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MASH (Robert Altman/USA 1970)
von Funxton ·
01 November 2014
Kategorie:
Kriegsfilm,
Komödie
Aufrufe: 1.710
"Goddamn army."
MASH ~ USA 1970
Directed By: Robert Altman
Im Koreakrieg, 1951: Die beiden Chirurgen und (unfreiwilligen) Offiziere Hawkeye Pierce (Donald Sutherland) und Duke Forrest (Tom Skerritt) sind neu im Sanitätscamp MASH 4077. Als gnadenlose Zyniker und Hedonisten leisten die beiden zwar hervorragende medizinische Arbeit nach Kräften, vertreiben sich die übrige Zeit jedoch mit heillosen Besäufnissen, Sex und liebenswerten bis gemeinen Streichen gegenüber dem Restpersonal. Als der sie in all diesen Dingen noch übertreffende Trapper John McIntyre (Elliott Gould) zu ihrer Truppe stößt, ist ein lustiges Chaos vorprogrammiert.
Mit dem so inflationär missbrauchten Attribut "genial" in Bezug auf die qualitative Einordnung von Film gehe ich bekanntermaßen alles andere als häufig hausieren, in diesem Falle jedoch, Altmans dritter Langfilmregie, gibt es kein treffenderes.
Es existieren ja ganz unterschiedliche Möglichkeiten, protestträchtiges, humanistisch geprägtes Antikriegskino zu machen. Speziell der Vietnamkrieg, der sich ereignete in einer Ära, als Hollywood sich im wichtigsten Umbruch befand von seiner tradierten hin zu seiner intellektualisierten Phase, bot dafür gewissermaßen eine eminente Vorlage. Zuvor gab es betreffs dieses zeitgenössischen, weltumspannenden Topos lediglich den erzreaktionären und hurrapatriotisch angelegten "The Green Berets", wenn man so will einen der finalen Grabsteine des alten Studiosystems, der eindrucksvoll aufzeigte, wie überkommen selbiges zu funktionieren pflegte. Unverhohlen bis offen geäußerte Kritik am derzeit stattfindenden Fernost-Engagement der USA war dennoch ein zu heißes Eisen für kommerziell angelegtes Entertainment. So gab es den das Massaker von My Lai als pro-indianischen Western verklausulierenden "Soldier Blue" und, neben Mike Nichols etwa zeitgleich entstandener Heller-Adaption "Catch-22" eben Altmans "MASH", der, anders als sein Komplementärwerkden Zweiten Weltkrieg, den Koreakrieg als symbolischen Subtext für Vietnam nutzte. Der hierin favorisierte Ansatz, einen Antikriegs- und sogar einen Antiimperialismus-Film zu schaffen, liegt im intellektuell vielleicht tragfähigsten, nämlich im Satirischen, in der Farce. Die wundervolle Konsequenz jener berühmten Einstellung, in der vor dem Bild einer wehenden US-Flagge eine japanische Sängerin aus dem Lautsprecher ertönt mit einem Schmalzstück namens "It's Time For Us To Say 'Sayonara'" ist wohl bis heute unerreicht.
Während also "drüben" an der Front Männer zerschossen werden, müssen unsere drei Helden/Chirurgen diese wieder zusammenflicken. Solchen Widersinn ertragen weitsichtigere Zeitgenossen freilich nur durch eine umfassend existenzkultivierte "Leck-mich-am-Arsch"-Attitüde, die Hawkeye, Trapper John und Duke Forrest beherrschen wie keine anderen. Man könnte auch behaupten, dass sie ihre Operationen zwischen zwei Martinis durchführen; inmitten all der nicht zuletzt selbstzerstörerischen Schlachten ihrer bedauernswerten Frontkameraden bleibt für sie, die etwas cleverere Hinterhand, immerhin hinreichend Zeit zum Golfspielen, sowie dazu einheimische Jungs zu Barkoryphäen zu erziehen, bigotte Kollegen in die Zwangsjacke zu treiben, den Suizid eines an seiner Potenz zweifelnden Dentisten-Kollegen (John Schuck) zu verhindern oder eine Schamhaarrevue zu veranstalten - alles fein episodisch und in höchster Brillanz vorgetragen und gekrönt von einem slapstickartig inszenierten Football-Spiel. Parallel dazu hat es allenthalben wirre Gestalten wie den Camp-Kaplan Mulcahy (Rene Auberjonois), den ewig vor sich hin plappernden Corporal Radar (Gary Burghoff) oder die verpeilte Stimme aus dem Camp-Lautsprecher, die im Original David Arkin gehört. Womit wir dann abschließend bei der deutschen Sychronfassung wären, die die ungeheure Leistung erbringt, Altmans komplexe, nuschelige Querdialoge vollkommen kongenial ins Deutsche zu übertragen und die eines der vordringlichen, ja, unerreichten Meisterstücke ihrer Kunst darstellt. Eine Versammlung einiger der größten Könner ihrer Zunft gibt es da zu bestaunen und zu beklatschen, die alles herausholen, was drin ist und noch mehr.
"Suicide is painless": "MASH" ist nicht nur ein großes, wahrhaftig formuliertes "Nein" zum Krieg, er ist der weit ausgestreckte Mittelfinger.
10*/10
Robert Altman Korea Koreakrieg Farce Ensemblefilm Medizin Militär New Hollywood
MASH ~ USA 1970
Directed By: Robert Altman
Im Koreakrieg, 1951: Die beiden Chirurgen und (unfreiwilligen) Offiziere Hawkeye Pierce (Donald Sutherland) und Duke Forrest (Tom Skerritt) sind neu im Sanitätscamp MASH 4077. Als gnadenlose Zyniker und Hedonisten leisten die beiden zwar hervorragende medizinische Arbeit nach Kräften, vertreiben sich die übrige Zeit jedoch mit heillosen Besäufnissen, Sex und liebenswerten bis gemeinen Streichen gegenüber dem Restpersonal. Als der sie in all diesen Dingen noch übertreffende Trapper John McIntyre (Elliott Gould) zu ihrer Truppe stößt, ist ein lustiges Chaos vorprogrammiert.
Mit dem so inflationär missbrauchten Attribut "genial" in Bezug auf die qualitative Einordnung von Film gehe ich bekanntermaßen alles andere als häufig hausieren, in diesem Falle jedoch, Altmans dritter Langfilmregie, gibt es kein treffenderes.
Es existieren ja ganz unterschiedliche Möglichkeiten, protestträchtiges, humanistisch geprägtes Antikriegskino zu machen. Speziell der Vietnamkrieg, der sich ereignete in einer Ära, als Hollywood sich im wichtigsten Umbruch befand von seiner tradierten hin zu seiner intellektualisierten Phase, bot dafür gewissermaßen eine eminente Vorlage. Zuvor gab es betreffs dieses zeitgenössischen, weltumspannenden Topos lediglich den erzreaktionären und hurrapatriotisch angelegten "The Green Berets", wenn man so will einen der finalen Grabsteine des alten Studiosystems, der eindrucksvoll aufzeigte, wie überkommen selbiges zu funktionieren pflegte. Unverhohlen bis offen geäußerte Kritik am derzeit stattfindenden Fernost-Engagement der USA war dennoch ein zu heißes Eisen für kommerziell angelegtes Entertainment. So gab es den das Massaker von My Lai als pro-indianischen Western verklausulierenden "Soldier Blue" und, neben Mike Nichols etwa zeitgleich entstandener Heller-Adaption "Catch-22" eben Altmans "MASH", der, anders als sein Komplementärwerkden Zweiten Weltkrieg, den Koreakrieg als symbolischen Subtext für Vietnam nutzte. Der hierin favorisierte Ansatz, einen Antikriegs- und sogar einen Antiimperialismus-Film zu schaffen, liegt im intellektuell vielleicht tragfähigsten, nämlich im Satirischen, in der Farce. Die wundervolle Konsequenz jener berühmten Einstellung, in der vor dem Bild einer wehenden US-Flagge eine japanische Sängerin aus dem Lautsprecher ertönt mit einem Schmalzstück namens "It's Time For Us To Say 'Sayonara'" ist wohl bis heute unerreicht.
Während also "drüben" an der Front Männer zerschossen werden, müssen unsere drei Helden/Chirurgen diese wieder zusammenflicken. Solchen Widersinn ertragen weitsichtigere Zeitgenossen freilich nur durch eine umfassend existenzkultivierte "Leck-mich-am-Arsch"-Attitüde, die Hawkeye, Trapper John und Duke Forrest beherrschen wie keine anderen. Man könnte auch behaupten, dass sie ihre Operationen zwischen zwei Martinis durchführen; inmitten all der nicht zuletzt selbstzerstörerischen Schlachten ihrer bedauernswerten Frontkameraden bleibt für sie, die etwas cleverere Hinterhand, immerhin hinreichend Zeit zum Golfspielen, sowie dazu einheimische Jungs zu Barkoryphäen zu erziehen, bigotte Kollegen in die Zwangsjacke zu treiben, den Suizid eines an seiner Potenz zweifelnden Dentisten-Kollegen (John Schuck) zu verhindern oder eine Schamhaarrevue zu veranstalten - alles fein episodisch und in höchster Brillanz vorgetragen und gekrönt von einem slapstickartig inszenierten Football-Spiel. Parallel dazu hat es allenthalben wirre Gestalten wie den Camp-Kaplan Mulcahy (Rene Auberjonois), den ewig vor sich hin plappernden Corporal Radar (Gary Burghoff) oder die verpeilte Stimme aus dem Camp-Lautsprecher, die im Original David Arkin gehört. Womit wir dann abschließend bei der deutschen Sychronfassung wären, die die ungeheure Leistung erbringt, Altmans komplexe, nuschelige Querdialoge vollkommen kongenial ins Deutsche zu übertragen und die eines der vordringlichen, ja, unerreichten Meisterstücke ihrer Kunst darstellt. Eine Versammlung einiger der größten Könner ihrer Zunft gibt es da zu bestaunen und zu beklatschen, die alles herausholen, was drin ist und noch mehr.
"Suicide is painless": "MASH" ist nicht nur ein großes, wahrhaftig formuliertes "Nein" zum Krieg, er ist der weit ausgestreckte Mittelfinger.
10*/10
Robert Altman Korea Koreakrieg Farce Ensemblefilm Medizin Militär New Hollywood
Ich glaube, mir mißfiel - so blöd das auch klingt - daß der Film den Krieg nicht auf gebührende/normale/schwermütige (und leicht zu konsumierende) Weise ernstnahm. Von dem Vorurteil konnte ich mich nicht befreien, zumindest bis jetzt nicht.
Jetzt freue ich mich schon auf den zweiten Versuch.