"Habter gesehen, wie man's macht?"
Die Vorstadtkrokodile ~ BRD 1977
Directed By: Wolfgang Becker
Die "Vorstadtkrokodile" sind zehn Kinder, die sich zu einer Bande mit strengem Ehrenkodex zusammen geschlossen haben. Der an den Rollstuhl gebundene Kurt (Birgit Komanns) rettet dem neuesten Mitglied Hannes (Thomas Bohnen) das Leben, als dieser bei einer Mutprobe fast vom Dach einer Ziegelei fällt. Wegen Kurts schneller Reaktion kann die Feuerwehr Hannes in letzter Sekunde aus seiner misslichen Lage (er hängt an einer Regenrinne) befreien. Kurt, der von den Krokodilen wegen seiner Behinderung stets gemieden wurde, kann sich nun langsam das Vertrauen und die Freundschaft der anderen Kinder sichern. Brenzlig wird es wiederum, als Kurt einem Trio (Martin Semmelrogge, Thomas Naumann, Hans-Gerd Rudolph) jugendlicher Einbrecher auf die Spur kommt, von denen einer der ältere Bruder des Krokodils Frank (Heiner Beeker) ist...
Sehr liebenswerte, erste Verfilmung des berühmten Kinderbuchs von Max von der Grün, das ja bereits seit einigen Jahren zum Kanon der Schulliteratur zählt. Der pädagogische Nährwert hält sich dabei relativ geschickt getarnt unter der zumindest halbwegs authentischen Schilderung vorstädtischen Kinder-Milieus. Buch und Film bilden eine Lehrstunde in Sachen Toleranz, ohne dabei jemals auch nur ansatzweise Gefahr zu laufen, kitschig oder pathetisch zu werden. Darin liegt überhaupt das große Geschick des Stoffes, den behinderten Kurt, der seinen Spitznamen "Rennfahrer" ganz flugs weghat, zum einen als Protagonisten und Identifikationsfigur einzuführen und ihn trotz seiner körperlichen Einschränkung als mindestens genauso mutig und clever wie seine neuen Freunde zu charakterisieren. Im Film übernahm diese Rolle ein Mädchen (Birgit Komanns), das dann später von Oliver Rohrbeck nachsynchronisiert wurde. Diese Parallele ist ganz interessant, war doch Rohrbeck in den siebziger und achtziger Jahren Stammsprecher mehrer Kinderserien des Hörspiellabels 'Europa', die sich oftmals als stark von von der Grüns Geschichte beeinflusst präsentierten. Die Kinder wurden allesamt von Laien gespielt, was sich bezüglich Beckers Authentizitätsanspruchs als hervorragende Entscheidung erwies. Der supereklig aufspielende Martin Semmelrogge als böser Egon ist aus dem Film nicht wegzudenken. Überhaupt wirken die Menschen hier allesamt vollkommen "original": Es wird - heute in einem nominellen Kinderfilm undenkbar - geraucht und gesoffen, selbst die Kinder versetzen sich einmal in einen lustigen Weinrausch. Der tolle Eberhard Feik, als Kurts Vater zu sehen, darf sich in einer Szene auf einem Schulfest richtig gehörig einen reintun, wohlgemerkt, ohne gleich als pathologischer Trinker denunziert zu werden. Die unumwundene Darstellung solch gelebter Entspanntheit würde uns heute auch mal wieder guttun...
Die ebenfalls auf der aktuell erschienen DVD enthaltene, vier Jahre später entstandene Dokumentation "Bleibt knackig, Freunde" entzaubert den Film dann recht stark, denn die Kids sind mittlerweile um die 16, 17 Jahre alt, trinken vor der Kamera unverhohlen ihr Schnäpschen und sind gerade dabei, sich eine kleinbürgerliche Existenz zu schaffen. Das ist zwar recht interessant und spaßig zu betrachten, wirkt unmittelbar nach dem Genuss des Hauptfilms aber auch ziemlich entromantisierend. Aber kann man ja auch weglassen und stattdessen lieber noch ein wenig die starken, sehr symbolbehafteten Finalbilder der "Krokodile" nachwirken lassen. Besser ist das.
8/10
TV-Film Kinderfilm Wolfgang Becker Max von der Grün Coming of Age
Die Vorstadtkrokodile ~ BRD 1977
Directed By: Wolfgang Becker
Die "Vorstadtkrokodile" sind zehn Kinder, die sich zu einer Bande mit strengem Ehrenkodex zusammen geschlossen haben. Der an den Rollstuhl gebundene Kurt (Birgit Komanns) rettet dem neuesten Mitglied Hannes (Thomas Bohnen) das Leben, als dieser bei einer Mutprobe fast vom Dach einer Ziegelei fällt. Wegen Kurts schneller Reaktion kann die Feuerwehr Hannes in letzter Sekunde aus seiner misslichen Lage (er hängt an einer Regenrinne) befreien. Kurt, der von den Krokodilen wegen seiner Behinderung stets gemieden wurde, kann sich nun langsam das Vertrauen und die Freundschaft der anderen Kinder sichern. Brenzlig wird es wiederum, als Kurt einem Trio (Martin Semmelrogge, Thomas Naumann, Hans-Gerd Rudolph) jugendlicher Einbrecher auf die Spur kommt, von denen einer der ältere Bruder des Krokodils Frank (Heiner Beeker) ist...
Sehr liebenswerte, erste Verfilmung des berühmten Kinderbuchs von Max von der Grün, das ja bereits seit einigen Jahren zum Kanon der Schulliteratur zählt. Der pädagogische Nährwert hält sich dabei relativ geschickt getarnt unter der zumindest halbwegs authentischen Schilderung vorstädtischen Kinder-Milieus. Buch und Film bilden eine Lehrstunde in Sachen Toleranz, ohne dabei jemals auch nur ansatzweise Gefahr zu laufen, kitschig oder pathetisch zu werden. Darin liegt überhaupt das große Geschick des Stoffes, den behinderten Kurt, der seinen Spitznamen "Rennfahrer" ganz flugs weghat, zum einen als Protagonisten und Identifikationsfigur einzuführen und ihn trotz seiner körperlichen Einschränkung als mindestens genauso mutig und clever wie seine neuen Freunde zu charakterisieren. Im Film übernahm diese Rolle ein Mädchen (Birgit Komanns), das dann später von Oliver Rohrbeck nachsynchronisiert wurde. Diese Parallele ist ganz interessant, war doch Rohrbeck in den siebziger und achtziger Jahren Stammsprecher mehrer Kinderserien des Hörspiellabels 'Europa', die sich oftmals als stark von von der Grüns Geschichte beeinflusst präsentierten. Die Kinder wurden allesamt von Laien gespielt, was sich bezüglich Beckers Authentizitätsanspruchs als hervorragende Entscheidung erwies. Der supereklig aufspielende Martin Semmelrogge als böser Egon ist aus dem Film nicht wegzudenken. Überhaupt wirken die Menschen hier allesamt vollkommen "original": Es wird - heute in einem nominellen Kinderfilm undenkbar - geraucht und gesoffen, selbst die Kinder versetzen sich einmal in einen lustigen Weinrausch. Der tolle Eberhard Feik, als Kurts Vater zu sehen, darf sich in einer Szene auf einem Schulfest richtig gehörig einen reintun, wohlgemerkt, ohne gleich als pathologischer Trinker denunziert zu werden. Die unumwundene Darstellung solch gelebter Entspanntheit würde uns heute auch mal wieder guttun...
Die ebenfalls auf der aktuell erschienen DVD enthaltene, vier Jahre später entstandene Dokumentation "Bleibt knackig, Freunde" entzaubert den Film dann recht stark, denn die Kids sind mittlerweile um die 16, 17 Jahre alt, trinken vor der Kamera unverhohlen ihr Schnäpschen und sind gerade dabei, sich eine kleinbürgerliche Existenz zu schaffen. Das ist zwar recht interessant und spaßig zu betrachten, wirkt unmittelbar nach dem Genuss des Hauptfilms aber auch ziemlich entromantisierend. Aber kann man ja auch weglassen und stattdessen lieber noch ein wenig die starken, sehr symbolbehafteten Finalbilder der "Krokodile" nachwirken lassen. Besser ist das.
8/10
TV-Film Kinderfilm Wolfgang Becker Max von der Grün Coming of Age
Das Remake samt seiner zwei Fortsetzungen finde ich allerdings grandios - und nicht nur für Kinder ein Riesen-Spaß.