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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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STAR TREK IV: THE VOYAGE HOME (Leonard Nimoy/USA 1987)


"Oh, him? He's harmless. Back in the sixties, he was part of the free speech movement at Berkeley. I think he did a little too much LDS."

Star Trek IV: The Voyage Home (Star Trek IV - Zurück in die Gegenwart) ~ USA 1987
Directed By: Leonard Nimoy

Auf der Rückreise vom Planeten Vulkan wollen sich Kirk (William Shatner) und seine Mannschaft den Anklagen bezüglich ihrer Befehlsverweigerungen stellen. Doch sie platzen mitten in eine neue Katastrophensituation: Eine riesige, außerirdische Sonde sendet Signale Richtung Erde, die unbeabsichtigt Klimaveränderungen und Naturkatastrophen hervorrufen. Die zunächst nicht zu entschlüsselnden Botschaften sind offenbar in der Sprache der bereits lange ausgestorbenen Buckelwale formuliert. Kurzerhand beschließt Kirk, in das späte 20. Jahrhundert zurückzureisen und von dort zwei Exemplare der riesigen Meeressäuger, die die Signale beantworten können, mit zurück in die Gegenwart zu bringen. Das San Francisco von 1986 beherbergt allerlei Unwägsamkeiten und Abenteuer, doch die Mission kann - auch zugunsten der beiden mitgebrachten Wale - erfolgreich zu Ende gebracht werden. Mit dieser Rettungsaktion können sich Kirk und seine Leute außerdem komplett rehabilitieren.

Der stets faktenbezogene und ernste Habitus der drei Vorgänger wird in "Star Trek IV" zugunsten einer weitaus lockereren Handhabung von Story und Charakterzeichnung fallen gelassen. "Star Trek" öffnet sich und wird mit diesem Film endlich auch für bisherige Naserümpfer und Knauserer goutierbar. Die ökologie-didaktische Story um die paradoxe Tragik, dass die künftige Menschheit durch den sorglosen Umgang mit ihren Ressourcen letzten Endes den eigenen Untergang besiegelt. Glücklicherweise ist man im 23. Jahrhundert der Zeitreisetechnik mächtig und kann sich in der Vergangenheit bedienen.
Und hierin liegt zugleich der eigentliche, dramaturgische Kniff: Die Konfrontation der völlig anders sozialisierten, in jeder Hinsicht domestizierteren Zukunftsmenschen mit den Verhältnissen unserer Tage sorgt für höchst komische Turbulenzen und macht Tür und Tor auf für etliche komödiantische Situationen und Szenen. Spocks Betäubung eines aufdringlichen Punks, Kirks entsetztes Gesicht als Spock zu den Walen ins Bassin steigt und kurzerhand eine Gedankenverschmelzung ihnen praktiziert, Chekovs und Uhuras verzweifelte Suche nach den atomgetriebenen Kriegsschiffen von Alamida - all das sind unvergessliche Szenen, nicht nur innerhalb des Films und seiner Reihe, sondern für das Kino überhaupt.
Ich hatte das persönliche Glück, "Star Trek IV" damals im Kino sehen zu können und er zählt daher zu den Filmen, von denen ich mich rühmen kann, gewissermaßen mit ihnen aufgewachsen zu sein. Nicht der schlechteste Vertreter für eine solche Kategorie.

9/10

Star Trek Leonard Nimoy Zeitreise Wale Aliens Zukunft


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STAR TREK III: THE SEARCH FOR SPOCK (Leonard Nimoy/USA 1984)


"The needs of the one... outweigh the needs of the many."

Star Trek III: The Search For Spock (Star Trek III - Auf der Suche nach Mr. Spock) ~ USA 1984
Directed By: Leonard Nimoy

Kurz vor seinem Heldentod hat Spock (Leonard Nimoy) im Zuge einer Gedankenverschmelzung mit Dr. McCoy (DeForest Kelley) seine unsterbliche Seele auf diesen übertragen. Sein toter Körper, der auf den neu erstandenen Planeten 'Genesis' geschossen wurde, profitiert derweil von dem dort herrschenden Effekt und wird neu geboren. Spocks Vater Sarek (Mark Lenard) eröffnet Kirk, dass, um Körper und Seele wieder eins werden zu lassen, der auferstandene, rasant erwachsen werdende, aber seelenlose Spock und McCoy nach Vulkan gebracht werden müssen - eine Mission, zu der Kirk ohne den Segen der Föderation mit der Enterprise und ihrer alten Besatzung im Alleingang aufbricht. Derweil wird der klingonische Kriegstreiber Kruge (Christopher Lloyd) auf Genesis aufmerksam, der von Saavik (Robin Curtis) und Kirks Sohn David (Merritt Butrick) untersucht wird. Sie stellen fest, dass das Projekt fehlgeschlagen ist: Der Planet macht die üblichen Entwicklungsstadien einer Welt in radikal geraffter Zeit durch, was auch Spocks stündliches Altern erklärt, und steht bereits wieder kurz vor seiner Zerstörung. Kruge will das Genesis-Geheimnis unbedingt an sich bringen und lässt den sich ihm widersetzenden David töten. Kirk rächst seinen Sohn und schafft seinen Freund rechtzeitig nach Vulkan.

Im Gegensatz zu vielen anderen mag ich den dritten "Star Trek" sehr, möglicherweise auch deshalb, weil es der erste Kinofilm der Reihe war, den ich ehedem zu Gesicht bekommen und damals sehr oft geschaut hatte. Der fehdenartige Widerstreit zwischen den Klingonen und Kirk, der, wie man später noch sehen wird, ihrem gesamten Volk den Tod seines just erst "wiedergewonnenen" Sohnes David anlastet, findet hier seine unheilvollen Wurzeln. Zudem war "Star Trek III", der über die bis dato besten Effekte der Filme verfügte, als direkte Fortsetzung zu "The Wrath Of Khan", dessen Ende natürlich auf lange Sicht nicht haltbar bleiben konnte, weil "Star Trek" ohne Spock schlichterdings nicht geht, ein elementares inhaltliches Bindeglied. Nimoy, der angeblich eigentlich schon auf die Mitwirkung am direkten Vorgänger verzichten wollte, dann aber durch die Zusicherung seiner Todesszene umgestimmt worden war, ließ sich mit dem Regieversprechen zur neuerlichen Beteiligung überreden - sein Auftritt am Ende ist ja auch nicht sonderlich umfangreich, wenngleich sein spitzohriges Konterfei das schöne Originalplakat ziert und er damit ganz klar zum figuralen Zentrum des Films avancierte. Neben "Friday The 13th" reifte "Star Trek" nunmehr zum anderen kommerzielle Franchise-Standbein der Paramount in den Achtzigern - ein Erfolg, dem besonders der nächste, wiederum von Nimoy inszenierte Film Rechnung tragen sollte.

7/10

Leonard Nimoy Star Trek Sequel Freundschaft Zukunft Aliens


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STAR TREK II: THE WRATH OF KHAN (Nicholas Meyer/USA 1982)


"The needs of the many outweigh the needs..." - "...of the few..." - "...or the one."

Star Trek II: The Wrath Of Khan (Star Trek II - Der Zorn des Khan) ~ USA 1982
Directed By: Nicholas Meyer

Kirks (William Shatner) Ex-Freundin Carol Marcus (Bibi Besch) und ihr gemeinsamer Sohn David (Merritt Butrick) bringen das Projekt 'Genesis' an den Start bringen, das einen toten Planeten zu einer lebendigen, atmenden Welt machen soll. Als Versuchsobjekt dient der vermeintlich tote Mond Ceti Alpha 6, der sich bei einer Untersuchung vor Ort durch die Besatzung der 'USS Reliant' als dessen Nachbargestirn Ceti Alpha 5 herausstellt. Dort hatten Kirk und seine Männer 15 Jahre zuvor den im Kälteschlaf überlebten Erden-Despoten Khan (Ricardo Montalban) und seine Getreuen strafausgesetzt, nachdem diese versucht hatten, die Enterprise zu übernehmen. Ceti Alpha 5 ist mittlerweile zu einer öden Wüste ausgetrocknet und Khans Rachedurst entsprechend groß. Er kapert die Reliant und lockt Kirk mitsamt der mittlerweile als Schulschiff fungierenden Enterprise zu sich, um sie in einem Gefecht zu zerstören. Kirk kann Khan bezwingen, doch der Sieg fordert seinen Tribut: Spock (Leonard Nimoy) opfert sich, um die Enterprise vor der Detonationswelle der gezündeten 'Genesis'-Bombe in Sicherheit bringen zu können.

Basierend auf der von mir noch im Vorhinein geschauten Original-Serienfolge "Space Seed", die 1967 ausgestrahlt wurde und die Geschichte des überlebenden Despoten Khan Noonien Singh (Montalban) erzählte, eines Relikts der "Eugenischen Kriege", in denen im späten 20. Jahrhundert genetisch modifizierte Übermenschen Teile der Weltherrschaft an sich rissen und miteinander konkurrierten. Khan und seine Getreuen waren nach ihrer Niederlage auf dem Schiff 'Botany Bay' in kryogenischen Tiefschlaf gelegt und ins All geschossen worden, wo die Enterprise sie etwa 250 Jahre später auflas. Khan bemächtigte sich, kaum wieder erwacht, gleich Kirks Bordhistorikerin (Madlyn Rhue) und benutzte sie, um die Gewalt über das Schiff zu erlangen und dieses als sein Machtinstrument zu missbrauchen. Kirk gelang es jedoch, Khan im Duell zu überwältigen und ihn wiederum ins Exil zu schicken. "The Wrath Of Khan", der formal völlig anders angelegt ist als Wises Vorgänger, nämlich deutlich schneller, actionreicher und humorvoller, griff diese Episode wieder auf und setzte sie logisch fort. Montalban kehrte als Khan, mit wunderbar hässlichem Vokuhila und entblößter Muskelbrust zurück und gab einen brillanten Fiesling ab - auch dies ein dem ersten Teil abgehendes Charakteristikum. Es gibt herrlich bunte Weltraumnebel, Raumschiffschlachten, Nebenfiguren [wie die Offizieranwärterin Saavik (Kirstie Alley)] und vor allem keine Sekunde Leerlauf. Nette Szenen wie Kirks Geburtstagsfeier, zu dem er von McCoy (DeForest Kelley) eine antike Lesebrille bekommt, bringen Menschlichkeit in die spröde Föderations-Zukunft und Spocks Heldentod ist ein grandioser tear jerker. Zu erwähnen wäre auch unbedingt James Horners fabelhafter Score, der ganz anders, um nicht zu sagen: wesentlich bombastischer daherkommt als Goldsmiths opereske Partituren für den Vorgänger, diesen jedoch in keinster Weise nachsteht. Insgesamt ein Höhepunkt der Reihe, der die inoffizielle "Regel" begründen sollte, dass die "Star Trek"-Filme mit den geraden Seriennummern die besseren sind.

8/10

Nicholas Meyer Star Trek Zukunft Sequel D.C.


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STAR TREK: THE MOTION PICTURE (Robert Wise/USA 1979)


"It's life, Captain, but not life as we know it."

Star Trek: The Motion Picture (Star Trek - Der Film) ~ USA 1979
Directed By: Robert Wise

Im 23. Jahrhundert wird die Erde von einer gigantischen Energiewolke bedroht, die aus dem All Kurs auf sie nimmt und jedes Schiff, das sich ihr nähert, atomisiert. Captain James T. Kirk (William Shatner) kehrt in den aktiven Dienst zurück, übernimmt das Kommando über die just generalüberholte 'USS Enterprise' unter dessen Protest von dem jüngeren Offizier Will Decker (Stephen Collins). Unterwegs stößt noch der vulkanische Wissenschaftsoffizier Spock (Leonard Nimoy) nach einem längeren Aufenthalt auf seinem Heimatplaneten zum Team, so dass die alte Besatzung wieder komplett ist. Nach Startschwierigkeiten mit dem Warp-Antrieb bei der Wolke angelangt, bemächtigt sich ein Wesen namesns V'Ger aus deren Inneren der Navigatorin Ilia (Persis Khambatta) und benutzt ihre Hülle als Kommunikationsbrücke zu den Menschen. V'Ger will Kontakt mit seinem "Schöpfer" aufnehmen - für Spock und Kirk ein zunächst nicht zu lösendes Rätsel. Nachdem sie bis in den Kern der Wolke vorgestoßen sind, erkennen sie die Wahrheit: Bei V'Ger handelt es sich um die vor rund 250 Jahren auf der Erde gestartet Erkundungssonde 'Voyager 6', die bis zu einem von Masdchinen bevölkerten Planeten vorgedrungen ist, umprogrammiert und zurück zur Erde geschickt wurde. Um die Gefahr zu neutralisieren, verbindet sich Decker mit dem Bewusstsein V'Gers, der daufhin friedlich abzieht.

Zehn Jahre nach dem Absetzen der TV-Serie wurde das "Star Trek"-Franchise im Zuge der damals grassierenden SciFi-Mania für die große Leinwand wiederbelebt und unter gewaltigem finanziellen Aufwand und großem Getöse in die Kinos gebracht. Dabei kann man der Produktion eines ganz gewiss nicht unterstellen: Sensibilität für kommerzielle Gewinnspannen. So teuer und formal perfekt der Film geworden ist, so eigenbrötlerisch und sperrig ist er; wo "Star Wars" und seine Epigonen durch ihre bewusst naive Märchenkonstruktion vor allem für Kinder und Jugendliche attraktiv waren, bot dieser erste "Star Trek"-Film eine spröde Mischung aus Zukunftsrealismus und Erwachsenen-Science-Fiction, wirkte in seinem Bestreben, Anklänge an Kubricks majestätische "2001: A Space Odyssey"-Bilder (auch hieran war Douglas Trumbull beteiligt) zu schaffen, vergleichsweise sperrig und hier und da prätentiös. Dabei muss man Wise zugestehen, einen künstlerisch durchaus beachtenswerten Genrefilm gefertigt zu haben, der sich eben gerade dadurch auszeichnet, sich keinem Massenpublikum plump anbiedern zu wollen, sondern dem Knallbumm-Effektkino seiner Jahre eine mündige Note entgenzusetzen. Soweit ich das beurteilen kann, hat sich "Star Trek: The Motion Picture" im Laufe der Jahre einen verdienstvollen Status nicht nur bei ausgewiesenen Fans, sondern auch im allgemeinen Genre-Kanon erobert und gesichert. Wer entsprechendes Sitzfleisch und die notwendige Muße mitbringt, sich gepflegt langsamem Erzählkino zu stellen, der wird tatsächlich seinen Gefallen an dem Werk finden mögen.

7/10

Robert Wise Star Trek Zukunft Aliens D.C.


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KING RAT (Bryan Forbes/USA 1965)


"You're like all criminals: you're greedy."

King Rat (Sie nannten ihn King) ~ USA 1965
Directed By: Bryan Forbes

Changi auf Malaysia ist eines der gefürchtetsten japanischen Kriegsgefangenenlager der späten Weltkriegstage. Die britischen, amerikanischen und australischen Gefangenen haben aufgrund der desolaten Lage des Gefängnisses keine Möglichkeit zur Flucht und sind weitestgehend der Selbstorganisation unterstellt. Der Amerikaner Corporal King (George Segal) vertsteht es derweil, selbst unter diesen Umständen seinen Reibach zu machen und verdient sich eine goldene Nase mit allerlei Diebstählen, Schiebereien, üblen Tricks und dem gezielten Aufbau eines Vertrautennetzes. Dabei ist er besonders dem englischen Lagerpolizisten Grey (Tom Courtenay) ein Dorn im Auge. Die Freundschaft des Dolmetschers Marlowe (James Fox) weiß King sich indes zu sichern, ganz zu Greys neuerlichem Missfallen.

Dieser auf einem Roman von James Clavell basierende POW-Klassiker lässt sich mit augenscheinlich ähnlich angelegten Filmen wie Wilders "Stalag 17", Leans "The Bridge On The River Kwai" oder Sturges' "The Great Escape" nur schwerlich unter einen Hut bringen. "King Rat" ist vielmehr daran gelegen, eine Reflexion über eine zum Zwang mutierte Form der Existenz zu verhandeln und die unterschiedlichen Arten, wie man sich mit arrangieren kann. Allein der Gedanke an Flucht erübrigt sich in Changi, es gilt einzig und allein, sich bis zum Ende des Krieges durchzuschlagen. Während andere sich der Psychose anheim fallen lassen oder schlicht in den Tag hinein und wieder heraus vegetieren, den Lebenswillen verlieren oder apathisch werden, nutzt King die Gunst der Stunde, Karrierist zu werden: Stets ordentlich frisiert und gekleidet, mit einem gewinnenden Lächeln auf den Lippen, bewegt er sich erhobenen Hauptes durch die Reihen seiner zusammenbrechenden Mitgefangenen. Sein Freund Marlowe, der für den sich altruistische Emotionen verbietenden King zum besten Vertrauten wird, begreift und bewundert Kings Methode, mit dem ominpräsenten Wahnsinn fertig zu werden, obschon sein Opportunismus auch Marlowe hier und da fragwürdig erscheint. Am Ende, als der Krieg vorbei ist und auf King die Gewöhnlichkeit des Zivillebens wartet, fällt es ihm fast schwer, Changi zu verlassen. Immerhin war er hier ein König.

9/10

Bryan Forbes James Clavell WWII POW Pazifikkrieg Gefängnis Parabel


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WILD ROVERS (Blake Edwards/USA 1971)


"Well, let's rob us a bank."

Wild Rovers (Missouri) ~ USA 1971
Directed By: Blake Edwards

Trotz des Altersunterschiedes von einem Vierteljahrhundert sind die beiden Cowboys Ross Bodine (William Holden) und Frank Post (Ryan O'Neal) beste Freunde. Sie arbeiten für den Rancher Buckman (Karl Malden), der ein gestrenges, aber gerechtes Patriarchat führt. Als einer ihrer Kollegen durch einen Pferdeunfall zu Tode kommt, beginnen Bodine und Post, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Sie kommen zu dem Schluss, dass eine Lebensänderung einzig durch einen Banküberfall zu erreichen ist - bei der Bank, auf der Buckmans Vermögen lagert. Zwar gelingt der Coup mit Ach und Krach, doch Buckman schickt den beiden Flüchtigen eine Posse, angeführt von seinen Söhnen John (Tom Skerritt) und Paul (Joe Don Baker) hinterher, die sie lebend zurückbringen soll. Doch Bodine und Post ist auf ihrem Ritt Richtung Grenze ohnehin wenig Glück beschieden...

Nur ein Western, und dann gleich ein solch meisterhafter Genrevertreter: Blake Edwards hat mit "Wild Rovers", einem melancholischen Film über Männerfreundschaft bis in den Tod, zerschossene Träume und den Verlust der Unschuld einen der besten Western der Siebziger geschaffen, trotz seiner seltenen Erwähnungen auf Augenhöhe mit den teils wesentlich profilierteren "The Wild Bunch", "The Cowboys", "Monte Walsh" oder "Pat Garret & Billy The Kid", die ja allesamt historische Endzeitszenarien entwickelten und die über Dekaden hinweg kultivierte, romantisierte Hollywood-Perzeption der Landesvergangenheit mit Präzisionsgewehren blutig, tränenreich und in Zeitlupe zur Strecke brachten. Dabei teilt sich "Wild Rovers", den Edwards ganz klassisch und episch mit Ouvertüre und Intermission versieht, gezielt in zwei Akte: Der erste zeigt die beiden Freunde auf ihrer persönlichen Erfolgsspur - unter anderem gelingt ihnen Fang und Zähmung eines Mustangs -, der zweite vollzieht eine brutale Kehrtwende in jedweder Hinsicht: Der alte Buckman wird von konkurrierenden Schafzüchtern abgeknallt, seine Söhne, die während der Verfolgung von Bodine und Post davon erfahren, vollziehen ihre Rache in der Ferne und entzweien sich. Post muss infolge eines Bauchschusses einen langen und qualvollen Tod sterben, der auch für Bodine den alleinigen Weiterritt sinnlos werden lässt. Vor der Kulisse des Monument Valley, bekanntermaßen eine von Fords bevorzugten locations, vollzieht sich das finale Drama. Danach bleibt nurmehr Leere und bleierne Traurigkeit.

10/10

Blake Edwards Freundschaft Utah Arizona Heist Flucht New Hollywood


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VALLEY GIRL (Martha Coolidge/USA 1983)


"That techno-rock you guys listen to is gutless."

Valley Girl ~ USA 1983
Directed By: Martha Coolidge

Die ebenso beliebte wie oberflächliche High-School-Tuse Julie Richman (Deborah Foreman) aus dem Valley verliebt sich in den sich alternativ gebenden Semipunk Randy (Nicolas Cage) aus Hollywood. Für Julie ein gewaltiges Problem, denn mit Randy zusammen zu sein, bedeutet zugleich, ihre Freundinnen und ihren Status als künftige prom queen drangeben zu müssen. Dann vielleicht doch lieber den gelackten Tommy (Michael Bowen), einen echten Fatzken vor dem Herrn?

"Valley Girl" verhandelt als etwas klamaukigerer, wesentlich simpler strukturierter Vorläufer von John Hughes' "The Breakfast Club" eine ganz ähnliche Thematik: Ist ein Ausbruch aus der gewohnten peer group möglich, um nicht zu sagen: sinnvoll, wenn das Leben als ohnehin geplagter Teenager noch Qualität wahren soll? Für die etwas dümmlich gezeichnete Julie tatsächlich eine existenzielle Frage, denn ein Zusammensein mit Randy, diesem wilden Typen, der in Punkschuppen abhängt und allerlei merkwürdige Zeitgenossen kennt, bedeutet für sie zugleich eine Abkehr vom Gewohnten: Die heißgeliebten Nachmittage in der Mall mit shopping und Eisessen würden künftig uninteressant; ihr Freundeskreis müsste sich gezwungenermaßen von ihr abwenden - Katastrophen ohne Abriss also, zumindest, wenn man mit 16 noch kein Buch zur Hand genommen hat und keine einzige europäische Hauptstadt benennen kann.
"Valley Girl" hat, von seiner sicherlich unterhaltsamen Präsentation abgesehen, ein essenzielles Mentalitätsproblem: Seine tragenden Figuren sollen, zumindest unterstelle ich das den Autoren einfach mal, universelle Charaktere repräsentieren und Authentizität vermitteln, sind jedoch tatsächlich bloß holzschnittartige Pappkameraden aus frühen MTV-Clips - wobei besonders Cages Randy, den jeder damals halbwegs bei Trost befindliche Subkulturist nicht mal im Brandfalle angepisst hätte, wahrscheinlich den lächerlichsten Pseudopunk der Filmgeschichte abgibt. Ich meine: nix gegen die Psychedelic Furs und andere der im Film vorgestellten Popsachen, im Gegenteil, aber lassen wir doch bitte alles mal schön da, wo's hingehört. So werden die Valley-Püppchen mit ihren unerträglich vorgefassten Lebensentwürfen sich anno 83 womöglich "Punk" vorgestellt haben, nicht zuletzt infolge Coolidges Märchenstunde. Wenn die wüssten, diese Schäfchen...

5/10

Martha Coolidge Hollywood Kalifornien Los Angeles San Fernando Valley Teenager Subkultur Coming of Age


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THE MORE THE MERRIER (George Stevens/USA 1943)


"Damn the torpedoes, full speed ahead!"

The More The Merrier (Immer mehr, immer fröhlicher) ~ USA 1943
Directed By: George Stevens

Um ihrer patriotischen Pflicht nachzukommen, entschließt sich die etwas biedere Regierungsangestellte Connie Milligan (Jean Arthur), die Hälfte ihrer Wohnung im furchtbar überlaufenen Washington D.C. der Kriegstage unterzuvermieten. Der kecke, alte Ben Dingle (Charles Coburn), der auf ein paar Tage zu Besuch in der Hauptstadt reißt sich das Zimmer unter den Nagel und beschließt sogleich, die eigentlich bezaubernde Connie unter die Haube zu bringen. Dafür kommt der Militäragent Joe Carter (Joel McCrea) gerade Recht: Dingle vermietet ihm die Hälfte seiner Hälfte, ganz zu Connies anfänglichem Entsetzen, die nun mit zwei fremden Herren unter einem Dach leben soll. Es dauert tatsächlich nicht lange, bis es bei ihr und Joe ordentlich einschlägt, doch es gilt für Dingle noch, Connies spießigen Verlobten Pendergast (Richard Gaines) abzuservieren...

Wundervolles Screwball-Kommödchen mit einem noch wundervolleren Hauptdarstellertrio. Der mausezähnige, bereits reichlich betagte Charles Coburn erlebte in den vierziger und fünfziger Jahren einen zweiten Frühling als Vollblut-Komödiant, der in einer Mischung aus vordergründig-kauziger Tolpatschigkeit und hintergründiger Verschmitztheit oftmals den rettenden Engel gab, der einsamen Ladys oder armen Familien durch geschickte Hilfestellungen zum Glück verhalf. So auch hier: Ben Dingles lebensbejahende Philosophie, die ihn scheinbar ohnehin bloß als alternden Cupido in jene Stadt kommen ließ, in der "alle zwei Tage hinterher sind" und "acht Frauen auf einen Mann kommen", trägt ihn förmlich zu seinem selbst ausgekundschafteten "Rettungseinsatz", den er trotz aller Widrigkeiten - immerhin herrscht Krieg - mit Bravour meistert. Dass McCrea durch eine etwas überspannte Dummheit in Trubel gerät, kann seinen Weg zu Liebe und Heirat nicht ausbremsen. Außerdem liegt so etwas in der Natur des Genres, das das gepflegte Chaos benötigte, um sich erst recht entfalten zu können. Ausnahmsweise Propaganda mit wahrhaft progressivem Charakter: Make love, not war.

8/10

George Stevens Washinton D.C. WWII Screwball


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GORGO (Eugène Lourié/UK 1961)


"Is that possible?" - "Yes, it's possible."

Gorgo ~ UK 1961
Directed By: Eugène Lourié

Die beiden Seeleute Joe Ryan (Bill Travers) und Sam Slade (William Sylvester) entdecken vor der irischen Westküste ein riesiges Ungeheuer, das offenbar durch einen unterseeischen Vulkanausbruch hochgeschreckt wurde. Sie schaffen es, das Biest zu fangen und an einen Londoner Zirkusbesitzer (Martin Benson) zu verscherbeln, der es 'Gorgo' tauft und als Sensation in seiner Menagerie zur Schau stellt. Als die skeptischen Wissenschaftler der Universität zu Dublin ihre Warnungen aussprechen, ist es bereits geschehen: Gorgo ist lediglich ein Jungtier, dessen noch vielfach größere Mutter sich bereits zur Rettung ihres Kleinen Richtung London aufmacht und alles, was ihr den Weg versperrt, in Schutt und Asche legt. Als Mutter und Kind vereint sind, kehren sie friedlich ins Meer zurück, eine Schneise der Verwüstung hinter sich lassend.

Diverse Monsterfilme von "King Kong" über Louriés eigenen "The Beast From 20,000 Fathoms" standen Pate für diesen schönen, britischen Genre-Epigonen, der auf stop motion verzichtet und stattdessen mit monster suit und prima Rückprojektionen seinen stoffeligen Charme entwickelt. Speziell das Finale, in dem Gorgos Mutter die wichtigsten Londoner Wahrzeichen kaputthaut und in dem die nächtliche Stadt von Explosionen, Feuerschein und Neonreklamen eingefärbt und erhellt wird, ist visuell durchaus beeindruckend geraten. Zusätzlich besprochen wird der Monster-Amok von einem rhetorisch gar vollblütigen Fernsehmann, der die Attacken des Tieres mindestens so blumig kommentiert wie ein WM-Finale. Ein Film, den ganz besonders die kleinen und großen Kinder des Atomzeitalters lieben dürften.

7/10

Eugène Lourié Monster Irland London Zirkus


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ANGEL AND THE BADMAN (James Edward Grant/USA 1947)


"Only a man that carries a gun ever needs one."

Angel And The Badman (Der schwarze Reiter) ~ USA 1947
Directed By: James Edward Grant

Schwer verwundet gelangt der berühmte frühere Deputy und jetzige Outlaw Quirt Evans (John Wayne) zur Farm der Quäkerfamilie Worth. Wie es sich für sie gehört, nehmen die Worths Evans vorurteilsfrei und warmherzig in ihr Heim auf - für den ansonsten eher unsteten Revolverhelden eine ganz neue Erfahrung. Besonders Penelope (Gail Russell), die Tochter des Hauses, hat es Quirt angetan. Bevor er bereit ist, von seinem bisherigen Lebenswandel Abschied zu nehmen und sich mit Penelope niederzulassen, bedarf es jedoch noch einiger Prüfungen.

Die alte Geschichte von der Sesshaftwerdung des gunslinger - hier noch zusätzlich durch das religiöse Element des besonders friedfertigen Quäker-Glaubens um eine zusätzlich pikante Note ergänzt. Für Duke bedeutete die Rolle des Quirt Evans - eines daherfabulierten früheren Kollegen Wyatt Earps und später zur Gaunerei umgeschwenkten Hallodris, der sämtliche schlechten Eigenschaften eines rauen Westgesellen in sich vereint, nur um später der Waffe abzuschwören und sich einem spießigen Farmerleben zuzuwenden, die Annahme einer relativ ungewohnten und ungewöhnlichen Perspektive. In Fonda oder Stewart hätte sie einen glaubwürdigeren Adepten gefunden, Wayne nimmt man jenen Sinneswandel bestenfalls bedingt ab. Nicht auszudenken außerdem, was Ford aus diesem Stoff gemacht, mit welcher Doppelbödigkeit und lyrischen Bilder er sich dessen angenommen hätte. So gerät "Angel And the Badman" zu einem vergleichsweise vernachlässigbaren Western, in dem vor allem Gail Russell durch ihre natürliche Attraktivität glänzt und der nunmehr vor allem für Wayne-Komplettisten von Wert sein dürfte.

6/10

James Edward Grant Arizona Quäker





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Funxton

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