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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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GIANT FROM THE UNKNOWN (Richard E. Cunha/USA 1958)


"Hello? Who's there?"

Giant From The Unknown (In den Klauen des Giganten) ~ USA 1958
Directed By: Richard E. Cunha

Im idyllisch gelegenen 'Teufelstal' im Norden Kaliforniens kommt es seit Neuestem immer wieder zu seltsamen Gewaltexzessen, denen sowohl Tiere als auch Menschen zum Opfer fallen. Die Kadaver und Leichen sind jeweils schwer verstümmelt und zerfetzt. Der ortsansässige junge Geologe Wayne Brooks (Ed Kemmer) ahnt bereits, dass die Geschehnisse etwas mit seiner jüngsten Entdeckung im Teufelstal zu tun haben: Eine längst als ausgestorben geltende Eidechse hat, eingeschlossen in bleihaltigem Felsgestein, über 500 Jahre überlebt. Zusammen mit dem auf der Spur der Conquistadoren befindlichen Archäologen Dr. Cleveland (Morris Ankrum) und seiner Tochter Janet (Sally Fraser) stößt Wayne schließlich auf den uralten Eroberer Vargas (Buddy Baer), der sich wie ein Berserker durch die Gegend metzelt.

Richard E. Cunha war ein guter Mann fürs Billige. Seine hoffnungslos unterbudgetierten Genrestreifen sind stets eine Riesengaudi, weil sie ihre hanebüchnen Sujets so wunderbar ernst nehmen und Cunha aus den ihm zur Verfügung stehenden Mindermitteln nonchalant eine Tugend zu machen pflegte. 1958 war ein produktives Jahr für ihn: Vier seiner insgesamt sechs Regiearbeiten wurden darin uraufgeführt, so auch "Giant From The Unknown". In diesem tritt mit einem uralten, angeblich riesenhaften Conquistadoren ein höchst irdisches "Monster" auf den Plan, das mit seinen geschätzten 1,95 und ziemlich babyhaften Patschehändchen eigentlich nicht sonderlich monströs wirkt. Dennoch vermag Cunha es, mittels geschicker Suggestion zumindest im ersten Drittel hier und da wohlige Spannung zu erzeugen. Als dann erstmals Buddy Baers freundliches Rübezahl-Gesicht erscheint, ist es damit freilich vorbei. Den Monumentalfreunden noch als stiertötender Ursus aus "Quo Vadis" geläufigen, putzigen Protz als gnadenlosen Wüterich zu besetzen, muss als ziemlich doofer Witz kategorisiert werden. Den Vogel schießt jedoch eine 'Romantikszene' mit Kemmer und Fraser ab, die vor einer nächtlichen Seekulisse turteln sollen. Während Kemmer noch schwärmt, wie gern er "immer wieder an diesen wunderbaren Platz zurückkehre", hat der Zuschauer zwangsläufig längst gemerkt, dass die beiden vor einer ziemlich dilettantisch ins Bild gesetzten, vergrößerten Fototapete herumstehen. Ouch. But that's C, ain't it?

6/10

Richard E. Cunha Wald Monster Riese Kalifornien


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THE BABE (Arthur Hiller/USA 1992)


"It's the city. Like waiting there for me outside, waiting and breathing."

The Babe ~ USA 1992
Directed By: Arthur Hiller

George "Babe" Ruth (John Goodman) wächst, vom Vater verstoßen, in einem Waisenhaus in Baltimore für schwer erziehbare Kinder auf. Früh entdeckt man dort sein Talent als Batter, der jeden Ball über die Anstaltsmauern drischt. So kommt er als junger Erwachsener zu den Boston Red Sox, wo er rasch zum Superstar aufsteigt und von dort zu den New York Yankees. Sein rotziges Auftreten legt Ruth nie ganz ab, er liebt es, in feiner Umgebung laut zu furzen, frisst, säuft und hurt, was das Zeug hält. Seine erste Ehe mit der zarten Helen (Trini Alvarado) hält diesem Ungestüm nicht stand, die vormalige Ziegfeld-Tänzerin Claire (Kelly McGillis) indes kommt mit Ruths ungeschliffener Natur wesentlich besser zurecht. So schnell wie sein Stern einst aufgestiegen ist, sinkt er jedoch auch wieder: Nach einem neuerlichen Transfer zu den abgeschlagenen Boston Braves stürzt seine sportliche Karriere ins Bodenlose.

Amerika feiert seine Helden - je schillernder, desto ergiebiger - gern in glanzvollen Hollywood-Filmen ab. Ein solcher ist auch "The Babe", der den legendären Baseball-Batter Babe Ruth, Spitzname 'Bambino' oder auch 'The Sultan Of Swat', als einen den amerikanischen Traum lebenden underdog zelebriert. Ruth will alles: Ruhm, Liebe Familie, Sex, Geld, Essen, Alkohol und Feiern. Was ihm nicht umweglos kredenzt wird, holt er sich - unter jeweils schwerster Kritik seitens seiner Gönner. Die von ihm zunächst eroberte Helen erweist sich als allzu zerbrechlich für Ruths unablässige Eskapaden, die schwere, tage- und nächtelange Gelage beinhalten, sein Yankees-Trainer wirft Ruth vor, dass sein freiwilliger Schlafentzug auf Kosten permanenter Partys, seine permanente Körpervergiftung und sein zunehmendes Gewicht seine körperliche Konstitution schwächen, worauf er ungerührt den nächsten 100-Meter-Schlag landet.
Wie alle schönen period bios lebt auch Hillers Film von seinem Mut zu kitschiger Überhöhung sowie von der Akkuratesse der Darstellung seiner Zeit, hier der wilden Zwanziger, in denen schummrige Jazzpinten, Champagner und verruchte Ladys mit Zigarettenspitze das Zeitbild bestimmten. Baseball spielt dabei - gottlob - eine lediglich moderat angesetzte Rolle, so dass man sich ganz der formidablen Darstellung John Goodmans (für den die Rolle ein Segen gewesen sein dürfte) hingeben kann.

7/10

Arthur Hiller New York Baseball period piece Historie Biopic Boston Alkohol


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PASSION (Brian De Palma/D, F 2012)


"I confess."

Passion ~ D/F 2012
Directed By: Brian De Palma

Als ihre Untergebene Isabelle (Noomi Rapace) eine bahnbrechende Idee für einen Handy-Werbespot hat, reagiert die Agenturleiterin Christine Stanford (Rachel McAdams) höchst biestig: Sie gibt den Einfall als ihren eigenen aus. Die zunächst schwer geschockte Isabelle jedoch, die zugleich ein Verhältnis mit Christines Lover Dirk (Paul Anderson) pflegt, dreht den Spieß um. Nun ist Christines Rache nicht mehr aufzuhalten: Sie macht Isabelle vor sämtlichen Kollegen lächerlich und diffamiert sie in aller Öffentlichkeit. Isabelle lässt sich Schlaftabletten verschreiben und scheint sehr aus der Spur zu geraten. Als Christine dann eines Nachts in ihrem Haus ermordet wird, steht Isabelle zunächst erwartungsgemäß unter dringendem Tatverdacht. Doch sie hat für die Tatzeit ein wohlfeiles Alibi...

Neben "Trance" und "Side Effects" nun also ein weiterer, doppelbödiger Thriller um hinterfotzige Weibsbilder und ihre sinistren Konspirationen. "Passion" besitzt gegenüber den beiden Erstgenannten allerdings den Vorteil, mit Brian De Palma der ungekrönte Meister solch vordergründig abgeschmackter Kriminalstorys als Mastermind und Dirigenten aufweisen zu können. "Passion" beginnt wie das campige Kinoabbild einer x-beliebigen Daily Soap; die Werbebranche, stets gern als Kulisse für Erfolgs- und Zickenkrieg genutzt, trägt auch hier die Wurzel allen Übels. Berlin, London, New York, die Glitzermetropolen reicher, selbstverständlich ausnahmslos mänlicher Managementsäcke und lüsterner Emporkömmlinginnen, stehen Pate für das gnadenlose Ausblutungsbusiness. Bei De Palma kann man jedoch wohlfeil davon ausgehen, dass er solch offensichtlich durchtriebenes Gebuhle höchst satirisch aufarbeitet. Die Bluttat folgt auf dem Fuße und Traum, Realität und Schuldkomplexe verschwimmen zu einem künstlerisch gefilmten Vexierspiel mit all den wohlfeilen Kabinettstückchen: split screen, subjektive Kameraperspektiven, schräge Aufnahmewinkel.
Dass ich die Vorlage "Crime D'Amour" nicht kannte, habe ich im Nachhinein nicht bereut. Kann sowieso nicht besser sein als ein Werk des Meisters.

8/10

Brian De Palma Berlin Werbung Mobbing femme fatale neo noir Remake


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PACIFIC RIM (Guillermo del Toro/USA 2013)


"Fortune favors the brave."

Pacific Rim ~ USA 2013
Directed By: Guillermo del Toro

In naher Zukunft öffnet sich auf dem Grund des Pazifiks ein Dimensionstor, dass in regelmäßigen Abständen gigantische Monster ausspuckt, die nach ihrer japanischen Bezeichnung als 'Kaju' berüchtigt sind. Diese richten gewaltige Zerstörungen in den Küstenstädten an, denen man erst mit der Konstruktion und dem Einsatz der 'Jaeger', gewaltiger, von zwei mental miteinander verbundenen Piloten gesteuerter Kampfmechas, vorübergehend Einhalt gebieten kann. Als die Abstände zwischen den Kaju-Attacken jedoch immer kleiner werden, während die auftauchenden Monster sich analog dazu zusehends größer und gefährlicher ausnehmen, steht für Stacker Pentecost (Idris Elba), den Leiter des von der Einstampfung bedrohten Jaeger-Programms, fest, dass man der Ursache für die Kaiju-Angriffe auf die Spur kommen muss, um die Erde vor ihrem letzten Stündlein zu bewahren.

Als der gewaltige Kindergeburtstag, den er im Prinzip darstellt, lässt sich "Pacific Rim" durchaus goutieren. Die Story ist gerade naiv genug, eine (freilich nicht existente) Spielzeugreihe für kleine Jungs zu unterfüttern; im Grunde geht es ja um nichts anderes denn effektiv präsentierte Duelle zwischen Riesenmonstern und Riesenrobotern. Ergänzend dazu gibt es das übliche, kleine "Fachvokabular", das den unverhohlen geekigen Charakter des Gesamtwerks unterstreicht: der 'Breach' ist die interdimensionale Spalte, aus denen die Kaiju hervorbrechen, als 'Drifting' wird die Ankopplung der zwei Pilotenhirne eingeordnet. Die Mechas tragen hübsche Bezeichnungen wie 'Crimson Typhoon' oder 'Gypsy Danger', die Piloten, auch als 'Ranger' bekannt (und populär), heißen durchweg wie Groschenromanhelden. Die actionreiche Gigantomanie des Films verzichtet denn auch auf die tatsächliche Grundierung eines veritablen Endzeitszenarios, sondern pendelt sich atmosphärisch irgendwo im Niemandsland zwischen "Top Gun" und "Starship Troopers" ein, allerdings, und das ist durchaus wohltuend, ohne Evozierung jedweder politischer Implikationen. Andererseits kommt die beabsichtigte Kreierung zwischenmenschlicher Beziehungsgeflechte nicht über ein recht schlichtes Maß hinaus.
Wahre Höhen erreicht "Pacific Rim" im Zuge der mit Fug und Recht stolzen Präsentation seines liebevollen set designs. Das Innere der Jaeger-Zentrale in Hong Kong wäre da zu nennen, die neonleuchtende Darstellung jenes gebeutelten Pazifik-Anrainers nebst Hannibal Chaus (Ron Perlman) verrücktem kleinen Kaiju-Verarbeitungsversteck. Und hinter den beiden Wissenschaftlerspinnern Geiszler (Charlie Day) und besonders Gottlieb (Burn Gorman) verbergen sich waschechte Del-Toro-Figuren, die nicht zuletzt klar machen, wessen soniges Baby das hier eigentlich ist.

8/10

Guillermo del Toro Apokalypse Monster Hong Kong Alaska Zukunft Invasion Aliens


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HATFIELDS & MCCOYS (Kevin Reynolds/USA 2012)


"I'd like to live in a place where there's another scale for happiness than having shot some McCoy."

Hatfields & McCoys ~ USA 2012
Directed By: Kevin Reynolds

Bereits die Bürgerkriegstage entzweien die einstigen Freunde und Nachbarn Anse Hatfield (Kevin Costner) und Randall McCoy (Bill Paxton): Anse desertiert, um daheim seiner Familie beistehen zu können, für Randall ein untragbarer Hochverrat. Nach Beendigung des Krieges begegnet Randall Anse weiterhin mit unverhohlener Feindseligkeit, die sich bald auf die jeweiligen, weit verzweigten Familienclans ausweitet. Nach ersten wechselseitigen Aggressionsbekundungen gibt es die ersten Toten zu beklagen, der Versuch von Anses Sohn Johnse (Matt Barr) und Randalls Tochter Roseanna (Lindsay Pulsipher), eine gemeinsame Familie zu gründen, strafen beide Patriarchen mit Verachtung und Hass. Es entwickelt sich eine fast drei Jahrzehnte währende Familienfehde im Grenzgebiet zwischen Kentucky und West Virginia, die selbst durch politische Maßregelungen nicht beizulegen ist.

Bereits die Macher der "Wrong Turn"-Reihe kamen auf den Trichter, dass es wesentlich günstiger ist, die Appalachen in Rumänien neu auferstehen zu lassen. So verlagerte man auch den Löwenanteil des Drehs dieser dreiteiligen Miniserie dorthin. "Hatfields & McCoys", von Costners altem Freund und Stammregisseur Kevin Reynolds dirigiert, fängt ein Stück originärer US-Historie ein, die berühmteste und weitreichendste Familienfehde des vorletzten Jahrhunderts. Sie zeigt, wie patriarchalische Engstirnigkeit, falsches Ehrgefühl und Bigotterie eine Reihe von unnötigen Todesopfern fordern und über einen unwahrscheinlich langen Zeitraum aufrecht erhalten wurden. Erst Anse Hatfield, der sich nach dem Script der kleinen Reihe trotz seiner eigenen Unnachgiebigkeit noch immer als etwas sympathischer und besonnener dargestellt findet denn sein Rivale Randall McCoy, findet mit der nach langer Zeit gesetzlich angeordneten Hinrichtung seines unschuldigen, geistig behinderten Neffen Cotton (Noel Fisher) die Stärke, einen Schlussstrich unter das Blutvergießen zu ziehen und den nachfolgenden Generationen somit die unnütze Weiterführung jenes mittlerweile unübersichtlich gewordenen Kleinkriegs zu versagen. Inszenatorisch weithin überraschungslos und durchaus als TV-Produktion identifizierbar, liegt die besondere Qualität von "Hatfields & McCoys" primär auf Seiten der minutiös wiedergegebenen Historizität sowie der vorzüglichen Darsteller, von denen erwartungsgemäß besonders Costner und Paxton sowie die "wiederentdeckten" Tom Berenger und Powers Boothe hervorzustechen wissen.

7/10

Kevin Reynolds TV-Serie Kentucky West Virginia Appalachen Historie period piece Familie Sezessionskrieg Kevin Costner Biopic


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GROWN UPS 2 (Dennis Dugan/USA 2013)


"It's a fucking monkey!"

Grown Ups 2 (Kindsköpfe 2) ~ USA 2013
Directed By: Dennis Dugan

Der Ferienauftakt naht - und Lenny (Adam Sandler) plant zu diesem Anlass eine große Gartenparty, Motto 80er. Zuvor jedoch bringt der Tag noch manch Um- und Abwegiges: Der Schulbusfahrer (Nick Swardson) ist voll auf Dope, eine aus Vollidioten bestehende Studentenverbindung sucht sich Lenny, Eric (Kevin James), Kurt (Chris Rock) und Marcus (David Spade) als neue Lieblingsfeinde aus, Roxanne (Salma Hayek) eröffnet Lenny, dass sie wieder schwanger ist. Diese und ähnliche existenzielle Probleme benötigen glücklicherweise nur Stunden der Klärung, denn wahre Freundschaft überspringt alle Hürden.

Das erste Sequel innerhalb der filmischen Sandler-Anthologie. "Grown Ups 2" verweigert sich auf den ersten Blick noch stärker einer tragfähigen inhaltlichen Konzeption als sein Vorgänger. Natürlich ist dem in Wahrheit mitnichten so, im Prinzip liefert er mit seiner zur höchsteigenen Struktur erhobenen, Sitcom-artigen Episodenhaftigkeit, die dem Publikum zwischen den Gags melancholische Zwischentöne unterjubelt und diese klammheimlich auf eine stets groteske Art wieder aufzulösen pflegt, die Quintessenz des sandlerschen Kinokosmos. "Grown Ups 2" will nur das Folgende: Die Sonne aktivieren, Licht und Farbe in die Welt bringen und seine Zuschauer auf Kosten allerlei dramaturgieinterner Tolpatschigkeiten und der üblichen liebenswerten Denunziationstechniken des Sandman zum Lachen bringen. Dies gelingt abermals vortrefflich: Einem "Best of" gleich vereint "Grown Ups 2" die meisten der altbekannten Sandler-Kollborateure (John Turturro und Rob Schneider lassen sich allerdings nicht sehen - Streit?) treten an, was den auf die Spitze getriebenen familiären Impetus des Films nochmals unterstreicht.
Auf seine spezifische, perfektionierte Weise ein kleines Meisterwerk.

7/10

Dennis Dugan Adam Sandler Kalifornien Party Freundschaft Sequel


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STAND AND DELIVER (Rámon Menéndez/USA 1988)


"The only thing I ask from you is ganas."

Stand And Deliver ~ USA 1988
Directed By: Rámon Menéndez

Im Sommer 1981 kommt Jaime Escalante (Edward James Olmos) als neuer Mathematiklehrer an die Garfield High School im Herzen des sozialen Brennpunkts East L.A.. Nach ein paar Startschwierigkeiten beginnen er und die Kids seiner Senior Class sich wechselseitig zu mögen und zu schätzen. Als Escalante seine Schüler für einen von ihm durchgeführten 'Calculus'-Kurs vorschlägt, in dem unter anderem Trigonometrie gelehrt wird, vorschlägt, hält man ihn zunächst für einen unrealistischen Träumer. Als dann im nächsten Jahr alle seiner Schüler die Abschlussprüfung mit überdurchschnittlichen Noten bestehen, wirft eine Untersuchungskommission (Andy Garcia, Rif Hutton) ihnen vor, betrogen zu haben. Der einzige Unschuldsbeweis würde sich in Form eines weiteren Tests manifestieren, der noch schwerer strukturiert sein soll als der erste.

Ein von tiefer Sympathie für den Lehrberuf geprägter Film, der mit Jaime Escalante, von seinen Eleven respektvoll 'Kemo' genannt, gar eine authentische Persönlichkeit aufbietet. Als Mathematiklehrer an der Garfield High führte Escalante beginnend ab 1982 jedes Jahr mehr Schüler und Schülerinnen mit mexikanisch-amerikanischen Wurzeln zu erfolgreichen Calculus-Abschlüssen. Zugleich harter Fachvermittler und sensibler Pädagoge verstand Escalante es, auf seine Schutzbefohlenen einzugehen, ihre Sprache zu sprechen und sich so den für seine Arbeit nötigen Respekt zu verschaffen. Die Beziehungen zu seinen SchülerInnen ragten sogar bis in den Privatbereich und avancierten zu regelrechten Freundschaften. Umso erfolgreicher sein Engagement, umso beliebter er selbst als Pädagoge.
Menéndez betreibt mit "Stand And Deliver" durchaus ein Stück weit Heldenverehrung samt Nutzung dramatischer Überspitzungen, was mir im Falle Escalante allerdings durchaus probat erscheint. Und Olmos ist phantastisch, ein leider viel zu vernachlässigter, brillanter Akteur. Mit Herz und Hirn arbeitet er sich in seine Rolle hinein, ebenso wie Menéndez und ihr "Studienobjekt", Escalante.

9/10

Rámon Menéndez Los Angeles Schule Lehrer Subkultur ethnics Biopic


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THE SEVEN-PER-CENT SOLUTION (Herbert Ross/UK, USA 1976)


"But my readers - what will I tell them?"

The Seven-Per-Cent Solution (Kein Koks für Sherlock Holmes) ~ UK/USA 1976
Directed By: Herbert Ross

Nach einer längeren kriminalistischen Pause erkennt Dr. Watson (Robert Duvall), dass sein alter freund Sherlock Holmes (Nicol Willliamson) in zunehmend Besorgnis erregendem Maße der Kokainsucht und mit dieser einhergehend, einer obsessiven Fixierung auf den Lehrer Moriarty (Laurence Olivier) anheim gefallen ist, von dem Holmes behauptet, er sei eine Art 'kriminelles Genie', das bei sämtlichen großen Verbrechen der Zeit die Fäden im Hintergrund ziehe. Zusammen mit Holmes' Bruder Mycroft (Charles Gray) schafft Watson den verwirrten Meisterdetektiv unter einem Vorwand nach Wien, um ihn dort von dem Psychololgen Sigmund Freud (Alan Arkin) behandeln zu lassen. Nach einem harten, kalten Entzug stellt sich Holmes und Watson sogleich ein neuer Fall: Freuds Patientin Lola Deveraux (Vaness Redgrave) wird entführt und soll in den Orient verschleppt werden...

Eine interessante Alternative zu den klassischen Doyle-Geschichten um Holmes und Watson, die ausnahmsweise den Detektiv und seine fragil gewordene Persönlichkeit in den Mittelpunkt des Geschehens stellt und mit Sigmund Freud einen realen Zeitzeugen jener Tage mit Holmes 'verkuppelt'. Wie "A Study in Terror", "The Private Life Of Sherlock Holmes" und dem später noch folgenden "Murder By Decree" nutzt "The Seven-Per-Cent Solution" den ikonischen Bekanntheitsgrad des Duos Holmes/Watson, um ihn realen bzw. alternativen folkloristisch-bellestristischen Figuren und/oder Begebenheiten gegenüberzustellen, seien es Jack The Ripper oder das Loch-Ness-Monster. In diesem Falle trifft Holmes auf den just habilitierten Sigmund Freud, der auf Hypnose-Therapie schwört und ebendiese nutzt, um Holmes bei seinem Kokain-Entzug beizustehen. Nach den im Film geschilderten Ereignissen zieht sich Holmes dann ins Privatleben zurück, um mit der just geretteten Miss Deveraux eine Liebschaft zu begehen, ein reizvoller Brückenschlag zum bereits längst installierten Prosa-Tod des Detektivs, den Moriarty zusammen mit Holmes "angeblich" an einem Rheinfall in der Schweiz gefunden hatte. So wahrt "The Seven-Per-Cent Solution" (dessen Titel sich auf die von Holmes bevorzugt injizierte Kokainlösung bezieht) nicht nur formal sondern auch inhaltlich eine kompromisslose Anbindung an die Holmes-Ikonographie.

8/10

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THIS PROPERTY IS CONDEMNED (Sydney Pollack/USA 1966)


"I meant what I said!"

This Property Is Condemned (Dieses Mädchen ist für alle) ~ USA 1966
Directed By: Sydney Pollack

Während der Depressionszeit kommt der Liquidationsagent Owen Legate (Robert Redford) in das kleine Nest Dodson/Mississippi. Wie überall, wo er auftaucht, hat Legate auch hier die unangenehme Aufgabe, diversen Arbeitern der Eisenbahngesellschaft ihre Kündigung auszusprechen. Während Legate während seines kurzen Aufenthalts zum meistgehassten Mann in Dodson wird, verliebt sich Alva (Natalie Wood), die Tochter der örtlichen Pensionsbesitzerin Hazel Starr (Kate Reid), in ihn. Alva ist gewohnt, dass die Männer ihr in Scharen hinterherlaufen, Legate besitzt jedoch als einziger die Chuzpe, wirklich Tacheles mit ihr zu sprechen. Als er ihr anbietet, mit ihm nach New Orleans zu kommen, lehnt Alva zunächst ab, folgt ihm dann aber doch. Hazel, die andere Pläne mit ihrer Tochter hat, lässt sich das jedoch nicht ohne weiteres bieten.

Basierend auf einem Einakter von Tennessee Williams bildete "This Property Is Condemned" gleichermaßen die zweite Kinoregie-Arbeit Pollacks wie den Startschuss für seine 24 Jahre während Kollaboration mit Robert Redford, die alles in allem sieben gemeinsame Filme hervorbringen sollte. Dabei war Redfords Engagement in erster Linie auf das Insistieren Natalie Woods - als Alva Starr in einer ihrer schönsten Rollen zu bewundern - zurückzuführen, die sich Redford als Co-Darsteller wünschte. An Williams' Vorlage wurde indes eifrig herumgedoktert; etliche Scriptautoren, darunter auch der damalige "Drehbuchdoktor" Francis Ford Coppola, waren für die diversen Umbrüche der Geschichte verantwortlich, was "This Property Is Condemned" nachgerade den Ruf eintrug, uneinheitlich und unentschieden zu wirken und kein rechtes Maß zwischen Satire und Tragödie finden zu können. Dabei besitzt der Film durchaus seine, vielleicht gerade aus seiner Patchwork-Gerierung resultierende, spezielle Poesie. Besonders die außergewöhnlich interpretierten Nebencharaktere zeichnen dafür mit verantwortlich - Charles Bronson als viriler Malocher, John Harding als einsamer Lustgreis und ganz besonders die die traurig endende Geschichte von Alva und Owen erzählende Mary Badham als Alvas Schwester Willie, von der man nicht ganz sicher sein kann, ob sie nicht doch möglicherweise das ruhelos umherirrende, letzte Gespenst einer Geisterstadt ist.

8/10

Sydney Pollack Great Depression Mississippi New Orleans Südstaaten Eisenbahn Tennessee Williams based on play Francis Ford Coppola New Hollywood


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MOMMIE DEAREST (Frank Perry/USA 1981)


"Good night. Good luck. Goodbye."

Mommie Dearest (Meine liebe Rabenmutter) ~ USA 1981
Directed By: Frank Perry

1939 adoptiert die beliebte, kinderlose Hollywood-Aktrice Joan Crawford (Faye Dunaway), die ihre angebliche Fürsorge für Waisen mit einiger Passion öffentlich zur Schau stellt, ein kleines Mädchen und nennt es Christina. In den folgenden Jahrzehnten hat Christina (Mara Hobel, Diana Scarwid) allenthalben unter den schweren Neurosen, Extravaganzen und Demütigungen ihrer Adoptivmutter zu leiden, die ihren übermächtigen Schatten bis zu ihrem Ableben über Christina ausbreitet.

Basierend auf Christina Crawfords gleichnamigem, autobiografischen Buch, einem kurz nach dem Tod Joan Crawfords veröffentlichen Bestseller, der den Leumund der großen Schauspielerin postum schlagartig besiegelte und für manche Kontroverse sorgte, seinen letzten Aufsehen erregenden Film, der seinen eher stillen, selbstbewussten Arbeiten aus den Siebzigern ein grelles Stück Camp gegenüberstellte. Wer Kenneth Angers wunderbares, zweiteiliges "Hollywood Babylon" gelesen hat, das eine schauderhaft-hellsichtige, kleine Chronik betreffs der multiplen Obsessionen hinter dem Glamour der Studiodekaden zwischen den Zehnern und Sechzigern feilbietet, wird möglicherweise auch die Passagen über Joan Crawford im Gedächtnis bewahrt haben. Diese bieten bereits einen, dem bewusst gruselig-verschmitztem Stil des Buches angemessen, einige Einblicke in das narzisstische Einpersonen-Universum der Aktrice. "Mommie Dearest", in dem Faye Dunaway - sowieso die einzig mögliche Darstellerin für eine Verkörperung des Vorbildes - verschärft jene noch durch gezieltes Überspannen ihrer Person. Durch Dunaways stets auf Messers Schneide inmitten von Aufrichtigkeit und gnadenlosem overacting befindliche Interpretation bekommt die Crawford ein, ja, das reinkarnierte Gesicht. Ob der Wahrheitsgehalt der abgebildeten Ereignisse so stehen gelassen werden darf, sei dahingestellt, Mythenfütterung beinhaltet das alles zur Genüge, ebenso wie einen weiteren, für Gesprächsstoff sorgenden Meilenstein. "Mommie Dearest", mittlerweile selbst ein Klassiker, verhilft somit der betreffenden Dame zu einem weiteren, letztlich dankbaren Denkmal.

8/10

Frank Perry Biopic Hollywood Mutter & Tochter Film im Film Film Camp





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Funxton

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