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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DAS HERZ VON ST. PAULI (Eugen York/BRD 1957)


"Das is mir schiet-egal!"

Das Herz von St. Pauli ~ BRD 1957
Directed By: Eugen York

Jonny Jensens (Hans Albers) spärlich besuchte, aber urige Eventpinte, 'Das Herz von St. Pauli', droht unter der hohen Steuerschuld in die Pleite zu gehen. Da vermittelt Jensens Sohn Hein (Hansjörg Felmy) dem alten Käpt'n eine Partnerschaft mit dem zwielichtigen Halbweltler Jabowski (Gert Fröbe). Dieser buttert einige Tausender in die Sanierung des Ladens, macht schlüpfrige Attraktiönchen als Publikumsmagneten und nutzt Jensens Rumkeller als Umschlagsplatz für seine krummen Geschäfte, derweil Jensen selbst als rührende Volkslieder schmetternder Tattergreis verheizt wird. Als Jabowski die erst siebzehnjährige Helga (Karin Faber) auftreten lässt und begrapscht, steht Ärger ins Haus...

Fast noch ein bisschen schöner als Albers' vorhergehender Pauli-Film "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" nimmt sich Eugen Yorks Krimödie aus. Albers ist hierin das letzte Mal in seiner ollen Paraderolle als tüchtiger Seebär im Trockendock zu bewundern, merklich steifer werdend, aber doch noch immer der Alte. Seine Anschreigefechte mit dem cholerischen Fröbe, der hier unbewusst bereits Vorübungen für die Rolle des Auric Goldfinger exerziert, sind pures Nachkriegs-Schauspielgold, das durch Nebendarsteller wie Werner Peters noch zusätzlich aufgewertet wird. Zudem markiert "Das Herz von St. Pauli" einen noch vergleichsweise zaghaften, aber doch recht wichtigen Schritt in später folgende Exploitationgefilde des Deutschen Kinos: Nicht nur ein Paar blanker Busen stolzierten durch diesen "Film, wie ihn sich das Publikum wünscht" (Verleihwerbung), auch Karin Faber zeigt in einer beiläufigen Szene elementare Teile ihres "Balkons" (Fröbe). Da werden einige der etwas biedereren Zuschauer, die mit Albers noch goldenen Kniep und Knapp anno Kautaback assoziierten, seinerzeit ähnlich aufgestöhnt haben, wie die gute Frau "Ich bin nicht prüde, aber DAS geht zu weit" Pingel (Elly Burgmer) in Jensens Etablissement.

7/10

Eugen York St. Pauli Kiez Hamburg Familie Vater & Sohn


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A NIGHT AT THE ROXBURY (John Fortenberry/USA 1998)


"Idiots! Morons!"

A Night At The Roxbury ~ USA 1998
Directed By: John Fortenberry

Die zwei infantilen Brüder Steve (Will Ferrell) und Doug Butabi (Chris Kattan) finden ihr größtes Vergnügen darin, die schmierigsten Clubs von L.A. aufzusuchen, in denen sich haarfixierte B-Prominenz herumtreibt und unsäglich-angegammelter Euro-Dance läuft. Dabei haben sie in jeder Beziehung ihre eigene Masche entwickelt: Bescheuerte Rituale vom unkoordinierten Discotanz bis hin zu den immer gleichen Anmachersprüchen, mit denen sie längst gewohnt sind, auf taube Tussi-Ohren zu stoßen. Ihr Vater Kamehl (Dan Hedaya), jemenitischer Kunstblumen-Verkäufer, verzweifelt fast an ihnen und ihrer Debilität, doch als Steve und Doug den Club-Unternehmer Benny Zadir (Chazz Palminteri) kennenlernen, und ihm ihre genialischen Ideen für neue Event-Gastronomien unterbreiten, zeigt sich ein Silberstreif. Zuvor jedoch kommt es zum großen Streit zwischen den Jungs und einer Beinahe-Heirat, die es unbedingt zu verhindern gilt.

In späteren Lieblingsfilmen wie "Step Brothers" definierte Will Ferrell sie erst richtig, die Rolle des schlichten Kindgemüts im Erwachsenenkörper, wie sie wahrscheinlich weltweit einzig sein gleichermaßen treudoofes und doch von humoristischem Genie aufblitzendes Antlitz widerzuspiegeln vermag. "A Night At The Roxbury", in dem er zusammen mit seinem nicht ganz so witzigen Partner Kattan ein bereits aus "Saturday Night Live"-Sketchen bekanntes Prolo-Duo für die Leinwand belebte, liegen jedoch entscheidende Wurzeln. Noch wesentlich braver, geschmackssicherer und weniger anarchisch als später bei Todd Phillips oder Adam McKay ist Ferrell hier unter seiner idiotischen Mittelscheitel-Frisur ein eher putziges Kerlchen, das eher zu Schmunzeleien denn zu wahren Lachkaskaden anregt. Personelles Highlight des Films ist tatsächlich Dan Hedaya, in dem, "Blood Simple" oder "Commando" ließen es schon lange erahnen, ein heimlicher godfather of comedy steckt. Am Schönsten wird es immer, wenn er sich gekonnt maßlos über seine schwachsinnigen, natürlich durch eigenes Erziehungsversagen so entarteten Jungs aufregt oder, mit permanenter Geschäftsorientierung im Kopf, versucht, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, etwa bei Steves Halb-Hochzeit. Davon hätte "A Night At The Roxbury" mehr vertragen können. So bleibt er eher eine, wenn auch eklatante, Leitersprosse für Will Ferrell.

6/10

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AUF DER REEPERBAHN NACHTS UM HALB EINS (Wolfgang Liebeneiner/BRD 1954)


"Oh. Jetzt wird's frivol."

Auf der Reeperbahn nachts um halb eins ~ BRD 1954
Directed By: Wolfgang Liebeneiner

Nach acht Jahren in der Ferne kommt der alte Seebär Hannes Wedderkamp (Hans Albers) zurück nach St. Pauli, um sich dort endgültig häuslich niederzulassen. Er ahnt nicht, dass Anni (Helga Franck) nur die Ziehtochter seines besten Freundes Pitter Breuer (Heinz Rühmann) ist und in Wahrheit sein eigenes Kind. Also konzentriert er sich ganz darauf, Pitters traditionelle Kneipe, das "Hippodrom", wieder auf Vordermann zu bringen. Als Pitter jedoch das Gefühl bekommt, Anni und Hannes sind sich etwas zu intim zugetan, platzt er mit der Wahrheit heraus. Und das ist nicht das einzige Problem: Ein paar Kleinkriminelle wollen die Ladung eines versenkten Marine-U-Boots bergen, dessen Lage nur Hannes und Pitter bekannt ist...

Auf der Suche nach potenten Nachfolge-Prestige-Projekten zu Käutners unsterblicher Reeperbahnade "Große Freiheit Nr. 7" kam man irgendwann auf den cleveren Trichter, dass Hans Albers sich am Besten an der Hamburger Waterkant machte, mit Quetschkommödchen, speckiger Schiebermütze, Pfeifchen und lallendem Sang. Exakt zehn Jahre nach besagtem Großerfolg inszenierte Wolfgang Liebeneiner unter besonderer Prononcierung von Lokalkolorit, Wirtschaftswunder und neuem Heimatstolz also diese Quasi-Fortsetzung, in der Hans Albers exakt denselben Typen noch einmal zu spielen hatte, allerdings unter anderem Nachnamen und leicht veränderter Biographie. Das Titellied allerdings darf auch hier nicht fehlen. Ein bisschen Kriminalogie kam noch mit herein - die große Kolportage, die Olsens fünfzehn Jahre jüngeres Remake auszeichnet, blieb bei Albers jedoch wohlweislich aus. Während sich darin tatsächlich Vater und Tochter ineinander verlieben, um unter Eröffnung der Wahrheit etwas verdattert dreinzuschauen (was andererseits auch zu Curd Jürgens' Image des geflissentlich überdatierten Playboys passt), bleibt es hier bei einer eher eifersüchtigen Vermutung; der Protagonist ist kein Ex-Knacki, Rühmann kein Reincke und auch miese Jugend-Schlägerbanden gehören noch nicht zum guten Ton in einem sauberen deutschen Kinofarbfilm. Das alles heißt jedoch nicht, dass der Pauli-Film-Chronist auf den Liebeneiner verzichten dürfte: "Wer noch niemals in lauschiger Nacht einen Reeperbahn-Bummel gemacht, is' ein armer Wicht, denn er kennt dich nicht - mein St. Pauli, St. Pauli bei Nacht..."

7/10

Wolfgang Liebeneiner St. Pauli Hamburg Kiez Seefahrt Freundschaft


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CHEAP THRILLS (E.L. Katz/USA 2013)


"200."

Cheap Thrills ~ USA 2013
Directed By: E.L. Katz

Für Familienvater Craig (Pat Healey), erfolgloser Autor und Automechaniker aus Existenznot ist es ein ausnehmend beschissener Tag: Er findet eine finale Räumungsandrohung an der Tür und sein Chef (Eric Neil Gutierrez) schmeißt ihn kurzerhand raus. Beim Depri-Bier in der Kneipe trifft er seinen alten High-School-Kumpel Vince (Ethan Embry), der sich deutlich mehr über das Wiedersehen freut als umgekehrt. Und zwei Tische weiter sitzt das Pärchen Colin (David Koechner) und Violet (Sara Paxton), das mit großen Geldscheinen und Koks nur so um sich wirft. Colin macht sich eine Freude daraus, die beiden klammen Männer mit seinem scheinbar unbegrenzten Geldvorrat zu immer gröberen Streichen anzustiften, die vom Wettsaufen über Ohrfeigen bis hin zu einem saftigen Schlag in die Fresse reichen. Zu Haus bei Colin und Violet, bei edlem Whiskey und noch mehr Koks werden Colins Vorschläge analog zur Höhe des gebotenen Geldes schließlich zunehmend entwürdigend und geschmacklos, bis sie gar blutige Züge annehmen...

Wenn selbst die abartigste Gameshow noch nicht entwürdigend genug ist, dann, so berichtet uns Katz' böse Sozialsatire, in der sich nebenbei Healey und Paxton aus Wests "Innkeepers" unter deutlich günstigeren Vorzeichen wiederbegegnen, kann sich die reiche Dekadenz immer noch ein paar arme Schlucker vor dem Existenzaus nach Hause holen, mit großen Scheinen winken und dabei zusehen, wie treue Ehemänner, Familienväter und vermeintlich integre Gesellschaftsmitglieder weit über die persönlichen Grenzen und noch weiter hinaus bis ins ethische Niemandsland driften. Die Idee ist im Prinzip so neu nicht, das alte Manhunt-Subgenre und/oder scharfe Mediensatiren wie Toelles "Millionenspiel" haben sie bereits mehrfach aufgegriffen, kultiviert und variiert. Dennoch lotet Katz neue Grenzen aus, indem er einerseits die Initiatoren und Konsumenten des perversen Spiels unmittelbar als personifizierte Albträume dekadenter Gelangweiltheit denunziert (David Koechner wird man künftig selbst als Champ Kind nicht mehr ohne eine gewisse, grundfeste Antipathie genießen können), deren Reichtum aus letztlich unerheblicher Quelle stammt und seine Teilnehmer von anfänglichen Sympathieträgern zu korrupten Arschlöchern macht. Ein ziemlich schäbiges Weltbild setzt sich da am Ende zusammen, eines jedoch, das tief drinnen vermutlich näher an der globalen Psychorealität liegt als jenes aus 99 Prozent aller übrigen Tinseltown-Komödien.

7/10

E.L. Katz Transgression Satire Los Angeles Alkohol Drogen Kokain Nacht


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YOU'RE NEXT (Adam Wingard/USA 2011)


"I wanna meet your family."

You're Next ~ USA 2013
Directed By: Adam Wingard

Die australischstämmige Erin (Sharni Vinson) freut sich, endlich die wohlhabende Familie ihres Galans Crispian (AJ Bowen), den sie als Dozenten an der Uni kennen und lieben gelernt hat, zu treffen. Doch das umfangreich aufgetragene Diner im heimischen Herrenhaus, zu dem auch Crispians Geschwister mit ihren LebensgefährtInnen geladen sind, wird jäh gestört: Eine Gruppe Meuchelmörder mit Tiermasken greift die Gesellschaft mit Machete, Axt und Armbrust an und schickt einen nach dem anderen von ihnen ins Jenseits. Womit niemand rechnet: Erin hat einst im Outback ein hartes Survival-Training durchlaufen und erweist sich in dieser Krisensituation als gnadenlose Überlebenskünstlerin.

Ein Plot, der nicht ganz von ungefähr an Agatha Christies "Ten Little Indians" erinnert und auch in seiner conclusio stark an die klassische Kriminalromancière gemahnt, verpackt in einen Wingard gemäßen, harten Terrorfilm mit deutlichen Action-Anleihen. An sich setzt "You're Next" dem bereits hinreichend ausgeschöpften Subgenre der 'home invasion'-Thriller wenig Neues hinzu und die Atmosphäre nimmt sich niemals so bedrohlich aus wie bei den in dieser Hinsicht teils sehr viel nachhaltigeren Traditionswerken. Die Tiermasken des gedungenen Killertrios sind zwar eine knorke Idee zur Publikumsverunsicherung, wenn dann jedoch einmal die unspektakulär humanen Individuen darunter offenbart wurden, verpufft rasch der letzte Hauch des Mysteriösen. Abseits davon präsentiert sich Wingards Film als von einem gesunden Sarkasmus geprägt, von immenser visueller Härte (die mich ein ums andere Mal staunen ließ, dass er ungeschnitten mit einer FSK-Freigabe davon gekommen ist) und für Gernhaber moderner Qualitätsgenreware ungezügelter Gangart geradezu verpflichtend.

8/10

Adam Wingard Home Invasion Belagerung Terrorfilm Slasher Splatter Nacht


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CARRIE (Kimberly Peirce/USA 2013)


"I'm warning you, moma."

Carrie ~ USA 2013
Directed By: Kimberly Peirce

Mit dem späten Beginn ihrer Geschlechtsreife beginnt die unter ihrer psychisch kranken, bigotten Mutter (Julianne Moore) leidende Carrie White (Chloë Grace Moretz) auch, ihre bisher latent aufgetretenen telekinetischen Kräfte weiterzuentwickeln. Während einige garstige Schulkameradinnen, allen voran die rotzige Chris (Portia Doubleday) Carrie mittels peinlicher Handyvideos, die sie auch noch ins Internet stellen, mobben, steht die reumütige Sue (Gabriella Wilde) ihr zur Seite. Sie überredet sogar ihren Freund Tommy (Ansel Egort), mit Carrie zum Abschlussball der Schule zu gehen. Doch hier entfesselt Chris die längst lauernde Katastrophe...

De Pamas monolithisches Original muss sich durch diese Neuverfilmung - und da geht es ihm wie nahezu sämtlichen anderen, mittlerweile in Legion gehenden Genreklassikern, die aufs Neue durch die Tretmühlen Hollywoods gejagt wurden und werden, in keinster Weise bedroht fühlen. Tatsächlich scheint mir Peirces "Carrie" wohl sogar eines der redundantesten Remakes jener nicht abreißen wollenden Welle (auf der ich allerdings zugegebenermaßen nach wie vor gern mitsurfe) zu sein, da es De Palma faktisch kaum etwas hinzusetzen kann. Das Thema 'Mobbing' ist natürlich infolge der neuen Medien, die eine virale Verbreitung entsprechender Aktionen in Blitzeile gestatten, hochaktuell und auch die Tatsache, dass Margaret White eine untherapierte Borderlinerin ist, veräußert die Neufassung wesentlich plastischer, das war's dann aber auch: Weder von der exzessiven, multivalenten Emotionalität des Originals, die neben De Palmas hochsensibler, kluger Inszenierung vor allem der durchweg wunderbaren Darstellerriege zu verdanken ist, ist noch etwas übrig geblieben, noch von der fatalistisch-bleiernen Bedrohlichkeit, die im eskaliernden Schulballfinale und insbesondere bei Carries anschließender, reumütiger Heimkehr zu spüren ist. Vor allem der häufig zu vernehmende Vorwurf, die eher als attraktiv wahrnehmbare Chloë Grace Moretz sei als verschlossene Außenseiterin fehlbesetzt, greift in geradezu verhängnisvoller Weise. Das nimmt dir jedenfalls keiner ab, Hit-Girl.
So hat "Carrie" 2013 wohl bestenfalls eine Berechtigung als refreshment für gegenwärtige Pennälerinnen, die sich auf einer Pyjama-Party mit Energydrinks zudröhnen und sich domestiziert gruseln wollen. Aber auch so was darf und muss es ja geben.

5/10

Kimberly Peirce Stephen King Remake Coming of Age Mutter & Tochter Kleinstadt Teenager


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SAVAGE DAWN (Simon Nuchtern/USA 1985)


"Good to have you here again."

Savage Dawn (Die Hyänen - Einer muss sie jagen) ~ USA 1985
Directed By: Simon Nuchtern

Zeitgleich mit dem umherreisenden Einzelgänger und Kriegsveteranen Stryker (Lance Henriksen) tauchen die 'Savages', eine Bande marodierender Rocker unter ihrem Vorsitzenden Pigiron (William Forsythe) in einer Kleinstadt in Nevada auf. Nachdem der Sheriff (Leo Gordon) einen der Randalierer (Mickey Jones) inhaftiert, entbrennt ein Kleinkrieg zwischen Bürgern und Rockern, den schließlich Stryker entscheiden muss.

Fast wie absurdes Theater wirkt Nuchterns entfesselte Trash-Action rückblickend. Durchaus prominent besetzt mit einer ganzen Latte bekannter Genre-Gesichter, an deren Besetzungsspitze der in dieser Zeit überall anzutreffende (und bis dato nicht tot zu kriegende) George Kennedy genannt wird, obwohl er eigentlich bloß als 'hero's best friend' antritt. Aber so war das damals; der kantige Heldenkopf Henriksen, etwa parallel zu "Savage Dawn" als tapferer Android Bishop in Camerons "Aliens" am Start, hier wiederum als 'Stryker' - ein verpflichtender Name -, musste sich mit Platz 5 der Credits-Liste begnügen. Vor ihm noch Richard Lynch als geiler Pfaffe und Karen Black als Thekenschlampe, die wiederum zusammen von Deodatos "Inferno In Diretta"-Set herübergejettet sein könnten. "Savage Dawn" lebt irgendwie von diesen kleinen, teils sicherlich der regen Rezipientenphantasie geschuldeten Analogien und Anekdötchen, da er kaum mehr bewerkstelligt, denn irgendwo auf einem einzigartigen, schmalen Grat zwischen zeitgenössischem Endzeit-Kino, Siebziger-Jahre-Rocker-Paraphrase und Jodorowsky-Surrealismus zu wandeln. Ein wunderbar matschbirniger Streifen, der für den wahren Achtziger-Chronisten unverzichtbar sein dürfte.

5/10

Simon Nuchtern Rocker Nevada Kleinstadt Independent Trash


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UN CONDÉ (Yves Boisset/F, I 1970)


Zitat entfällt.

Un Condé (Ein Bulle sieht rot) ~ F/I 1970
Directed By: Yves Boisset

Eine Spirale der Rache und der wechselseitigen Gewalt entbrennt in Paris: Nachdem der Gangsterboss Tavernier (Francis Cosne) den Konkurrenten Dassa (Pierre Massimi) ermorden lässt und dessen Schwester (Françoise Fabian) bedroht, tritt Dassas bester Freund Dan Rover (Gianni Garko) auf den Plan. Bei der folgenden Racheaktion erschießt Dassas Partner Viletti (Michel Constantin) den Polizisten Barnero (Bernard Fresson), was wiederum dessen Freund Favenin (Michel Bouquet) nicht ungesühnt lassen kann...

Wenn der Krieg zwischen Unterwelt und Polizei sich verselbstständigt und für die Beteiligten zur Privatfehde gerät, so "Un Condé", dann geraten selbst althergebrachte, natürliche Konfliktstrukturen in Bedrängnis: Durch den alternden, verbissenen und systemmüden Flic Favenin, der irgendwann erkennen muss, wie sinnlos seine Vendetta ist und das er dadurch mehr Schaden anrichtet denn repariert, gerät das traditionelle Gleichgewicht zwischen Recht und Verbrechen in eine geradezu gefährliche Unwucht. Boisset illustriert dabei wunderhübsch die Differenz zwischen französischer und italienischer Genrekost: Im Vergleich zu den östlich lebenden Polizotti-Anrainern gehen die Pariser Condés sehr viel biederer, leiser, verächtlicher, vielleicht sogar bedrohlicher zu Werke. So ist Boisset vielleicht kein Melville, für einen knackigen, harten Polizeifilm klassischer Koloratur jedoch langt es allemal.

8/10

Yves Boisset Paris Rache Mafia


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ENEMIES CLOSER (Peter Hyams/CA, USA 2013)


"I hate guns."

Enemies Closer ~ CA/USA 2013
Directed By: Peter Hyams

Ein aufregender Tag für den Ex-Marine und eine Insel im kanadischen Grenzgebiet betreuenden Park Ranger Henry (Tom Everett Scott): Erst lernt er eine schöne Wildanglerin (Linzey Cocker) kennen, die ihm eindeutige Avancen macht, dann kommt Clay (Orlando Jones), der Bruder von einem von Henrys gefallenen Freunden, auf Henrys Insel um dessen Tod zu rächen. Schließlich sucht der halbirre Gangsterboss Xander (Jean-Claude Van Damme) nach einem im See abgestürzten Flugzeug, das eine große Heroinlieferung an Bord hatte und macht mächtig Rabatz.

Peter Hyams ist im Gegensatz zu früher ja ein nurmehr sehr spärlich zu Werke gehender Filmemacher. Mit "Enemies Closer", seiner ersten Regiearbeit seit vier Jahren, kooperierte er (sieht man von seiner Arbeit als dp für Sohn John ab) zum dritten Mal mit Van Damme nach "Timecop" und "Sudden Death" zusammen. Diesmal ist der Belgier als Antagonist zu sehen und übernimmt dabei ironischerweise einen ganz ähnlichen Part wie seinerzeit Powers Boothe in "Sudden Death": Eher grotesk gezeichnet ist der gewalttätige Xander ein Öko-Psychopath, der vornehmlich mit bloßen Händen oder Stichwaffen zu Werke geht, um die Schadstoff-Emissionen des Schießgeräts zu vermeiden und sich jedermann als 'Veganer' vorstellt. Mit krauser Wirrfrisur Marke Einstein sieht JCVD dazu noch extra verschroben aus. Antreten muss er als Bösewicht gegen ein zur Teamarbeit gezwungenes Buddy-Duo, das sich ursprünglich gegenseitig an die Kehle wollte und nur gemeinsam gegen Xander bestehen kann. Das in Teilen wiederum an "Die Hard" angelehnte Szenario um eine Gruppe Krimineller, die ein friedliches, abgeschottetes Territorium infiltriert und gewaltsam 'entweiht', ist altbekannt, jedoch mit schmissigen Action- und Zweikampf-Sequenzen angereichert, die inmitten der sich audiovisuell immer irrwitziger gestaltenden Genrekultur beinahe rührend altmodisch anmutet.

7/10

Peter Hyams Rache Drogen


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SOMETIMES THEY COME BACK (Tom McLoughlin/USA 1991)


"Time to rock, jock!"

Sometimes They Come Back (Manchmal kommen sie wieder) ~ USA 1991
Directed By: Tom McLoughlin

27 Jahre nach dem durch vier Kleinstadt-Bullys hervorgerufenen Tod seines älteren Bruders Wayne (Chris Demetral), infolge dessen drei Jungs des Quartetts selbst zu Unfallopfern wurden, kehrt der nach wie vor traumatisierte Jim Norman (Tim Matheson), mittlerweile Lehrer und mit Frau (Brooke Adams) und Sohn (Robert Hy Gorman) gesegnet, in die alte Heimat zurück, um dort an der Highschool zu unterrichten. Doch nicht nur Jim ist wieder da, auch seine totgeglaubten, alten Erzfeinde (Robert Rusler, Nicholas Sadler, Bentley Mitchum) geben sich ein neues Stelldichein - wundersamerweise um keinen Tag gealtert und nicht minder rotzig als anno 63. Tatsächlich wollen sie eine alte Rechnung begleichen und knöpfen sich zunächst einige von Jims Schülern vor, um hernach auch noch seine Familie zu bedrohen...

Die letzte Vorstellung innerhalb eines Quintetts von King-Adaptionen, in denen der kleine Mogul Dino De Laurentiis seine produzierenden Finger hatte und die lediglich internationale Kinoeinsätze erlebte, derweil sie in den USA ausschließlich als TV-Film lanciert wurde. Basierend auf einer Kurzgeschichte aus der älteren Anthologie "Night Shift" sollte die Story eigentlich als Segment des Episodenfilms "Cat's Eye" zum Einsatz kommen, bekam jedoch auf De Laurentiis Insistieren hin ihren eigenen Galaauftritt. Wobei - dies ist vielleicht etwas hoch gegriffen, den abseits von solider Genrekost mit einigen netten Einfällen hier und da vermag "Sometimes They Come Back" nicht wirklich viel zu leisten. Wenngleich sich sicherlich behaupten lässt, dass der Film fürs Fernsehen insgesamt zu schade ist; angenehme production values und vor allem die giggelnden Auftritte der drei Höllenpöbler, die wohl nicht ganz von ungefähr in Gebahren und Auftreten an die "Lost Boys" erinnern, halten den Zuschauer durchaus im Gewogenen und McLoughlins Arbeit auf Leinwandniveau.

6/10

Tom McLoughlin Stephen King Kleinstadt Fluch Rache Lehrer Dämon Brüder TV-Film





Filmtagebuch von...

Funxton

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