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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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SILENTIUM! (Wolfgang Murnberger/AUT 2004)



"Vergiss' es, Brenner. Wir sind hier in Salzburg."

Silentium! ~ AUT 2004
Directed By: Wolfgang Murnberger

Brenner (Josef Harder) arbeitet als Kaufhausdetektiv in Salzburg, doch nicht für lang. Gottfried Dornhelm (Peter Streimel Weger), der Schwiegersohn des Präsidenten (Udo Samel) der Opern-Festspiele, hat sich nämlich umgebracht. Ausgerechnet, nachdem er kurz zuvor den hiesigen Erzbischof (Franz X. Schuch) bezichtigt hat, sich vor Jahren an den Schülern des Jungeninternats "Mariana" vergangen zu haben, so auch an ihm selbst. Dornhelms Witwe Konstanze (Maria Köstlinger) glaubt indes nicht an Selbstmord und engagiert Brenner, sich einmal genauer im Mariana umzusehen. Nachdem ihm ein Kreuz auf den Kopf gefallen ist, trifft Brenner seinen alten Kumpel Berti (Simon Schwarz) wieder und stößt gemeinsam mit ihm auf eine Schweinerei nach der anderen, in die Hochkultur und Klerus gleichermaßen involviert sind...

Mit etlichen charmanten Querverweisen an eherne Klassiker wie Polanskis "Chinatown" oder Hitchcocks "North By Northwest" bestückt, toppt der zweite Brenner-Film seinen Vorgänger noch. Allerdings ist auch das Thema um vergangene Missbrauchsfälle im Kirchenrahmen, die die erst ein paar Jahre später die Medien flutenden Anklagen realer Opfer vorwegnahmen, ein heißes Eisen, ebenso wie der sich zum "Retter der Kirche" aufspielende Präfekt Fitz (Joachim Król), der seine Prostitutionsaktivitäten mit seiner göttlichen Rettungsmission rechtfertigt. Der Humor ist nochmal deutlich schwärzer, bitterer, sarkastischer und vor allem geschmacksentgleister als in "Komm, süßer Tod": Wenn etwa Jürgen Tarrach sich als feister Startenor von einer gehemmten, jungen Zwangsprostituierten in den Mund pinkeln lässt ("Jungfrauensekt ist wie Schmieröl für meine Stimmbänder!"), dann geben Lachen und Empörung sich exemplarisch für den gesamten Film die Klinke in die Hand. Herbert Fux und Christoph Schlingensief haben erstklassige Gastauftritte und der Brenner, der sich zu Beginn der 'whole bloody affair' eine WG mit einem ausgestiegenen Ex-Nazi teilt, der später einen üblen Heldentod zu sterben hat, wächst einem nochmal mehr ans Herz. Super.

9/10

Wolfgang Murnberger Wolf Haas Salzburg Kirche Internat Prostitution Pädophilie Menschenhandel Rache Österreich



Es freut mich, dass du dich an den Brenner-Krimis abarbeitest. Dieser hier ist
mein Lieblingsfilm, wobei meiner Meinung nur der erste, "Komm, süßer Tod"
von den anderen drei etwas abfällt.

North By Northwest habe ich gesehen(das Modellflugzeug), außerdem bilde
ich mir ein, dass der Beginn(die Leiche, deren Blut in die Salzburger
Altstadt tropft) von Chabrols "Le Boucher" (die Leiche, deren Blut auf
die Kindergruppe tropft) inspiriert wurde.
Jetzt würde mich interessieren, was dich an Chinatown erinnert?
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Moin Antoine,

ich hatte mir die Brenner-Box mit den ersten drei Filmen bestellt und sie dann auch nächtens (von Donnerstag auf Freitag) gleich alle nacheinander geschaut, was nebenbei unheimlich Spaß gemacht hat, zumal sich die Filme ja jeweils noch gegenüber dem Vorgänger steigern. Der einzige - technische - Kritikpunkt ist der, dass "Komm, süßer Tod" leider nicht anamorph abgetastet wurde. Ansonsten eine durchweg lohnenswerte Anschaffung.

Das mit "Le Boucher" hast du gut erkannt :)

An "Chinatown" gemahnt m.E. dreierlei --
Zum Einen natürlich die korrupte Verstrickung der Salzburger Institutionen: Der verklausulierte Nazi-Direktor der Festspiele, die klerikale Partizipation an Kindesmissbrauch, Prostitution und sogar Auftragsmord, schließlich ansatzweise auch die nach deren Pfeife tanzende Polizei. Öffentliche, diskreditierende Skandale müssen um jeden Preis vermieden werden.
Zweitens die etwas uneindeutige Vater-Tochter-Beziehung, wobei die Brenner beauftragende Tochter (durch ihre kleptomanischen Umtriebe ohnehin seltsam) der schlussendlichen Einlassung des Vaters, sie solle sich doch besinnen, man habe ja nur sich, stattgibt und Brenners Aufklärung am Ende damit abwürgt.
Ganz augenfällig jedoch das von mir auch oben angeführte, direkt aus Chinatown entnommene Schlusszitat. Im "Original" heißt es, als Gittes auf Noah Cross losgehen will, seitens seines Buddys Walsh: "Forget it, Jake. This is Chinatown." In "Silentium!" sagt Berti zum aufgebrachten Brenner: "Vergiss es, Brenner. Wir sind hier in Salzburg."

Brenners Halluzinationen rund um den Unfall mit dem Kreuz sowie die, nachdem er wegen vermeintlichen Mordes an seinem Kumpel verhaftet wurde und betäubt in seiner Zelle liegt, könnte man übrigens auch als Reminiszenz interpretieren: An "The Big Lebowski" nämlich :D

Ach, ein ganz großartiger Film :love:
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Danke! Chinatown habe ich schon lange nicht mehr gesehen.

Von Hitchcock übernommen ist auch die Sitte, dass es in jedem Film einen
Cameo-Auftritt gibt. Aber statt des Regisseurs ist es hier der Romanautor.

In diesem Film sitzt Wolf Haas als Geistlicher im Autobus,(nachdem die Kinder
die Hand entdeckt haben) und schreibt "jetzt ist schon wieder was passiert",
den Anfangssatz der Romane.

Beim Kindesmissbrauch bezieht sich schon Wolf Haas im Roman auf einen realen Vorfall in Österreich der für eine ziemlichen Skandal gesorgt hat.
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Funxton

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