"Achtung, achtung. Eine wichtige Durchsage: Seit drei Sekunden ist Kriech. Un getz weiter mit Musik."
Praxis Dr. Hasenbein ~ D 1997
Directed By: Helge Schneider
Dr. Angelika Hasenbein (Helge Schneider) ist alleinerziehender Vater seines rückwärts alternden Sohnes Peterchen (Peter Berling) und in seiner Straße eine medizinische Institution. Ansonsten passiert nicht viel, mit Ausnahme einer glamourösen Kinopremiere ["Ruck Ruck, der Taubenmensch" des großen Filmemachers Tortellini (Buddy Casino) wird uraufgeführt] sowie der Geburtstag der Waisenhauspatriarchin Tante Uschi (Andreas Kunze), die allerdings überschattet wird von einem unglückseligen Unfall: Hermi, der Hamster der Waisenhaus-Kinder, fällt einem furchtbaren Missverständnis zum Opfer. Am Ende muss Dr. Hasenbein in den Krieg und kehrt erst nach dreißig Jahren in seine Heimat zurück. Dort hat sich alles ein bisschen viel verändert und der Doktor zieht in das vom Waisenhaus zum Altersheim umgemodelte Nachbarhaus, wo er Jazz spielt.
Helge Schneiders poetischster Film ist eine Liebeserklärung an alte Zeiten, als die Welt noch unschuldig und die EC-Automaten noch lebendig waren. Nach "00 Schneider - Jagd auf Nihil Baxter" mindert Helge sich doch um Einiges an Brachialkomik und lässt nun eher leise, intime Zwischenmenschlichkeit aufkommen. Wie eh und je sind die Nebenfiguren, von denen die meisten natürlich altbekannt sind, von eminentester Bedeutung für das Gesamtbild. Doch auch frische Charaktere wie der Schneider Voss (Norbert Losch), der Tabakverkäufer (Horst Mendroch) von nebenan oder der Waisenjunge Carlos (Carlos Boes) entwickeln sich rasch zu wohlgelittenen Bekannten des Zuschauers. Charlie Weiss und Helmut Körschgen sind infolge nachlassender Gesundheitszustände leider nicht mehr dabei, dafür hat Peter Berling seinen größten Schneider-Auftritt und Andreas Kunze erweist sich neuerlich als unverzichtbar. Ansonsten bleibt "Dr. Hasenbein" mit seinem open-air-theateresken Schauplatz, der sich nur selten in die Interieurs (als da wären des Doktors Haus und Praxis, Kneipe, Kino und Waisenhaus) verschwenkt, be- und überschaulich bzw. -bar und enthält sich geradezu sklavisch jedweder Bedeutung von erzählter- und Erzählzeit.
Meine schönste und bleibendste Erinnerung an den Film steht im Zusammenhang mit dem damaligen Kinobesuch im Weseler Comet, in dem man zu der Zeit noch rauchen durfte. Etwa ein Drittel der rund zwanzig Besucher, vornehmlich die anwesenden Pärchen, verließ nach nur wenigen Minuten in Kurzabständen gesittet und nur leise raunend den Saal, derweil mein Kumpel Sascha und ich, besoffen und uns konstant bepissend, vom Sessel rollten. Da wusste ich mal wieder: Der Helge, der ist schon was ganz Besonderes.
9/10
Hele Schneider Groteske Surrealismus Arzt Jazz
Praxis Dr. Hasenbein ~ D 1997
Directed By: Helge Schneider
Dr. Angelika Hasenbein (Helge Schneider) ist alleinerziehender Vater seines rückwärts alternden Sohnes Peterchen (Peter Berling) und in seiner Straße eine medizinische Institution. Ansonsten passiert nicht viel, mit Ausnahme einer glamourösen Kinopremiere ["Ruck Ruck, der Taubenmensch" des großen Filmemachers Tortellini (Buddy Casino) wird uraufgeführt] sowie der Geburtstag der Waisenhauspatriarchin Tante Uschi (Andreas Kunze), die allerdings überschattet wird von einem unglückseligen Unfall: Hermi, der Hamster der Waisenhaus-Kinder, fällt einem furchtbaren Missverständnis zum Opfer. Am Ende muss Dr. Hasenbein in den Krieg und kehrt erst nach dreißig Jahren in seine Heimat zurück. Dort hat sich alles ein bisschen viel verändert und der Doktor zieht in das vom Waisenhaus zum Altersheim umgemodelte Nachbarhaus, wo er Jazz spielt.
Helge Schneiders poetischster Film ist eine Liebeserklärung an alte Zeiten, als die Welt noch unschuldig und die EC-Automaten noch lebendig waren. Nach "00 Schneider - Jagd auf Nihil Baxter" mindert Helge sich doch um Einiges an Brachialkomik und lässt nun eher leise, intime Zwischenmenschlichkeit aufkommen. Wie eh und je sind die Nebenfiguren, von denen die meisten natürlich altbekannt sind, von eminentester Bedeutung für das Gesamtbild. Doch auch frische Charaktere wie der Schneider Voss (Norbert Losch), der Tabakverkäufer (Horst Mendroch) von nebenan oder der Waisenjunge Carlos (Carlos Boes) entwickeln sich rasch zu wohlgelittenen Bekannten des Zuschauers. Charlie Weiss und Helmut Körschgen sind infolge nachlassender Gesundheitszustände leider nicht mehr dabei, dafür hat Peter Berling seinen größten Schneider-Auftritt und Andreas Kunze erweist sich neuerlich als unverzichtbar. Ansonsten bleibt "Dr. Hasenbein" mit seinem open-air-theateresken Schauplatz, der sich nur selten in die Interieurs (als da wären des Doktors Haus und Praxis, Kneipe, Kino und Waisenhaus) verschwenkt, be- und überschaulich bzw. -bar und enthält sich geradezu sklavisch jedweder Bedeutung von erzählter- und Erzählzeit.
Meine schönste und bleibendste Erinnerung an den Film steht im Zusammenhang mit dem damaligen Kinobesuch im Weseler Comet, in dem man zu der Zeit noch rauchen durfte. Etwa ein Drittel der rund zwanzig Besucher, vornehmlich die anwesenden Pärchen, verließ nach nur wenigen Minuten in Kurzabständen gesittet und nur leise raunend den Saal, derweil mein Kumpel Sascha und ich, besoffen und uns konstant bepissend, vom Sessel rollten. Da wusste ich mal wieder: Der Helge, der ist schon was ganz Besonderes.
9/10
Hele Schneider Groteske Surrealismus Arzt Jazz