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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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ERASERHEAD (David Lynch/USA 1977)



"Just cut them up like regular chickens."

Eraserhead ~ USA 1977
Directed By: David Lynch

Henry Spencers (Jack Nance) Leben wird zu einem desolaten Albtraum: Der als Drucker in einer von Fabriken gesäumten Industrielandschaft tätige Mann heiratet gezwungenermaßen seine neurotische Verlobte Mary (Charlotte Stewart), da sie ein Baby von ihm bekommt. Das Neugeborene hat jedoch mehr Ähnlichkeit mit einem Saurier/Strauß-Hybriden denn mit einem menschlichen Kind und krakeelt den ganzen Tag vor sich hin. Mary verlässt Henry und das Baby und zieht zurück zu ihren Eltern. Henry halluziniert eine seltsame Gesangsnummer hinter seiner Zimmerheizung herbei, ebenso, wie seine plötzliche Enthauptung, nach der sein Hirn zu Radierern verabeitet wird. Es gelüstet ihn nach seiner Nachbarin (Judith Roberts), die jedoch rasch das Interesse an ihm verliert. Schließlich tötet er das ihn nurmehr auszulachen scheinende Baby und tritt danach selbst eine Reise ins chaotische Nirgendwo an.

Was rein inhaltlich eigentlich einen Kurzfilm hätte säumen mögen, baut Lynch in seinem Langfilmdebüt, an dessen Schaffung er über fünf Jahre hinweg arbeitete, auf eine Distanz über 85 Minuten auf. Der Witz ist, dass sein im Prinzip völlig pathologisches Hirnidiom völlig aufgeht und infolge seiner unerreichten, unverwechselbaren und unikalen Ästhetik den Rezpienten sogar fest an sich zu fesseln versteht. "Eraserhead" will weniger gesehen und schon erst gar nicht begriffen, sondern schlicht "erfahren" werden. Lynch unterminiert hier bereits in vollster Radikalität den omnipräsenten Wunsch des ordinären Kinogängers nach Ratio und Struktur, nach Akten und Begrifflichkeiten, nach Halt und Säule. "Eraserhead" jedoch enthält seinem Publikum nicht nur all dies vor, sondern dreht ihm gleich dazu auch noch eine lange Nase, wenn er subjektive Geisteswelten und Traumlogik projiziert und erfahrbar macht. Obschon ihm eine stringente Narration mehr oder weniger fehlt, ist "Eraserhead" komisch und traurig, romantisch und entsetzlich, sehnsuchtsvoll und ekelhaft. Dabei, und das ist das eigentlich Tolle, ist es eben egal, wovon er berichtet (oder ob er gar überhaupt von etwas berichtet), ob von einem jungen Vater, der eine folgenschwere Psychose durchlebt, einem einsamen Kafka-Protagonisten, der zum Opfer einer bizarren Versuchsanordnung der Obrigkeit wird oder ob er einfach einen seltsamen Traum wiedergibt.
In heaven, everything is fine. Mehr muss man nicht wissen.

9/10

David Lynch Surrealismus Baby Madness



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Funxton

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