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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE JUDGE (David Dobkin/USA 2014)


"Everyone wants Atticus Finch until there's a dead hooker in a bathtub."

The Judge (Der Richter - Recht oder Ehre) ~ USA 2014
Directed By: David Dobkin

Als seine Mutter stirbt, kommt der in Chicago arbeitende Staranwalt Hank Palmer (Robert Downey Jr.) nach vielen Jahren der Absenz zurück in seine Geburtsstadt in Indiana, wo sein Vater Joseph (Robert Duvall) noch immer als Richter tätig ist. Die Heimreise entwickelt sich zu einem Trip zu diversen, ungeklärten Sollbruchstellen in der Vergangenheit. Hank und sein Dad sind nämlich nicht gut aufeinander zu sprechen, seit Hank einst als Jugendlicher im Rausch einen Autounfall verursacht hat, der die Baseball-Karriere seines älteren Bruders Glen (Vincent D'Onofrio) zunichte machte. Palmer Sr. verurteilte den Filius daraufhin zu einer Jugendgefängnisstrafe, was dieser nie verwunden hat. Urplötzlich muss Hank nun seinen Vater vor Gericht verteidigen, da dieser angeklagt wird, mutwillig einen früheren Verurteilten (Mark Kiely) überfahren zu haben. Der Alte kann sich jedoch an nichts erinnern - offenbar ein Nebeneffekt seiner öffentlich geheimgehaltenen Chemotherapie, mit der er seinen Darmkrebs im Zaum hält.

Ein biederes, überraschungsarm und vorhersehbar gescriptetes Vater-/Sohn-Drama im Gerichtsmilieu. Die Figuren entsprechen aus etlichem Artverwandtem bekannten Stereotypen und selbst die Besetzung des in vielerlei Hinsicht an die Grisham-Adaptionen erinnernden Films nimmt sich standesgemäß aus: Sowohl Downey Jr. als auch Duvall waren bereits in Altmans "The Gingerbread Man" zugegen und sind mit entsprechender Erfahrung ausgestattet. Damit nicht genug: Schon nach den ersten paar Minuten lässt sich auch mit geringer Kenntnis vermeintlicher hollywoodscher Erfolgsmechanismen der gesamte Verlauf des Films ganz gezielt herbeiorakeln: Sohn und Vater sind infolge eines lange zurückliegenden Streits zerstritten und müssen sich angesichts aktueller Ereignisse zusammenraufen; man lernt sich neu kennen und sogar lieben, der Opa lernt endlich sein reizendes Enkelkind (Emma Tramblay) kennen; der gelackte Yuppie erfindet sich neu, wenn er seinen inkontinenten Vater säubert und somit für diesen Verantwortung übernimmt. Am Ende ist alles wieder in harmonischem Einklang und der Filius bereit, die erbfolge eines Dads anzutreten. So weit, so bekannt.
Im Prinzip macht einzig die (allerdings auch) gewohnheitsmäßig bravouröse, manchmal mutige Vorstellung des exzellenten Robert Duvall "The Judge" sehenswert. Diese kann man dafür allerdings kaum hoch genug bewerten.

5/10

David Dobkin Courtroom Vater & Sohn Brüder Familie Krebs Indiana Chicago Rache


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CRIMINAL LAW (Martin Campbell/USA 1988)


"Hi Mom. Killing babies again?"

Criminal Law (Der Frauenmörder) ~ USA 1988
Directed By: Martin Campbell

Für den Yuppie-Anwalt Ben Chase (Gary Oldman) zählt einzig seine Erfolgsbilanz: Dass er dabei oftmals Monster und Schwerstkriminelle verteidigt, gehört eben zum Geschäft und kann zumeist erfolgreich ausgeblendet werden. Als Ben jedoch gewahr wird, dass sein jüngster Klient, der aus reichem Elternhause stammende Martin Thiel (Kevin Bacon) tatsächlich die Frau umgebracht hat, für deren grausamen Mord er auf der Anklagebank saß und von Ben erfolgreich verteidigt wurde, gerät er in einen herben Gewissenskonflikt. Plötzlich wird die Karriere zur Nebensache und die moralische Entscheidung darüber, inwieweit es überhaupt vertretbar ist, den mittlerweile zum Serienmörder aufgestigenen Thiel weiter zu vertreten, zu Bens Hauptumtrieb. Als auch seine neue Freundin Ellen (Karen Young) in tödliche Gefahr gerät, gibt es für Ben nurmehr eine Lösung...

Recht ausufernd erzählter Courtroom-Thriller, der sich qualitativ der in den Achtzigern grassierenden, legionären Masse des Subgenres angleicht. Mit Oldman und Bacon treten zwei damals noch sehr unverbrauchte Darsteller in den Ring, deren Beziehung zueinander sich zunehmend komplex gestaltet: Während Martin Thiel, der seit frühester Jugend ein schweres Trauma mit sich herumschleppt und zu dessen Tilgung nunmehr gezielte Opfer auswählt, in seinem Verteidiger eine Mischung aus Vertrauensperson und Marionette wähnt und augenscheinlich auch homoerotische Avancen in ihre einseitig belastete Bindung legt, gerät umgekehrt Thiel für den von seinem Antagonisten eigentlich kaum minder faszinierten Ben Chase zu einer berufsethischen Zerreißprobe. Der hedonistische Yuppie sieht sich vor die Wahl gestellt: Diesen extrem renommierten Fall gewinnen und einer ebenso erfolgreichen moralentleerten Karriere als gewissenloser Teufelsadvokat entgegen gehen oder zum Selbstjustizler werden, der seinen Mandant verraten muss, um die Gesellschaft vor ihm zu schützen. Es ist primär den Hauptakteuren und Campbells ihnen schadlos zuspielender Inszenierung zu verdanken, dass aus dieser eigentlich wenig innovativen Konstellation überdurchschnittlich spannendes Unterhaltungskino werden konnte.

7/10

Martin Campbell Courtroom Serienmord Madness


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LAST EMBRACE (Jonathan Demme/USA 1979)


"A moment of reverence, please."

Last Embrace (Tödliche Umarmung) ~ USA 1979
Directed By: Jonathan Demme

Als bei einer ihm geltenden Mordattacke seine Frau (Sandy McLeod) erschossen wird, bleibt US-Agent Harry Hannan (Roy Scheider) schwer traumatisiert zurück. Nach sieben Jahren in einem Nerven-Sanatorium versucht Hannan, in sein altes Leben zurückzukehren, doch noch immer scheint ihm jemand nach dem Leben zu trachten. Während seine frühere Abteilung in ihrem nach wie vor verstört wirkenden Mitarbeiter ein Sicherheitsrisiko zu sehen beginnt, entdeckt Harry, dass jemand aus dem Hintergrund gezielt jüdischstämmige Männer ermordet, die allesamt etwas mit einem vor Jahrzehnten florierenden New Yorker Bordellbetrieb zu tun haben.

Mit "Last Embrace" inszenierte der vormalige Corman-Eleve Jonathan Demme eine sich durchaus luzide präsentierende Hitchcock-Hommage, wobei Anspruch und Realisierung nicht durchweg eine konforme Richtung einschlagen. Die Narration erweist sich in Relation zum eigentlich einfachen Rache-Plot im Sujetkern als allzu ambitioniert, um nicht zu sagen umständlich. Der zugrunde liegende Roman ist mir zwar nicht bekannt, es liegt jedoch nahe, dass dieser unwesentlich mehr als eine ordinäre Kriminalgeschichte vorlegt, während Demmes Arbeit beinahe zwangsweise den Hauch großangelegten Suspense zu atmen trachtet; die inhaltlichen Irrungen und Wirrungen, die Harry Hannan, seiner Ikonographie entsprechend einen verwirrten Profi, eigentlich nicht so sehr ins Bockshorn jagen dürften, wie es im Film letzten Endes geschieht, bekommen einen reinen Alibi-Charakter. Dennoch ist der Gute auf diverse Hinweise und Hilfen von außen angewiesen, deren Einsatz (Sam Levene!) sich mitunter kaum minder mysteriös gestaltet als die auf ihn abzielende Verschwörung. Die Auflösung des Ganzen schließlich erweist sich als eher alberne, völlig von der Kontemplation des Zuschauers abhängige Offenbarung, die, anders als es etwa bei De Palma der Fall ist, gar nicht recht um ihr triviales Wesen zu wissen scheint.
Ein absoluter Regiefilm also, in dem Form und Inhalt in einiger Unrelation zueinander stehen.

7/10

Jonathan Demme New York Verschwörung ethnics Madness Rache Prostitution Serienmord


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BORGMAN (Alex van Warmerdam/NL, B, DK 2013)


Zitat entfällt.

Borgman ~ NL/B/DK 2013
Directed By: Alex van Warmerdam

Der obdachlose Borgman (Jan Bijvoet) und seine zwei Freunde Ludwig (Alex van Warmerdam) und Pascal (Tom Dewispelaere) werden von einer Gruppe Kleinstädter mit Waffen gejagt und können knapp entkommen. Der Grund für die Hatz bleibt vorerst unklar. In einem luxuriösen Vorstadtviertel verlangt Borgman daraufhin im Hause einer offenbar recht wohlhabenden Familie nach einem Bad. Nachdem Ehemann Richard (Jeroen Perceval) ablehnt, provoziert Borgman ihn und lässt sich von dem Rasenden zusammenschlagen. Gattin Marina (Hadewych Minis) fühlt sich in der Schuld des verletzten Borgman und beherbergt ihn insgeheim im Gartenhäuschen. Marina kann zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, welche Tragweite Borgmans Pläne wirklich haben und mit welcher Entschlossenheit er und seine Verbündeten diese durchzusetzen trachten...

Ein bemerkenswertes Beispiel einerseits für bissige Milieukritik und für trefflich eingefädelte Zuschauermanipulation andererseits. Welche Wirkung "Borgman" hinterlässt, welche Eindrücke er auf seine Rezpientenschaft ausübt, das findet sich wohl so sehr in der politischen, ethischen und auch ästhetischen Determination des seiner jeweilig ansichtigen Individuums verankert, wie im Falle nur weniger anderer Filme, die ich in jüngerer Zeit geschaut habe.
Zunächst mal ist "Borgman" ein neuerliches, hervorragendes Zeugnis davon, welch wunderhübsch fieses, subversives Kino immer wieder in unseren Nachbarländern entsteht. Van Warmerdam fährt eine unerbittliche Frontalattacke gegen Spießertum und bourgeoise Oberflächlickeit; gegen postmoderne Indoktrinationen kapitalistischer Lügenkonstrukte und materiellen Erfolgsstrebens. Richard und Marina sind das inkarnierte Albtraumpaar: Wohlhabend, gelangweilt, gestesst, zivilisationskrank. Für ihn zählt nurmehr der dicke Gehaltscheck zur Bewahrung etablierter Lebensstandards; für sie, von Migräne und Isolationsdepressionen geplagte Familienmutter ohne Lebensmission, der schöne Schein. In ihrem Atelier fabriziert sie nichtssagende, vulgäre Kunst und erniederigt ansonsten das dänische Au-Pair-Mädchen Stine (Sara Hjort Ditlevsen). Hauptleitragende dieser Familienfarce sind erwartungsgemäß die drei Kinder (Elve Lijbaart, Dirkje van der Pijl, Pieter-Bas de Waard), die unter dem sie allseits umgebenden Neurosengeflecht erdrückt zu werden drohen.
Diese Lesart erlaubt es, Borgman und seine Truppe als eine Art "Gesellschafts-Feuerwehr" zu betrachten. Die krankmachenden Elemente werden aus dem Leben der Kinder hinausgemerzt und sie selbst zu Mitgliedern jener (noch) kleinen, vielleicht gerade im Erstarken begriffenen Anarchisten-Schar. Möglicherweise rekrutiert sich das mysteriöse Quintett auch aus Aliens oder zumindest deren Botschaftern; jedenfalls manipulieren sie gern am Rückenmark ihrer Aspiranten herum und verschaffen sich dadurch deren Gefügigkeit. Auch Borgman selbst trägt jedenfalls eine entsprechende Narbe spazieren...
Aller Undurchsichtigkeit und Analysiereinladungen unabhängig ist van Warmerdam mit "Borgman" aber vor allem eine böse Anarcho-Komödie gelungen, wie es wohl seit "Fight Club" keine mehr von solcher Entschlossenheit gab. Der gewaltvoll forcierten Dekonstruktion der Institution 'Familie' und all ihrer Anhängsel beizuwohnen hat mir jedenfalls diebische Freude bereitet und ich war am Ende geradezu erleichtert, dass die vier Kids, Stine inbegriffen, aus ihrer grauenhaften Vorstadthölle extrahiert werden konnten.

10/10

Alex van Warmerdam Niederlande Surrealismus Groteske Satire home invasion


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GRIZZLY (David Hackl/USA, CA 2014)


"Welcome home."

Grizzly (Red Machine - Hunt Or Be Hunted) ~ USA/CA 2014
Directed By: David Hackl

Nach einer siebenjährigen Gefängnisstrafe wegen Totschlags kehrt Rowan (James Marsden) in sein Heimatstädtchen zurück. Dort ist sein älterer Bruder Beckett (Thomas Jane) nach wie vor Deputy und schlecht auf Rowan zu sprechen. Doch dieser hat einen konkreten Grund, hier zu sein: Mary (Mariel Belanger), die Frau seines alten Kumpels Johnny (Adam Beach), hat ihn hergerufen, um ihr zu helfen. Johnny hat sich offenbar einer Gruppe Bärenwilderer angeschlossen, die bereits seit Tagen in den Wäldern verschollen sind. Der Grund dafür zeigt sich bald - ein riesiger Grizzly läuft Amok und tötet jeden Menschen, der ihm über den Weg läuft. Rowan und Beckett und auch der fanatische Bärentöter Douglas (Billy Bob Thornton) machen sich, zunächst alle unabhängig voneinander, auf den Weg in das undurchdringliche Waldstück 'Grizzly Maze', um den Killer unschädlich zu machen.

Ich bin ja ein Fan von Killer-Grizzlys seit William Girdlers bislang unerreichtem Original, das seinerseits eigentlich bereits ein Plagiat darstellte. Wo Girdler Spielbergs "Jaws" nacheiferte, wagt David Hackl doch tatsächlich das Unglaubliche und versetzt nach über 30 Jahren Michael Andersons ebenfalls sehr schönen "Orca" in das Milieu der Rocky Mountains. Der titelgebende Bär ist nämlich auf einem Rachefeldzug gegen das Raubtier Mensch, nachdem das böse Wilderer-Trio seine Gefährtin mitsamt ihren Jungen dahingeschlachtet hat. Und auch ein Pendant für Richard Harris gibt es: Billy Bob Thornton als eine Art Käpt'n Ahab unter den Grizzly-Jägern dieser Welt!
Angesichts der erwartbar immens löchrigen Story und der kostengünstigen Präsentation des Films (am Ende gibt es eine dermaßen beschissen aussehende CGI-Feuersbrunst, dass ich mich ernsthaft fragte, ob ich da lediglich eines workprint ansichtig war) mutet es schon recht unglaublich an, welch darstellerische Prominenz-Power dieses Abschreibungsobjekt veredelte: Neben den bereits Erwähnten finden sich noch die nach wie vor überaus ansehnliche Piper Perabo (in einer albernen Rolle als taubstumme Naturliebhaberin) und Scott Glenn ein; nicht zu vergessen der unverwüstliche Filmbär Little Bart, Nachfolger des gleichnamigen Originals, das zu seinem Lebensende eine exklusivere Filmographie auf dem pelzigen Nacken hatte als manch menschlicher Star. Dass diese selbst jedem Hollywood-Großprojekt zur Ehre gereichende, natürlich auch etwas überreife Besetzung ausgerechnet einem kleinen Tierhorrorfilm zur Verfügung stand, zeugt möglicherweise von einer neuerlichen Präambel-Verschiebung im Schauspiel-Karussel: "Man muss nehmen, was man kommt - auch wenn es stinkt, ein bisschen." (Helge Schneider)

5/10

David Hackl Tierhorror Bär Jagd Brüder


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FRIDA (Julie Taymor/USA, CA, MEX 2002)


"I just want your serious opinion."

Frida ~ USA/CA/MEX 2002
Directed By: Julie Taymor

Nach einem fast tödlich verlaufenen Busunfall lernt die junge Mexikanerin Frida Kahlo (Salma Hayek) während ihrer langen, qualvollen Genesung, ihre Emotionen in Zeichnungen und Malerei zu kanalisieren. Kurz darauf lernt sie den von ihr insgeheim bereits länger bewunderten Künstler Diego Rivera (Alfred Molina) kennen. Neben ihrer politischen Aktivität als Kommunisten lernt sich das ungleiche Paar bald lieben und übersteht einige schwere Krisen, doch Diegos stete Promiskuität, deren Gipfel sich in einer Liebesnacht mit Fridas Schwester Christina (Mía Maestro) manifestiert, treibt sie wieder fort von ihm. Als Frida und Diego dem flüchtigen Leo Trotzki (Geoffrey Rush) Schutz und Asyl gewähren, finden sie wieder zueinander und heiraten ein zweites Mal. Doch Fridas Gesundheit verschlechtert sich zusehends...

Ich fand Julie Taymors Biopic schon immer ganz wunderbar, besonders, weil es solch ein immenses Savoir-vivre versprüht und mit Salma Hayek und Alfred Molina zwei wahrhaft leidenschaftlich aufspielende Hauptdarsteller vorweist, die es in dieser Kombination scheinbar mühelos vermochten, bereits einen ganzen Film allein zu tragen. Hinzu kommt, qua krönender Höhepunkt, Taymors nicht minder fabelhafte Art (im ursprünglichen Wortsinne) der Inszenierung, die mittels kraftvoller Farbgebung und vor allem etlicher wunderschön arrangierter tableaux vivants Fridas ebenso zärtliche wie niederschmetternde Kunst zu filmischem Leben erweckt. Wenngleich auch hierin Vieles nicht immer streng authentisch wiedergegeben wird, so begreift man doch die Motivation der Titelfigur, zweifelsohne einer der größten Frauen des 20. Jahrhunderts, ihr Leben so zu gestalten und zu pflegen, wie sie es tat. Frida Kahlo musste so viele furchtbare Niederschläge hinnehmen, darunter jenen entsetzlichen Unfall im Alter von nur 18 Jahren, der ihr ganzes weiteres Leben beeinflussen wird: nahezu omnipräsente Schmerzen, Fehlgeburten, später die Amputation eines Unterschenkels sind die un- und mittelbaren Folgen; dazu Diegos unsteter Lebenswandel, der ihr gleich mehrfach das Herz bricht, dass man nur voller Bewunderung sein kann für die scheinbar unerschöpfliche Stärke, mit der diese Frau ihre gleichfalls viel zu kurze Biographie beschritt.

10/10

Juliey Taymor period piece Historie Mexiko New York Malerei Bohème Ehe Unfall Alkohol Paris


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LA NOCHE DE LOS BRUJOS (Amando de Ossorio/E 1974)


Zitat entfällt.

La Noche De Los Brujos (Woodoo - Inferno des Grauens) ~ E 1974
Directed By: Amando de Ossorio

Eine kleine Forschergruppe reist in den Dschungel von Bumbasa, um dort bedrohte Wildtiere zu studieren. Niemand von ihnen kann ahnen, dass in direkter Nachbarschaft zu ihrem Zeltlager eine frühere Kultstätte der Eingeborenen liegt, wo selbige einst Frauen geopfert und in Vampirinnen verwandelt haben. Die Zauberer von anno dunnemals sind mitnichten tot und kehren ins Leben zurück, um auch die just angereisten Mädchen zu ihren Sklavinnen zu machen.

Das Interessanteste an Amando de Ossorios Film, den er just nach dem dritten Teil seines Templer-Zyklus zubereitete, ist, wie er es schafft, aus einem nichts an Gehalt einen knapp anderthalbstündigen Spielfilm aufzublähen. "La Noche De Los Brujos" geriert sich merklich als Schnellschuss ohne besondere Ambitionen, gestrickt mit der heißen Nadel und gefilmt zwischen Tür und Angel. Das, was uns hier als zentralafrikanisches Areal verkauft wird, könnte ebensogut der Stadtpark von Bad Tupflingen sein; es gibt lediglich drei Schauplatzwechsel und die Spezialeffekte erschöpfen sich in Vampirzähnen, etwas Kunstblut, Trockeneis und einem Dummy mit appem Haupt. Der von den bösen Zauberern praktizierte Voodoo-Kult entpuppt sich als Gemengelage aus allem, was Ossorio gerade einfiel: afrikanische Folklore, Leopardenmenschen, Zombies und Vampire. Die in Untote verwandelten Girls treten urplötzlich allesamt in Buschbikini-Uniform an und hüpfen in Zeitlupe und mit gefletschten Hauern durch die - ziemlich mies - künstlich umnachteten Bilder, sind jedoch eigentlich ganz einfach zu vernichten: man braucht ihnen bloß den Schal wegzunehmen. Die Rolle des "mysteriösen" Tomunga (José Thelman) bleibt genau das: mysteriös und hier und da gibt es ein ausgesucht schönes Paar Brüste zu bewundern. Jack Taylor wird in einem Fixierbad ersäuft und das Ende wurde schamlos bei "The Fearless Vampire Killers" geklaut.
Wenn ich es mir recht überlege, zeugt die Kombination all dessen dann doch von einem höchst illustren Maß an Fantasie.

5/10

Amando de Ossorio Afrika Voodoo Zombies Vampire Europloitation


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TOWN WITHOUT PITY (Gottfried Reinhardt/USA, D, CH 1961)


"Take her and leave this town, as quick as you can, and never come back!"

Town Without Pity (Stadt ohne Mitleid) ~ USA/BRD/CH 1961
Directed By: Gottfried Reinhardt

Eine bayrische Kleinstadt lebt vor allem von den vor Ort kasernierten G.I.s, die ihren Sold gern in den wenigen hiesigen Bars und mit den zwei, drei Nutten vor Ort verprassen. Als ein Soldatenquartett (Robert Blake, Richard Jaeckel, Frank Sutton, Mal Sondock) im Suff die sechzehnjährige Karin Steinhof (Christine Kaufmann) vergewaltigt, fliegt das Verbrechen umgehend auf und die vier uneinsichtigen Männer landen vorm Militärgericht. Dieses will an ihnen ein Exempel statuieren und eine Verurteilung zum Tode erwirken, was ihr rasch herbeieilender Verteidiger Major Garrett (Kirk Douglas) jedoch tunlichst verhindern möchte. Da alle Welt gegen ihn zu arbeiten scheint und insbesondere der um sein gesellschaftliches Renommee fürchtende Vater (Hans Nielsen) des Opfers Garretts Strategie torpediert, bleibt dem Anwalt keine andere Wahl, als Karin vorzuladen und öffentlich bloßzustellen, um die Schuld der Angeklagten abzumildern. Für das nach wie vor verwirrte Mädchen hat Garretts verzweifeltes Vorgehen jedoch katastrophale Folgen.

Dieser durchaus gelungene Versuch, deutsches Kolportagekino mit schneidig-sozialkritischem Hollywood-Gerichtsfilm zu verknüpfen, trug dank Gottfried Reinhardts Inszenierung, die mit einigem Geschick beiderlei auf den ersten Blick unvereinbare Richtungen abdeckt, recht genießbare Früchte. Das bereits dem Namen nach als Milieuschilderung angelegte Drama, welches das damals grassierende, schwer wie kalter Zigarettenqualm in den bundesdeutschen Wohnzimmern hängende Wirtschaftswunder-Biedermeiertum anprangerte, weiß besonders durch den Einsatz internationaler Schauspiel-Prominenz für sich einzunehmen: Mit Kirk Douglas in der Hauptrolle des gewieften, aber unerbittlichen Advokaten, die seiner ohnehin oftmals kritisch gezeichneten Heldentypologie einen weiteren, janusköpfigen Meilenstein hinzusetzte, gibt es bereits hinreichend verströmtes Hollywood-Flair, der weitere Einsatz von E.G. Marshall oder Robert Blake tut sein Übriges dazu. Der von niemand Geringerem als Dimitri Tiomkin komponierte und von Gene Pitney gesungene Titel-Schmachtfetzen sorgt dafür, dass der akustische Niederschlag des Films sich auch nach Tagen nicht verflüchtigen mag und dass demzufolge auch die vielen Profilbilder von einem erschütterten Kirk Douglas oder einer sich vor Qual windenden Christine Kaufmann im Gedächtnis bleiben.

8/10

Gottfried Reinhardt Kleinstadt Vergewaltigung Courtroom


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POLLOCK (Ed Harris/USA 2000)


"I AM nature!"

Pollock ~ USA 2000
Directed By: Ed Harris

Die letzten fünfzehn Jahre im Leben des Actionpainters Jackson Pollock (Ed Harris) im Schnelldurchlauf: Seine Heirat mit der Künstlerin Lee Krasner (Marcia Gay Harden), seine Entdeckung durch die Galersistin Peggy Guggenheim (Amy Madigan), die Findung seines persönlichen Malstils, seine selbstzerstörerischen Tendenzen, sein schwerer Alkoholismus, später seine Trennung von Peggy und die Liaison mit Ruth Kligman (Jennifer Connelly), die seinem nicht ganz unfreiwillig herbeigeführtem Unfalltod vorausgeht.

Als abstrakter Künstler gelingt es Jackson Pollock noch heute, die Meinungen über Malerei und ihr Wesen in tiefe Lager zu spalten, wobei die sich unverständig Gebenden häufig bloß, wie das ja oftmals ist, eine allzu geringe Beschäftigungsfrequenz mit Künstler und Werk vorzuweisen haben. Speziell Pollocks Technik des drip painting, bei dem mit dem Pinsel scheinbar wahllos Farbe auf Leinwand geklatscht wird und dabei Sprenkelmuster entstehen, ist für Kontroversen gut. Dass Ed Harris Pollock begriffen hat, darf man nach dem Genuss seines Regiedebüts indes stark vermuten. Er zeigt den Maler als ebenso narzisstisches wie psychotisches Individuum, das, insbesondere im Gefolge heftiger Saufexzesse, immer wieder die Anbindung an die Realität verliert; in dem tief drin eine höllische Wut schlummert, die sich durch seine Kunst in kraftvoller Weise sublimiert findet. Dass Pollock im Privatleben über weite Phasen hinweg unmöglich, wenn nicht gar ein ausgesprochener Kotzbrocken sein konnte, verschweigt der Film ebensowenig wie sein Versagen in familiären Dingen. Hier liegt also der glückliche Fall einer keineswegs unkritisch konnotierten Heldenverehrung vor, die sich tendentiöser Kommentare sowohl bezüglich des Künstlers als auch bezüglich seiner Arbeit enthält. Insofern hätten wir hier den Glücksfall eines Biopic. Dass Harris noch nicht der Regisseur ist, der er sein müsste, um "Pollock" zur vollendeten Perfektion zu führen, ist in diesem Zusammenhang beinahe unwichtig. Was zählt ist das, was da ist. Und das ist, wie es ist, große Kunst.

9/10

Ed Harris Malerei New York period piece Biopic Bohème Alkohol


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PENNY SERENADE (George Stevens/USA 1941)


"When that happens to two people, there's nothing left."

Penny Serenade (Akkorde der Liebe) ~ USA 1941
Directed By: George Stevens

Während Julie Adams (Irene Dunne) dabei ist, ihre Sachen zu packen, um sich auch häuslich von ihrem Mann Roger (Cary Grant) zu trennen, hört sie die alten Schellackplatten und erinnert sich dabei an die Stationen ihrer Ehe: Wie sie Roger einst kennen und lieben lernte, ihn Hals über Kopf heiratete und ihm, seiner Stellung als Auslandskorrespondent in Japan entsprechend, nachzog, wie ein Erdbeben ihre Träume kommenden Nachwuchses vorzeitig beendete, Rogers Selbstständigkeit mit der Eröffnung eines kleinen Tageblatts, die schwierige Adoption der kleinen Trina (Eva Lee Kuney), deren plötzlicher Tod im Schulkindalter und schließlich die Entfremdung des Paars in seiner Trauer voneinander. Es scheint keine Möglichkeit mehr zu geben, sich noch einmal zusammenzuraufen...

"Penny Serenade", das ist nicht nur der Titel eines der im Film vorgestellten Songs, sondern gewissermaßen auch bedeutungsvoll für die von Schicksalsschlägen nur so gebeutelte Geschichte von Roger und Julie Adams: eine "kleine Groschenmusik", ein Kitschständchen, gerade recht für all die dunstfreudigen Tränendrüsen dieser Welt.
Inmitten ihrer rosig erblühenden Screwball-Karrieren schoben Dunne und Grant (der sich ja nie zu schade war für ein bisschen Ernsthaftigkeit hier und da), die zuvor bereits mehrfach Seite an Seite gespielt hatten, diesen Schmachtfetzen ein, der zwar hier und da auch ein Plätzchen für auflockernden Humor ließ (etwa, wenn das Paar mithilfe von Rogers altem, von Edgar Buchanan gespielten Freund Applejack lernt, wie man ein Baby korrekt versorgt), insgesamt jedoch von viel mehr Fürchterlichem als Schönem berichtet. Dass jedoch auch ein solches Drama wohlfeilen Eskapismus vor der (Welt-)Kriegsrealität zu bieten imstand ist, dafür tragen Stevens' sichere Hand im Umgang mit Sujet und Darsteller-Ensemble Sorge. Qualitätskino.

8/10

George Stevens Ehe Adoption Japan Kind





Filmtagebuch von...

Funxton

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