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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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A FISH CALLED WANDA (Charles Crichton/UK, USA 1988)


"I love robbing the English, they're so polite."

A Fish Called Wanda (Ein Fisch namens Wanda) ~ UK/USA 1988
Directed By: Charles Crichton

Ein amerikanisch-britisches Gauner-Quartett, bestehend aus dem manierierten Georges (Tom Georgeson), seinem Schützling Ken (Michael Palin), seiner Geliebten Wanda (Jamie Lee Curtis) und deren heimlichem Liebhaber Otto (Kevin Kline) überfällt einen Londoner Juwelier. Im Wissen um die Verschlagenheit seiner Kompagnons versteckt Georges die Beute in einem geheihemen Schließfach, bevor er, von Wanda und Otto verraten, in Untersuchungshaft landet. Um doch noch an die Beute zu kommen, becirct Wanda den steifen Advokaten Archie Leach (John Cleese), Georges' Verteidiger, mit dem Ziel, dass dieser seinem Mandanten das Diamantenversteck entlocke. Doch dann schlägt die Liebe zu.

Eine brillante Komödie klassischen britischen Zuschnitts, mittlerweile wohl einer der global meistgesehenen Filme überhaupt und somit bekannt (und beliebt) bei Hinz und Kunz. Mit Fug und Recht! Der altehrwürdige Charles Crichton, der damals bereits stolze 77 Lenze auf dem Buckel hatte, inszenierte mithilfe des Co-Autors John Cleese eine ganz wunderbar straighte, oftmals absurde Krimikomödie, die primär von ihren brillanten Situationsgags lebt. Alle vier von Cleese, Curtis, Kline und Palin gespielten Protagonisten, jeder auf seine Weise irgendwann ein Verräter an der persönlichen Existenzmaxime und dazu noch höchst verschlagen, erarbeiten sich einen komödiantischen Ikonenstatus - Curtis erotisch-verrucht, Cleese zwischen bedauerns- und liebenswert umherpendelnd und Kline und Palin ums Beknacktheitsgold wetteifernd. Die Szenen, in denen der stotternde Tierliebhaber Ken die einzige Zeugin (Patricia Hayes) des Bruchs zu beseitigen versucht, dabei jedoch zu seiner eigenen, größten Bestürzung immer nur einen weiteren ihrer Yorkshire-Terrier erwischt, sind jede für sich ein Brillant in der komödiantischen Kaiserkrone der Dekade. Wer erinnert sich nicht mit ankonditioniertem Schmunzeln an Klines Talent, in Fettnäpfchen zu treten und sich mittels typisch amerikanischer Dummdreistigkeit wieder daraus zu befreien oder Cleeses fabulöse Überraschung, als ihm nach einem artistischen Striptease die Nachmieterfamilie seines Liebesnests gegenübersteht? Momente für die Ewigkeit, wie eigentlich der ganze Film. Zudem ein einsamer Höhepunkt gelungener deutscher Synchronarbeit (Arne Elsholtz).

10/10

Charles Crichton London Heist culture clash Courtroom John Cleese


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INNERSPACE (Joe Dante/USA 1987)


"The Tuck Pendleton machine: zero defects."

Innerspace (Die Reise ins Ich) ~ USA 1987
Directed By: Joe Dante

Das Ex-Fliegeras Tuck Pendleton (Dennis Quaid) gilt mittlerweile als ausgebrannt und abgeschrieben, als sich ihm ein neuer Auftrag bietet: Die Teilnahme an einem Miniaturisierungsexperiment, im Zuge dessen Tuck mikroskopisch verkleinert und in die Blutbahn eines Versuchskaninchens injiziert werden soll. Doch eine Gruppe gewissenloser Industriespione platzt mitten in die Versuchsanordnung. Tuck landet nach einer wiulden Hetzjagd versehentlich im Körper des neurotischen Kassierers Jack Putter (Martin Short), kann jedoch via Seh- und Hörkanäle mit seinem sich zunächst wahnsinnig wähnenden Wirt kommunizieren. Gemeinsam macht mit Tucks Freundin Lydia (Meg Ryan) man sich auf die Suche nach den entwedeten Mikrochips, denn Tucks Sauerstoffvorrat reicht nur noch ein paar Stunden...

Wunderbares Werk von Dante, eines seiner schönsten, wie ich gar finde. Besonders die kleinen humorigen, in erster Linie personell gewichteten Spitzen abseits von der massenkompatiblen SciFi-Story, wie sie in den 80er-Werken von Dante und auch John Landis typisch waren, sind es, die "Innerspace" zu einem Volltreffer machen: Kevin McCarthy und sein Husky, Vernon Wells als 'Mr. Igoe', Cameo-Auftritte von Kathleen Freeman und Kenneth Tobey und natürlich die umfassende Besetzung der ewigen Dante-Allstars in vortrefflichen Kurzauftritten und Nebenrollen: Robert Picardo, Henry Gibson, Wendy Schaal und natürlich Dick Miller, allesamt einfach nur exquisit. Leider muss man (wie danach noch einmal in "The 'Burbs") auf Belinda Balaski verzichten. Trotz dieses kleinen Wermutstropfens entpuppt sich "Innerspace" immer wieder aufs Neue als ein quicklebendiges, einziges, großes Happening für Dante- und Genre-Aficionados mit manchmal tollen, manchmal bewusst albernen Effekten, irrwitzigen Verfolgungsjagden und einer spürbaren Portion allseitigen Enthusiasmus'. Herrlichst.

9/10

Joe Dante Steven Spielberg Kalifornien San Francisco Miniaturisierung Industriespionage


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HANNAH ARENDT (Margarethe von Trotta/D, LU, F 2012)


"Denken ist ein einsames Geschäft."

Hannah Arendt ~ D/LU/F 2012
Directed By: Margarethe von Trotta

1960 erfährt die nach New York emigrierte, jüdischstämmige Journalistin und Ex-Heidegger-Geliebte Hannah Arendt (Barbara Sukowa) von der Ergreifung Eichmanns durch den Mossad in Argentinien und dass ihm in Jerusalem der Prozess gemacht werden soll. Arendt reist nach Israel, ist bei den ersten Prozesstagen zugegen, um sich ein Bild von dem vermeintlichen Monster Eichmann zu machen und schreibt daraufhin eine philosophische Abhandlung für den 'New Yorker'. Darin vertritt sie nicht nur den standpunkt, dass Eichmann ein grauer Bürokrat war, dessen Unfähigkeit zur Empathie als repräsentativ für die gesamte Funktionlität des NS-Staates erachtet werden kann, sondern dass die sogenannten 'Judenräte' eine noch minutiösere Vernichtungsmaschinerie als ohnehin schon unterstützt hätten. Damit setzt sich Arendt zwischen alle Stühle, eine gewaltige Kontroverse entfacht sich, infolge deren man ihr diverse Titulierungen von 'Verräterin' bis 'Nazihure' angedeihen lässt. Ihr soll der Lehrstuhl entzogen werden, doch schließlich erweist sich besonders die Nachkriegsgeneration als verständig für ihre Denkprozesse.

Engagiertes Porträt der berühmten Philosophin, Politikwissenschaftlerin und Autorin Hannah Arendt, die den mittlerweile geflügelten Terminus von der 'Banalität des Bösen' geprägt hat. Ihr tiefes Entsetzen darüber, in der Person des Deportationskoordinators Adolf Eichmanns kein mythisch überhöhtes Monster geschweige denn einen diabolischen Verführer vorzufinden, sondern bloß ein kleines, verschnupftes Männchen, dessen Obrigkeitshörigkeit und Verweigerung zu individueller Denkleistung geradezu grotesk anmuteten. "Ich habe sie ja nicht vernichtet", antwortet Eichmann auf die gerichtliche Anschuldigung, dass er entscheidend zum Massenmord beigetragen habe, und dass "Zivilcourage möglich" gewesen wäre, hätte man sie bloß "hierarchisch strukturiert". Für Hannah Arendt kommt besonders die Erkenntnis jener intellektuellen Nichtigkeit des tumben Hackenklatschers einer Epiphanie gleich, die tief in das Wesen des Dritten Reichs als Mitläufersystem blicken lässt. Darauf jedoch reagiert die globale Intelligenzia ebenso wie Überlebende und Knesset jedoch nasreümpfend bis aggressiv.
Von Trottas sehenswerter Film, der sich wie ehedem schon "Rosa Luxemburg", ebenfalls mit Barbara Sukowa in der Titelrolle, einer der großen Denkerinnen des vergangen Jahrhunderts widmet, konzentriert sich, mit Ausnahme von ein paar Rückblenden zu Hannahs Beziehung zu und mit Heidegger, auf einen erzählten Zeitraum von vier Jahren, besitzt eine erwartungsgemäß routinierte Form, strotz dabei jedoch vor authentischer Sorgfalt und gibt Einblick in Wesen und Gedanken jener faszinierenden Frau, deren mutige Thesen der NS-Forschung wichtige neue Impulse bescherten.

8/10

period piece Holocaust Israel New York Jerusalem Margarethe von Trotta Nationalsozialismus Freundschaft Journalismus Philosophie Biopic


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SINGAPORE SLING (Nikos Nikolaidis/GR 1990)


"Now I can smoke."

Singapore Sling ~ GR 1990
Directed By: Nikos Nikolaidis

Ein Privatschnüffler verfolgt die Spur eines verschwundenen Mädchens namens Laura bis hin zu einem feudalen Haus in Seenähe, das von Mutter (Michele Valley) und Tochter (Meredyth Harold) bewohnt wird. Die beiden Frauen, die hier in der Abgelegenheit Serienmord, Paraphilie, Rollenspiele und andere Merkwürdigkeiten in vielen Facetten durchspielen, nehmen den angeschossenen und teils bewegungsunfähigen Detektiv gefangen und taufen ihn aufgrund eines Cocktailrezepts in seiner Tasche 'Singapore Sling'. Der Mann wird zum mehr oder weniger willfährigen Opfer der Perversionen der zwei Frauen, bis er schließlich selbst den Verstand zu verlieren droht.

Ein hochpoetisches Gedicht von einem Film, bedingungslos konsequent in seiner zwischen oberflächlicher und verschlammter Schönheit delirierenden Ästhetik. Man kann den Blick kaum abwenden von all dem Ungeheuerlichen, was Nikolaidis seinem - durchaus elitär anvisierten - Publikum in "Singapore Sling" auftischt. Von grenzpornographischen Bildern über die gegenseitige Besprenkelung mit diversen Körperflüssigkeiten, die Auslebung multipler Fetische bis hin zu harten Gewalteruptionen reicht die Palette seiner Visualitäten. Ein Statement, möglicherweise eine künstlerische Sublimierung tiefverwurzelter, unausgelebter Obsessionen. So schön und zeigefreudig sich die Protagonistin Meredyth Harold auch gibt, Nikolaidis zeigt den Voyeuren unter seinen Zuschauern immer wieder die rote Karte, indem er stimulierend beginnende Szenen durch matschige Hemmungslosigkeiten enterotisiert.
Dabei ist "Singapore Sling" natürlich erst in zweiter Instanz ein transgressives, herausforderndes Kunstwerk, primär bietet er ein Panoptikum von Nikolaidis' umfassender Einflussbasis: Angefangen bei Premingers "Laura", von dem "Singapore Sling" ein Semi-Remake darstellt, über Swing, Chandler, Wyler, Losey, Pasolini, Hopper und Hooper reicht die Skala der vielen Zitatwurzeln, die der auteur hierin abgrast: Eine kompromisslose Fundgrube für offenherzige Filmliebhaber.

9/10

Nikos Nikolaidis film noir neo noir Hommage Transgression Groteske Madness Nacht hardboiled


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SIDE EFFECTS (Steven Soderbergh/USA 2013)


"Everybody knows everything."

Side Effects ~ USA 2013
Directed By: Steven Soderbergh

Der vielbeschäftigte Psychiater Jonathan Banks (Jude Law) gerät an die suizidale Patientin Emily Taylor (Rooney Mara), die unter schweren Depressionen leidet. Nachdem sich mehrere Alternativpräparate als wirkungslos erwiesen haben, verschreibt ihr der an einer hochdotierten Versuchsreihe beteiligte Banks den neuen SSRI 'Ablixa', der bei Emily jedoch die Nebenwirkung des Schalfwandelns hervorbringt. Dennoch bleibt das Medikament weiterhin angesetzt, bis Emily eine Tages im somnambulen Zustand ihren Ehemann (Channing Tatum) ersticht. Doch wer ist wirklich für den Todesfall verantwortlich - Patientin oder Arzt? Banks, dessen Renommee schwer unter dem Fall zu leiden hat, forscht nach und stößt auf immer neue Spuren rund um Emilys Vergangenheit...

Nach Danny Boyles "Trance" noch ein weiterer Thriller um die Psychotherapie als Mittel für durchtriebene, mehr oder weniger kriminelle Superpläne. Vielfilmer Soderbergh geht das Ganze sehr konventionell und umweglos konsumierbar für den Endverbraucher an. Ich hatte eigentlich eine etwas tendenziösere Auseinandersetzung mit der billionenschweren Psychopharmaka-Industrie erwartet, doch letzten Endes geht es in "Side Effects" gar nicht um Serotonin fördernde Präparate und Konsorten, sondern um einen klassischen Suspense-Plot, in dem Protagonist und Zuschauer lange an der Nase herumgeführt werden, bis am Ende schließlich alles einen zufriedenstellende, taghellen Ausgang nimmt.
Geradezu klassisch aufbereitetes Genrekino, das inmitten all des gegenwärtigen, sensations- und innovationssüchtigen Filmwerks, das sich in zumeist panischer Erfolgssucht wahlweise an neue Erfolgskonzepte zu hängen versucht oder sich zwanghaft neu erfinden will, eine ihre Berechtigung findende Wohltat darstellt. Saubere Kurzweil, garantiert ohne jedwede Form von Nebenwirkungen.

7/10

Steven Soderbergh Psychiatrie Pharmaindustrie Courtroom Verschwörung New York


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RETURN TO SLEEPAWAY CAMP (Robert Hiltzik/USA 2008)


"Your ass stinks!"

Return To Sleepaway Camp (Sleepaway Massacre) ~ USA 2008
Directed By: Robert Hiltzik

In 'Camp Manabe' im beschaulichen Upstate New York geht es drunter und drüber: Der absonderliche Alan (Michael Gibney) ist ein echtes Ekel und zieht, durchaus berechtigt, die Antipathie seiner Mitcamper auf sich. Auch seine unbeholfenen Versuche, sich Freunde zu suchen, gehen stets nach hinten los. Die Abneigung der Anderen schlägt sich bald in Form immer derberer Scherze nieder, bis es plötzlich die ersten Toten gibt. Co-Campleiter Ronnie (Paul DeAngelo) fühlt sich prompt an gewisse Vorgänge von vor 25 Jahren erinnert, als die transsexuelle Angela (Felissa Rose) auf ganz ähnliche Weise in Camp Arawak wütete...

Nach zwei von Michael A., Simpson inszenierten Sequels, in dem Angela von der Springsteen-Schwester Pamela interpretiert wurde, übernahm in 2008 wieder das Urteam und legte einen Spätfolger nach, der dem Original in jeder Hinsicht das Wasser reichen kann. Als wäre seit 1985 kein Tag vergangen, legt sich Hiltzik ins Zeug und schafft einen formal und vor allem atmosphärisch verlustfreien Direktanschluss an seinen witzigen Slasher-Klassiker. Albernster Humor, völlig überzogene Figurenzeichnung, lächerlichste Falschfährtenlegung (Angelas Tarnung als "Sheriff Jerry" ist so ziemlich das Albernste, was man sich vorstellen kann) und Effekte wie anno dazumal sollten wirklich jedem Freund der Ur-Trilogie höchstes, ironisch konnotiertes Vergnügen zusichern. Dass sich hinzukommend noch Isaac Hayes die Cameo-Ehre als 'Chef' (de Cuisine) gibt, dürfte wohl auch den letzten Zweifler überzeugen. 110% approved!

6/10

Robert Hiltzik Sequel Slasher Splatter Feriencamp Independent New York DTV Trash


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YOU'RE NEVER TOO YOUNG (Norman Taurog/USA 1955)


"This is a girls' school!" - "That's why I like it here."

You're Never Too Young (Man ist niemals zu jung) ~ USA 1955
Directed By: Norman Taurog

Weil sie einem gewalttätigen Diamantendieb (Raymond Burr) in die Quere kommen, kommen Mädchenschullehrer Bob Miles (Dean Martin) und Friseurlehrling Wilbur Hoolick (Jerry Lewis) bald ziemlich in die Bredouille. Besonders für den armen Wilbur, dessen Sakko als unfreiwilliges Versteck für den geraubten Klunker herhalten muss, wird es eng. So gibt er sich kurzerhand als Vierzehnjähriger aus und avanciert - zunächst unerkannt - zum Schützling von Bobs Freundin und Kollegin Nancy (Diana Lynn). In der Mädchenschule fühlt sich Wilbur sogar sichtlich wohl, doch der Verbrecher ist ihm auf den Fersen.

Hübsch durchgreschossener Martin/-Lewis-Spaß, der die Ikonographie beider Figuren durch ihre Rollen noch weiter vorantreibt. Lewis als camouflierter, flausenköpfiger Teenager und Martin als Sportlehrer in einer Mädchenschule - das kam fst schon einem Treppenwitz gleich und war darüberhinaus brillantester Metahumor. Dabei war das Duo bereits sichtlich dabei, sich mehr und mehr zu zerstreiten. "You're Never Too Young" zeigt das so anschaulich wie kaum ein anderer Film der beiden; Martin wird des Öfteren zum Opfer von Lewis' fiesen Scherzen, wird von einem Friseurstuhl durch die Gegend geschleudert und sogar noch am Ende, als er bereits sicher vor ihm zu sein glaubt, im Zug überrascht. Ich neige durchaus zu der Überzeugung, dass Martins genervtes und Lewis' vor heimlichem Sadismus leuchtende Gesichter dabei keinesfalls reine Staffage sind. Anyway, Taurogs bester Film um die zwei Entertainer bleibt für mich "Living It Up", wenngleich auch dieser eine buchstäbliche Schau darstellt.

7/10

Norman Taurog Jerry Lewis Slapstick Schule Freundschaft Sidney Sheldon Zug Martin/Lewis


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LONESOME DOVE (Simon Wincer/USA 1989)


"It's not dying I'm talking about, it's living."

Lonesome Dove (Der Ruf des Adlers) ~ USA 1989
Directed By: Simon Wincer

Südtexas, 1876: Die beiden Ex-Texas-Ranger Gus McCrae (Robert Duvall) und Woodrow Call (Tommy Lee Jones) sind in dem entlegenen Städtchen Lonesome Dove sesshaft geworden und verdienen ein paar Dollar mit dem Zureiten von Wildpferden. Doch das Fernweh lockt. Von ihrem früheren Kollegen Jake Spoon (Robert Urich) erfahren sie, dass im nördlichen Montana noch weite Regionen unerschlossen sind und sich dort bislang nicht ein Rinderzüchter niedergelassen hat. Kurzerhand stehlen Gus und Woodrow sich ein paar Rinder von jenseits der mexikanischen Grenze zusammen und brechen zusammen mit ihren alten Freunden Pea (Timothy Scott) und Deets (Danny Glover) sowie einigen jungen Cowboys zu einem 2500-Meilen-Treck nach Montana auf. Parallel dazu macht sich Sheriff Johnson (Chris Cooper) aus Arkansas an die Verfolgung des wegen Totschlags gesuchten Jake Spoon, was Johnsons Frau Elly (Glenne Headley) dazu nutzt, ihm wegzulaufen.

Hierzulande faktisch unbemerkt erlebte der in den späten Achtzigern einmal mehr in seinen letzten Todeszuckungen liegende Western eine seiner bahnbrechendsten Reanimierungen, nämlich in Form der vierteiligen TV-Miniserie "Lonesome Dove", die die Adaption des ersten Teils eines Wildwest-Zyklus des Texaners Larry McMurtry darstellte. Western und Fernsehen standen bis dahin in einem eher stiefmütterlich zu betrachtenden symbiotischen Verhältnis, das zwar ellenlang gespielte Klassiker wie "Bonanza", "The Virginian", "Rawhide" oder "Gunsmoke" hervorgebracht hatte, die sich jedoch der zumindest damals noch recht eng korsettierten Form des Serienformats ergeben mussten. 1989 lief dann "Lonesome Dove", ein Film, der eigentlich bloß seiner Länge von insgesamt 380 Minuten auf sein Premierenmedium angewiesen war. Von vorbereiteten Werbepausen und Cliffhangern keine Spur, Simon Wincer und sein dp Dean Semler bewegen sich ganz im Takt der majestätischen, an Elmer Bernstein und John Barry erinnernden Klänge von Basil Poledouris. Dabei stellte die Produktion ein offenes kommerzielles und künstlerisch Wagnis dar: Mit einem imposanten Budget von 25 Millionen Dollar nahm "Lonesome Dove" die wehmütige Endzeitstimmung Peckinpahs auf bzw. die von "Dances With Wolves" und "The Unforgiven" vorweg. Er schreckte nicht vor visuellen Härten zurück und gewann mit der Hauptdarstellerriege, zu der sich noch Diane Lane, Frederic Forrest, Gavan O'Herlihy, Anjelica Huston und Steve Buscemi gesellten, eine Besetzung, die bereits erahnen lässt, dass dies kein ordinäres TV-Gebalze wie etwa die vier Jahre später folgende, fürchterliche Serie "Dr. Quinn, Medicine Woman" markieren dürfte. Von nur sehr wenigen Schwächen und der einen oder anderen dramaturgischen Unausgewogenheit abgesehen braucht "Lonesome Dove" im Direktvergleich selbst mit den oben erwähnten, cineastischen Meilensteinen nicht zurückstecken. Im Gegenteil: Vieles, wozu anderen Genrevertretern schlechthin die Erzählzeit fehlt, kann hier in aller epischen breite ausgewalzt werden; die Figuren wachsen einem ans Herz, bevor sie eines oftmals grausamen, unverdienten Tode sterben müssen und es lässt sich garantiert niemals vorhersehen, was als nächstes passieren mag. "Lonesome Dove" mäandert wie ein langer Fluss durch den unberührten Südwesten des Landes, oft ruhig, beschaulich und schön dahinplätschernd, dann aufgepeitscht von Wind und Wetter, nur um bald darauf wieder zu seinem vorherigen Format zurückzuschrumpfen und schließlich stolz in den Ozean zu münden und sich dort mit dem Allewigen zu vereinen.

9/10

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CASTLE KEEP (Sydney Pollack/USA 1969)


"Everybody should eat more bread. Feeds the heart."

Castle Keep (Das Schloss in den Ardennen) ~ USA 1969
Directed By: Sydney Pollack

Während der Ardennen-Offensive im Winter 44 besetzen Major Falconer (Burt Lancaster) und seine siebenköpfige Einheit das einsam gelegene Schloss des Grafen Maldorais (Jean-Pierre Aumont), das genau auf der Durchmarschroute der Wehrmacht liegt. Maldorais lebt in einer inzestuösen Beziehung mit seiner Nichte Therese (Astrid Heeren) und hat in seinem Domizil zahlreiche Kunstschätze gehortet, die besonders den entsprechend beflissenen Historiker Captain Beckman (Patrick O'Neal) zutiefst beeindrucken. Während Falconer eine unverhohlene Affäre mit Therese beginnt, schlagen die restlichen Männer die zermürbende Wartezeit mit Suff, Philosophieren oder Besuchen in dem benachbarten Dorf St. Croix tot, wo der Puff "La Reine Rouge" zu finden ist und Sergeant Rossi (Peter Falk) sich in die Witwe (Olga Bisera) des hiesigen Bäckers verliebt. Als die Deutschen schließlich mit einer gewaltigen Übermacht anrücken stellt sich die gesamte Aktion als kalkulierter Wahnsinn heraus, der Hitlers Armee lediglich dezimiert und der in strategischer Hinsicht im Prinzip völlig vermeidbar gewesen wäre.

Kriegsfilm als kunstvolle Parabel - das gab es nicht erst mit Coppolas "Apocalypse Now", auch Pollacks "Castle Keep", Adaption des Romans von William Eastlake und vielleicht des Regisseurs großartigster Film ,- in jedem Falle aber einer seiner ambitioniertesten -, scheut sich nicht davor, das zu dieser Zeit noch gern in Zeichen aktionsreicher, unterhaltsamer Männerunterhaltung stehende Genrekino satirisch umzukrempeln und ihm eine Dosis tiefschwarzer Bitternis in Kombination mit vortrefflichem Galgenhumor zu versetzen. Die fantastische Besetzung erhält Zeit für die implizite Vorstellung von Einzelporträts und rasch wird offenbar, dass jeder der Männer einen, vermutlich kriegsinduzierten, Sprung in der Schüssel hat. Damit stehen sie dem durch die Gegend irrenden, Choräle anstimmenden Deserteur Bix (Bruce Dern) kaum nach. Pollack derweil pflegt eine geradezu offensiv-impressionistische Inszenierung mit Sekundenschnitten und einmontierten Frames von Wasserspeiern, die das damalige Publikum, besonders in berechtigt antizipatorischer Erwartung eines halbwegs geradlinigen Kriegsabenteuers in der Manier des nur zwei Jahre zuvor aufgeführten "The Dirty Dozen", gehörig vor den Kopf gestoßen haben dürfte.
"Castle Keep", ein Meisterwerk seiner Zunft, hat somit Bestand als einer der größten (Anti-)Kriegsfilme und als wegweisendes Stück New Hollywood außerdem.

10/10

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COBRA WOMAN (Robert Siodmak/USA 1944)


"I have spoken!"

Cobra Woman (Die Schlangenpriesterin) ~ USA 1944
Directed By: Robert Siodmak

Weil ihm kurz vor der Hochzeit seine Braut Tollea (Maria Montez) entführt wird, brechen der Abenteurer Ramu (Jon Hall), sein Schützling Kado (Sabu) und Schimpanse Coco zur "Insel der Kobras" auf - dort soll Tollea die Regentschaft ihrer bösen Zwillingsschwester Naja (Maria Montez) brechen und übernehmen. Ramu und Kado jedoch hauen Tollea heraus, sorgen dafür, dass Naja und ihr schurkischer Kumpan Martok (Edgar Barrier) von ihrer schurkischen Schreckensherrschaft 'entbunden' werden und der drohende, 'feuerspuckende Berg' sich wieder beruhigt.

Na, holladihiti. Das ist mal Camp in Reinkultur, was das Triumvirat Siodmak/Wagner/Brooks hier im Auftrage der damals vor nix fiesen Universal auf die Beine gestellt hat. Ich gebrauche dieses Attribu ja sonst eher verhalten, aber wenn etwas komplett Banane ist, dann "Cobra Woman". Orts- und zeitentrückt, mit jedem Pfiff auf irgendeine Glaubwürdigkeit, muss man sich stets vor Augen halten, dass man hier einem naiven Abenteuerfilm für Kinder aufsitzt, um nicht feist kreischend vom Sofa zu fallen. Jedes noch so abgegriffene Genreklischee wird hier bedient, jedes noch so tumbe dramaturgische Konstrukt aufgetischt. Das bereits aus dem erfolgreichen "Arabian Nights" bekannte Trio Jon Hall, Maria Montez und Sabu fand sich hier neuerlich als winning team im Einsatz, diesmal vor noch exotischerer (nämlich irrealer) Kulisse. Ein braver, weiser Kolonial-Schotte (Moroni Olsen) und ein für lustige Späße verantwortlicher Schimpanse, der sich im Einfädeln von Nähgarn hervortut, fehlen ebensowenig wie eine animatronische Kobra, ein Vulkan und für diese Art von B-Film durchaus schick geratene action settings. Außerdem hat "Cobra Woman" ganz unzweifelhaft Pate gestanden für "Indiana Jones And The Temple Of Doom", der fast schon als inoffizielles Remake angesehen werden muss. Schlager.

7/10

Robert Siodmak George Waggner Richard Brooks Schlangen Camp Trash





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Funxton

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