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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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TALL IN THE SADDLE (Edwin L. Marin/USA 1944)


"I never feel sorry for anything that happens to a woman."

Tall In The Saddle (Mit Büchse und Lasso) ~ USA 1944
Directed By: Edwin L. Marin

Als der Gunman Rocklin (John Wayne) mit der Überlandkutsche nach Santa Inez, Arizona anreist, um seine neue Stelle als Vormann der KC-Ranch anzutreten, muss er sogleich erfahren, dass sein Arbeitgeber just von einem noch unbekannten Täter ermordet wurde. Die zeitgleich mit Rocklin reisende, junge Erbin Elizabeth Martin (Elisabeth Risdon) wird von ihrer herrischen Tante Clara (Audrey Long) bevormundet, die sogleich zu verhindern weiß, dass Rocklin für sie arbeitet. Stattdessen wirft die Nachbarin Arly Harolday (Ella Raines) ein Auge auf Rocklin, der die heißblütige Schützin jedoch zunächst etwas weichkochen lässt. Mehr Probleme bereiten ihm da schon der fadenscheinige Richter Garvey (Ward Bond) sowie die übereifrigen Gebrüder Clews (Paul Fix, Harry Woods), mit denen Rocklin allenthalben aneinander gerät.

Gut aufgelegt und flott inszeniert war "Tall In The Saddle" der erste Duke-Western, der einen ähnlichen Beliebtheitsgrad zu erreichen vermochte wie Fords archetypischer "Stagecoach". Gründe dafür lassen sich rasch finden; zunächst sorgt die Figurenkonstellation für heimeliges Aufgehobensein - mit Gabby Hayes gibt es einen wunderbar verschrobenen Sidekick, Ward Bond als Bösewicht ist nie wirklich so ganz böse und über Ella Raines und ihre Augen könnte ich, wahrscheinlich nicht als einziger, stundenlange Lobpreisungen anstimmen. Marin, dessen Werk keinen wirklich namhaften Klassiker vorweisen kann, war umso mehr ein typisches Exempel für den routinierten Studioregisseur, der mit schmalen Budgets hauszuhalten und solides Entertainment hervorzubringen vermochte, wofür "Tall In The Saddle" wiederum ein hervorragendes Beispiel gibt. In 19 Jahren, zwischen 1932 und 1951,verzeichnet Marin immerhin satte 56 Regisseur-Credits, darunter etliche Western (vornehmlich mit Randolph Scott), die, wäre er nicht so früh verstorben, vermutlich noch massigen Zuwachs erhalten hätten.

7/10

Edwin L. Marin Arizona


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I SPIT ON YOUR GRAVE 2 (Steven R. Monroe/USA 2013)


"You'll enjoy this."

I Spit On Your Grave 2 ~ USA 2013
Directed By: Steven R. Monroe

Die hübsche, junge und selbstbewusste New Yorkerin Katie (Jemma Dallender) ist auf der Suche nach einem ernsthaften Engagement als Fotomodell. Als sie an den zwielichtigen Fotografen Ivan (Joe Absolom) gerät, bedeutet dies den Auftakt einer Reise in die Hölle: Ivans Freund, der emotional gestörte Georgy (Yavor Baharov) stellt Katie nach, vergewaltigt sie schließlich in ihrer Wohnung und tötet den Hausmeister (Michael Dixon). Nachdem Ivan und der Dritte im Bunde, Nicolay (Aleksandar Aleksiev), herbeigerufen sind, setzt man Katie unter Drogen. Sie erwacht in einem schmutzigen Keller, bereits vielfach vergewaltigt und anderweitig erniedrigt. Als ihr die Flucht gelingt, stellt sie fest, dass man sie nach Sofia verschleppt hat und die vermeintlichen Fotografen Menschenhändler sind, die im Auftrage der vorgeblichen Frauenaktivistin Ana (Mary Stockley) arbeiten. Nach einer letzten furchtbaren Folter soll Katie "entsorgt" werden, doch wie durch ein Wunder kann sie fliehen. Ihre Rache ist furchtbar.

Kein Sequel im eigentlichen Sinne, sondern eine Variation des ebenfalls von Monroe inszenierten Vorgängers. Wie dieser macht auch "I Spit On You Grave 2" keine Gefangenen, tatsächlich legt er sogar noch ein Schippchen drauf. Sorgsam in zwei Hälften gesplittet, steht die erste ganz im Zeichen von Exposition, Gefangennahme und Vergewaltigungsfolter an Katie, die zweite dann gehört ganz ihrer katalytischen, göttlich legitimierten Rache, die natürlich auch für den Rezipienten von einigem kathartischen Wert ist. Wie es sich für Filme dieses Sujets ziemt, spielt Monroe heftigst auf der Gefühls- und Ertragensklaviatur seines Publikums, lässt Katie in einem furchtbarten Passionsspiel entblößt und erniedrigt durch alle Demütigungshöllen wandeln, nur um sie dann mit vielfach potenzierter Härte zurückschlagen zu lassen. Die Methoden, derer sie sich dabei bedient, zeugen von einiger abgründiger Kreativität und sollen an dieser Stelle nicht breitgetreten werden.
Von kontroversem Potenzial ist Monroes Film natürlich in multipler Hinsicht: Einmal mehr im torture porn finden sich die Wurzeln allen Bösen in Osteuropa lokalisiert, im als zivilisationsfern denunzierten Umbruchsland, in dem Recht und Ordnung vor der Menschenverachtung kuschen und einem zum Überleben nur der Griff zur Selbstjustiz bleibt. Auch die von Monroe mittels suggestivster Methoden evozierte Auge-um-Auge-Moral, die er gewissermaßen noch theistisch legitimiert, mag sich als recht fragwürdig kategorisiert finden. Doch wie immer in solchen Fällen gilt ohnehin: Wer sanften Gemütes ist und dem sadistischen Schweinhund in sich nicht manchmal Zunder geben muss, der braucht sich auch "I Spit On Your Grave 2" nicht anzusehen und kann auf dementsprechende Apologien sicherlich getrost verzichten. Ich Sau hingegen warte insgeheim und kalt lächelnd bereits auf Teil 3, diesmal vielleicht in... der Ukraine?

6/10

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THE WOLVERINE (James Mangold/USA, UK 2013)


"I feel violated."

The Wolverine (Wolverine - Weg des Kriegers) ~ USA/UK 2013
Directed By: James Mangold

Nach den tragischen Ereignissen um die zum Bösen konvertierte Jean Grey (Famke Janssen) plagen Logan (Hugh Jackman) Selbstzweifel, die ihn in die Isolation der kanadischen Bergwelt treiben. Dort macht ihn die wehrhafte junge Japanerin Yukio (Rila Fukushima) ausfindig, die ihn mit einiger Überredungskunst nach Tokio lotst, vorgeblich, um dort von dem Großindustriellen Yashida (Hal Yamanouchi) Abschied zu nehmen. Logan hatte ihm einst während der Bomberdierung Nagasakis das Leben gerettet. In Japan angekommen, muss Logan erfahren, dass der schwer krebskranke Yashida ganz andere Wünsche an ihn hat: Er interessiert sich für dessen Selbstheilungskräfte und seine scheinbar ewige Jugend und wie man diese nutzbar machen beziehungsweise übertragen kann. Logan winkt ab. Kurz vor seinem Tod überträgt Yashida die Gewalt über sein Firmenimperium an seine Enkelin Mariko (Tao Okamoto) anstatt an seinen Sohn Shingen (Hiroyuki Sanada) und sorgt damit für einen Eklat. Mariko wird von ihrem gierigen Vater aufs Korn genommen und von Killern verfolgt. Logan verliebt sich in Mariko und beschützt sie vor den förmlich auf sie einstürzenden Bedrohungen, so auch vor dem geheimnisvollen Silver Samurai und der Mutantin Viper (Svetlana Khodchenkova), die Logan seine Selbstheilung nimmt...

Im Gegensatz zum ersten filmischen Soloabenteuer des Mutanten Wolverine, das bezüglich seiner rein inhaltlichen Konstruktion (Stichwort 'Sabretooth') mitunter ziemlich schlampig daherkam, müht sich dieses zweite um Kontinuitätsanbindung, ohne die es mittlerweile jedoch im filmischen Marvel-Universum aus Übersichtlichkeitsgründen ohnehin nicht mehr ginge. "The Wolverine" zentriert nochmal die Ereignisse aus "X-Men: The Last Stand", an dessen Logan ja gezwungen war, die entfesselte Jean Grey alias Phoenix zu töten, um ihren mörderischen Amoklauf aufzuhalten. Nun hat er mit den traumatischen Folgen zu kämpfen, die ihn zunächst veranlassen, seine Mutantenkräfte nie mehr zu gebrauchen. Da kommt ihm der Einsatz in Japan gerade recht, denn hier kann Logan das unbändige Tier in sich gegen Yakuza und Ninjas endlich wieder entfesseln.
Basierend auf dem von Chris Claremont geschriebenen und von Frank Miller meisterlich illustrierten, klassischen Vierteiler, der mittlerweile bereits dreißig Jahre auf dem Buckel hat, bindet Mangold also dieses nette Fernost-Abenteuer als eine Art Brückenschlag zum nächsten "X-Men"-Film in die Mutanten-Reihe ein. Im japanischen Gangster- und Ninja-Milieu hat der mittlerweile tatsächlich mit einer comicesken Superheldenphysis ausgestattete Jackman ausgiebig Gelegenheit, die Adamantiumkrallen auszufahren und zu wetzen, so dass "The Wolverine" sogar mit der einen oder anderen Blutfontäne kokettiert - das PG-13-Rating natürlich stets einkalkulierend. Da ich mir gleich die verlängerte Fassung angeschaut habe, weiß ich nicht, inwieweit sie sich vom Kino-Cut unterscheidet. Insgesamt etwas wertiger und ernsthafter als "X-Men Origins: Wolverine" scheint mir Mangolds Film, wobei wohl erst eine Zweitbeschau genaueren Aufschluss bringen wird. Wie immer beschert uns Nerds vor allem der abschließende Appetizer einen heimlichen Höhepunkt.

7/10

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BLUE SUNSHINE (Jeff Lieberman/USA 1978)


"I'll get your Wayne! He's gone crazy from that acid you sold him, and so did your wife!"

Blue Sunshine ~ USA 1978
Directed By: Jeff Lieberman

Nachdem sein bester Freund Frannie (Richard Crystal) auf seiner eigenen Party durchgedreht ist, einen der weiblichen Gäste in den offenen Kamin geschubst hat und hernach auf der Flucht von einem Auto überfahren wird, gilt zunächst der ahnungslose Jerry Zipkin (Zalman King) als verdächtig. Doch Jerry kann und will sich damit nicht einfach abfinden: Wieso trug Frannie eine Perücke über einer gut versteckten Glatze? Und woher stammte seine urplötzlich auftretende Raserei? Bald erfährt Jerry von ähnlichen Fällen, die sich allesamt in der Person des im Wahlkampf befindlichen, künftigen congressman Ed Flemming (Mark Goddard) führen: Dieser hat offensichtlich vor zehn Jahren in Stanford einen LSD-Verschnitt namens 'Blue Sunshine' an diverse ahnungslose Konsumenten verhökert, die es nun mit dem Langzeiteffekt zu tun bekommen...

Insgesamt ein feiner zweiter (Lang-)Film des mittlerweile leider nurmehr rar arbeitenden Jeff Lieberman, hier und da ungeachtete seines Minimalbudgets jedoch auch versehen mit mancher Kritikschanze. Dass "Blue Sunshine" heute anmutet wie ein früher, etwas kantenloserer Cronenberg, ist okay, in diesem Punkt ist Lieberman sicherlich kein Vorwurf zu machen. Der aufstrebende Politiker als insgeheimer Schweinhund mit finsterer Drogendealer-Vergangenheit, auch das ist, wenn schon wenig innovativ, so dennoch eine probate Idee zur Plotentschlüsselung. Dann aber ergeben sich hier und da auch manche, zumeist inhaltlich bedingte, lose Enden: Jerry scheint irgendeine Art von PSI-Kräften zu besitzen, er kann Tatort-Szenarien nachempfinden und Gefahren vorausahnen - ein Faktum, das der Zuschauer allerdings als gegeben und ohne weitere Erklärungsnöte tolerieren muss. Auch die Rolle von Jerrys Doktorkumpel Blume (Robert Walden) bleibt mysteriös: Ist er nun selbst ein ehemaliger "Blue-Sunshine"-Konsument oder einfach nur so etwas durch den Wind? Zudem erscheinen die (zumindest wenigen) Actionsequenzen ziemlich unbeholfen und wie unter Zwang inszeniert. Man spürt deutlich, dass dies Liebermans Sache nicht war. Der Film bleibt alles in allem unter seinen Möglichkeiten.
Dennoch, bei aller, sich zugegebenermaßen sehr verwöhnt darstellenden, obigen Nörgelei meinerseits sticht "Blue Sunshine" markant aus dem damaligen Genregros heraus und ist noch heute sehr sehenswert, zumal als satirische kolorierte Abrechnung mit hohlen 68er-Träumereien.

7/10

Jeff Lieberman Drogen LSD Los Angeles Independent


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TRIBUTE TO A BAD MAN (Robert Wise/USA 1956)


"Horse is man's slave, but treat 'em like a slave and you ain't a man."

Tribute To A Bad Man (Mein Wille ist Gesetz) ~ USA 1956
Directed By: Robert Wise

Der junge Kaufmannssohn Steve Miller (Don Dubbins) kommt nach Wyoming, wo er den Pferdezüchter Jeremy Rodock (James Cagney) aus einer misslichen Lage befreit und ihm das Leben rettet. Rodock stellt Steve als Zureiter auf seiner Ranch ein. Steve lernt bald, was für ein ambivalenter Charakter in Rodock steckt: Er liebt seine Tiere inbrünstig und auch seine Lebensgefährtin Jocasta (Irene Papas) bettet er auf Rosen; umso unnachgiebiger jedoch verfährt er mit Pferdedieben. Die werden von ihm nämlich immer wieder in leidenschaftlich praktizierten Akten der Selbstjustiz gnadenlos aufgeknüpft. Ebenso wie Jocasta ist auch Steve von dieser Art persönlicher Rechtssprechung angewidert und sie entschließen sich, gemeinsam wegzugehen. Als Rodocks Nachbar und früherer Partner Peterson (James Bell) sich mit zwei Pferdedieben (James Griffith, Onslow Stevens) zusammenschließt und Rodocks Stuten und Fohlen stiehlt, droht die Situation endgültig zu eskalieren.

1956 war nicht nur ein goldenes Genrejahr für den Western, sondern auch eines der produktivsten Karrierejahre für Robert Wise. Mit "Helen Of Troy", "Somebody Up There Likes Me" und "Tribute To A Bad Man" liefen von ihm gleich drei völlig unterschiedlich gelagerte, für sich betrachtet jedoch gute bis vorzügliche Filme an, die eine klar indentifizierbare Handschrift in der Arbeit des Regisseurs zu verbergen schienen. "Tribute To A Bad Man", der mittlere von den dreien, ist ein herrlich gefilmter (Robert Surtees) Scope- und Farbwestern mit fast schon heimatfilmartigem Gestus und, fast noch mehr, ein Geschenk für Hauptdarsteller James Cagney, bereits in den höheren Fünfzigern befindlich und damit für das nach Sensationen gierende Nachwuchspublikum von eher nachlassender Anziehungskraft. In "Tribute To A Badman" legt er nochmal die bekannte, alte Wut eines Tom Powers oder Cody Jarrett in die Waagschale, jenes berüchtigte Auf-die-Unterlippe-Beißen, das das in Relation zum übrigen Körper überdimensionale Gesicht Cagneys umso furchteinflößender erscheinen ließ und jedem Cagney-Connaisseur suggeriert: Jetzt passiert gleich was. Dass am Ende der vormalige 'bad man' Glück, Frieden und vor allem Erlösung findet und des Wütens müde geworden ist, markiert sozusagen 'le nœud de cadeau': Man wird Cagneys Unterlippe in Zukunft nurmehr höchst selten involviert finden in seine Gefühlsexponierungen. Und es freut einen, irgendwie.

8/10

Robert Wise Wyoming Selbstjustiz Freundschaft


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DEVIL'S DOORWAY (Anthony Mann/USA 1950)


"What were you waiting for?" - "Another time..."

Devil's Doorway (Fluch des Blutes) ~ USA 1950
Directed By: Anthony Mann

Nach dem Sezessionskrieg, in dem er für seine Einsätze höchste Auszeichnungen erhielt, kehrt der gebürtige Schoschone Lance Poole (Robert Taylor) nach Hause zurück, um seine Rinderranch zu bewirtschaften. Ein neues Gesetz jedoch besagt, dass Indianern keine Landbesitzrechte zustehen. Der profitsüchtige Notar Coolan (Louis Calhern) fackelt daraufhin nicht lang und holt etliche Schafzüchter aus den umliegenden Staaten, um sich auf Pooles Grund und Boden anzusiedeln. Poole reagiert darauf trotz der Vermittlungsversuche seiner Anwältin Orrie (Paula Raymond) mit Verwarnungen und, als diese in den Wind geschlagen werden, mit offener Aggression.

Ein mutiger, gar meisterhafter Western von Anthony Mann, leider wegen seines kurz darauf folgend entstandenen Stocks von Stewart-Filmen für die Universal oftmals vergessen und unterschlagen. Dabei ist "Devil's Doorway" von einer sozialkritischen Wut, Kraft und auch Schönheit, wie sie in jenen Tagen nur wenige Genrefilme aufzubringen wagten; Wellmans "The Ox-Bow Incident" oder vielleicht noch Daves' "The Broken Arrow" wären da anzuführen, wobei Manns Film sich trotz des ganz ähnlich gelagerten Sujets nochmal deutlich von Daves' bunter Romanze abhebt.
"Devil's Doorway" macht unmissverständlich deutlich, woher sein Regisseur kommt - vom film noir nämlich, der eben minimalistischer Dramatik bedarf und nicht epischer Strukturen. Robert Taylor als Lance Poole ist in einer seiner besten und stolzesten Performances zu sehen, ein Nativer zwischen den Welten, der damit auch zwischen den Stühlen sitzt und somit zum Untergang verdammt ist. Dass er am Ende einen unwahrscheinlich mitreißenden Märtyrertod sterben muss, ist ein letztes Geschenk des Films in punkto Aufrichtigkeit.

10/10

Anthony Mann Indianer Wyoming Rassismus


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PET SEMATARY (Mary Lambert/USA 1989)


"The soil in a man's heart is stonier..."

Pet Sematary (Friedhof der Kuscheltiere) ~ USA 1989
Directed By: Mary Lambert

Der junge Mediziner Louis Creed (Dale Midkiff) zieht mit seiner Frau Rachel (Denise Crosby) und seinen beiden Kindern Ellie (Blaze Berdahl) und Gage (Miko Hughes) in ein idyllisches Häuschen in Neuengland. Einzig die unentwegt von LKW befahrene Straße vor dem Grundstück stört den ländlichen Frieden - und das, wie Louis erfährt, bereits seit Jahrzehnten: Sein alter Nachbar Judd Crandall (Fred Gwynne) nämlich präsentiert ihm und seiner Familie einen im Wald gelegenen Tierfriedhof, auf dem die im Laufe der Jahre überfahrenen Haustiere der Gegend begraben liegen. Als auch Ellies Kater Church überfahren wird, entschließt sich Judd zur Offenbarung eines weiteren Geheimnisses: Jenseits des Tierfriedhofs gibt es noch eine schwer zugängliche, geheime Begräbnisstätte der Míkmaq-Indianer, die, wie Judd weiß, ihre dort bestatteten Toten wieder auferstehen lässt. Allerdings sind sie danach nicht mehr dieselben, sondern von Tod und Wahn gezeichnet. Louis wagt der noch unwissenden Ellie zuliebe das Experiment und tatsächlich kehrt Church am folgenden Tag zurück. Als dann auch der kleine Gage von einem Lastwagen überfahren wird, erwächst in Louis' Kopf eine unheilige Idee mit tödlichen Folgen...

Wenn ich von "gelungenen King-Adaptionen" spreche, dann möge man mich nicht missverstehen, diese Kategorisierung bezieht sich nach meinem Verständnis nämlich lediglich darauf, wie mir der entsprechende Film gefallen hat und nicht, wie wohl eigentlich anzunehmen wäre, auf das Maß an Kongenialität des verfilmten Stoffs hinsichtlich der belletristischen Vorlage. Wie mehrfach erwähnt, bin ich alles andere als ein großer Apologet king'scher Literatur, sehr wohl jedoch einer der meisten der (fürs Kino erstellten) Verfilmungen. "Pet Sematary" von Mary Lambert halte ich, mit Ausnahme der beiden Auteur-Filme "Carrie" und "The Shining", für die bis dato beste Adaption eines King-Romans, wohlwissend, dass er hierfür selbst das Script verfasst hat - eine Tätigkeit, der er sich häufiger hätte widmen sollen, anstatt überdimensionierte Wälzer zu ersinnen. Der Film besitzt nicht nur eine unikale Atmosphäre des Morbiden, er stellt zugleich auch eine im Rahmen eines Genrefilms denkbar geglückte, sensible Verhandlung des Topos 'Tod' dar, rund um die Akzeptanz des Unvermeidlichen und den notwendigen Lernprozess, damit umgehen zu können. Der knarzige alte Crandall, von Fred 'Herman Munster' Gwynne mustergültig gespielt, versucht, den noch unerfahrenen Familiengründer Louis Creed anzuleiten, als es darum geht, seiner langsam nachfragenden Tochter den Tod auseinanderzusetzen. Leider erweist sich Crandalls gut gemeinte Hilfe als im Nachhinein tragisch kontraproduktiv. Zeitgleich kommt aus dem Geisterreich die Hilfe des Unfallopfers Victor Pascow (Brad Greenquist), der Louis unter den Händen weggestorben ist. Doch irgendwann begreift auch der tote Victor: Einen zu allem entschlossenen, liebenden Familienvater kann man nicht missionieren. Die von Mary Lambert höchst suggestiv fabrizierten Bilder von Rachels entstellter Schwester Zelda und später die des wiedergekehrten kleinen Gage wirken auf mich noch immer tief und nach. Und zum Abschluss dann, bang, die Ramones. Ein rundum famoser Film, wie gesagt.

9/10

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SALEM'S LOT (Tobe Hooper/USA 1979)


"You'll enjoy Mr. Barlow. And he'll enjoy you."

Salem's Lot (Brennen muss Salem) ~ USA 1979
Directed By: Tobe Hooper

Der Autor Ben Mears (David Soul) kehrt in sein Geburtsstädtchen Salem's Lot in Maine zurück. Aus einem unerfindlichen Grund beschäftigt ihn das alte Marsten-Landhaus, in dem Ben schon als Kind ein geisterhaftes Erlebnis hatte. Zeitgleich mit Ben kommen zwei weitere neue Zuzieher nach Salem's Lot, die ausgerechnet das Marsten-Haus beziehen und einen Antiquitätenladen in der Stadt eröffnen: Der alte Straker (James Mason) und sein Kompagnon Mr. Barlow (Reggie Nalder), den allerdings niemand zu Gesicht bekommt. Es kommt zu unerklärlichen Todes- und Krankheitsfällen, die der örtliche, bodenständige Internist Dr. Norton (Ed Flanders) allesamt auf eine plötzlich auftretende Anämie zurückführt. Für Ben, seinen früheren Lehrer Mr. Burke (Lew Ayres) und den sich für übersinnliche Phänomene begeisternden, jungen Mark (Lance Kerwin) wird jedoch bald eine böse Ahnung zur Gewissheit: Barlow ist ein Vampir und Straker sein humaner Gehilfe. Zusammen wollen sie Salem's Lot in eine Stadt der Untoten verwandeln...

"Salem's Lot" bildete die zweite Adaption eines Stephen-King-Romans nach De Palmas "Carrie" und begründete die lange, bis heute anhaltende Tradition überlanger TV-Verfilmungen seiner Bücher. Was mich anbelangt, so ist Hoopers Film neben vielleicht noch "It" von Tommy Lee Wallace zugleich auch die einzige wirklich sehenswerte Mini-Serie nach King geblieben; wobei ich hinzufügend einräumen muss, dass ich die jüngeren eigentlich stets stoisch gemieden habe. Schon "Salem's Lot" weist infolge seiner stattlichen Spielzeit nämlich ebendas auf, was mich bei Kings Geschriebenem fast immer stört: Eine ellenlange Exposition mit allzu großzügiger Einführung kleinstädtischer Figuren und Beziehungsgeflechte. Die meisten mag dieser Hang zu gezielter Milieuobservierung ja reizen, ich empfand sie im Rahmen klassischer Genreliteratur hingegen schon immer als hinderlich und überflüssig. Hooper jedoch bringt das Kunststück fertig, die Atmosphäre, die das damalige US-Horrorkino eigentlich durchweg auszuzeichnen pflegte -, eine bleierne Ernsthaftigkeit mit latent apokalyptischem Touch nämlich -, auf sein Fernsehstück zu übertragen. "Salem's Lot", der sich umweglos als modernisierte "Dracula"-Variation identifizieren lässt, erhebt sich recht mühelos über den traditionellen TV-Stil. Gäbe es die typischen, teleplay-verpflichteten Szenenwechsel mit Ab-und Aufblenden, die die Werbepausen suggerieren, nicht, der Film wäre durchaus gut im Kino aufgehoben gewesen.
Besonders toll sind die zombieesken Vampirmasken geworden, die ihre Träger noch immer schön bedrohlich wirken lassen: allen voran den stumm bleibenden Reggie Nalder, schon unmaskiert ein physiognomischer Alb, in einer schicken "Nosferatu"-Hommage. Trotz seiner minimalen Einsätze überstrahlt er den gesamten Film.

7/10

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THE NAKED DAWN (Edgar G. Ulmer/USA 1955)


"He's a man and you're just an animal."

The Naked Dawn (Santiago - Der Verdammte) ~ USA 1955
Directed By: Edgar G. Ulmer

Nach einem Auftragsüberfall auf einen Wertsachen transportierenden Zug stirbt Santiagos (Arthur Kennedy) Partner Vicente (Tony Martinez). Santiago trifft auf der Weiterreise mit Maria (Betta St. John) und Manuel (Eugene Iglesias) ein junges Indio-Ehepaar, das sich als Farmer niedergelassen hat. Es stellt sich heraus, dass Maria in eine Art Zwangsheirat mit Manuel gezwungen wurde und er sie alles andere als gut behandelt. Santiago lässt sich von Manuel zu seinem Auftraggeber (Roy Engel) fahren, um die Beute gegen den versprochenen Lohn zu tauschen. Santiago muss den hinterhältigen Ganoven jedoch zwingen, ihm das gesamte Geld auszubezahlen, worauf er den gesamten Safe plündert. Danach schlägt er sich mit Manuel die Nacht um die Ohren, der sich mehr und mehr für das erbeutete Geld zu interessieren beginnt. Am nächsten Morgen versucht Maria, Santiago zu überreden, sie mitzunehmen - sie habe genug vom Leben mit Manuel.

Ein leuchtender, kleiner Film und ein neuerlicher Beweis dafür, wie der Jahre zuvor migrierte Edgar G. Ulmer aus wenigen Zutaten cineastische Gourmetgerichte zu zaubern wusste. Auch der hier und da märchenhaft abseitige "The Naked Dawn" wurde von der Universal produziert, gestaltet sich jedoch nicht als einfacher B-Genre-Film, sondern alszutiefst moralisch geprägtes Vexierspiel, das mit Arthur Kennedy nicht nur einen formidablen Antihelden (in einer seiner schönsten Rollen wohlgemerkt) aufbietet, sondern klug genug ist, sich bis kurz vor Schluss keinen Eindeutigkeiten hinzugeben. In der (Grenz-)Welt von "The Naked Dawn", dessen Titel, nebenbei bemerkt, ganz vorzüglich zu ihm passt, gibt es keine eindeutig zuzuordnenden Gut-/Böse-Schemata, jeder ist für Profit auch nur für das private Lebensgusto korrumpierbar und bereit zum Verrat. Jede der drei Hauptfiguren macht binnen 24 Stunden eine mehrfache Wandlung durch, verpuppt sich, um am Ende als auf die eine oder andere Weise strahlender denn zuvor aus ihrem Kokon zu kriechen (oder für immer darin zu bleiben). Der lebenslustige Gauner übernimmt Verantwortung und wird zum Reanimierungshelfer einer bereits gescheitert scheinenden Ehe, der ängstliche, kleine Bauer erhält über seine Grenzerfahrung Rückgrat und innere Stärke, seine Frau lernt, dass Realität und Wunschdenken unvereinbar sind. Die kunstvolle Darbietung dieser jeweiligen Transformationen allerdings erst macht "The Naked Dawn" zu etwas Außergewöhnlichem.

9/10

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WAR ARROW (George Sherman/USA 1953)


"I really like you. But not enough to make you my wife."

War Arrow (Verschwörung auf Fort Clark) ~ USA 1953
Directed By: George Sherman

Major Brady (Jeff Chandler) kommt nach Fort Clark, um dem kommandierenden Colonel Meade (John McIntire) den Vorschlag zu unterbreiten, sich gegen die seit einiger Zeit haltlos marodierenden Kiowa mit einer in Colorado zwangsangesiedelten Gruppe Seminolen unter Häuptling Maygro (Henry Brandon) zusammenzuschließen. Meade, der einst gegen Maygro gekämpft hat, hält diese Idee für strategischen Humbug, lässt Brady jedoch zunächst gewähren. Ausgestattet mit Repetiergewehren verzeichnet Bradys Sonderbataillon bald erste Erfolge gegen die Kiowa, als Meade den Seminolen jedoch die versprochene Lebensmittellieferung verweigert, kommt es fast zum Bruch. Brady kann die Situation in letzter Minute entschärfen und Maygro für einen letzten Kampf gegen die Kiowa gewinnen, die, wie sich herausstellt, vom gefallen geglaubten, tatsächlich jedoch desertierten Ehemann (Jim Bannon) der Witwe Corwin (Maureen O'Hara) angestiftet werden.

Einer der vielen seriell entstandenen Western, die die Universal während dieser Jahre legionenartig ausspieh. Hier und da langte es immer mal für eine kleine Perle, für ein überraschendes Intermezzo im ansonsten eher kalkuliert erzeugten Einheitsbrei. "War Arrow" leider nicht damit kokettieren, ein solches Kleinod geworden zu sein. George Sherman betätigt sich hier wie zumeist als routinierter, jedoch auffallend desinteressierter Angestellter, der zu keiner Sekunde wahre Empathie für die ihm auferlegte Geschichte oder gar die dazugehörigen Figuren empfindet. Trotz der kurzen Spielzeit von unter achtzig Minuten schleppt sich "War Arrow" teils zäh über die Runden, entzündet kein Feuer, plätschert dahin. Dabei spielen Maureen O'Hara und John McIntire gewohnt erfreulich und mit der jungen, selbstbewussten Häuptlingstochter Avis (Suzan Ball) kommt sogar eine innovative Figur ins Spiel. Wo sich jedoch der Held (-um nicht zu sagen, James Stewart -), wie jeder vernünftige Mann, bei Anthony Mann am Ende mit ihr davongemacht hätte, bevorzugt in diesem Durchschnittswestern der (langweilige) Chandler natürlich die deutlich ältere Witwe. Boring morality.

5/10

George Sherman Indianer Kavallerie Colorado Belagerung





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Funxton

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