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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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RITUALS (Peter Carter/CA, USA 1977)


"Sorry, Mitzi! Just a moment!"

Rituals ~ CA/USA 1977
Directed By: Peter Carter

Fünf befreundete Mediziner im mittleren Alter machen sich einen Spaß daraus, ihren Abenteuerurlaub jedes Jahr in zunehmend unwirtlichen Territorien ohne jeglichen Zivilisationsanschluss zu verleben. Erst nach einer Woche lassen sie sich vom Privatpiloten wieder abholen. Diesmal führt sie ihre Tour in ein wildes, entwässertes Tal im Gebiet von Ontario. Schon nach der ersten Nacht sind sämtliche Stiefel verschwunden, woraufhin sich D.J., der jüngste der Truppe und Bruder von Martin (Robin Gammell), der als einziger Ersatzschuhwerk bei sich hat, aufmacht, zu der weiter entfernten Talsperre zu gelangen, um von dort aus Hilfe zu holen - denn, soviel ist klar - die Männer sind hier nicht allein. Schon bald folgen die Übrigen D.J. und sehen sich seltsamen Streichen und Fallen ausgesetzt, die in schweren Unfällen enden. Schließlich sind nur noch Harry (Hal Holbrook) und Mitzi (Lawrence Dane) übrig, die sich der Ursache des Terrors gegenübersehen...

Ein brillanter, unverhohlen avantgardistischer Horrorfilm, der sich aus einer fruchtbaren Schnittmenge des dräuenden Öko-Mystizismus eines Peter Weir, blankem Backwood-Terror vom Schlage eines "Deliverance" und unkonventioneller Genrekost wie "The Wicker Man" speist: Fünf Götter in weiß, wie viele im Ergrauen begriffene Herren ihres beruflichen Schlags berauscht von der eigenen Fachkompetenz und höchst selbsträsonistisch, entpuppen sich als psychische Wackelkandidaten, denen bereits innere Spannungen schwer zu schaffen machen und die durch die äußere, zunächst nicht greifbare Bedrohung endgültig umfallen wie Kartenhäuschen im Sturm. So inhaltlich unwesentlich die Conclusio letzten Endes auch sein mag - dass sie sich als Denunzierung des Kriegwesens und seiner vergessenen Gespenster versteht, verleiht dem Film noch eine zusätzliche Dimension der Zivilisationskritik. Dass "Rituals" hinzukommend noch brillant inszeniert ist, kreuzungemütlich und kunstvoll-unübersichtlich gleichermaßen, macht ihn zu einer echten Perle des Subgenres. Die für die Zweitauflage von X-Rated eigens angefertigte, späte Synchronfassung lohnt übrigens.

9/10

Peter Carter Kanada Wald Freundschaft Terrorfilm Backwood Slasher


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THE UNNAMABLE II: THE STATEMENT OF RANDOLPH CARTER (Jean-Paul Ouellette/USA 1992)


"She's something special..."

The Unnamable II: The Statement Of Randolph Carter (The Unnamable) ~ USA 1992
Directed By: Jean-Pierre Ouellette

Unmittelbar nach der grauenhaften Nacht im Winthrop-Haus kann der von den Ereignissen noch ganz berauschte Randolph Carter (Mary Kinsey Stephenson) den Parapsychologen Professor Warren (John Rhys-Davies) unter Vorlage des 'Necronomicon' überzeugen, mit ihm in die Gewölbe unter dem Anwesen zurückzukehren. Auch der mittlerweile genesene Howard (Charles Klausmeyer), dem der alte Winthrop (Mike Gordon) im Traum erscheint, begleitet die beiden. Man findet die verfluchte Kreatur und kann mittels einer List den Körper von Winthrops Tochter Alyda (Maria Ford) von dem des Dämons (Julie Strain) separieren. Die schöne Alyda, trotz 300 Jahre auf dem Buckel noch so jung und knackig wie ehedem, schmeißt sich sogleich an Carter heran, der es als seine ritterliche Pflicht empfindet, das mittlerweile auf dem Miskatonic-Campus Amok laufende und nach Alyda suchende Monster zu vernichten.

Die erst nach einigen Jahren erfolgte Fortsetzung des kleinen Horrorfilms "The Unnamable" schließt inhaltlich nahtlos an den Erstling an und setzt dessen ohnehin etwas unfertig wirkende Story fast ohne Einbußen fort. Zwar wurde die zuvor noch als wichtig veräußerte Figur der Tanya fallengelassen, Carter und Howard jedoch sind wieder dabei und ein paar Genregrößen, namentlich David Warner und der erwähnte Rhys-Davies sowie Reagan-Lookalike Bryan Clark erhalten witzige Gastauftritte. Die gezwungenermaßen vornehmlich nackt umherlaufende Maria Ford erfreut des geneigten Mannes Linse und das (sich seltsamerweise auch nach der Trennung von Alyda äußerlich nicht verändernde) Monster bekommt noch mehr Gelegenheit zum Herumaasen als im Vorgänger. Überhaupt scheint der Film dem Grundsatz der Genreöffnung nicht abgeneigt; er gibt sich deutlich humoriger und romantischer als der Vorgänger und versucht, nicht nurmehr der getreuen 'Fangoria'-Leser anzusprechen, sondern vielleicht auch dessen etwas weniger geekige Kumpels. Was jedoch keinen partout besseren Film verheißt, mit Verlaub.

6/10

Jean-Paul Ouellette H.P. Lovecraft Monster Sequel


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THE UNNAMABLE (Jean-Paul Ouellette/USA 1988)


"I think she's afraid of men."

The Unnamable (White Monster) ~ USA 1988
Directed By: Jean-Paul Ouellette

Im längst verlassenen Haus des früheren Hexenmeisters Joshua Winthrop (Delbert Spain) hinterm Campus der Miskatonic-Universität soll es umgehen. Nachdem bereits der vorwitzige Joel (Mark Parra) tödliche Bekanntschaft mit dem in einer Dachkammer hausenden Geheimnis des Gemäuers gemacht hat, laden die zwei Burschenschaftler Bruce (Eben Ham) und John (Blane Wheatley) die beiden Erstsemesterinnen Tanya (Alexandra Durell) und Wendy (Laura Albert) zur nächtlichen Erkundung des Anwesens ein. Für Wendy-Anhimmler Howard (Charles King) und den emsigen Studiosus Randolph Carter (Mark Kinsey Stephenson) hinreichend Grund, selbst mal nach dem rechten zu sehen...

Lovecraft-Adaptionen, dazu noch anschaubare, sind eine ausgesprochene Rarität im Wust des preisgünstigen Genrekinos. Anno 88 schickte sich der ansonsten eher selten in Erscheinung getretene Filmemacher Jean-Paul Ouellette somit an, unter Verwendung günstiger Mittel die solide Verfilmung einer Kurzgeschichte des umstrittenen Meisters auf Zelluloid zu bannen. Aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, derer es augenscheinlich höchst limitierte gab, machte er dann auch etwas Gutes: Einige deftige Effekte, ein innovatives Monster (mit gekonnter Maske), der Lovecraft-Held Randolph Carter, von Mark Kinsey Stephenson kongeniual personifiziert, sowie ein Script, das der bei aller Stromlinienform stets distinguierten Sprache des Autors absolut gerecht wird und nie Gefahr läuft, in derbes Teenager-Vokabular zu verfallen. Hier und da etwas mehr Drive und ein Verzicht auf die unumwunden vermeidbaren Logiklöcher und "The Unnamable" hätte das Zeug zum veritablen Klassiker erhalten. So reicht es immerhin noch zum Geheimtipp für Freunde blutigen Achtziger-Horrors und zu einem Markstein im nach wie vor allzu übersichtlichen Feld verfilmter Lovecraft-Pantasmagorie.

6/10

Jean-Paul Ouellette H.P. Lovecraft Monster Splatter


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LES AVALEUSES (Jess Franco/F, B 1973)


Zitat entfällt.

Les Avaleuses (Entfesselte Begierde) ~ F/B 1973
Directed By: Jess Franco

Einsam, stumm, depressiv, jahrtausendealt, dauergeil: Die Vampirin Irina Karlstein (Lina Romay) hat's nicht leicht. Auf der schönen Insel Madeira sucht sie sich ihre Opfer, denen sie sämtliche Lebenssäfte bei Fellatio und Cunnilingus aus den Genitalien saugt und sie hernach glücklich, aber tot zurücklässt. Für den Gerichtsmediziner Dr. Roberts (Jess Franco) ein klarer Fall, ebenso wie für den mysteriösen, blinden Parapsychologen Dr. Orloff (Jean-Pierre Bouyxou). Selbst die Liebe zu dem Lyriker Baron Von Rathony (Jack Taylor) vermag Irina nicht auf den rechten Weg zu führen und so ist sie am Ende froh, dass ihre Ahnen sie wieder zurück in die nebulöse Dunkelheit rufen, aus der sie einst emporstieg.

Bilder und Töne in meditativer Einheit - als solcher und nur solcher muss man "Les Avalseuses" begegnen. Der Film ist denkbar purster Franco, schundig, schäbig, imbezil, avantgardistisch und höchst poetisch, er findet wie so häufig wieder (s)eine erstaunliche Nische zwischen Konzeptkunst und unverhohlenem Trash. Francos jüngste Muse und Ehefrau Lina Romay erwies sich ja als überaus zeigefreudig und stets bereit, jede noch so schmutzige Avance ihres Gatten vor der Kamera umzusetzen, so dass sie auch dieses Machwerk zur Gänze trägt. Die Szenen derweil, in denen der Meister selbst oder der noch hölzernere Bouyxou vor der Kamera zu agieren haben, präsentieren unglaubliches Schmierentheater hinter kaum fassbarem, ominösem Dialog (für dessen Einsprechung sich in der deutschen Vertonung selbst ein Erik Schumann nicht zu schade war). Aber das ist eben, wie hinreichend erwähnt, die höchsteigene Signatur dieses zu Lebzeiten nimmermüden Kino-Dynamos (oder, wie Schifferle ihn so schön nennt, 'Cinemanen').

5/10

Vampire Portugal Madeira Insel Sucht Jess Franco Europloitation


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MALIZIA (Salvatore Samperi/I 1973)


Zitat entfällt.

Malizia ~ I 1973
Directed By: Salvatore Samperi

Unmittelbar nach dem Tode seiner Ehefrau stellt sich die junge Angela (Laura Antonelli) als neues Hausmädchen bei dem wohlhabenden sizilianischen Patrizier Don Ignazio (Turi Ferro) vor. Die ebenso treusorgende wie schöne Frau zieht nicht nur Ignazios ganze Sympathie auf sich, sondern auch die seiner drei Söhne. Besonders der Mittlere, Nino (Alessandro Momo), verguckt sich in Angela und projiziert seine sexuellen Wünsche auf sie. Als Ignazio Anstalten macht, Angela alsseine neue Frau zu nehmen, beginnt Nino ein perfides Spiel.

Eine ganz vorzügliche Komödie, nicht zuletzt durch Vittorio Storaros ausgesucht edle Photographie vielleicht eine der schönsten ihres Jahrzehnts. Samperi nimmt für seine Dekonstruktion klassischer sexueller Rollenverständnisse ausgerechnet den altehrwürdigen sizilianischen Geldadel aufs Korn, den bei allem Sinn fürs Geschäft doch immens konservativ verblendeten Patriarchen, selbst noch immer unter der matriarchalischen Fuchtel seiner altehrwürdigen Mama (Lilla Brignone) stehend, dessen Gottesfurcht mitunter groteske Züge annimmt. Seine drei kecken Söhne haben es da leichter. Besonders Nino, hormonell bedingt just in aphrodisierter Blüte stehend und sein dicker, rothaariger Kumpel Porcello (superwitzig: Stefano Amato), hecheln allem hinterher, was keinen Schniepel hat. Dass Samperi allerspätestens zum Ende hin alle falsche Scham ablegt und seine Geschichte zu einem ebenso konsequenten wie wahrscheinlichen Abschluss bringt, zeichnet "Malizia" besonders aus und macht nochmal deutlich, dass ein solcher Film ausschließlich in Europa entstehen konnte.
Allerdings: So gepflegt 'skandalös' das Werk in seiner Finalisierung auch anmutet, dürfte es doch nur unter ebendieser Geschlechterverteilung anerkennenswert sein. Ich gehe jede Wette ein, dass "Malizia" unter umgekehrten Vorzeichen wahlweise nie entstanden oder ansonsten längst als machistischer Lolita-Schund ad acta gelegt wäre. Doch sind dies letztlich müßige Gedankenspiele; einen anderen "Malizia" würde ich auch gar nicht haben wollen.

9/10

Salvatore Samperi Familie Sizilien Coming of Age Teenager Vater & Sohn


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LA VÉNUS À LA FOURRURE (Roman Polanski/F, PL 2013)


Zitat entfällt.

La Vénus À La Fourrure (Venus im Pelz) ~ F/PL 2013
Directed By: Roman Polanski

Nach einem ermüdenden Vorsprechen voller dilettantischer Augenblicke freut sich Stückeautor Thomas (Mathieu Amalric) auf einen geruhsamen Feierabend. Doch da schneit aus Wind und Wetter eine weitere Bewerberin herein, die etwas vulgär erscheinende Vanda (Emmanuelle Seigner), die Thomas überrumpelt und ihn zu einer doch noch anzuberaumenden Audienz nötigt. Höchst überrascht von ihren darstellerischen Qualitäten lässt sich Thomas, dessen aktuelles Drama eine stark persönlich gefärbte Adaption der Sacher-Masoch-Novelle "Venus im Pelz" ist, in die gemeinsame Lesung fallen. Ohne es recht zu bemerken, verwandelt er sich mehr und mehr in Severin von Kusiemski, den Protagonisten des Stücks, der in der zunehmend die Situation bestimmenden Vanda seine lang herbeigesehnte Herrin findet.

Nach "Carnage" 'reduziert' sich Polanski inszenatorisch noch weiter; auf zwei Personen und einen einzigen, schrankenlosen Raum. Weniger Sozialsatire (wenngleich auch davon noch ein Funken vorhanden ist) denn Vivisektion zeitgenössischer Gender-Bilder sowie die Auslotung einer privat-sexuellen Untiefe ist diesmal das Thema, ähnlich wie schon "Bitter Moon", zu dem ich bereits keine innige, ja, vielleicht gar von allen Polanski-Filmen (einschließlich "Pirates" wohlgemerkt) die unpersönlichste pflege. Womöglich ist es so: wenn Polanski beginnt, seinem Figureninventar dessen sexuellen Nöte und Bedürfnisse zu entlocken, ist er für mich am uninteressantesten, von dem erfrischend-anarchischen "Che?", der das Ganze auf ein absurd-flockiges Level hievte, vielleicht einmal abgesehen. Amalric, wohl nicht von ungefähr von einer auffälligen physiognomischen Ähnlichkeit mit dem jungen Polanski geprägt, steht als der femininen Übermacht ausgelieferter Gummimann, der seine intellektuelle Überheblichkeit am Ende mit der Lächerlichmachung vor sich selbst bezahlt, in der Tradition klassischer Polanski-Figuren wie George aus "Cul-De-Sac" oder Trelkovsky in "Le Locataire", die ja jeweils auch am Ende ihres Filmweges als traurige Kapitulierer in Frauenschminke dazustehen hatten.
Innerhalb Polanskis Œuvre ist "La Vénus" ergo ein mit Leitmotiven gespickter Anknüpfpunkt vollster Existenzberechtigung und sowieso Pflichtprogramm für jeden Connaisseur. Das heißt jedoch nicht, dass man ihn wirklich lieben müsste.

7/10

Roman Polanski based on play Theater Paris Leopold von Sacher-Masoch Groteske Satire


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ESCAPE PLAN (Mikael Håfström/USA 2013)


"Du bist der Deufel!"

Escape Plan ~ USA 2013
Directed By: Mikael Håfström

Der Ex-Staatsanwalt Ray Breslin (Sylvester Stallone) hat sich mittlerweile zum führenden Tester für Gefängnissicherheit gemausert. In cognito lässt er sich in die großen Hochsicherheitsanstalten der USA einweisen, um dann mittels seiner stets erfolgreich verlaufenden Ausbrüche deren Schwächen aufzuzeigen. Sein neuester Job führt ihn in einen semilegalen Superknast namens 'Das Grab'. Unversehens wird Breslin jedoch zum Opfer einer Verschwörung und landet als wirklicher Insasse ohne den üblichen Evakuierungscode in jenem Komplex, der ausgerechnet unter emsigster Verwendung von Breslins Aufzeichnungen konstruiert wurde. Im 'Grab' lernt er dann Emil Rottmayer (Arnold Schwarzenegger) kennen, der sich als wertvoller Partner für Breslins kommende Ausbruchspläne erweist.

Nach den beiden Happening-Spektakeln "The Expendables" und "The Expendables 2" erfolgt nun mit "Escape Plan" also wirklich das, was anno dunnemals unsere feuchten Jungsträume beherrschte und zumindest ehedem physikalisch unmöglich schien: Stallone und Schwarzenegger als gleichberechtigte Protagonisten in ein- und demselben Film! Was wir damals eben nicht auf dem naiven Plan hatten, war die Tatsache, dass auch diese beiden virilen, unzerstörbar und vor allem ewig in Form scheinenden Muskelpakete dereinst Falten werfen und unter anderen höchst sterblichen Begleiterscheinungen wie Runzeln, Altersflecken und grauem Haar leiden würden. Auf ihrem Popularitätszenit lebten die beiden ja davon, dass sie, wie bei einem Bodybuilding-Contest, ihre öffentlichkeitswirksam inszenierte Rivalität zur Schau stellen und zeitweilig sogar in thematisch oder zumindest titulär parallel gelagerten Konkurrenzproduktionen gegeneinander antreten konnten. Für uns damals als zwölf-, dreizehn-, vierzehnjährige VHS-Fresser (wobei ich manche Eskapaden dank Geleit meiner lieben Mama schon damals im Kino genießen durfte) war das Gang, Gebe und Weltgeschlossenheit. Undenkbar die Tatsache, diese beiden Testosteron-Schleudern vereint auf Leinwand oder Mattscheibe anhimmeln zu dürfen.
Doch heute, da sind sie alt und insofern respektiert und dennoch irgendwie belächelt, diese zwei Opas mit ihren stark geäderten Faltenarmen und roten Puterhälsen. Selbstironie und -reverenz gehört mittlerweile zu ihrem Tagesgeschäft, bei Politikversager Schwarzenegger zwangsläufig noch deutlich mehr als bei seinem Freund Stallone. Das in jeder Beziehung einleuchtendste kommerzielle und popularitätsschürende Fazit dieser Entwicklung musste ein Team-Up sein, schon allein deshalb, weil eine globale Generation Enddreißiger und Frühvierziger ihnen (insgeheim) noch immer treu ist und besagte Feuchtträume sich endlich erfüllt finden würde.
Das Resultat ist, mit wenigen Anstrichen, erfreulich. Die Senioren spielen altersgemäße Rollen in einem sauberen Genrefilm, der ohne megalomanisch zu versagen in ähnlicher Form durchaus auch zu den Hochphasen seiner Hauptdarsteller hätte entstehen mögen. Futuristische Ausbruchsfilme wie "Fortress" und "No Escape" datieren ja in jenen Zeiten, insofern passt's. Vor allem Schwarzenegger reüssiert, sein Einzelhaft-Ablenkungsmanöver, im Zuge dessen er (im Orginal) österreichisch parliert, ist sogar phantastisch. Wie einige andere Gags, die gepflegt und nie selbstherrlich wirken wie in den "Expendables"-Filmen. Gut, Arnies finaler Griff zum Maschinengewehr, von Håfström wie eine erlösende Abfuhr nach eineinhalbstündiger Verstopfungsqual inszeniert, muss dann doch der Albernheit in Erwartung dumpfer Publikumsovationen stattgeben, aber sei's drum: der Erzrepublikaner als kosmopolitisch agierender Robin Hood, der bei Bedarf die Hochfinanz kollabieren lassen kann - diese fast subversive Idee macht vieles wieder wett. Jetzt aber bitte wieder weg vom Event und jeder zurück zum persönlichen Schwanengesang (in zwanzig Jahren).

8/10

Mikael Håfström Gefängnis Freundschaft Schiff


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RUSH (Ron Howard/USA, D, UK 2013)


"Happiness is your biggest enemy."

Rush ~ USA/D/UK 2013
Directed By: Ron Howard

Die Formel-1-Saison 1976 erweist sich als Kopf-an-Kopf-Duell zwischen ihren beiden Starpiloten, dem Briten James Hunt (Chris Hemsworth) und dem Österreicher Niki Lauda (Daniel Brühl), zwei, wenn auch völlig unterschiedlich tickenden, Egomanen. Während Hunt das Leben eines Rockstars führt und seine Rennen lediglich als kurze Intermezzi seiner Jet-Set-Abenteuer begeht, ist Lauda die Ernsthaftigkeit in Person, ein stoisch-ehrgeiziger Mensch, der den Sieg zur Wissenschaft macht. Als Lauda beim legendären Nürburgring-Derby schwer verletzt wird, wittert Hunt seine Chance auf den Titel...

Ein erhebender Einblick in die jeweilige Historie zweier großer Hasardeure, der schon jetzt seinen Platz im Pantheon der klassischen Rennfahrerfilme sicher hat. Besonders durch die verblüffend authentischen Darstellungen der beiden Hauptdarsteller verleiht sich "Rush" einen liebevoll-aufrichtigen Einblick in die privaten Sphären zweier gesellschaftlicher Protagonisten ihrer Ära und nimmt sich mittels vieler kleiner Detals darüberhinaus die Zeit, den faszinierenden Hedonismus jener Tage widerzuspiegeln und wie dieser potenzielle Opfer wie eben die als Weltstars gefeierten Formel-1-Fahrer wahlweise vereinnahmte (wie im Falle Hunts) oder kalt ließ (wie im Falle Laudas). Eine der schönsten Episoden des Films erzählt, wie Lauda seine zukünftige Frau Marlene (Alexandra Maria Lara) kennenlernt: im Zuge einer Party von Curd Jürgens, die er erst gar nicht besucht. Anhand solcher Szenen zeigt sich dann auch Howards unbestrittenes Erzähltalent und seine mittlerweile unschlagbare Versiertheit darin, geschlossene Charakterporträts zu liefern.

8/10

Ron Howard Duell period piece Historie Formel 1 Autorennen Ehe Biopic


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WHIRLPOOL (Lewis Allen/UK 1959)


"Don't you trust anybody?"

Whirlpool (Die schwarze Lorelei) ~ UK 1959
Directed by: Lewis Allen

Weil sie abermals ihrem früheren Beschützer, dem Ganoven Hermann (William Sylvester) aus der Patsche geholfen hat, ist Lora (Juliette Gréco) wieder auf der Flucht. In Köln lernt sie per Zufall den Rheinschiffer Rolf (O.W. Fischer) und dessen kleine Besatzung kennen und wird von ihm eingeladen, auf seinem Kahn 'Clementine' flussaufwärts mitzureisen. Dies ist gar nicht in Hermanns Sinn, der eigentlich nach Amsterdam weiter will und bereits einen weiteren Menschen auf dem Gewissen hat. Die beiden schroffen Einzelgänger Rolf und Lora kommen sich derweil auf dem schönen Vater Rhein immer näher, die bereits informierte Polizei und den Amok laufenden Hermann auf den Fersen. In Höhe des Lorelei-Felsens wartet die Entscheidung...

Sein vorletzter Film führte den gebürtigen Engländer Lewis Allen wieder zurück in die alte Heimat und darüber hinaus nach Deutschland, wo er diese schöne Kolportage-Wundertüte als Rheinschifffahrt vor Ort filmen durfte."Whirlpool", dessen Titel wohl auf das Wechselbad der Gefühle anspielen mag, in dessen Strudel sämtliche Beteiligten gerissen werden, nimmt sich aus als eine bisweilen recht bizarr anmutende Melange aus wildwüchsiger Liebesgeschichte, Heimatfilm und Kriminaldrama mit Groschenroman-Atmosphäre. Selbstverliebte Außenaufnahmen kollidieren immer wieder mit hoffnungslos artifiziell aussehenden Atelier-Rückprojektionen, was der kitschromantischen Textur von "Whirlpool" höchst zuträglich ist. In englischer Sprache gedreht (dann allerdings teils nachsynchronisiert und somit lohnender in der deutschen Fassung) und mit der kantigen Gréco und dem knorrigen Fischer vortrefflich besetzt versäumt der Film es - und gerade das ist ihm hoch anzurechnen - eine wahrhaftige "Nationalidentität" anzunehmen; er geht sowohl als typisch englischer wie als typisch deutscher Genrefilm durch, was ihm einen Ehrenplatz zwischen den Stühlen garantiert.

8/10

Lewis Allen Köln Rhein Flucht Schiff Reise


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SUDDENLY (Lewis Allen/USA 1954)


"Your guts are showing all over the place, brave boy."

Suddenly (Der Attentäter) ~ USA 1954
Directed By: Lewis Allen

Der auf einer Zugreise befindliche US-Präsident soll einen Kurzstopp am Bahnhof des Kleinstädtchens Suddenly einlegen. Davon benachrichtigt, ergreift der hiesige Sheriff Shaw (Sterling Hayden) zusammen mit den anrückenden Secret-Service-Kräften die nötigen sicherheitsvorkehrungen. Zu spät, denn im Hause von Shaws Freundin Ellen (Nacy Gates) hat sich bereits der gedungene Killer John Baron (Frank Sinatra) mit zwei Helfershelfern einquartiert. Von hier aus will er den Präsidenten mit einem Präzisionsgewehr erschießen. Shaw, Ellen, ihr kleiner Sohn Pidge (Kim Charney) und ihr Schwiegervater (James Gleason) geraten in die Gewalt der Attentäter und müssen hilflos mit ihnen die Ankunft des Präsidenten abwarten...

Bereits ein Jahr vor Wylers Meisterwerk "The Desperate Hours" kam dieser im Hinblick auf Erzählzeit und Handlungsort stark verdichtete, kleine Home-Invasion-Thriller von Lewis Allen in die Kinos, der als Antagonisten einen wie immer hartgesottenen Sterling Hayden und einen noch hungrigen, auf der Höhe seiner schauspielkunst befindlichen Sinatra vorlegte und allein infolge dieser Konstellation große Klasse mitbrachte. Die Plotprämisse um ein paar bezahlte Attentäter, die niemand Geringeren als den Präsidenten (!) abknallen wollen, wirkt rückblickend etwas betulich-naiv (was, wie ich erst vorhin mäßig amüsiert feststellte, Dr. Uwe Boll nicht daran hinderte, erst im letzten Jahr ein Remake anzufertigen), zumal die entrüsteten Kleinstädter dauernd versuchen, an das (faktisch nicht vorhandene) patriotische Ehrgefühl der Gangster zu appellieren ("Traitors!" "But it's your president, too!"). Nicht zuletzt die dramaturgisch nicht ungeschickt eingefädelte Beziehungsebene, der zufolge sie es auf den höchst kiebigen, rotzlöffeligen Filius, der einen gar goldenen NRA-Nachwuchs abgibt, abgesehen haben, macht die stilsicheren Finstermänner zu den geheimen Sympathieträgern wider Anstand und Biedermeiertum.

8/10

Lewis Allen Familie Attentat Kleinstadt home invasion film noir





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Funxton

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