherze erlaubt...

C-Horror-Comedy typischer Achtziger-Manufaktur von dem bis heute unermüdlich-(über-)eifrigen Trash- und Porno-Regisseur David DeCocteau - daher garantiert spaßig und geprägt von geradezu leidenschaftlich vorgetragenem Untalent. Natürlich sorgen nicht die (durchweg mies gescripteten) Gags für Humor, sondern die Zwischenzeilen voller einfältiger Ideen. Letzten Endes ging es wohl vornehmlich darum, die beiden überaus ansehnlichen Damen Stevens und Bauer textilfrei vor die Linse bekommen und ein paar Spanking-Sequenzen (Gruß an Kollege Hoolio) einflechten zu können. Der zwergenhafte Imp, eine Art Vorläufer vom "Leprechaun", besteht lediglich aus einem unbeweglichen Torso und einem quasselnden Dämonenkopf, der unentwegt stupide Zeilen absondert und erst recht die hanebüchene, bodenlose Dämlichkeit von DeCocteaus Film unterstreicht. Da gerinnen selbst außerordentlich kurze 76 Minuten Erzählzeit zu Kaugummi. Ein Streifen der beliebten Kategorie "So schlecht, dass er schon wieder gut ist".

4/10

David DeCocteau Trash Monster Bowling Mall Exploitation Dämon Nacht


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CROMWELL (Ken Hughes/UK 1970)


"Every man who wages war believes God is on his side. I'll warrant God should often wonder who is on his."

Cromwell ~ UK 1970
Directed By: Ken Hughes

1642 plant der Gutsherr Oliver Cromwell (Richard Harris) bereits die Abreise nach Amerika, als der eherne Parlamentarier Ireton (Michael Jayston) ihn bei seinem rebellischen Ehrgeiz packt: Die Politik König Charles I. (Alec Guinness) würde einzig zugunsten von Geld und Gut geführt, derweil die arme Landbevölkerung unter Willkür und Knechtschaft zu leiden hätte. Cromwell findet bald heraus, dass diese Vorwürfe nicht unbegründet sind und dass sämtliche Vermittlungsversuche zwischen Unter- und Königshaus scheitern. Als Charles das Parlament auflöst, kommt es zum Bürgerkrieg und, nach der fortwährenden Weigerung des Königs zum Kompromiss, zu dessen Absetzung und Exekutierung. Für einige Jahre wird England zu einer Republik mit Cromwell als sogenanntem "Lord Protector".

Geschichtsstündlein in epischer narrativer und formaler Breite sind bei mir stets gern gesehen, auch, wenn sie hier und da ungenau ausfallen, raffen, "übersehen" oder gar klittern. "Cromwell" ist von vornherein angelegt als Heldenepos, das den nicht selten rücksichtslos vorgehenden Usurpator (heute spräche man von einer "Militärdiktatur") als Pionier und Helden der Demokratie feiert. Von den späteren, teils von Rachsucht geprägten Feldzügen gegen Iren und Schotten sowie seinem harten Vorgehen gegen Katholiken berichtet Hughes wohlweislich nichts und überlässt es dem wie so häufig zielstrebig aufspielenden Harris, aus der Titelfigur einen gerechten, hellsichtigen Zweifler zu machen, der häufig mit sich selbst hadern muss ob harter Entscheidungen. Nichtsdestotrotz sind die Schlachtenaufzüge von erster Grandeur und sollten jeden Liebhaber monumentaler Bewegtbilder reizen. Zudem begegnen dem Zuschauer in "Cromwell" viele große britische Köpfe aus jener Zeit, darunter auch diverse primär dem Phantastikfreund geläufige: Charles Gray, Robert Morley, Patrick Wymark, Patrick Magee, Ian McCulloch, Geoffrey Keen und Frank Finlay geben sich die auserlesene Ehre. Guter Stoff.

8/10

Ken Hughes Historie period piece England Biopic


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BLACK ROBE (Bruce Beresford/CAN, AUS, USA 1991)


"Is the Blackrobe a demon?"

Black Robe ~ CAN/AUS/USA 1991
Directed By: Bruce Beresford

Der Jesuitenpater Laforgue (Lothaire Bluteau) entschließt sich anno 1634, von einer frankokanadischen Siedlung aus eine Reise zu einer nördlich gelegenen, weit entfernten Huronen-Mission anzutreten. Begleitet wird er von dem jungen Daniel (Aden Young). Eine Gruppe Algonkin-Indianer soll die beiden Männer eskortieren, wenngleich ihre Überlebenschancen aufgrund der vielen Gefahren, die sie auf dem Weg erwarten, ohnehin sehr gering ausfallen. Tatsächlich beginnen nicht nur die Algonkin, den enthaltsamen, stillen Laforgue bald als undurchsichtiges Wesen zu fürchten, auch ein von ihnen aufgesuchter, zwergenwüchsiger Schamane (Yvan Labelle) beäugt ihn mit abergläubischem Misstrauen. Nachdem die Gruppe von Irokesen überfallen und aufgerieben wird, ist Laforgue auf sich allein gestellt. Er gelangt dennoch an sein Ziel, doch auch die von einer Seuche dezimierten Huronen fürchten seinen schwarzen Rock.

Beresfords möglicherweise eindringlichstes Werk ist ein trister, harter Film, der von der Abenteuerromantik eines J.F. Cooper weiter gar nicht entfernt sein könnte und eher in der Tradition von Aldrichs "Ulzana's Raid" steht denn in der des zeitnah entstandenen "Dances With Wolves". Wo dieser zumindest von Chancen berichtete, illustriert der beinahe endzeitlich anmutende "Black Robe" das Aufeinanderprallen zweier unvereinbarer Kulturen, deren Konfrontation nicht zuletzt aufgrund des puritanischen, selbstverleugnenden Starrsinns des gottesfürchtigen Missionars zu einer Parabel um Scheitern und Verlust gerät. Die Kolonisten aus der Alten Welt zeigen sich bereits in diesem noch recht frühen Stadium ihrer Okkupation als viel zu arrogant und rassistisch, um ein auch nur funktionales Verhältnis zu den ihnen unbegreiflichen Eingeborenen schaffen zu können, derweil allerdings auch die Indianer den Eindringlingen und ihren Bräuchen mit Stutzen und Unverständnis begegnen. Und tatsächlich bergen Geleit und Beschützen des Schwarzrocks Tod und Verderben für sie. Eine bitterere conclusio dürfte in einem Film dieser Thematik kaum vorstellbar sein, gerade darum ist er als Kontrastprogramm zu Costner jedoch von solch elementarer Größe.

9/10

Bruce Beresford Kanada Indianer Mission Kirche period piece Reise





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

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