"Make it ragged and dirty."
Crash ~ CAN/UK 1996
Directed By: David Cronenberg
Nach einem schweren, selbstverschuldeten Verkehrsunfall, in den auch die Ärztin Helen (Holly Hunter), deren Ehemann dabei stirbt, verwickelt ist, entdeckt der Filmregisseur James Ballard (James Spader) bei sich einen ganz speziellen Fetisch: Die Verbindung von Autos und Koitus, besonders im Zusammenhang mit ausladend inszenierten Unfällen, verschafft ihm nicht nur höchste Erregung, sondern bringt auch eine neue Erotik in das verflachte Sexleben mit seiner Frau Catherine (Deborah Kara Unger). Zusammen mit Helen lernt James den Performance-Künstler Vaughan (Elias Koteas) kennen, der sich gänzlich dem Studium und Nachstellen spektakulärer Crashes verschrieben und eine entsprechende, seltsame Subkultur begründet hat. Tatsächlich erweist sich Vaughans Hang zum Destruktiven als fortgeschrittene Todessehnsucht, der in (noch) moderater Form auch James, Catherine und Helen nacheifern.
Zerstörerischer Sex, Verkeilung und Fusion von Fleisch und Metall und erneut eine gute Portion Freud. Eine nächtliche Massenkarambolage bringt den Thanatos-Eiferer Vaughan, der das "Ereignis" aus allen denkbaren Winkeln photographiert, in höchste Verzückung; Hauptobjekte seiner Aufmerksamkeit sind dabei die, die auf möglichst spektakuläre Weise ums Leben gekommen sind. Dieser eigenartigen Lust widmet Vaughan seine gesamte Existenz: Er und sein etwas tumbes Faktotum Colin (Peter MacNeill) imitieren berühmte Unfälle Prominenter im Zuge einer bizarren Form der Anarcho-Kunst; tödliche Folgen keineswegs ausgeschlossen. Vaughans und Colins größter Traum ist es, irgendwann den tödlichen Unfall von Jayne Mansfield, bei dem sie angeblich enhauptet wurde, nachzustellen. Als alter ego des Autors und loser Agent des Zuschauers begibt sich der an der Langeweile dees Lebens zu verzweifeln drohende James Ballard in diesen 'crash underground' und verliert sich darin irgendwann selbst. Allein die nächste Möglichkeit, einen weiteren Bleckorgasmus zu erlangen, ist noch von Bedeutung.
Cronenberg verurteilt seine Charaktere in keinster Weise; er dokumentiert lediglich, erwartungsgemäß beseelt von einer obsessiven Faszination. Besonders die zärtliche Darstellung und umschmeichelnde Photographie der beinahe monströs verunstalteten Gabrielle (Rosanna Arquette) waren ihm wichtig: Ihre verkrüppelten Beine stecken in einem Metallgestell, ohne dessen Hilfe sie sich nicht bewegen könnte, ihr rechtes Bein musste offenbar der Länge nach chirurgisch geöffnet werden um innerlich gerichtet zu werden. Für James Ballard (und wohl auch Cronenberg, dessen betont erotische Inszenierung einer dazugehörigen Szene Bände spricht) ist diese Art der Versehrung keinesfalls abstoßend, sondern im Gegenteil höchst stimulierend.
Vermutlich war es diese recht konsequent ausgespielte, ein wenig an Ôshimas "Ai No Korîda" erinnernde Parallelisierung von Eros und Thanatos, die die meisten Kritiker verstörte und entsprechende internationale Zensurmaßnahmen hervorrief. Für Cronenberg-Studenten ist "Crash" wie seine meisten Filme bis in die neunziger Jahre hinein indes unverzichtbar, weil von für seine Verhältnisse stark decodierter Gestalt und zutiefst entlarvend.
8/10
Kanada Toronto Skandalfilm J.G. Ballard David Cronenberg Paraphilie Subkultur
Crash ~ CAN/UK 1996
Directed By: David Cronenberg
Nach einem schweren, selbstverschuldeten Verkehrsunfall, in den auch die Ärztin Helen (Holly Hunter), deren Ehemann dabei stirbt, verwickelt ist, entdeckt der Filmregisseur James Ballard (James Spader) bei sich einen ganz speziellen Fetisch: Die Verbindung von Autos und Koitus, besonders im Zusammenhang mit ausladend inszenierten Unfällen, verschafft ihm nicht nur höchste Erregung, sondern bringt auch eine neue Erotik in das verflachte Sexleben mit seiner Frau Catherine (Deborah Kara Unger). Zusammen mit Helen lernt James den Performance-Künstler Vaughan (Elias Koteas) kennen, der sich gänzlich dem Studium und Nachstellen spektakulärer Crashes verschrieben und eine entsprechende, seltsame Subkultur begründet hat. Tatsächlich erweist sich Vaughans Hang zum Destruktiven als fortgeschrittene Todessehnsucht, der in (noch) moderater Form auch James, Catherine und Helen nacheifern.
Zerstörerischer Sex, Verkeilung und Fusion von Fleisch und Metall und erneut eine gute Portion Freud. Eine nächtliche Massenkarambolage bringt den Thanatos-Eiferer Vaughan, der das "Ereignis" aus allen denkbaren Winkeln photographiert, in höchste Verzückung; Hauptobjekte seiner Aufmerksamkeit sind dabei die, die auf möglichst spektakuläre Weise ums Leben gekommen sind. Dieser eigenartigen Lust widmet Vaughan seine gesamte Existenz: Er und sein etwas tumbes Faktotum Colin (Peter MacNeill) imitieren berühmte Unfälle Prominenter im Zuge einer bizarren Form der Anarcho-Kunst; tödliche Folgen keineswegs ausgeschlossen. Vaughans und Colins größter Traum ist es, irgendwann den tödlichen Unfall von Jayne Mansfield, bei dem sie angeblich enhauptet wurde, nachzustellen. Als alter ego des Autors und loser Agent des Zuschauers begibt sich der an der Langeweile dees Lebens zu verzweifeln drohende James Ballard in diesen 'crash underground' und verliert sich darin irgendwann selbst. Allein die nächste Möglichkeit, einen weiteren Bleckorgasmus zu erlangen, ist noch von Bedeutung.
Cronenberg verurteilt seine Charaktere in keinster Weise; er dokumentiert lediglich, erwartungsgemäß beseelt von einer obsessiven Faszination. Besonders die zärtliche Darstellung und umschmeichelnde Photographie der beinahe monströs verunstalteten Gabrielle (Rosanna Arquette) waren ihm wichtig: Ihre verkrüppelten Beine stecken in einem Metallgestell, ohne dessen Hilfe sie sich nicht bewegen könnte, ihr rechtes Bein musste offenbar der Länge nach chirurgisch geöffnet werden um innerlich gerichtet zu werden. Für James Ballard (und wohl auch Cronenberg, dessen betont erotische Inszenierung einer dazugehörigen Szene Bände spricht) ist diese Art der Versehrung keinesfalls abstoßend, sondern im Gegenteil höchst stimulierend.
Vermutlich war es diese recht konsequent ausgespielte, ein wenig an Ôshimas "Ai No Korîda" erinnernde Parallelisierung von Eros und Thanatos, die die meisten Kritiker verstörte und entsprechende internationale Zensurmaßnahmen hervorrief. Für Cronenberg-Studenten ist "Crash" wie seine meisten Filme bis in die neunziger Jahre hinein indes unverzichtbar, weil von für seine Verhältnisse stark decodierter Gestalt und zutiefst entlarvend.
8/10
Kanada Toronto Skandalfilm J.G. Ballard David Cronenberg Paraphilie Subkultur