Zitat entfällt.
Pelle Erobreren (Pelle, der Eroberer) ~ DK/S 1987
Directed By: Bille August
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts: Nach dem Tod seiner Frau emigriert der alternde schwedische Landarbeiter Lasse Karlsson (Max von Sydow) mit seinem achtjährigen Sohn Pelle (Pelle Hvengaard) ins verheißungsvolle Dänemark. Dort verspricht sich der bildungsferne Alte sein kleines Glück: ein geregeltes Auskommen, eine neue Ehefrau und eine Zukunft für den geliebten Jungen. Auf Bornholm finden die beiden eine Anstellung auf dem Steinhof des Grundbesitzers Kongstrup (Axel Stroybø). Der überlässt die Schindereien und Kleinmachereien seiner Knechtschaft dem garstigen Verwalter (Erik Paaske). In den folgenden zweieinhalb Jahren lernt Pelle viel über das Gefälle zwischen den Ständen, über Bigotterie, Aubeutertum und die Verlogenheit der Oberklasse. Schließlich macht er den Traum des kämpferischen Vorarbeiters Erik (Bjørn Granath) wahr und macht sich auf nach Amerika.
In seinem pompösen Sittengemälde konzentriert sich Bille August auf die frühen Lehrjahre des Protagonisten Pelle Karlsson, der in Martin Andersen Nexøs deutlich weitläufigerem Romanzyklus, in dem Pelle als junger Mann weiter nach Kopenhagen zieht und dort im Laufe der Jahre zu einem Helden der unterdrückten Arbeiterklasse wird. Das Filmende kommt indes deutlich märchenhafter daher, wenngleich im Rahmen der Transponierung nicht unpassender: Pelle schafft es, sich dem sackgassenhaften Knechtschicksal, das sein zunehmend entkräfteter Vater längst für sich akzeptiert hat, zu entfliehen und nach neuen Ufern zu suchen. Ob er diese nun mittelfristig im lobgepriesenen Amerika oder im deutlich näher gelegenen Sjælland finden mag, ist für das Ende des Films zunächst unerheblich; wichtig ist der Emanzipationsgedanke. Pelle erreicht dieses frühe Ziel durch Bildung, die sich sowohl durch althergebrachte schulische und katechistische wie auch eine gehöroge Portion Autodidaktik vollzieht. Pelle lernt, die Menschen zu beobachten und einzuschätzen; wie sie bereit sind, sich für einen Hungerlohn und einen Hering zu verkaufen und demütigen zu lassen und dass es nur wenige gibt, die die innere Kraft zum Aufbegehren gegen den althergebrachten Status aufbringen. Über allem schwebt stets der bedrohliche Geist der "Obrigkeit", die Pelle in Form eilends herbeigerufener Uniformierter nebst geschlossener Droschke wahrnimmt, die jene abholen, die sich in irgendeiner Form schuldig gemacht haben. Wie die unglückliche Magd Anna (Kristina Törnqvist), die ein uneheliches Kind zur Welt gebracht und getötet hat. Andere kommen glimpflicher davon, so Frau Kongstrup (Astrid Villaume), die ihren Gatten, nachdem dieser die minderjährige Nichte Sine (Sofie Gråbøl) geschwängert hat, kurzerhand kastriert. So etwas fällt dann unter großfamiliären "Unfällen". Pelles eigentliches Vorbild, der zum revolutionären Gestus neigende Erik, fällt eines Tages, bevor er sich zur längst fälligen Aktion aufraffen kann, einem beklagenswerten Unfall zum Opfer: Ein Steinklotz raubt ihm Hirn, Verstand und Rebellionswillen. Erik wird zur geistlosen, lobotomierten Hülle. Doch Pelle vergisst dessen Versprechen, dereinst mit ihm die Welt zu bereisen, nicht und macht sich schlussendlich allein auf den Weg.
Weltgeschichte durch die unbefleckten Augen eines Kindes - oder Simplicissimus - zu betrachten, liefert häufig eine segensreiche Erzählperspektive in Literatur und Film. "Pelle Erobreren" macht da keine Ausnahme. Ein Film, für den man sich ob seiner doch recht intensiven Emotionalität (auf deren Klaviatur August ja stets vortrefflich zu spielen versteht) mit gutem Mut wappnen mag, der jedoch sein Publikum geradezu fürstlich entlohnt.
9/10
Bille August period piece Standesdünkel Coming of Age Vater & Sohn Dänemark Sittengemälde Martin Andersen Nexø amour fou
Pelle Erobreren (Pelle, der Eroberer) ~ DK/S 1987
Directed By: Bille August
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts: Nach dem Tod seiner Frau emigriert der alternde schwedische Landarbeiter Lasse Karlsson (Max von Sydow) mit seinem achtjährigen Sohn Pelle (Pelle Hvengaard) ins verheißungsvolle Dänemark. Dort verspricht sich der bildungsferne Alte sein kleines Glück: ein geregeltes Auskommen, eine neue Ehefrau und eine Zukunft für den geliebten Jungen. Auf Bornholm finden die beiden eine Anstellung auf dem Steinhof des Grundbesitzers Kongstrup (Axel Stroybø). Der überlässt die Schindereien und Kleinmachereien seiner Knechtschaft dem garstigen Verwalter (Erik Paaske). In den folgenden zweieinhalb Jahren lernt Pelle viel über das Gefälle zwischen den Ständen, über Bigotterie, Aubeutertum und die Verlogenheit der Oberklasse. Schließlich macht er den Traum des kämpferischen Vorarbeiters Erik (Bjørn Granath) wahr und macht sich auf nach Amerika.
In seinem pompösen Sittengemälde konzentriert sich Bille August auf die frühen Lehrjahre des Protagonisten Pelle Karlsson, der in Martin Andersen Nexøs deutlich weitläufigerem Romanzyklus, in dem Pelle als junger Mann weiter nach Kopenhagen zieht und dort im Laufe der Jahre zu einem Helden der unterdrückten Arbeiterklasse wird. Das Filmende kommt indes deutlich märchenhafter daher, wenngleich im Rahmen der Transponierung nicht unpassender: Pelle schafft es, sich dem sackgassenhaften Knechtschicksal, das sein zunehmend entkräfteter Vater längst für sich akzeptiert hat, zu entfliehen und nach neuen Ufern zu suchen. Ob er diese nun mittelfristig im lobgepriesenen Amerika oder im deutlich näher gelegenen Sjælland finden mag, ist für das Ende des Films zunächst unerheblich; wichtig ist der Emanzipationsgedanke. Pelle erreicht dieses frühe Ziel durch Bildung, die sich sowohl durch althergebrachte schulische und katechistische wie auch eine gehöroge Portion Autodidaktik vollzieht. Pelle lernt, die Menschen zu beobachten und einzuschätzen; wie sie bereit sind, sich für einen Hungerlohn und einen Hering zu verkaufen und demütigen zu lassen und dass es nur wenige gibt, die die innere Kraft zum Aufbegehren gegen den althergebrachten Status aufbringen. Über allem schwebt stets der bedrohliche Geist der "Obrigkeit", die Pelle in Form eilends herbeigerufener Uniformierter nebst geschlossener Droschke wahrnimmt, die jene abholen, die sich in irgendeiner Form schuldig gemacht haben. Wie die unglückliche Magd Anna (Kristina Törnqvist), die ein uneheliches Kind zur Welt gebracht und getötet hat. Andere kommen glimpflicher davon, so Frau Kongstrup (Astrid Villaume), die ihren Gatten, nachdem dieser die minderjährige Nichte Sine (Sofie Gråbøl) geschwängert hat, kurzerhand kastriert. So etwas fällt dann unter großfamiliären "Unfällen". Pelles eigentliches Vorbild, der zum revolutionären Gestus neigende Erik, fällt eines Tages, bevor er sich zur längst fälligen Aktion aufraffen kann, einem beklagenswerten Unfall zum Opfer: Ein Steinklotz raubt ihm Hirn, Verstand und Rebellionswillen. Erik wird zur geistlosen, lobotomierten Hülle. Doch Pelle vergisst dessen Versprechen, dereinst mit ihm die Welt zu bereisen, nicht und macht sich schlussendlich allein auf den Weg.
Weltgeschichte durch die unbefleckten Augen eines Kindes - oder Simplicissimus - zu betrachten, liefert häufig eine segensreiche Erzählperspektive in Literatur und Film. "Pelle Erobreren" macht da keine Ausnahme. Ein Film, für den man sich ob seiner doch recht intensiven Emotionalität (auf deren Klaviatur August ja stets vortrefflich zu spielen versteht) mit gutem Mut wappnen mag, der jedoch sein Publikum geradezu fürstlich entlohnt.
9/10
Bille August period piece Standesdünkel Coming of Age Vater & Sohn Dänemark Sittengemälde Martin Andersen Nexø amour fou