"Go... away!"
Shadow Of A Doubt (Im Schatten des Zweifels) ~ USA 1943
Directed By: Alfred Hitchcock
Die grüblerische Charlie (Teresa Wright), ein nicht ganz alltäglicher Teenager aus dem kalifornischen Kleinstädtchen Santa Rosa, sieht nurmehr eine Möglichkeit zur Aufhellung ihres von latenter Depression gefährdeten Alltags: Ihr Lieblingsonkel Charles (Joseph Cotten), den sie als lebenslustigen, warmherzigen Menschen im Hinterkopf hat, muss her. Bevor Charlie ihm jedoch ihre Einladung telegraphieren kann, hat sich Charles schon selbst angekündigt. Fast zeitgleich mit ihm treffen zwei angebliche Demografen (Macdonald Carey, Wallace Ford) in Santa Rosa ein, die sich ziemlich rasch als Polizisten entpuppen. Der Grund für ihr Kommen: Sie verfolgen Charles, da er ihm dringenden Verdacht steht, ein gesuchter Frauenmörder zu sein. Charlie erscheint diese Eröffnung ungeheuerlich, doch dann kommen ihr berechtigte Zweifel an Onkel Charlies Unschuld, die sich bald in schreckliche Gewissheit verwandeln...
Hitchcocks persönlicher Lieblingsfilm aus seinem Eigen-Œuvre trägt dieses große Attribut nicht zu Unrecht: "Shadow Of A Doubt" ist der bis hierhin vielschichtigste, gekonnteste, bravouröseste, kurzum: beste Film, den der Meister inszeniert hat. "Shadow Of A Doubt" erzählt gleich mehrere Geschichten parallel; die offensichtlichste davon schildert den Einbruch des puren Bösen in das kleinbürgerliche, amerikanische Familienidyll. Hinter dem bisher so beliebten Onkel Charlie, der sich nach außen stets erfolgfreich als freundlicher Herr von nebenan zu verkaufen wusste, verbirgt sich ein irrsinnig gewordener Misanthrop und Serienmörder, der die Leichtgläubigkeit von Familie und Freunden aufs Gemeinste für sich ausnutzt. Dabei ist seine Liebe zu seiner ältesten Nichte gleichen Namens, die über rein familiäre Zuneigung hinauszugehen scheint, anfänglich noch durchaus aufrichtig. Als das Mädchen Charlie dann von Onkel Charlies Schuld überzeugt ist und ihn mit ihrer Sicht der Dinge konfrontiert ist es, als reiße sein letzter Verbundsfaden zur Menschlichkeit. Von hier ab wird Onkel Charlie endgültig zum reinen Verbrecher. Dann haben wir noch eine märchenhafte Coming-Of-Age-Geschichte: Für die junge Charlie bricht mit der Ankunft ihres vormaligen Familienidols die Kindheit zusammen, was sich bereits zuvor durch eine von ihrer Familie hilflos beäugte Durchgeistigung ihres Seelenlebens bemerkbar gemacht hat. Wie sie selbst für ihren Onkel, so ist auch ihr Onkel für sie eine letzte Konnexion zum Besseren, die bitterböse enttäuscht wird. Für Charlie bedeutet diese Entdeckung jedoch eine zwar schmerzliche, letztlich jedoch notwendige Episode auf dem Weg zur Persönlichkeitsbildung und zum Erwachsenwerden. Schließlich porträtiert Hitch mit feiner Satire aufs Schönste die amerikanische Vorstadtfamilie. Besonders Patricia Collinge als Matriarchin und gute Seele des Hauses, deren Lebensinhalt von Vorgartenpflege, Kuchenbacken und Fensterputzen bestimmt ist und Hume Cronyn als Muttersöhnchennachbar mit ebenfalls psychotischer Determination sorgen für einige erheiternde Augenblicke.
Übergroßes Meisterwerk, ohne Wenn und Aber.
10/10
Alfred Hitchcock Serienmord Familie Satire Kalifornien Coming of Age
Shadow Of A Doubt (Im Schatten des Zweifels) ~ USA 1943
Directed By: Alfred Hitchcock
Die grüblerische Charlie (Teresa Wright), ein nicht ganz alltäglicher Teenager aus dem kalifornischen Kleinstädtchen Santa Rosa, sieht nurmehr eine Möglichkeit zur Aufhellung ihres von latenter Depression gefährdeten Alltags: Ihr Lieblingsonkel Charles (Joseph Cotten), den sie als lebenslustigen, warmherzigen Menschen im Hinterkopf hat, muss her. Bevor Charlie ihm jedoch ihre Einladung telegraphieren kann, hat sich Charles schon selbst angekündigt. Fast zeitgleich mit ihm treffen zwei angebliche Demografen (Macdonald Carey, Wallace Ford) in Santa Rosa ein, die sich ziemlich rasch als Polizisten entpuppen. Der Grund für ihr Kommen: Sie verfolgen Charles, da er ihm dringenden Verdacht steht, ein gesuchter Frauenmörder zu sein. Charlie erscheint diese Eröffnung ungeheuerlich, doch dann kommen ihr berechtigte Zweifel an Onkel Charlies Unschuld, die sich bald in schreckliche Gewissheit verwandeln...
Hitchcocks persönlicher Lieblingsfilm aus seinem Eigen-Œuvre trägt dieses große Attribut nicht zu Unrecht: "Shadow Of A Doubt" ist der bis hierhin vielschichtigste, gekonnteste, bravouröseste, kurzum: beste Film, den der Meister inszeniert hat. "Shadow Of A Doubt" erzählt gleich mehrere Geschichten parallel; die offensichtlichste davon schildert den Einbruch des puren Bösen in das kleinbürgerliche, amerikanische Familienidyll. Hinter dem bisher so beliebten Onkel Charlie, der sich nach außen stets erfolgfreich als freundlicher Herr von nebenan zu verkaufen wusste, verbirgt sich ein irrsinnig gewordener Misanthrop und Serienmörder, der die Leichtgläubigkeit von Familie und Freunden aufs Gemeinste für sich ausnutzt. Dabei ist seine Liebe zu seiner ältesten Nichte gleichen Namens, die über rein familiäre Zuneigung hinauszugehen scheint, anfänglich noch durchaus aufrichtig. Als das Mädchen Charlie dann von Onkel Charlies Schuld überzeugt ist und ihn mit ihrer Sicht der Dinge konfrontiert ist es, als reiße sein letzter Verbundsfaden zur Menschlichkeit. Von hier ab wird Onkel Charlie endgültig zum reinen Verbrecher. Dann haben wir noch eine märchenhafte Coming-Of-Age-Geschichte: Für die junge Charlie bricht mit der Ankunft ihres vormaligen Familienidols die Kindheit zusammen, was sich bereits zuvor durch eine von ihrer Familie hilflos beäugte Durchgeistigung ihres Seelenlebens bemerkbar gemacht hat. Wie sie selbst für ihren Onkel, so ist auch ihr Onkel für sie eine letzte Konnexion zum Besseren, die bitterböse enttäuscht wird. Für Charlie bedeutet diese Entdeckung jedoch eine zwar schmerzliche, letztlich jedoch notwendige Episode auf dem Weg zur Persönlichkeitsbildung und zum Erwachsenwerden. Schließlich porträtiert Hitch mit feiner Satire aufs Schönste die amerikanische Vorstadtfamilie. Besonders Patricia Collinge als Matriarchin und gute Seele des Hauses, deren Lebensinhalt von Vorgartenpflege, Kuchenbacken und Fensterputzen bestimmt ist und Hume Cronyn als Muttersöhnchennachbar mit ebenfalls psychotischer Determination sorgen für einige erheiternde Augenblicke.
Übergroßes Meisterwerk, ohne Wenn und Aber.
10/10
Alfred Hitchcock Serienmord Familie Satire Kalifornien Coming of Age