

DER UNHOLD (Volker Schlöndorff/D, F, UK 1996)
von Funxton ·
22 August 2010
Kategorie:
Kriegsfilm,
Drama
Aufrufe: 791
"All I wanted to do was to help, but somehow I inspired people's fear."
Der Unhold ~ D/F/UK 1996
Directed By: Volker Schlöndorff
Über tragische Umwege gelangt der Automechaniker Abel Tiffauges (John Malkovich) im zweiten Weltkrieg zunächst an die Front gegen die Deutschen, kommt alsbald in Kriegsgefangenschaft und wird wegen seiner offensichtlichen Tierliebe von Goerings (Volker Spengler) Forstmeister (Gottfried John) persönlich als Faktotum auf dessen feudalen Landsitz angeheuert. Nach dem Massaker bei Stalingrad zieht Goering das gesamte Personal ab und Abel wechselt auf die benachbarte Zitadelle Kaltenborn, eine Napola für Sprösslinge besonders wohlhabender Eltern. Nach kurzem erhält der naive Abel dort den Auftrag, für die drohende Aufstockung der Wehrmacht sämtliche Jungen aus der Umgebung zu rekrutieren - eine Aufgabe, die der verblendete Simplicissimus willfährig erledigt. Als Abel das Ausmaß seines Tuns bewusst wird, ist es bereits zu spät: Kaltenborn wird gnadenlos von den Russen überrannt und Abel flieht, einen jüdischen Jungen (Ilja Smoljanski) auf dem Arm, ziellos in die winterlichen Sümpfe.
Die Verfilmung von Tourniers "Der Erlkönig" steht in direkter Tradition zur "Blechtrommel" - in beiden Werken geht es um die gleichermaßen distanzierte, dann aber mehr und mehr doch verhängnisvoll involvierte Beobachtung des Dritten Reichs, seines Aufstiegs und Falls. Im Gegensatz zu Oskar Matzerath ist die Dimension des Systems, das ihn kurzzeitzig assimiliert, Abel Triffauges aber zunächst nicht bewusst; er ist zwar geistig auf der Höhe, aber emotional betrachtet hoffnungslos unterentwickelt. Seine aufrichtige, reine Liebe zu Kindern bezahlt er zunächst mit dem Preis übler Verdächtigungen und eines ruinierten Rufs, um dann später "seine" gesamte Kinderschar machtlos dem Feindesfeuer übergeben zu müssen. Der Gedanke, dass nicht das Schicksal uns leitet, sondern umgekehrt, kommt erst viel zu spät.
Schlöndorff kleidet sein Observationsmärchen in gleichermaßen aufwendige wie ästhetisch tragfähige, zwischen farbig und schwarzweiß wechselnde Szenarien, durch die ein abermals virtuoser Malkovich stapft, dessen Interpretation ein wenig an seinen Lennie Small aus "Of Mice And Men" erinnert: Monster und Kind zugleich, ein unschuldiges Opfer seiner verheerenden gesellschaftlichen Umstände. Ansonsten wäre da noch Spenglers fabelhafte Karikatur des größenwahnsinnigen Reichsfeldmarschalls erwähnenswert, eine der brillantesten mir bekannten Nazisatiren.
8/10
Volker Schloendorff Nationalsozialismus WWII Kinder Parabel Erwachsenenmaerchen
Der Unhold ~ D/F/UK 1996
Directed By: Volker Schlöndorff
Über tragische Umwege gelangt der Automechaniker Abel Tiffauges (John Malkovich) im zweiten Weltkrieg zunächst an die Front gegen die Deutschen, kommt alsbald in Kriegsgefangenschaft und wird wegen seiner offensichtlichen Tierliebe von Goerings (Volker Spengler) Forstmeister (Gottfried John) persönlich als Faktotum auf dessen feudalen Landsitz angeheuert. Nach dem Massaker bei Stalingrad zieht Goering das gesamte Personal ab und Abel wechselt auf die benachbarte Zitadelle Kaltenborn, eine Napola für Sprösslinge besonders wohlhabender Eltern. Nach kurzem erhält der naive Abel dort den Auftrag, für die drohende Aufstockung der Wehrmacht sämtliche Jungen aus der Umgebung zu rekrutieren - eine Aufgabe, die der verblendete Simplicissimus willfährig erledigt. Als Abel das Ausmaß seines Tuns bewusst wird, ist es bereits zu spät: Kaltenborn wird gnadenlos von den Russen überrannt und Abel flieht, einen jüdischen Jungen (Ilja Smoljanski) auf dem Arm, ziellos in die winterlichen Sümpfe.
Die Verfilmung von Tourniers "Der Erlkönig" steht in direkter Tradition zur "Blechtrommel" - in beiden Werken geht es um die gleichermaßen distanzierte, dann aber mehr und mehr doch verhängnisvoll involvierte Beobachtung des Dritten Reichs, seines Aufstiegs und Falls. Im Gegensatz zu Oskar Matzerath ist die Dimension des Systems, das ihn kurzzeitzig assimiliert, Abel Triffauges aber zunächst nicht bewusst; er ist zwar geistig auf der Höhe, aber emotional betrachtet hoffnungslos unterentwickelt. Seine aufrichtige, reine Liebe zu Kindern bezahlt er zunächst mit dem Preis übler Verdächtigungen und eines ruinierten Rufs, um dann später "seine" gesamte Kinderschar machtlos dem Feindesfeuer übergeben zu müssen. Der Gedanke, dass nicht das Schicksal uns leitet, sondern umgekehrt, kommt erst viel zu spät.
Schlöndorff kleidet sein Observationsmärchen in gleichermaßen aufwendige wie ästhetisch tragfähige, zwischen farbig und schwarzweiß wechselnde Szenarien, durch die ein abermals virtuoser Malkovich stapft, dessen Interpretation ein wenig an seinen Lennie Small aus "Of Mice And Men" erinnert: Monster und Kind zugleich, ein unschuldiges Opfer seiner verheerenden gesellschaftlichen Umstände. Ansonsten wäre da noch Spenglers fabelhafte Karikatur des größenwahnsinnigen Reichsfeldmarschalls erwähnenswert, eine der brillantesten mir bekannten Nazisatiren.
8/10
Volker Schloendorff Nationalsozialismus WWII Kinder Parabel Erwachsenenmaerchen