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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE PURPLE PLAIN (Robert Parrish/UK 1954)


"You know exactly where I belong to."

The Purple Plain (Flammen über Fernost) ~ UK 1954
Directed By: Robert Parrish

Der in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs in Burma stationierte RAF-Pilot Bill Forrester (Gregory Peck) ist todessehnsüchtig, seit er seine Frau in der Heimat noch am Vermählungstag durch einen Fliegerangriff verlor. Der ihm freundschaftlich zugetane Lagerarzt Harris (Bernard Lee) sorgt dafür, dass Forrester die schöne Burmesin Anna (Win Min Than) kennenlernt, die wie er weiß, was Verlust bedeutet. Tatsächlich verlieben sich die beiden ineinander und Forrester überwindet sein Trauma. Seinen neuen (Über-)Lebenswillen kann er bald unter Beweis stellen, als sein Flugzeug über Feindgebiet abstürzt. Zusammen mit dem blasierten Physiker Blore (Maurice Denham) und dem schwerverletzten Carrington (Lyndon Brook) muss sich Forrester durch den Glutofen Burmas zurück zur Zivilisation schleppen.

Ein in wunderschönen Farben gefilmtes Kriegsabenteuer, ausnahmsweise aus britischer Fertigung, jedoch mit einem amerikanischen Star als Gallionsfigur. Gregory Peck, unruhig träumend und schwitzend unter dem Moskitonetz, das kommt mir rückblickend wie ein beinahe schon ikonisches Dramabild dieser Tage vor. Als dem Wahnsinn nahes, schwer traumatisiertes Fliegeras, in dessen Brust natürlich die denkbar größte Heldenseele wohnt, ist Peck einmal mehr phantastisch, zumal ihm die Rolle auf den Leib geschneidert scheint. Selbstredend folgt die Erlösung für ihn auf dem Fuße, überhaupt darum geht es in "The Purple Plain"; um die Rückgewinnung und Erprobung verlorenen Lebensmutes. Davon, dass Parrish ein großartiger, formvollendeter Abenteuerfilm geglückt ist, dessen Bildpracht ihn visuell und auch atmosphärisch sehr nahe an die Arbeiten von Powell und Pressburger rückt, gar nicht zu reden.

9/10

Robert Parrish WWII Pazifikkrieg Burma Fliegerei Trauma period piece


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BLACK WIDOW (Bob Rafelson/USA 1987)


"The truth is, it's not over yet."

Black Widow (Die schwarze Witwe) ~ USA 1987
Directed By: Bob Rafelson

Die privat etwas unstete Justizbeamte Alex Barnes (Debra Winger) wird eher zufällig auf eine männermordende Serienmörderin (Theresa Russell) aufmerksam, die ihre wohlsituierten Ehegatten jeweils in eigener Abwesenheit zu vergiften und sich hernach mit deren beträchtlicher Erbschaft aus dem Staube zu machen pflegt. Alex verfolgt die Unbekannte, deren letztes Opfer, ein steinreicher Museumskurator, in Kalifornien wohnhaft war, von dort bis nach Hawaii. Dort hat sich Christine Peterson, wie sich die eiskalte Dame nun nennt, bereits den Multimillionär Paul Nuytten (Sami Frey) als nächsten Witwenmacher auserkoren. Zwischen den zwei charakterstarken Frauen beginnt ein tödliches Spiel um falsche Freundschaft, zumal beide sich etwas vorspielen, derweil jedoch um die wahre Identität der jeweils anderen genau Bescheid wissen.

In den Achtzigern war es mal Mode, Qualitätskrimis auszustoßen, in deren Fertigung nicht selten auch ehemalige Schlüsselfiguren New Hollywoods involviert waren. Bob Rafelson, just eine derselben, legte nach der Cain-Adaption "The Postman Always Rings Twice", als neo noir und vor dem Hintegrund der Deptressionsära spielend noch ein relativ typischer Nachzieher der kreativen Bewegung, zunächst eine sechsjährige Pause ein, wohl infolge der relativ verhaltenen Rezeption seiner Neuverfilmung, für die man sich ohnehin lediglich wegen der Sexszenen zwischen Nicholson und Lange zu interessieren schien. Nach jener zwischenzeitlichen Sinnsuche tat Rafelson das, was die meisten fähigen, häufig jedoch kreativ zerfaserten Hollywood-Regisseure dieser Jahre zu tun beliebten und inszenierte einen sauberen, aber unspektakulären Thriller als Studio-Auftragsarbeit. Ungewöhnlich mutet hieran allerhöchstens an, dass das Duell zwischen Polizist und Kriminellem von zwei Frauen bekleidet wird, die mit den altklischierten, weiblichen Waffen gegeneinander antreten, sprich: Sex und Durchtriebenheit. Am Ende entscheidet die mit dem schärferen (und natürlich gesünderen) Verstand die wechselseitige Jagd für sich, derweil die andere nicht etwa spektakulär abserviert, sondern ganz ordinär den Händen der Justiz übergeben wird. Dabei zuzuschauen ist ein guter Zeitvertreib, dessen Qualität neben Rafelsons Abgewichstheit auch seiner wohlfeil durchdachten Besetzung mit vielen stets gern gesehenen Gesichtern (James Hong als nervöser Fixer-Detektiv - mein Highlight) zuzuschreiben ist.

7/10

Bob Rafelson Serienmord Jagd Hawaii San Francisco Duell femme fatale


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TUCKER & DALE VS. EVIL (Eli Craig/CA, USA 2010)


"These kids are coming out here and killing themselves all over the woods." - "My God, that makes so much sense."

Tucker & Dale Vs. Evil ~ CA/USA 2010
Directed By: Eli Craig

Eine Gruppe von neun College-Kids fährt in die Appalachen, um dort ein zünftiges Lagerfeuer-Wochenende zu erleben. Zeitgleich sind die beiden etwas debilen, aber überaus gutherzigen Hillbillys Tucker (Alan Tudyk) und Dale (Tyler Labine) unterwegs, um Tuckers just erworbene Hütte nur unweit vom Zeltplatz der Studenten einzuweihen. Bereits die erste, zufällige Begegnung schürt gegenseitiges Misstrauen, das besonders von der vorurteilsbehafteten Großstadt-Baggage ausgeht. Ein klassisches Missverständnis sorgt dann später für den zu erwartenden Konflikt: Die hübsche Allison (Katrina Bowden) stößt sich den Kopf und droht zu ertrinken, als Dale sie heldenhaft rettet und mit in die Hütte nimmt. Die übrigen Kids, allen voran der leicht auffällige Chad (Jesse Moss), glauben, die beiden Waldschrate wären dabei, Allison als Vorspeise zuzubereiten und gehen in die Offensive. Höchst ungeschickt, denn einer nach dem anderen fallen sie ihrer eigen Tölpelhaftigkeit zum Opfer, derweil Tucker und Dale bloß versuchen ihre und Allisons Haut zu retten...

Liebenswert nerdige Fun-Splatter, dessen inhaltliche Prämisse spätestens nach der ersten Filmhälfte so augenfällig ist, dass man sich schwer wundern muss, warum bisher noch niemand auf die Idee gekommen ist, sich ihrer anzunehmen. Nicht von den Hinterwäldlern, so Craigs luzider Gedanke, geht die eigentliche Gefahr beim so oftmals beschworenen culture clash aus, sondern von den arroganten Stadtbengels, die alles, was nach Wald, Land oder Natur aussieht, geschweige denn riecht, als vorsintflutlich und zurückgeblieben erachten und die persönliche Würde deutlich höher ansiedeln. Tucker und Dale derweil werden nur ständig Opfer irgendwelcher Zufälle und Unachtsamkeiten, die ihnen die panisch reagierenden urban lads nurmehr als weiteren bestialischen Charakterzug anrechnen. Vertauschte Rollen also, herrlichst durchexerziert und mit urkomischem Gore angereichert, über den ich lange nicht mehr so herzhaft lachen konnte. Die ultimative Nerd-Fantasie erfüllt sich natürlich auch noch in anderer Hinsicht: wenn Craig seinem dickfälligen Anti-Schönling Dale und dem fleischgewordenen Jungs-Traum Allison eine Romanze spendiert, dann jubeln millionen Loser auf der Welt still und glücklich in sich hinein. Larger than life aber ausgekocht liebenswert, wie der ganze Film.

8/10

Eli Craig Hommage Backwood Satire Splatter Groteske West Virginia Appalachen


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VAN HELSING (Stephen Sommers/USA 2004)


"Why does it smell like wet dog in here?"

Van Helsing ~ USA 2004
Directed By: Stephen Sommers

Den vom Vatikan beschäftigten Monsterjäger Gabriel Van Helsing (Hugh Jackman) umgibt selbst eine trübe Vergangenheit, der er ständig auf der Spur ist. Zwischendurch legt er zeitgenössische Unholde wie den Amok laufenden Mr. Hyde (Robbie Coltrane) auf Eis und erfreut sich stets neuer Gimmicks, die ihm der klösterliche Waffenschmied Carl (David Wenham) zur Verfügung stellt. Als es sich in Transsylvanien zusammenbraut, schickt man Van Helsing und Carl geradewegs in den Krisenherd: Graf Dracula (Richard Roxburgh), seine drei Vampirbräute, diverse Werwölfe und Frankensteins Monster (Shuler Hensley) bekriegen sich und terrorisieren eine dörfische Gemeinschaft. Zusammen mit der schönen Anna (Kate Beckinsale), deren Bruder (Will Kemp) ebenfalls von einem Werwolf infiziert wurde, findet Van Helsing den Grund für die Unruhe heraus: Dracula hat sich des Schlosses Frankenstein nebst dessen Dienerschaft bemächtigt, um das Geheimnis der Unsterblichkeit zu erlangen. Seine mit seinen Bräuten gezeugte Brut überlebt nämlich immer nur für Minuten und taugt daher nicht viel für eine Invasion. Die Frankenstein-Kreatur jedoch ist der wahre Schlüssel zu Draculas sinistrem Vorhaben...

Was eine Revitalisierung des 'golden age gothic horror' aus dem Hause Universal hätte werden können - oder sollen - (immerhin widmet der Regisseur seinen Film im Abspann hochtrabend seinem Vater) geriet zu einem albernen Disneyland-Fahrgeschäft, einer von Effekteleim notdürftig zusammengehaltenen Halbgarnis, in der der coole Superheld Wolverine und die wehrhafte Amazone aus "Underworld" es mit einem peinlich halbgar interpretierten Dracula (Roxburghs Interpretation ist eine Schande für diese altehrwürdige Figur), Computerwerwölfen und einem wohl nicht ganz zufällig eher nach Peter Boyle denn nach Boris Karloff aussehenden Frankenstein-Monster zu tun bekommen. Flaue Witzchen und nerdige Sprüche begleiten den Weg der kleinen Heldengemeinschaft durch die West-Karpathen und auch eine fein arrangierte, jedoch kläglich inszenierte Polanski-Reminiszenz sowie diverse weitere Behauptungen, bezüglich der Genre-Historie ein firmes Auge zu besitzen, tragen eher zum tosenden Untergang dieses hochbudgetierten, seelenentleerten Hülsenfilms bei. Und welch eine nutzlose Verschwendung von Ressourcen, zumal die kreativen Köpfe hinter der visuellen Gestaltung teils Höchstleistungen vollbrachten: Wunderbar grazil etwa die drei weißen Vampirfauen, wie sie durch die gräuliche Dämmerung flattern, opulent ausgestattet die Budapester Ballszene, hübsch maskiert das ewige Labor-Faktotum Igor (Kevin J. O'Connor) und selbst die vielen CGIs in ihrer comicesken Überzogenheit fand ich noch überwiegend charmant. Doch all das bleibt bloß zur Schau gestellte Makulatur eines letztlich hoffnungslos ausgehöhlten, von übrzogenen Erwartungen getragenen Kinofurzes ohne Blut in den Adern, dessen Nachhall sich in etwa so rasch verliert wie ein Schwefelhauch in der Silvesternacht. Dennoch nicht ganz das noch viel ärgere Volldebakel, dass Sommers zuvor mit seinen erbärmlichen "Mummy"-Filmen vom Stapel ließ.

4/10

Stephen Sommers period piece Hommage Werwolf Vampire Frankenstein Dracula Transsylvanien Rumänien Universal-Monster Crossover


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WAR OF THE COLOSSAL BEAST (Bert I. Gordon/USA 1958)


"A colossal freak, Major, and he's my brother!"

War Of The Colossal Beast (Gigant des Grauens) ~ USA 1958
Directed By: Bert I. Gordon

Der riesige Colonel Glenn Manning (Dean Parkin) ist mitnichten beim Sturz von der Mauer des Hoover-Staudamms zu Tode gekommen. Er konnte sich stattdessen retten und lebt mittlerweile, durch seinen Unfall schwer entstellt, in den mexikanischen Bergen, wo er mit Lebensmitteln beladene Trucks entführt und leerfuttert. Seine Schwester Joyce (Sally Fraser) ahnt nach der Beschwerde eines verdutzten Herrn (George Bewcar), der seinen Pick-Up vermisst, dass nur ihr mutierter Bruder hinter der Sache stecken kann. Zusammen mit Major Baird (Roger Pace) macht sie ihn ausfindig und kann ihn unter Betäubung nach Los Angeles schaffen. Doch Glenn ist längst nicht mehr Herr seiner Sinne und flieht aus der Gefangenschaft.

"He IS heavy - he's my brother" mag die herzensgute Joyce Manning sich selbst im Angesicht ihres riesenwüchsigen Monsterbruders vorgesummt haben. Ich finde ja das Sequel, offenbar im Gegensatz zum Rest der Welt, ein klein wenig gelungener als den Erstling "The Amazing Colosaal Man", da hier einfach mehr los ist und die Effektarbeit trotz nach wie vor offenbarer Schwächen einmal vollzogene Patzer auszubügeln trachtete. Glenn Manning, diesmal von einem gewissen Dean Parkin interpretiert, sieht mit seiner halb skelettierten Visage hübsch gruselig aus und verleiht dem Amok laufenden Riesen einen zusätzlichen, dämonischen Zug. Wie es sich für eine Billigproduktion gehört, hat es im Mittelteil eine umfangreiche Rückblende mit den komprimierten Höhepunkten des Vorgängers, die ordentlich Erzählzeit einspart. Groß in jedem Falle wieder Mannings Bummel durch die Gemeinde: Diesmal besucht er eine Sternwarte (könnte dieselbe sein wie in "Rebel Without A Cause") und droht, einen Bus mit frühadoleszenten Teenagern durch die Gegend zu werfen. Ziemlich stark, ebenso wie die folgende, zur Betonung des allgegenwärtigen spectaculums eingefärbte Freitodszene, in der Manning sich selbst mittels einer Hochspannungsleitung röstet und in Luft auflöst. Hat ja nun auch doch ein paar Leichen im Keller, der Gute.

6/10

Bert I. Gordon Mexiko Los Angeles Militär Monster Riese Atombombe Sequel


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DOOMSDAY (Neil Marshall/UK, USA, SA, D 2008)


"In the land of the infected, the immune man is king."

Doomsday ~ UK/USA/SA/D 2008
Directed By: Neil Marshall

2008 bricht das hoch ansteckende "Reaper-Virus" in Schottland aus. Da die Regierung der Pandemie nicht so schnell Herr werden kann, wie sie um sich greift, wählt man eine besondere Form der Schadensbegrenzung: Der Insel-Norden wird vom Süden durch eine gigantische, wohlfeil bewachte Mauer separiert, die Kranken sich selbst überlassen. Anarchie und Kannibalismus brechen in den Zentren um Edinburgh und Glasgow aus und irgendwann werden die Zustände als gegeben akzeptiert und ad acta gelegt. 27 Jahre später taucht das Reaper-Virus plötzlich in London auf. Da es jenseits der Mauer mittlerweile Menschen gibt, die immun gegen die Seuche zu sein scheinen, schickt man die Superpolizistin Eden Sinclair (Rhona Mitra) ins Niemandsland, um nach dem verschollenen Virologen Kane (Malcom McDowell) zu fahnden. Dieser hat sich mittlerweile wie ein Feudalherr auf einer Burg eingerichtet und führt Krieg gegen seinen verrückten Sohn Sol (Craig Conway).

Klotzhohl im Geiste berichtet "Doomsday", wie mich dünkt, vor allem so Einiges über seinen Ersinner und Ausführer Neil Marshall, dessen Obsessionen und Hang zur Nabelschau. Wollen mal sehen: Megacoole, windschnittige Kampfweiber ohne Gnade - check; ausführliche Blutduschen - check; Wiedergabe der höchsteigenen Filmsozialisation und -vorlieben - check; historische Szenarien - check; Anarchos vs. Imperialisten - check. Ein mächtiger Quirl, in den Marshall das kurz darauf in "Centurion" um Einiges authentischer durchgespielte Szenario um eine Römer-Expedition nach jenseits des Hadrianwalls, wo man auf die atavistisch lebenden Pikten traf, ebenso hineinversenkt wie seine aus "The Decent" bekannte Vorliebe für martialische Kämpferinnen und, überdeutlich, seine "persönlichen Einflüsse". "Escape From New York", die beiden "Mad Max"-Sequels, "The Warriors" werden unmittelbar zitiert (böse Zungen mögen zischen: kopiert). So weit, so mittelmäßig. Dass eine solche Kombination, zumal kalkuliert-exaltiert und von vornherein auf die alleinige Befriedigung niederster Faboy-Instinkte ausgelegt, keine Sternstunde des Kinos hergibt, ist wenig überraschend. Am Besten an "Doomsday" gefällt mir immer noch seine 'strictly British attitude', der (hoffentlich) hier und da unfreiwillige appeal, einem eigentlich typisch amerikanischen Genrefilm aus britischer (Arbeiter-)Geistesfabrik beizuwohnen. Dafür trägt schon die kleine, aber geschmackvolle Auswahl an 80er-Insel-Popklassikern mitsamt Ska-Variation vom "Can-Can" Verantwortung. Ich verbleibe somit bei einem knappst heruntergebrochenen: strohdoof, aber irgendwie doch noch.

5/10

Zukunft Dystopie Virus Neil Marshall Hommage Splatter Schottland London Kannibalismus


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THE AMAZING COLOSSAL MAN (Bert I. Gordon/USA 1957)


"I don't want to grow anymore."

The Amazing Colossal Man (Der Koloss) ~ USA 1957
Directed By: Bert I. Gordon

Um einem abgestürzten Flugzeug-Piloten zur Hilfe zu kommen, verlässt Colonel Glenn Manning (Glenn Langan) während eines Atombombentests ind der Wüste Nevadas seinen schützenden Unterstand und setzt sich damit ungebremst der Plutonium-Strahlung aus. Seine zunächst vollständig verbrannte Körperoberfläche regeneriert sich jedoch zum Erstaunen der behandelnden Ärzte bereits nach wenigen Stunden, doch ist Mannings Leiden damit nicht beendet. Im Gegenteil: Er beginnt, unaufhörlich zu wachsen, um etwa eineinhalb Meter täglich. Während seine Verlobte Carol (Cathy Downs) sich alle Mühe gibt, den Verzweifelnden zu beschwichtigen, eröffnet ihr Dr. Linstrom (William Hudson), dass Mannings langsamer wachsendes Herz seinen Körper bald nicht mehr wird versorgen können und dass seinem in Kürze zu erwartenden Tode noch der mentale Verfall vorausgehen wird. Man scheint endlich ein Heilmittel gefunden zu haben, als Manning, mittlerweile 20 Meter groß, aus der Militärbasis ausbricht und auf den weg nach Las Vegas macht...

Mit denselben Rückprojektionseffekten, mittels deren Einsatz schon siebzehn Jahre zuvor Rex Ingram als riesiger Djinn über den fernen Inselstrand in "The Thief Of Bagdad" schritt, ließ Bert I. Gordon, in den Credits stolz als F/X-Verantwortlicher aufgeführt, den mit Glatze, Wampe und Spandexwindel frappant an Ingram erinnernden Glenn Langan durch Nevada und Vegas tapern. Dass sein Riese sich manchmal doch eher schlampig ins Gesamtbild fügt und hier und da durchsichtig wird - okay. Leider beschränkt sich Colonel Mannings Amoklauf allerdings auf das letzte Fünftel des Films - zuvor müht man sich, ähnlich wie Jack Arnold in "The Incredible Shrinking Man", den Leidensweg eines sich auf den Kopf gestellten Naturgesetzen unterworfen findenden Individuums zu illustrieren. Wo jedoch Scott Carey sich mit seinem schrumpfenden Körper noch bislang ungekannten Erfahrungen ausgesetzt fand; sich aufgrund wechselnder Herausforderungen stets aufs Neue mit seiner Umwelt zu arrangieren hatte, und daher keine Zeit hatte, sich Depressionen zu widmen, gibt es für Glenn Manning nurmehr den folgerichtigen Weg in den Wahnsinn und damit ins Kaputtmachen. Dennoch vermisst man wie bereits oben moniert etwas das in solchen Filmen unabdingbaren Sensationalismus, tatsächlich scheint noch nichtmal jemand ernstlich zu Schaden zu kommen bei Mannings allzu possierlich geratenem Stadtrundgang.

6/10

Bert I. Gordon Atombombe Militär Monster Riese Nevada Las Vegas


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CLASS ACTION (Michael Apted/USA 1991)


"If your mother could hear you now."

Class Action (Das Gesetz der Macht) ~ USA 1991
Directed By: Michael Apted

Obschon beide Anwälte sind, verstehen sich Jeb Ward (Gene Hackman) und seine Tochter Maggie (Mary Elizabeth Mastrantonio) nicht sonderlich blendend. Maggie konnte nie die diversen Gelegenheiten nachsehen, bei denen ihr Dad seiner Frau und ihrer Mum (Joanna Merlin) Hörner aufsetzte. Auch ihre Berufsauffassung unterscheidet sich deutlich: Jeb, stets linksliberaler Bürgerrechtsvorkämpfer und Idealist, kann nicht begreifen, dass Maggie, ganz Karrieristin, sich der Riesenkanzlei Quinn einverleibt, die ausschließlich millionenschwere Klienten vertritt. Als Jeb und Maggie vor dem Zivilgericht schließlich widersteitende Parteien in Form eines renommierten Autobauers und einer Gruppe geschädigter Sammelkläger repräsentieren und sich dort Aug in Aug gegenüberstehen, müssen beide auch hinsichtlich ihrer brüchigen Beziehung zueinander Farbe bekennen.

Klassisch inszeniertes Courtroom-Drama, typisch für seine Zeit und jedwede Form der Erwartungen seiner avisierten Zuschauerschaft erfüllend. Der Begriff 'class action' subsummiert im US-Justizwesen zivilgerichtlich angestrebte Einzel- oder Sammelklagen gegen eine gegnerische Partei, bei denen es häufig um hohe Schadensersatzzahlungen geht. Im Film werden solche Storys gern als 'David-gegen-Goliath'-Epen inszeniert. Der vorrangige Vertreter dieses Courtroom-Subgenres ist "The Verdict" von Sidney Lumet, im Laufe der Jahre haben sich jedoch noch einige andere Werke, etwa Steven Zaillians "A Civil Action", herauskristallisiert. Ihre Faszination beziehen all diese Filme daraus, dass durch klerikale oder kapitalistische Achsenmächte geschädigte Bürger trotz geringer Gewinnchance ihr Recht einfordern, wobei eher selten ("The Verdict" bildet eine rühmliche Ausnahme) von den Interessen der Anklagevertreter - nämlich einem gehörigen Stück vom Entschädigungskuchen - berichtet wird. Jene finden sich mit geringfügigen Abstrichen vielmehr als Ritter in moralischer Protestrüstung charakterisiert, die ihren Beruf aus rein altruistischen Motiven heraus ausüben.
"Class Action" bildet da keine spezielle Ausnahme, wenngleich auch Jeb Wards Weste keine hundertprozentig weiße ist. Dennoch ist er als lebens- wie berufserfahrener Jurist im Recht, was seine gegen ihn rebellierende Tochter lernen und einsehen muss. So ist Apteds Film dann gleichfalls und vor allem auch die Geschichte einer überfälligen Familienzusammenführung, die in ansonsten stark vorhersehbaren Bahnen verläuft. Erfreuen mag man sich eher am sehr schnittig geschriebenen Dialogscript sowie an der starken Besetzung, die mit Donald Moffatt und Laurence Fishburne noch zwei feine extras beinhaltet.

7/10

Michael Apted Courtroom Vater & Tochter San Francisco Familie Duell


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I BURY THE LIVING (Albert Band/USA 1958)


"I won't quit."

I Bury The Living ~ USA 1958
Directed By: Albert Band

Der Warenhauschef Robert Kraft (Richard Boone) nimmt zähneknirschend das traditionsbewusste Ehrenamt des hiesigen Friedhofsmanagers an. In der dortigen Baracke gibt es einen Lageplan, auf dem sämtliche belegten und reservierten Grabstätten eingezeichnet sind: Bereits beerdigte Klienten werden darauf durch eine schwarzköpfige Nadel markiert, noch lebende durch eine weißköpfige. Rein zufällig entdeckt Robert, dass jedesmal, wenn er eine weiße durch eine schwarze Nadel ersetzt, die entsprechende Person binnen weniger Stunden eines anscheinend natürlichen Todes stirbt. Zugleich belastet und berauscht durch diese Entdeckung verlangt vor allem sein ungläubiges Umfeld nach immer wieder neuen Beweisen für Roberts tödliche 'Gabe', bis der Arme, als er feststellt, dass sein unheilvoller Einfluss sogar bis über den ganzen Erdball reicht, einen Nervenzusammenbruch zu erleiden droht...

Was als herrlich triviale "Gespenstergeschichten"-Episode zwischen eerie und creepy beginnt ("Seltsam? Aber so steht es geschrieben...") muss sich am Ende leider einer höchst irdischen Aufklärung ergeben, die die gesamte Filmhandlung resümierend doch arg konstruiert erscheinen lässt. Immerhin, mit jenem vorgefassten Wissen im Genick lässt sich "I Bury The Living" bei weiteren Betrachtungen etwas verdient analytischer verfolgen, denn der kleine, supergünstig produzierte Schocker besitzt erwartungsgemäß noch viel wesentlichere Qualitäten: personell liegen diese allen voran bei Richard Boone, der dem Zweifelnden mit vermeintlichen Seherkräften ein überzeugendes Gesicht verleiht sowie bei seinem Kollegen Theodore Bikel als nicht minder vermeintlich braves Friedhofsfaktotum, das in mehrerlei Hinsicht die Geschicke auf dem Totenacker lenkt und mit undefinierbarem Nuschelakzent parliert. Erwähnung finden muss außerdem die einfallsreiche, mitunter hypnotische Regie von Albert Band, Vater der Genre-Legenden-Brüder Charles und Richard Band, die als Produzent und Komponist zahlreiche B- und C-Werke der renommierten Schmieden 'Empire' und 'Full Moon' betreuten.

7/10

Albert Band Friedhof Serienmord


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WAKE OF THE RED WITCH (Edward Ludwig/USA 1948)


"She won't let him loose again..."

Wake Of The Red Witch (Im Banne der Roten Hexe) ~ USA 1948
Directed By: Edward Ludwig

Mitte des 19. Jahrhunderts fährt der undurchsichtige Captain Ralls (John Wayne) wertvolle Schiffsladungen für die holländische 'Batjak'-Company unter Mayrant Sidneye (Luther Adler) quer durch den Südpazifik. Der junge Maat Sam Rosen (Gig Young) schließt sich dem charismatischen Seemann vorbehaltlos an, als dieser die 'Red Witch', einen mit Goldbarren beladenen Schoner, absichtlich kentern lässt. Später findet Rosen, der an Ralls' Seite bleibt, den Grund für dessen Tat heraus: Ralls und Sidneye sind Erzfeinde, seit der habgierige Reeder Ralls einst dessen große Liebe Angelique (Gail Russell) weggeschnappt und geehelicht hat. Als Racheaktion hat Ralls die 'Red Witch' gekapert und in nur ihm selbst bekannten Breiten versenkt. Nun gilt es, das verlorene Gold zu bergen, doch die 'Red Witch' liegt genau über einer Tiefseeklippe...

Zwei filmhistorisch wunderhübsch triviale Anekdötchen umwabern "Wake Of The Red Witch": Zum Einen gab der Name der Handelsgesellschaft im Film, 'Batjak', eine Kombination der Anfangssilben von Batavia und Jakarta, Duke Wayne die Inspiration für seine eigene, 1952 gegründete Produktionsgesellschaft 'Batjac' (mit 'c' statt 'k' am Ende, angeblich ein Tippfehler von Dukes damaliger Sekretärin, der ihm so gut gefiel, dass er ihn unverbessert ließ), die bis heute existiert und von Waynes Tochter gemanagt wird. Zum anderen, und diese Story ist noch viel toller, verfügte der Film über ein grandioses Requsit: Einen mannshohen, motorbetriebenen Gummipolypen, der im Film eine Kiste voller Perlen in einer Lagune bewacht und mit dem Duke sich ein Duell zu liefern hat, um an die wertvollen Kügelchen zu gelangen (dies übrigens bei weitem nicht die einzige Analogie zu DeMilles sechs Jahre zuvor entstandenem, kunterbunten "Reap The Wild Wind"). Ebenjener Oktopus wurde einige Jahre später bei einer Neacht- und Nebel-Aktion von dem legendären Ed Wood und seiner Crew aus einer Lagerhalle der Republic Films gestohlen. Dummerweise vergaß man den Motor, so dass Bela Lugosi in "Bride Of The Monster" allein durch sein grandioses Spiel dem Gummitier "Leben" einhauchen musste. Immerhin feierte der Polyp so einen zweimaligen Filmauftritt.
Nach "Angel And The Badman" fanden Duke und die aparte Gail Russell, die bereits eine inoffizielle Romanze verband, neuerlich zusammen - ihre zweite und letzte Partnerschaft, was relativ eindeutig dekodierbar wäre. Die schöne Schauspielerin starb 1961 mit nur 36 Jahren als schwere Alkoholikerin an Leberversagen.
Ein Hollywoodstück par excellence also, getragen von einem Geschichtendunst, den seine eigentliche Form wohl nicht ganz einzulösen weiß. "Wake Of The Red Witch" hält sich als günstig produzierter, herziger Abenteuerfilm, der vor allem infolge dessen punktet, dass er eindrucksvoll vor Augen führt, dass der Begriff 'Routinement' vor 65 Jahren beim Film und auch für Regisseure wie dem emsigen Auftragsarbeiter Edward Ludwig noch eine ganz andere Bedeutung hatte als es heute der Fall ist.

7/10

Edward Ludwig Seefahrt period piece Südpazifik Duell Rache





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Funxton

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